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Scholz' Besuch bei BidenSag's doch, Olaf!

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

In Washington schaffte es Olaf Scholz, schon wieder nicht „Nord Stream 2“ zu sagen. Das verengt die Sanktionsdebatte unnötigerweise auf die Pipeline.

Schaffte es, bei seinem Washingtonbesuch nicht einmal Nord Stream 2 zu sagen: Olaf Scholz Foto: AP/Alex Brandon

J e länger Olaf Scholz um die zwei Worte und die eine Zahl herumtänzelt, desto interessanter werden sie leider. So klar wie noch nie hat der Bundeskanzler bei seinem Besuch in Washington gesagt, dass die Pipeline Nord Stream 2 bei einem neuen russischen Einmarsch in die Ukraine gestorben sein wird – nur den Begriff selbst hat er dabei wieder nicht in den Mund genommen. Bei Scholz' Pressekonferenz mit US-Präsident Joe Biden am Montagabend führte das zur wiederholten Nachfrage, warum er denn nicht ein Mal „Nord Stream 2“ sagen könne, was dem Kanzler die Möglichkeit gab, den Namen der Pipeline ein paar weitere Male nicht zu nennen.

Was Scholz mit dieser Marotte bezweckt, ist unklar. Wozu sie aber vor allem führt: Die Diskussion über den aktuellen Ost-West-Konflikt konzentriert sich immer stärker auf die Pipeline-Frage – als ob von ihr alleine abhinge, ob Krieg ausbricht oder nicht. Der Raum für andere Debatten wird daneben enger. Das ist ärgerlich, gäbe es im Bezug auf mögliche Sanktionen des Westens doch noch eine Menge anderes zu besprechen.

Am Tag der US-Reise des Kanzlers war die Außenministerin in Kiew zu Besuch. Die möglichen Sanktionen seien „präzedenzlos“, sagte sie dort. Mit Verweis auf die „engen wirtschaftlichen Verflechtungen insbesondere auch meines Landes“ mit Russland fügte sie hinzu: „Ja, wir sind bereit, dafür auch einen hohen wirtschaftlichen Preis zu bezahlen.“ In ähnlichen Worten wiederholte Scholz diese Aussage später im Interview mit CNN. Die Aufmerksamkeit dafür ist geringer als die für die Pipeline-Diskussion. Dabei lassen sich daraus drei spannende Fragen ableiten.

Erstens: Tatsächlich könnte Deutschland durch Maßnahmen gegen Russland stärker betroffen sein als manch andere Nato- und EU-Staaten. So ist es auch schon bei den bisher geltenden Sanktionen. Könnte ein neues Strafenpaket so differenziert ausgestaltet sein, dass es diesem Ungleichgewicht entgegenwirkt und die Lasten einigermaßen gerecht verteilt? In dem Fall könnten auch russische Öllieferungen an die USA eine Rolle spielen. Eine Nachfrage dazu ließ Biden auf der Pressekonferenz am Montag unbeantwortet.

Ungleiche Lastenverteilung

Zweitens: Sollten die Kosten von Sanktionen am Ende doch ungleich verteilt sein – wie würden die westlichen Bündnisse das in ihren Berechnungen zur Lastenverteilung abbilden? Innerhalb der Nato steht Deutschland seit Jahren in der Kritik, weil es verhältnismäßig wenig Geld in sein Militär steckt. Andere Faktoren wie die Entsendung deutscher Truppen ins Baltikum bleiben bei dieser Kritik unberücksichtigt. Dabei gehören sie zum Gesamtpaket dazu. Für Sanktionskosten würde das Gleiche gelten.

Drittens: Wie groß ist eigentlich die Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung, Lasten mitzutragen? Im Umfragen gibt es Mehrheiten gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen militärischen Beistand für östliche Nato-Staaten. Vielleicht spiegeln sich darin nur pazifistische Überzeugungen wider, vielleicht aber auch eine gewisse Skepsis dagegen, für die Sicherheit anderer Staaten Opfer zu bringen. Klug wäre es daher, jetzt nicht nur mögliche neue Sanktionspakete zu schnüren, sondern auch schon die Unterstützung der Wäh­le­r*in­nen zu organisieren. Das geht nur über eine offene Debatte.

