SPD kritisiert Ministerin Reiche: Ärger über Auftrag für Energie-Monitoring
Die Aufgabenbeschreibung für das Energie-Monitoring verstößt gegen den Koalitionsvertrag. Das wirft SPD-Energieexpertin Scheer Ministerin Reiche vor.

Der Hintergrund: Union und SPD haben im Koalitionsvertrag ein „Energie-Monitoring“ vereinbart – ein Gutachten zum Stand der Energiewende und zum künftigen Strombedarf. Es soll Grundlage der künftigen Energiepolitik sein. Reiche hat den Auftrag dafür an das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln vergeben. Das Institut ist wegen seiner Nähe zur fossilen Wirtschaft umstritten.
Kritiker:innen fürchten, dass Reiche mit dem Gutachten im Rücken den Ausbau der erneuerbaren Energien abwürgt. Ein Hebel dafür ist der angenommene Stromverbrauch. Bis 2030 soll 80 Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare gedeckt werden. Wird die Verbrauchsprognose gesenkt, stehen die Ausbauziele für Windräder und Solaranlagen auf der Kippe.
In der Leistungsbeschreibung für das Gutachten werfe Reiche weitergehende Fragen auf als im Koalitionsvertrag vorgesehen, kritisiert Scheer in ihrem Brief, den das Internetportal Table veröffentlicht hat. Dazu gehört die Frage „ob es einer Neuausrichtung der Energiepolitik bedarf“. „Diese Ergänzung stellt alle geltenden energiepolitischen Regelungen pauschal infrage und schafft damit Planungs- und Investitionsunsicherheit“, schreibt Scheer. Ein derartiger Ansatz sei auf Drängen der Union an einem einzigen Punkt aufgenommen worden: das Heizungsgesetz abschaffen zu wollen. Ansonsten seien dem Koalitionsvertrag Vorgaben einer „Neuausrichtung der Energiepolitik“ nicht zu entnehmen.
Ergebnisse so nicht brauchbar
Das hat Konsequenzen für die Verwertbarkeit des Gutachtens, findet Scheer. „Kombiniert man diese Fragestellung mit der von der Leistungsbeschreibung aufgeführten Vorauswahl an zu berücksichtigenden Studien, die in der hier erkennbaren Schwerpunktsetzung auf reduzierte Strombedarfsprognosen ebenfalls keine koalitionäre Grundlage haben, ist man im Bereich der Nichtverwertbarkeit der Ergebnisse“, teilt Scheer der taz mit. Das heißt: Ergebnisse des Gutachtens, die nicht im Koalitionsvertrag stehen oder ihm widersprechen, könnte Reiche nicht verwerten – jedenfalls nicht, ohne eine Koalitionskrise zu riskieren.
Das Bundeswirtschaftsministerium will sich auf taz-Anfrage nicht zu der Kritik äußern. Es kommentiere Stellungnahmen aus dem parlamentarischen Raum grundsätzlich nicht, heißt es.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Deutschlands Haltung zu Gaza
Ein Ende des Krieges zu fordern, ist nicht kompliziert
Weniger Arbeitslosengeld für Ältere
Neoliberal und unwirksam
Vicky Leandros schmeißt Weidel raus
Noch keine Heldinnentat
Neue Oper für Hamburg
Kein Applaus für Klaus Michael Kühne
Was sorgt für Frieden?
Pazifismus im Kreuzfeuer
DFB-Team vor dem EM-Halbfinale
Tugendhaft deutsch