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Steuergeld für GasumlageDoppelt dumm

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Die Bundesregierung will den Gaspreis senken. Die Kosten dafür sollen aber nicht nur die Besitzer von Gasheizungen berappen, sondern alle Steuerzahler.

Kosten für die Steuerzahler: Viele Hausbesitzer heizen noch mit Gas Foto: Guido Schiefer/imago

D ie Bundesregierung will den Gaspreis senken. Konkret geht es um die Gasspeicherumlage, die dazu da ist, Vorräte für die Endkunden anzulegen, etwa für die Winterzeit. Die sollen nun aber nicht mehr die Besitzer von Gasheizungen berappen, sondern der Steuerzahler: 3,4 Milliarden Euro sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.

Das ist nicht nur dreist, es ist vor allem politisch dumm. Erstens wurden im ersten Halbjahr erstmals mehr Wärmepumpen in Deutschland eingebaut als Gasheizungen. Das bedeutet: Die Infrastruktur für die Gasheizungen – Überlandleitungen, Verdichterstationen, Verteilnetz etc. – muss von immer weniger Nutzern bezahlt werden. Das ist ein bisschen wie bei den Tageszeitungen: Weil diese immer seltener abonniert werden, tragen die Zusteller immer weniger aus – so lange, bis die Zustellung so teuer wird, dass sich die gedruckte Zeitung einfach nicht mehr lohnt.

Zweitens suggerieren die 40 bis 60 Euro, die jetzt Einfamilienhausbesitzer einsparen: Das mit dem Erdgas, das wird schon so weitergehen. Dabei ist der CO2-Preis für Erdgas zum 1. Januar von bisher 45 auf 55 Euro pro Tonne angestiegen, was einen Haushalt mit etwa 250 Euro belastet. Im kommenden Januar wird der Preis um weitere 10 Euro steigen, bevor er sich dann ab 2027 im Emissionshandel über den Markt bildet – und explodieren wird. Das basiert auf EU-Recht, die Regierung Merz kann das nicht ändern.

Es wird teurer für Hausbesitzer aus der Mittelschicht

Drittens ist klar, dass sich die Regierung angesichts der Haushaltslage neue Subventionen gar nicht dauerhaft leisten kann. Deshalb sind die Gaspreispläne auch machtpolitisch dumm: Viele Hausbesitzer auf dem Lande heizen noch mit Gas – nicht die in den teuren Neubauten, denn dort wird natürlich mit der Wärmepumpe oder einer Solaranlage geheizt.

Es sind diejenigen, die hart für das Häuschen gearbeitet haben: Wenn dann plötzlich im Jahr 2028 die Gasrechnung um mehrere Hundert Euro teurer wird, werden sie garantiert nicht mehr die Union wählen, sondern aus Protest die AfD. Man kann nicht glauben, wie aktiv diese Regierung ihren eigenen Untergang betreibt.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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9 Kommentare

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  • Zum Glück haben wir ja eine echte Expertin an der Spitze des Wirtschaftsministeriums. Die kennt sich aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen bestens mit den Interessen der Gasindustrie aus.



    Und schließlich muß das 560.000km lange Gasnetz ja auch irgendwie weiter genutzt werden..wo kämen wir da hin, wenn all die Mrd für deren Bau einfach obsolet wären.



    Also bauen wir halt 20GW neue Gaskraftwerke..verbuddeln CO2 in großem Maßstab unter der Nordsee..suggerieren den Gaskunden daß das alles immer weiter bezahlbar bleibt..und bezahlen es vorüber gehend mit den Mitteln aus dem Klimafonds, der später dann von den jungen Menschen als Schuldenlast zu tragen ist..







    Gut..daß der ganze Plan schon absehbar in sich zusammen fallen muss..daß darüber das Erfolgsmodell Energiewende ins Stocken gerät..die Nordsee massiv leiden wird..D-Land dramatisch an Innovationskraft auf den internationalen Märkten verliert..und wir jetzt alle zusammen die Goldenen Tellerchen der Gasfirmen bezahlen sollen..

    ..who cares..