Gelegenheiten dazu gäbe es in den nächsten Tagen mehrfach. Am Dienstagabend empfängt Scholz die Präsidenten Frankreichs und Polens. Im Laufe der Woche will er mit den baltischen Regierungschefs sprechen und am nächsten Montag reist er nach Kiew. Genügend Chancen also für eine breite Debatte über Sanktionen, ihre Chancen und ihre Folgen. Aber nur dann, wenn sich nicht doch wieder nur alles um Nord Stream 2 dreht.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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36 Kommentare

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  • RS
    Ria Sauter

    Wenn Biden sagt , bei Einmarsch wird die Pipeline gestoppt, frage ich mich, ob er unser Kanzler ist.



    Wann zeigen wir endlich die rote Linie auf gegen unsere "transatlantischen Freunde"!

  • Ich würde gern sehen, dass wenigstens einige europäische Länder endlich eine eigenständige Politik versuchen und sich nicht ständig vor den US-Karren spannen lassen. Leider, wenn ich mir die aktuelle Außenministeriumsbesetzung ansehe, eher eine Illusion als eine reale Option.

    Denn von einem Konflikt hat Europa nur Nachteile, aber die USA eine ganze Menge Vorteile, wie so oft und bisher schon. Während nicht nur die deutsche Wirtschaft unter den Russland-Sanktionen leidet, machen die USA fröhlich ihre Geschäfte mit Russland weiter. Vom Kriegsschauplatz Europa mal ganz abgesehen, selbstverständlich wie immer nicht USA, komisch, was?

    Amis, führt eure Kriege doch alleine, und nehmt Polen und Baltikum noch mit, die sind ganz gaga darauf. Was wir hier nicht brauchen, sind Vasallen, die der US-Regierung bis zum Anschlag im Allerwertesten stecken.

    Wir müssen hier mal darüber reden, ob wir weiterhin einfach zusehen, dass die NATO-Osterweiterung bis zur russischen Grenze gehen soll, und was das bedeutet, denn darum geht es hier. Ein guter Artikel dazu steht in der aktuellen LMd: monde-diplomatique.de/artikel/!5826518

    • @uvw:

      Sehr schöne Verkehrung der Fakten. Nicht die USA, sondern Russland ist hier der Aggressor. Und nein, auch Länder, die in der Nähe Russlands liegen haben ein Selbstbestimmungsrecht.



      Der von Ihnen verlinkte Artikel ist btw. offenkundig von jemand geschrieben, der wirklich gar keine Ahnung hat. Die "nationale Geldkarte" beispielsweise hat gar nichts mit Swift zu tun , das swift Transaktionen zwischen Banken abwickelt. Anschließend wird die alberne Legende um das angebliche Versprechen der NATO wiederholt. Ebenso sachlich falsch sind die Behauptungen im Kontext Raketenschild, und noch einiges mehr. Sehr schwacher Artikel.

      • @Kaboom:

        Verstehe, sie sind natürlich journalistisch der LMd meilenweit überlegen. Da Sie für ihre Behauptungen gar keine Belege bringen müsste man eher bei ihnen schreiben: Sehr schwacher Kommentar!



        Die Legende von den Versprechungen bezüglich der NATO Osterweiterung ist nunmal keine Legende: Was stimmt, ist leider, dass es darüber nie einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag gab - genauso, wie das von Ihnen immer wieder angebetete Budapester Memorandung völkerrechtlich verbindlich ist. Warum sollen die Russen den besser sein als wir - oder moralischer handeln?

      • @Kaboom:

        Stimmt wohl, der hat gar keine Ahnung. Der beschäftigt sich ja erst seit ein paar Jahren mit Russland und Osteuropa. Im Gegensatz sicherlich zu Ihnen.

    • RS
      Ria Sauter
      @uvw:

      Schade, so etwas nicht in den Medien zu hören oder als Leitartikel in der TAZ.

  • Ach, der Gas-Gerd hat zwar das Kanzlermachtwort um die Ohren gehauen gekriegt, aber alte Liebe rostet nicht und 6000 Helme plus Ungesagtem sagen mehr als tausend Worte - Eierei - es geht straff auf Ostern zu.

