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SPD-MinisterInnen der neuen RegierungSolide, mittig, rational

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Karl Lauterbach ist der einzige künftige SPD-Minister, der nicht in Scholz’ Anforderungsprofil leiser Mitarbeit passt. Die Erwartungen an ihn sind riesig.

Karl Lauterbach am 6. Dezember im Willy-Brandt-Haus in Berlin Foto: Hannibal Hanschke/reuters

D ie Riege der SPD-MinisterInnen mag einige überraschen. Wer hatte schon damit gerechnet, dass die Juristin Christine Lambrecht sich künftig mit der Bundeswehr herumschlagen muss? Auch Nancy Faeser, die Innenministerin wird, hatte kaum jemand auf dem Zettel. Und die meisten hätten gewettet, das Svenja Schulze Bauministerin wird – und nicht Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Diese Liste kann man verlängern. Aber das führt in die Irre. Denn die Besetzung der SPD-Posten im Kabinett ist nur auf den ersten Blick erstaunlich. Sie entspricht passgenau dem, was von Olaf Scholz als Kanzler zu erwarten ist: mittige Politik, solides Handwerk.

Die SPD hat nicht zufällig jene Ministerien für sich reklamiert, in denen es um Sicherheit geht: Innen, Verteidigung und Arbeit und Soziales. Das entspricht dem Profil, das die Scholz-SPD will. Sie ist für Verlässlichkeit und Risikominimierung zuständig. Nicht nur die Auswahl der Ministerien, auch die Besetzung atmet diesen Geist: lieber solide als charismatisch. Deshalb hat Lambrecht, robust und professionell, den schwierigsten Job – nämlich das Verteidigungsministerium möglichst skandalfrei zu managen.

Das Kabinett wird, wie von Scholz angekündigt, quotiert sein. Sieht man davon ab – ein funkenschlagender Aufbruch ist die Besetzungsliste nicht. Einige verdanken ihren Job Scholz’ Sympathie, die meisten Erfahrung und Zuverlässigkeit. Nummer sicher eben.

Das folgt einem nüchtern abwägenden, rationalen Kalkül. Diese Regierung hat mit Annalena Baer­bock eine sehr gesinnungsstarke und sehr unerfahrene Außenministerin. Bei Finanzminister Christian Lindner wäre die größte Überraschung, wenn es mit ihm keine böse Überraschung geben würde. Und beim Schlüsselprojekt der Ampel, dem vor allem von Robert Habeck verantworteten klimaneutralen Umbau, werden gewiss die Fetzen fliegen.

Für Glamour und Katastrophen werden in der Ampel also FDP und Grüne sorgen. Die SPD hat es lieber solide und unauffällig. Scholz folgt darin seiner Vorgängerin Angela Merkel. Die holte ungern Stars in ihre Regierung und umgab sich im Kabinett lieber mit loyalen, etwas farblosen Fachkräften.

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Die einzige Überraschung ist, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister wird. Er passt eigentlich nicht in Scholz’ Anforderungsprofil geräusch- und störungsfreier Mitarbeit. Lauterbach ist Arzt, Pandemie­ex­perte und ein Star – jedenfalls außerhalb von SPD und Fraktion.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Fachkompetenz und mediale Wirksamkeit keine Knock-out-Kriterien für einen Ministerjob sind. Bei Lauterbach ist damit die Fallhöhe am höchsten. Die große Reform, die Bürgerversicherung, wird mit der Ampel nicht kommen. Das Dickicht der Lobbyinteressen ist in der Gesundheitsbranche besonders undurchdringlich. Und viele erwarten, dass Lauterbach die Pandemie in den Griff bekommt. Die Erwartung ist riesig. Das Risiko zu scheitern auch.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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27 Kommentare

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  • Olaf Scholz als Bundeskanzler. Hubertus Heil als Minister für Arbeit und Soziales. Andrea Nahles als Chefin der Bundesagentur für Arbeit? Damit würden gleich drei Sozialdemokraten, die im alten Denken der Agenda 2010 eben doch noch gefangen sind, ein Trio bilden. Was wird da „solide, mittig, rational“ bedeuten? Ein mehr oder weniger unverhohlenes "Weiter so" der Technokratie und ihrer Technokraten? Der weitere Einsatz aller Erfahrung in einer Politik, die vorgibt alles zu verändern, damit in Wahrheit alles so bleibt, wie es ist? So unwahrscheinlich wäre das leider nicht: Wiederum nur Rhetorik und Nebelkerzen und dahinter die Ruinen des Alt bekannten?

