Scholz zu Besuch bei Ford: Gas geben für den Wahlkampf
Statt der Autoindustrie aus der Krise zu helfen, nutzt Kanzler Scholz den Besuch bei Ford als Wahlkampftermin. Mehr Kaufanreize werden Jobs nicht sichern.
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D ie Angst vor dem Jobverlust geht um. Volkswagen, Ford, Thyssenkrupp und andere große Unternehmen kündigen einen massiven Stellenabbau an.
An einem mangelt es im beginnenden Wahlkampf nicht: an hohlen Solidaritätsbekundungen von Politiker:innen. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz in Köln die Beschäftigten des kriselnden Autobauers Ford als Wahlkampfkulisse nutzt, so wie es SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil in der vergangenen Woche bei Volkswagen getan hat, hat etwas Zynisches.
Es war der Betriebsrat, der die Politiker eingeladen hat, aber das macht es nicht besser. Die Bundesregierung ist mitverantwortlich für die Schieflage von Ford oder VW.
Das plötzliche Aus der Förderung hat ebenso zu Verkaufseinbrüchen bei E-Autos geführt wie das Hin und Her über das Verbrennerverbot auf EU-Ebene. Das alles macht der Branche jetzt mächtig zu schaffen. Hinzu kommen verschleppte Hilfen, etwa zur Senkung der Stromkosten.
Einfallslose Antworten zur Krise der Autoindustrie
Dass Selbstkritik in Wahlkampfzeiten keinen Platz hat – geschenkt. Aber mehr als eine europäische oder nationale Verkaufsförderung für E-Autos zu fordern, fällt Scholz zur Krise der Branche nicht ein. Das ist zu wenig für jemanden, der Regierungschef eines der größten Industriestaaten bleiben will.
Die Autoindustrie spielt hier eine tragende Rolle. Selbst wenn deutsche Hersteller ihre Geschäftspolitik ändern und endlich statt großer Fahrzeuge kleine, günstige E-Autos auf den Markt bringen: Die Welt und das eigene Land mit immer mehr Pkws zu beglücken, kann angesichts der übersatten Märkte nicht der richtige Weg sein.
Die Straßen sind nicht nur in Deutschland viel zu voll. Die Branche braucht eine grundlegende Neuorientierung, bei der ihr Know-how für Sinnvolles genutzt wird. Außerdem könnten so Arbeitsplätze erhalten bleiben. Man denke etwa an kollektive Beförderung und Mobilitätsdienstleistungen statt ein Auto pro Kopf.
Wer Bundeskanzler bleiben oder werden will, muss solche Lösungen anbieten statt ein dumpfes Weiter-so.
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