  • Wenn Olaf was sagen würde, bräuchte er bei Putin nächste Woche gar nicht mehr aufschlagen. Dann wäre der Drops der Diplomatie wohl gelutscht. ;)

  • Entscheidend ist es, die Geldströme nach Russland als Folge der Gasimporte zu begrenzen, und die Abhängigkeit West- und Mitteleuropas von Erdgas aus Russland.

    Bei einer gegebenen Gasimportmenge zwischen der Region um St. Petersburg und Lubmin ist es hingegeben besser, diese auf alle verfügbaren Gaspipelines zu verteilen, um geringere Pumpenverluste zu erhalten und damit weniger hohe CO2-Emissionen als Folge des Gastransports (das Gas wird schließlich nicht mit der Energie von Windturbinen in die Pipelines gepresst!).

    Insofern wäre es auch im Sanktionsfall Unsinn, NS2 gesperrt zu lassen und gleichzeitig NS1 bis zum Anschlag zu betreiben.



    Wichtig ist vielmehr, in der EU v.a. mehr Solarstrom zu erzeugen und grünen Wasserstoff zu importieren, um damit von Russland unabhängiger zu werden.

  • Es ist 20 Jahre her als die damalige rot-grüne Regierung auf amerikanischen Wunsch die Bundeswehr nach Afghanistan entsandte. Nach 20 Jahren haben die USA sich ohne große Rücksprache mit den Verbündeten zurückgezogen, das Ergebnis kennt man inzwischen.



    Jetzt wird wieder erwartet, daß Deutschland sich in Konflikte anderer einmischt und sich dabei ins eigene Bein hackt. Der lachende Dritte sind die USA, die dann endlich ihr teueres Frackinggas an den Abnehmer in Deutschland bringen können.



    Nein, Kanzler Scholz macht es schon richtig, wenn er zurückhaltend agiert. Ein ehrlicher Vermittler sollte auch nicht einseitig Partei ergreifen und zum Verständnis des Konfliks darf man nicht nur den Zeitraum ab 2014 betrachten.

    • @Dschou:

      "Der lachende Dritte..."

      ...sitzt eher in Peking.

  • Nord Stream 2 ist für das eigentliche Problem, wie weit die NATO nach Osten expandieren soll, nebensächlich. Vielleicht ist es da auch einfach nur intelligent, nicht über die Leitung zu reden. Schließlich bringt es nicht das Geringste, wenn ein paar Leute jubelnd auf und ab springen, nur weil sich Scholz den gewünschten Satz abpressen lässt.

  • "Könnte ein neues Strafenpaket so differenziert ausgestaltet sein, dass es diesem Ungleichgewicht entgegenwirkt und die Lasten einigermaßen gerecht verteilt? "

    Wieso finden Sie diese Frage aktuell so wichtig, dass sie darüber eine breite gesellschaftliche Diskussion fordern?

    Der Zweck der vorbereiteten Sanktionen, die im Falle eines russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zur Anwendung kommen sollen, ist es nicht, differenziert die jeweilig beteiligten westlichen Staaten gleichmäßig wirtschaftlich zu belasten, sondern Putin möglichst effizient und schnell den Stecker zu ziehen. Und eben nicht "wegen der Ukraine", sondern aufgrund unserer eigenen Sicherheitsinteressen. Ich bin da nicht so pessimistisch und denke, dass die Mehrheit der Menschen bei uns das begreifen und mittragen wird, wenn es wirklich ernst werden sollte.

    Die möglichen wirtschaftlichen Verwerfungen, die sich daraus ergeben, sind zu komplex und zu unvorhersehbar, dass man über ihre Abfederung im Vorfeld sinnvoll diskutieren könnte. (Wobei es ja sogar schon was gibt: Heizkostenzuschuss) .



    Aber zur Beruhigung: Hauptopfer eines Krieges wäre das ukrainische Volk, Hauptopfer der Sanktionen und von Putins Repression nach innen das russische. Und im Westen wird niemand verhungern oder erfrieren. Wer meint, dass seine persönlichen Kosten zu hoch sind, kann das ja bei den nächsten Wahlen deutlich machen. Das geht ja bei uns, im Gegensatz zu Russland.