    (also sorry..aber das ist schon kein Interessenkonflikt mehr. In anderen Ländern würde man das wohl bereits Korruption bezeichnen. Wie nennt sich das hier zu Lande.??..Lobbyarbeit.??).

  • Wer aus Protest AfD wählt, dem ist nicht zu helfen. Aber vielleicht hoffen diese AfD Wähler ja, dass die Gesetze des Marktes für sie ausgesetzt werden. Nun ja, egal wen sie wählen, Gas wird irgendwann unbezahlbar werden. Das wissen auch alle. Aber sie wollen es halt nicht wahrhaben. Vielleicht stehen ja in 20 Jahren in allen Häusern Kohleöfen. Nicht.

  • dass genau das von habeck mantraartig ständig und überall heruntergebetet wurde, dass es genau so kommen würde, und jeder, der ein bisschen von wirtschaft versteht, dass auch schon selbst wusste, wird jetzt gar nicht mehr erwähnt.



    er wurde niedergebrüllt von fast allen medien und der opposition. wieso er dann klein bei gegeben hat und sich quasi entschuldigt hat, dass das wärmepupengesetz schlecht kommuniziert wurde, konnte ich nie verstehen. man muss also immer denen klein beigeben, die nichts von der thematik verstehen?



    wer konnte denn nur so töricht sein, nach dem beginn des ukrainekriegs sich noch eine neue gasheizung einzubauen, wie es viele mit stolz und trotz getan haben?



    mal wieder volkswirtschaftlich super gelaufen. ich frage mich, ob sich überhaupt noch jemand von den movers und shakers für die gesellschaft interessiert.

  • Ja, klar! Wir privatisieren die Gewinne und sozialisieren die Verluste, also Einnahmen-Kapitalismus und Ausgaben-Sozialismus. Damit haben wir Erfahrung.

  • Wissen Sie wer auch mit Gas heizt?



    Millionen Mieterinnen und Mieter, die sich gar kein eigenes Haus leisten können und auch keinen Einfluss auf die Art der eingebauten Heizung in ihrem Haus haben.



    Oft Menschen mit geringem Einkommen!



    Die sollen also zusätzlich immer mehr belastet werden, wenn sie eine warme Wohnung haben wollen.



    Warum ziehen die auch nicht im Winter einfach etwas warmes an?

    In kaum einem Land der Erde ist Energie so teuer wie in Deutschland.



    Die Konsequenz für Grüne und deren Anhang scheint zu sein, dass dies noch nicht genug ist. Soll man halt in ein Eigenheim unter der Brücke ziehen. Da kann man sich dann eine Wärmepumpe einbauen!

  • Wenn man auf dem Land wohnt und mit Öl heizt war man in der Vergangenheit ja schon doppelt gekniffen, man hat nichts von der Gaspreisbremse gehabt und wenn das Heizöl 1ct zu teuer war bekam man über die Härtefallregelung auch nichts, während Gaskunden zusätzlich keine Mehrwertsteuer zahlen durften.



    Kann da keiner gegen klagen, wenn durch Gesetze und Verordnungen einzelne bevorteilt werden und alle zahlen müssen?

  • "Es sind diejenigen, die hart für das Häuschen gearbeitet haben"

    Und genau hier liegt der grundlegende Fehler des Autors. In Deutschland heizen 44% aller Haushalte mit Gas. Am größten ist der Anteil dabei mit 75% bei Mietwohnungen. Es geht hier also mitnichten darum, dass "die Kosten für Besitzer von Gasheizungen" von der Allgemeinheit getragen werden. Wenn aktuell denn überhaupt die Allgemeinheit Heizungen von Häuslebauern querfinanziert, dann bei den geförderten Wärmepumpen. Denn da liegt der Anteil bei neugebauten Einfamilienhäusern bei 74%, wärend in Miethäusern bei 46% liegt.



    Das aber mal völlig ab von der Frage nach der Umweltverträglichkeit und CO2 Bepreisung.

  • Ein Aspekt fehlt mir hier: Diese Gasumlage dient doch vor Allem der Industrie. Oder benötigen private Haushalte in Deutschland den größere Gasanteil? Ich denke nicht.



    Diese Steuer ist also eine weitere Umverteilungsmassnahme: Von uns allen hin zu ein paar "Playern"