US-Waffenlieferungen an die Ukraine: Heiß begehrte Patrioten

Lange schon fordert die Ukraine die Lieferung von Patriot-Raketen. Nun sollen die USA bereit sein, eine Staffel zu liefern. Was kann sie ausrichten?

Rakete in einer Abschußrampe

Die will doch nur zielen: Patriot-Flugabwehrsystem Foto: Axel Heimken/dpa

Knapp zehn Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs könnte die Ukraine endlich eine Luftabwehr nach Nato-Standard erhalten. Wie US-Medien berichten, ist die Entscheidung zur Lieferung einer Patriot-Raketenstaffel aus den USA gefallen; die Absegnung durch Präsident Joe Biden stehe kurz bevor.

Patriot-Raketen schießen von mobilen Abschussstationen, etwa auf Lastwagen montiert, feindliche Flugobjekte ab – Flugzeuge, Raketen, Marschflugkörper, Drohnen, mit einer Reichweite von bis zu 100 Kilometern. Es ist eine reine, sehr effektive Defensivwaffe.

Dass sie politisch umstritten ist, liegt an den Umständen ihrer bisherigen Einsätze: etwa die erste Stationierung in der Bundesrepublik Deutschland Mitte der 1980er Jahre, um mögliche Angriffe aus dem Osten abzuwehren, und vor allem der US-geführte Golfkrieg von 1991 zur Rückeroberung Kuwaits von Irak, der das Patriot-System weltbekannt machte.

Die Ukraine wünscht sich schon lange Patriot-Raketen, bekam sie aber nicht. Üblicherweise wird nämlich mit den Raketen auch US-Personal entsandt, um die Systeme einzurichten und lokale Soldaten anzulernen, und ihre Radarsysteme bleiben in die USA integriert. In der Ukraine würde Russland dies als US-Kriegseintritt werten. Am Donnerstag erklärte das Außenministerium in Moskau, man betrachte eine Patriot-Stationierung als „Provokation“ mit „unabsehbaren Konsequenzen“.

Polen will, Polen will nicht, Polen will …

Die aktuellen Pläne sehen aber keine Entsendung von US-Personal in die Ukraine vor, sondern Ukrainer sollen in der US-Militärbasis in Grafenwöhr in Deutschland an Patriot-Raketen geschult werden, wie schon zuvor an Himars-Raketenwerfern, die in der Ukraine russische Ziele am Boden beschießen. Das bedeutet auch, dass es bis zur tatsächlichen Ankunft von Patriot-Raketen in der Ukraine noch dauern dürfte.

Nicht nur deswegen zweifeln US-Militärexperten an der Wirksamkeit der Ankündigung. Normalerweise werden vier Patriot-Staffeln als Einheit stationiert – für die Ukraine ist nur eine vorgesehen. Die könnte höchstens einen einzigen Ort effektiv schützen, vielleicht die Hauptstadt Kyjiw.

Die Ukraine hat eine eigene, durchaus schlagkräftige Luftabwehr, aber vollständigen Schutz bietet das nicht. Die Forderung nach Patriot-Raketen wurde akut, als am 15. November zwei Raketen in Polen einschlugen. Deutschland bot daraufhin Polen Patriot-Raketen an. Als Polen vorschlug, die Systeme lieber in die Ukraine zu schicken, zuckte die Bundesregierung zurück und verlangte Nato-Konsulta­tionen.

Im Dezember nahm Polen das deutsche Angebot doch an, die Vorbereitungen laufen. Die Ukraine erneuerte daraufhin ihre eigene Patriot-Forderung, worauf die USA nun reagieren.

Iranische Drohnenfabrik in Tatarstan?

Zur Begründung verweist die Regierung in Kyjiw auf den andauernden russischen Beschuss der Wasser- und Stromnetze der Ukraine – eine gezielte Zerstörung der Infrastruktur, um den Menschen das Überleben unmöglich zu machen. Präsident Wolodimir Selenski sagte beim EU-Gipfel am Donnerstag in einer Videobotschaft, die Lieferung weiter reichender Artillerie- und Raketensysteme würde „eine direkte Rettung von Millionen Menschenleben bedeuten“.

Die USA reagieren mit ihrer Zusage an die Ukraine auch auf die Annäherung zwischen Russland und Iran. Russland setzt Kampfdrohnen aus Iran ein, US-Berichten zufolge ist eine iranische Drohnenfabrik in der muslimischen russischen Teilrepublik Tatarstan geplant. Mit Patriot-Raketen wehren bereits Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate Angriffe proiranischer Huthi-Rebellen aus Jemen ab.

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