  • NorthStream2 sollte schon längst funktionieren. Normalisierung mit Russland wäre angesagt. Aber die Waffenbrüder scheinen stärker zu sein und wollen Krieg.

    • @Kappert Joachim:

      Gäääähn ... der unvermeidliche Kommentar aus Olgino durfte natürlich nicht fehlen ...

  • Ich finde es grundfalsch wenn man Olaf Scholz nun Dinge anlastet, die Merkel über viele Jahre nicht auf die Reihe bekommen hat. Und wieso sagt man nicht einfach klar und deutlich das es überhaupt nicht um Sicherheitsinteressen sondern nur um Profitinteressen geht.

  • Ja wie? “ Sag's doch, Olaf!“

    Oil of Olaf I. - The Chamäleon - Goes on •

    Unser aller exGröfimaz van wirecard war/ist:



    OS-HH-Bourgeois &! Lang her - mal Stamokapist -



    Wollt mit GazPromGerd - Nich zu raffen!



    BGB Makler§§ - locker-flockig - Abschaffen! 🙀



    Beim G 20-Gipfel sah er nix & vergaß auch viel!



    So wie zu wirecard ihm ooch nix mehr einfiel.



    Und weiter - knarrt das Holzgewind im 💨 -



    Zerfällt diese Ödwortblasegrins - ja förmlich sie zerrinnst!



    Daßde von Oil of Olaf nie nix mee wiederfinst!



    Es bleibt so - Kugelkopf - Glatt wie‘n Kindspopo!



    & Däh



    “Oil of Olaf - Markenname für Gesichtspflegeprodukte



    Olaz (früher Oil of Olaz; auch Oil of Olay oder Olay) ist ein



    Markenname für Gesichtspflegeprodukte des Konzerns



    Procter & Gamble, zu dem er seit 1985 gehört. (Wie 4711!;)(



    Seit einiger Zeit firmiert das Unternehmen nur noch als Olay,



    während auf den Zusatz Oil of verzichtet wird!“

    kurz - Na bitte - paschd scho. & krieg n Horn!



    & Art 65* Grundgesetz? - GG - a gähn von vorn!



    Ist’s nicht lustig: - Was Oil of Olaf I. - Grad Zerrinnt:



    Trat bei Mutti ein Demokratiespezialist (taz) loggä in den 💨!



    Doch Doch. Grexit - Erinnert euch mal noch!



    Mutti tat sich schwer! Mielke auf Rädern: “ich mich drob nicht scher!“ Gell! “…wer anderes von mir verlangt. Tret ich zurück!“ & büs verrück:=>



    Mutti? Trat tazbuddy Wölfi NICHT - as usual - in denselben!



    Nein - Sie blies 📯 Mr. Briefumschläge niche mal den Marsch •

    kurz - Hück aber fragt sich alles bang



    Was fangmer mit dem Puddingrest von Olaf an?!



    &



    Hier - klardoch - unser eine-eine-Frage-Spezialist!



    🧹 - le petit cheflereporter echt gefordert ist!



    &



    servíce: Oil of Olaf I. mit der schlaffen Hand!



    “Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung.“

    Na Mahlzeit - 😡 -

  • "NS2-Gegener überwintern bei Dunkelheit und kaltem Hintern"..! - Im Ernst, ich übe Solidität mit den Putin-Anrainerstaaten, auch wenn sie selbst nicht immer lupenreinen Demokratien sind (ein wahrlich hoher Anspruch). Doch gegen die wahlbeinflussende nun schon >20 Jahre währende Putin-Diktatur hole ich meine Skiunterwäsche aus dem Schrank und drehe die Heizung auf 17Grad runter. Abends höchstens kurz auf 18Grad. Dann reichen auch das NL- und norw.- verstärkt mit ein bissi Ami-Gas. Und gegen kalte Füße walke ich zwischendurch mal ne taffe Runde um den Block, statt im Fitnessstudio Energie zu verschwenden!