  • taz: "Die SPD hat nicht zufällig jene Ministerien für sich reklamiert, in denen es um Sicherheit geht: Innen, Verteidigung und Arbeit und Soziales."

    Seit wann geht es der SPD denn wieder um Soziales? Um Arbeit (Billiglohnjobs) geht es der 'Scholz-SPD' sicherlich auch weiterhin, denn wie schon Gerhard Schröder (SPD) 2005 vor dem World Economic Forum in Davos sagte "Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt". Das Spiel "Ausbeutung des kleinen Bürgers" wird wohl auch mit der 'Scholz-SPD' weitergehen - denn an Hartz IV soll ja nicht gerüttelt werden - damit die deutsche Wirtschaft innerhalb Europas ihre Stellung als Exportweltmeister halten kann; was die anderen europäischen Länder natürlich wirtschaftlich extrem unter Druck setzt. Die "Aufgabe" die der "Bürgergeldempfänger" in diesem Monopolyspiel hat ist also klar, egal ob man dem Ganzen jetzt einen schöneren Namen gegeben hat. Wer mal schauen will, wie man den "versprochenen" Mindestlohn von 12 Euro/Stunde auch weiterhin umgehen kann, der muss bei Google nur "Mindestlohn umgehen" eingeben.

    Die Linke unter 5% bringen, die Grünen unter 15%, und dafür die neoliberale FDP zu wählen, ist auch wieder einmal typisch deutsch. Nun ja, der Deutsche war ja noch nie besonders hell, aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird und der Klimawandel sich über noch mehr CO2 in der Atmosphäre freut - die "er" sicherlich durch unkontrolliertes Wirtschaftswachstum auch bekommt - ausgerechnet die neoliberale und wirtschaftsfreundliche FDP zu wählen, ist wohl kaum noch logisch erklärbar. Wenigstens können SPD und Grüne der FDP aber am Ende die Schuld zuschustern, wenn der Ampel-"Kahn" auf Grund gelaufen ist.

    "Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden." [John Maynard Keynes]

  • Interessanter Faktencheck:



    www.tagesschau.de/...h-twitter-101.html

    • @J_CGN:

      Bezüglich Corona ist das uralt. Können Sie eine/n Politiker/in nennen, die/er es besser gemacht hat? Ich hatte immer den Eindruck, dass Lauterbach wenigstens nicht rumschwafelt und die Menschen echt informieren möchte.

  • NACHFOLGE SPAHN KAM OFT GUT AN:



    //



    KARL "EX-FLIEGE" LAUTERBACH/



    //



    Zu Lauterbach sollt' man wegen/



    Solidarität fragen Kolleg_en/



    Er ist fraglich Menschenfäng_er/



    Oft war er ein (!)Einzelgäng_er/



    Bringt vielleicht den Scholz Olaf/



    Wie sich selbst auch um den Schlaf/



    Studien mal hin und her/



    In Berlin es nunmehr wär/



    Seine Chance zu zeigen ihm/



    Klasse Kompetenz im (!)TEAM!



    //



    Glückauf aus dem Westen!

  • "Fachkompetenz und mediale Wirksamkeit", ich hätte mir wirklich von der TAZ mehr als eine Lobeshymne gewünscht. Da hätte mir die Auflistung der Falschaussagen und Fehleinschätzungen aus der Tagesschau von gestern schon völlig ausgereicht.

  • "Lauterbach der faulste Abgeordnete"



    Immer im Fernsehen, aber nie im Ausschuß wenn es darum ging echte Gesundheitspolitik zu machen.



    Und dieser Clip ist von 2009…hat wer Hoffnung daß sich dies geändert haben wird?

  • Man darf sehr gespannt sein, auf die nächste "so grundstürzende Entscheidung für unser Land".







    (Olaf Scholz am 30.11.21 in den ARD Tagesthemen zur Impfpflicht)

    www.saechsische.de...cholz-5576810.html

  • die FDP gibt der SPD die Ausrede , das Alibi in sozialen Dingen alles beim alten lassen zu können.

    Wer glaubt denn daran, dass diese Partei wirklich etwas für die Kleinen tun möchte?

    Hat sie, jedenfalls in der Bundesrepublik, noch nie getan.

    Sie hat immer die andere Seite der Macht dargestellt.



    Aber gemeinsam mit der CDU.



    Mal in der Regierung mal im Bundesrat.

