Selbstbewusstsein von Kamala Harris: Sie wird zuletzt lachen

Donald Trump lästert über Kamala Harris’ „irre Lache“. Ein weiterer Beweis für die männliche Urangst vor dem Lachen einer selbstbewussten Frau.

Kamala Harris lacht auf der Bühne während eines Wahlkampfauftritts

Die Angst des Männlichen vor dem Lachen einer selbstbewussten Frau Foto: Kevin Mohatt/reuters

Sie galt als langweilig, als unbeschriebenes Blatt, als rhetorisch fast überforsch und überehrgeizig, als Vizepräsidentin der USA schließlich eine glatte Fehlbesetzung: Auf Kamala Harris hätte fünf Minuten vor der X-Veröffentlichung der Demission Joe Bidens niemand auch nur einen Cent gesetzt.

Die soll den siechen Titelverteidiger ersetzen – gegen Trump? Never ever! Das Gefühl der Deprimiertheit hat sich, wer nicht vorsätzlich sich allen Social-Media-Kanälen verweigert, weiß das seit drei Tagen, heftig geändert. Und es war, nicht nur Übermedien-Mensch Stefan Niggemeier beschrieb es in dieser Weise, als zöge ein erfrischender warmer Wind der Ermutigung in die Milieus und Zirkel nicht allein in den USA, die nichts so sehr und zu Recht fürchten wie ein Trump-Revival mit dem Wahltag am 5. November.

Denn die Kandidatin, die vor­geblich langweilige, um die es jetzt geht, hat ja Biden selbst empfohlen – und die machte nicht den Fehler von vielen Frauen, die ihre Chance bekommen – zu zögern. Nein, Kamala Harris übte sich keineswegs in Zimperlichkeit und Bedenklichkeit.

Sie agierte buchstäblich in der Sekunde der Möglich­keits­eröffnung so, wie es sich für eine echte Alternative zur republika­nischen Machtübernahme in Washington D. C. gehört: beherzt, fast rücksichtslos. Barack Obamas Wunsch nach einem ausgiebigen demokratischen Auswahlprozess bis zum Nominierungs­parteitag der Demokratie in vier Wochen in ­Chicago zur Seite fegend. Sie hatte das Momentum – und sie nutzte dieses.

Dass sie wahrscheinlich die stärkste Kontrahentin Trumps sein würde, war schon in der ersten Reaktion des republikanischen Mannes zu merken, und wie. Der sagte, sich über Kamala Harris lustig machend: „You can tell a lot by a laugh“, und: „I call her Laughing Kamala. You ever watch her laugh? … She’s crazy. She’s nuts.“

Auf deutsch: „An einem Lachen kann man viel erkennen. Ich nenne sie Lachende Kamala. Habt ihr je ihr Lachen gehört? Sie ist verrückt. Sie ist bescheuert.“

Auf Kleinwaschbecken-Stöpselniveau herunterkürzen

Und wie in einer psychoanalytischen Auftaktstunde einer langen Redekur liegt in dieser Trump-Äußerung die ganze Wahrheit der vermutlich monströsen Furcht im republikanischen Lager vor dieser Politikerin geborgen. Nicht dass dieses Lachen nicht auch uns aufgefallen wäre, all die Jahre schon, in denen Harris eine prominente Politikerin ist.

Den meisten: angenehm. Dass aber Trump zur Charakterisierung der Schlechtigkeit seiner Kontrahentin ein persönliches Merkmal nennt, und dann dieses Männer verstörende fast am Anfang seines Statements, spricht für dieses klassisch-phobische Fühlen über Frauen schlechthin. Sie sind für ihn alles, züchtige Püppchen wie die Frauen seiner Entourage, nur keine gleichberechtigten Menschen.

Die Angst des Männlichen vor dem Lachen einer selbstbewussten Frau, die vor keinem männlichen Gebaren, und sei es auch noch so fies und schmutzig herabwürdigend, einknickt: Das kann nur verrückt sein! Was wagt die sich, was mutet die uns zu, wofür hält sie sich? Blanker Horror lugte durch die Bekundung Trumps hindurch: So eine will mich fertigmachen – und sie könnte es schaffen.

Ihn und sein viriles Gesamtgemächt auf Kleinwaschbecken-Stöpselniveau herunterkürzen, ihn an den Eiern packen und zum Jaulen bringen. Nicht, dass Ms Harris das beabsichtigte bzw. nicht dass wir wüssten – aber das gellende, lebensbejahende Lachen einer Frau ist Männern (im Übrigen auch in linken Szenen) immer schon eine Urangst gewesen und ist es allen feministischen Interventionen zum Trotz geblieben.

Harris lacht ja wirklich oft und gerne, mal tanzend, mal an der Seite ihres Mannes oder auf der großen Bühne. Ihre offenbare Indezenz in lebensbejahenden Situationen hinterlässt andere wie kastriert und enteiert zurück, andere freuen sich einfach nur mit, dass sie eine demokratische Frische verbreitet.

Es ist, buchstäblich, zum Lachen: Trump & Co., nur eine flüchtige Prognose, werden an ihr scheitern. Und sie wissen das schon!

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Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!

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