  • Das Problem dieser Bundesregierung in ihrer Abhängigkeit von Putin & Co wurde auch gestern abend bei Phoenix deutlich. Es gab einen Dialog von Prof. Sinn mit einem ökonomisch ziemlich unterbelichteten Staatssekratät Michael Kellner um die Frage der Inflation, die ja durch die derzeitige Abhängigkeit von fossiler Energie besonders angeheizt wird. Auf die Frage, wie die Lohnabhängigen (in einem Niedriglohnland Deutschland) einen Ausgleich erhalten können, kam die Antwort von Habecks Mitarbeiter: Die Gewerkschaften werden in dieser Lage schon ihrer Verantwortung für die Lage gerecht werden, übersetzt: Um keine Lohn- Preis-Spirale anzuheizen, sollen die Forderungen moderat halten, schließlich gäbe es mit der Förderung von grünem Strom ja irgendwann einmal wieder einen Ausgleich. Kellner hatte das Glück, dass kein kompetenterer Wissenschaftler den Dialog führte, sonst wäre das ganze Zerrbild der naiven grünen Wünsche noch offensichtlicher geworden. Erstens: Wenn jetzt eine neue grünere Industrie so nachhaltig gefördert wird, steigen auch hier die Preise für die Bereitstellung, was das Ergebnis dann schwächen wird, BER und Stuttgart 21 und andere Industriemonster sind ja Beispiele dafür. Zweitens: Die Illusion, dass Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Entwicklung der Erneuerbaren ein rein deutschen Alleinstellungsmerkmal sein wird, verkennt den Einfluss der ständig nach neuen Profitquellen suchenden Börsianern, die die Standorte dort ansiedeln, wo die Bedingungen für sie am günstigsten sind. So funktioniert der gelobte 'Markt' , von dem Lindner und Habeck vorgeben, er sei ein 'deutscher'! Drittens: Im Alleingang klappt es nicht mit dem Klima. Nach den Erfahrungen der Weltökonomen mit der raschen Produktionsverlagerungen früher einmal nach Nordamerika oder Südafrika, heute ins nicht von ihnen beherrschbare China, wird Deutschland keine Schlüssenfunktion mehr einnehmen können. es handelt sich umreines Greenwashing zur Beruhigung der alternativen und besorgten Wählerschaft

  • Nee Olaf, sags nicht!



    In Journalist*innen Kreisen breitet sich zunehmend ein Hang zur Simplifizierung aus. Da werden komplizierte Zusammenhänge auf Ja/Nein - Fragen reduziert um dem/der Befragten wenig später genau diese verkürzte Antwort vorzuwerfen.

    Gerade was die Situation zwischen Russland und der Ukraine und daraus folgende Reaktionen betrifft, ist die Gemengelage doch etwas komplizierter als manche es wahr haben wollen.



    Dabei spielen die unterschiedlichen Eigeninteressen aller Beteiligten eine nicht unwesentliche Rolle.



    Auf die Frage: "wer hat angefangen" wer ist der eigentliche Aggressor will ich hier garnicht eingehen.



    Die Frage ob Putin ein lupenreiner Demokrat ist, lässt sich klar mit nein beantworten.



    Etwas komplizierter wird schon die Beantwortung der Frage, ob alle, die zurzeit in der Ukraine Deutsche Waffenlieferungen fordern "lupenreine Demokraten" sind, ist da schon etwas komplizierter zu beantworten. Ich erinnere mich da schwach an nationalistische rechte Strömungen, an von Oligarchen finanzierte bewaffnete Kräfte, die zumindest mal Thema waren.

    Das leidige Thema Gaslieferungen aus Russland ist auch etwas komplizierter als oft dargestellt.



    Fakt ist, Deutschland wird in absehbarer Zeit noch von ausländischen Energielieferungen abhängig sein. Die Frage ist nur, von wem man sich in welchem Umfang abhängig macht, bevor die Energiewende vollendet ist.



    Fakt ist auch, dass Russland selbst in Krisenzeiten zuverlässig geliefert hat, weil mit dem Verkauf von Gas Geld verdient wird.



    Übrigens hat die Ukraine auch ein Interesse daran, dass dieses Gas nur über die alte Pipeline fließt, da die Ukraine von den Durchleitungsgebühren profitiert. Folglich muss die Ukraine gegen Nordstream2 sein.



    Dass die USA gerne ihr eigenes Gas verkaufen möchten ist verständlich - nur zu welchem Preis?



    Bleiben dann noch meine persönlichen Interessen, als Bürger, der es auch dank der Russischen Gaslieferungen gerne (noch bezahlbar) kuschelig warm hat.

    • @Bürger L.:

      Kuschen, damit es kuschelig bleibt ? Irgendwie komisch für einen aufgeklärten frei lebenden Demokraten (sorry mein Genderproblem, aber es geht ja eh' fast nur um MÄNNER) ,wenn wir durch unsere Lebensgewohnheiten Putins Aufrüstung und Lukaschenkos Schergen finanzieren müssen. PS: Ich bin auch gegen Goldmedaillen aus China....

      • @Dietmar Rauter:

        Nein, nicht kuschen, damit es kuschelig bleibt. Schon klare Position beziehen wenn es um Friedenserhaltung geht.



        Nur mal die Frage stellen, wem es eigentlich nutzen würde, wenn Nordstream2 nicht in Betrieb geht.

        Ich halte es für einigermaßen naiv davon auszugehen, dass mit dieser Pipeline die Frage zwischen Krieg und Frieden entschieden wird .... und um den Frieden in Europa gehts doch oder?

  • Es ist absurd und lächerlich. Man kann es nur so interpretieren, dass Scholz keine Rückendeckung in der eigenen Partei hat. Schon peinlich, dass Biden dann N-Wort aussprechen muss: North-Stream-II. Jetzt ist es raus. War doch gar nicht so schwer. Ist wie in der Kita.

    • @Surfbosi:

      ???... m.E. geht es in Hrn. Scholz Besuch in USA doch primär um Vermeidung von Invasion und Krieg? Klar ist mir, dass USA gerne NS2 blockiert sehen.. - allein um ihr fracking Gas mit LNG Tankern in die EU zu verschiffen. Aber? Die Gas Technologies zur Energieerzeugung ist doch nur eine 'Brücke' um von der Kohle wegzukommen?



      Es geht doch um Frieden und nicht um Gas!!.. es geht doch um eine friedliche Einigung zwischen der EU, Ukraine und Russland?



      Eine Einigung die von den Militärs in USA, NATO, RUSSLAND und Ukraine akzeptiert werden muss!

  • NS2 wird als Symbol für den Widerstand gegen Russland instrumentalisiert und die ganze Diskussion über den Ukrainekonflikt dadurch absolut verengt. Peinlich, wie fixiert unsere "Denker" heute auf Waffenlieferungen, Sanktionen und Strafen sind.

  • „Was Scholz mit dieser Marotte bezweckt, ist unklar. Wozu sie aber vor allem führt: Die Diskussion über den aktuellen Ost-West-Konflikt konzentriert sich immer stärker auf die Pipeline-Frage – als ob von ihr alleine abhinge, ob Krieg ausbricht oder nicht. Der Raum für andere Debatten wird daneben enger. Das ist ärgerlich, gäbe es im Bezug auf mögliche Sanktionen des Westens doch noch eine Menge anderes zu besprechen.“

    Naja, vielleicht bezweckt Scholz ja eben die Verengung auf die Pipeline… Wenn sich der Rest der Welt eh schon auf die Pipeline „geeinigt“ hat, dann braucht man ja nicht freiwillig noch mehr auf den Opferaltar legen. Dann ziert man sich bei der Pipeline und hat in allen anderen Bereichen vorerst Ruhe.

    Dass die Presse die Wählerschaft schonmal auf umfangreiche Sanktionen und deren Kosten einstimmt ist ja nett, aber der Bundeskanzler scheint da noch pressekritisch zu sein und will wohl nicht gleich die große Selbstverstümmelung ankündigen. Dass Scholz damit ein pressefeindlicher Schuft ist stimmt ja schon, aber so lange man es ihm so einfach macht wedelt er halt mit der Pipeline-Karotte am Stöckchen und die Medien-Esel ziehen seinen Karren dann schon.

    Er ist jetzt in der komfortablen Situation entweder nachzugeben und zu tun was medial bereits als ausgemachte Sache gilt, oder er rettet die Wirtschaft und opfert nur die Pipeline, so oder so hat er gewonnen, er hat es dann in jedem Fall richtig gemacht. Falsch wäre es jetzt schon allen Sanktionsplänen zuzustimmen und dann morgen schon die Forderung nach Waffenlieferungen und Truppenstationierungen auf dem Tisch zu haben, was ja dann im Falle der Eskalation das einzige wäre was man der Welt noch zu bieten hätte.

    Scholz scheint mit der Eskalation fest zu rechnen und um die innenpolitisch heikle Frage der Waffenlieferungen und des Einsatzes von Truppen umgehen zu können schiebt er erstmal die Sanktionsfrage vor.

    Wieso man ausgerechnet in taz gleich all in gehen will wäre die andere Frage…

  • Tja, ich sage eher: Sags nicht, Olaf. Denk doch einmal auch an unsere Interessen und vor allem: Sag auch mal deutlich, dass unsere Interessen auch etwas wert sind. Die Lasten von Iran Sanktionen, Russland Sanktionen - alle belasten uns weit mehr als die hinterm großen Teich. Die Destabiliserung Lybiens und Syriens hat uns in Europa große Flüchtlingsmengen gebracht. Wunderbar auch das Engagement diverser europaischer Staaten im Irak an US Seite (Polen, DK, GB) die aber gleichzeitig keine Flüchtliche dieser Konflikte aufnehmen wollen. Wie lange lassen wir uns eigentlich noch vor den Karren der USA spannen? Ehrlich, lieber folge ich französischer Führung als amerikanischer.

    Das muss nicht heißen, dass wir Russland alles durchgehen lassen sollten - wir müssten auch auf den Bundestagshack antworten - in gleichem Maße wie wir auch auf die NSA Affäre geantwortet haben - achso: da haben wir ja nur rumgejammert. Peinlich... Spaß beiseite, Wir sollten auch gegenüber Russland unsere Interessen verteidigen, evtl. auch zusammen mit anderen Ländern, wenn es gemeinsame Interessen gibt.

    Ich denke da aber eher an das "alte Europa", mit Polen und dem Baltikum sehe ich da eher weniger gemeinsame Interessen. Es sind schöne Länder, ohne Frage, aber ich wüßte mal gerne, warum die sich so mit Russland zoffen - im kulturellen und sozialen Bereich (hier meine ich vor allem Minderheitenrechte, Migration, Religion usw) sind sie doch Russland ähnlicher als Deutschland und Frankreich. Mich wundert dieser Hass vor allem deshalb, weil unter meinen Arbeitskollegen (lebe in Thüringen) keiner so negative Erinnerungen an "die Russen" hat.

    • @LD3000 B21:

      Unterhalte dich mal mit genannten Osteuropäern über das ehemals dominierende Russland in der Sowjetunion (Russifizierung, Deportationen, massenhafte Hinrichtungen, Plünderung von Landwirtschaftsgütern.



      Und Polen: Der Hitler-Stalin-Pakt und das Massaker von Katyn sind bis heute unvergessen.



      Russland wird gefürchtet. Das geht bis auf die Zaren zurück.

    • @LD3000 B21:

      Danke. Endlich eine ausgewogene Meinung, der ich voll zustimme.

      Ich frage mich immer wieder, warum eine deutsche Regierung unbedingt zuerst amerikanische Interessen vertreten muss. Und ich frage mich allerdings auch, wieso die ukrainische Regierung der Meinung ist, dass wir eine Bringschuld haben und jenseits diplomatischer Gepflogenheiten ziemlich unfreundlich ist.

      Die Leute, die denken, dass Deutschland mit Militär, Waffen- und Waffenlieferungen, Gehorsam gegen USA und Ukraine ein besseres Ansehen in der Welt hätte, sollten auch einmal darüber nachdenken, dass wir ein unabhängiges Land sind mit einer eigenen Interessenlage und einer besonderen Geschichte.

    • @LD3000 B21:

      Vielen Dank für diesen Kommentar, kann ich voll zustimmen.

    • @LD3000 B21:

      Gute Punkte.