    Gemeinsam mit den Arbeitgebern sind die Gewerkschaften immer den SELBEN Weg gegangen.



    Nuancen anders darstellend.

    Wirkliche Verbesserungen im Harzt 4 System, wie immer man es auch nennt, sind mit dieser Partei nicht zu machen.

    Von grösster Wichtigkeit für die SPD ist immer noch das Abstandsgebot.

    Diejenigen die dauerhafte Arbeit haben müssen wesentlich besser stehen, als die, die welche suchen oder aus verschiedenen Gründen nicht leisten können.

    Begründung sind dann immer die sogenannten Faulenzer, Schmarotzer oder wie man es immer nennt, die sich angeblich nur auf Kosten der Gesellschaft ausruhen.

    Dafür "lohnt" es sich das ganze repressive System zu etablieren und aufrecht zu erhalten.

    Ein auskömmliches Leben soll gerade nicht ermöglicht werden. Es soll nur reichen nicht zu verhungern.

    Tja.



    Die Menschen bekommen das was sie gewählt haben........

    • @Friderike Graebert:

      Was für Veränderungen im H 4 System?



      Wir benötigen eine Arbeitspolitik, die Menschen schnellstmöglich wieder einen Arbeitsplatz geben. Arbeitsmarktpolitik heißt für mich nicht nur die Menschen bzw. die Arbeitslosen zu verwalten. Es müssen Barrieren bei den Arbeitgebern, Arbeitslosen und in der Verwaltung der Arbeitsämter abgebaut werden statt weiterhin Milliarden zu verschwenden für irgendwelche massnahmen, die keiner will... Außerdem müssen Hartz 4 Empfängern sämtliche Möglichkeiten genommen werden, sich auf H4 auszuruhen und womöglich noch irgendwelche lukrativen Jobs oder Schwarzarbeit zu verrichten...

      • @Andrew Bear:

        Betrifft: „Ausruhen“ Zur Information:

        Christine Morgenroth

        „Arbeitsidentität und Arbeitslosigkeit – ein depressiver Zirkel. - Arbeitslosigkeit kann für die Betroffenen psychische Folgen haben. Es ist jedoch falsch, depressive Reaktion Betroffener als individuelle Pathologie umzudeuten.“

        Aus der Einleitung:

        „Ist der Verlust des Arbeitsplatzes für die Betroffenen heute ein Problem im Sinne einer Lebenskrise, aus der sie oftmals nur mit großer Mühe und häufig genug mit bleibenden Schäden herausfinden? Ist Arbeitslosigkeit eines jener bedeutenden Lebensereignisse, die psychosozialen Stress auslösen und ein hohes Potenzial an Gefahren mit sich bringen? Und wenn ja, welches sind die Gefahren und mit welchen Mitteln versuchen Arbeitslose, diesen zu begegnen? Auf diese Fragen werde ich im folgenden Beitrag Antworten suchen.“

        In: „Aus Politik und Zeitgeschichte“

        www.bpb.de/apuz/27...depressiver-zirkel

      • @Andrew Bear:

        "Außerdem müssen Hartz 4 Empfängern sämtliche Möglichkeiten genommen werden, sich auf H4 auszuruhen ..."

        Arbeitslose Bürger (Harz IV Empfänger = Bürgergeldempfänger) sollen also zur Arbeit "verpflichtet" werden. Hatten wir das nicht schon einmal in Deutschland? Ach ja, das war ja im Jahr 1935 und hieß damals 'Reichsarbeitsdienst'.

        Hartz IV = FORDERN UND Gewinne der Wirtschaft FÖRDERN. Das war/ist der wahre Grund, weshalb man die Hartz-Reformen damals unter Schröder (SPD) eingeführt hat. Und mit Hartz IV kann man die Arbeitslosenquote auch noch sehr gut "schönen". Die Arbeitslosigkeit steigt aber trotzdem seit Jahren in diesem Land, auch schon vor Covid-19, und nur durch statistische Tricksereien der Bundesagentur für Arbeit, schaut es so aus, als ob die Arbeitslosenzahl konstant bleibt. Gleichzeitig ist der Niedriglohnsektor in den vergangenen Jahren immer mehr ausgebaut worden. Wir haben jetzt schon ca. 10 Millionen Niedriglohnempfänger in Deutschland, die von ihrem Lohn nicht leben können. James Allen Hightower (US-Politiker, Autor und progressiver politischer Aktivist) sagte vor Jahren: "Es geht nicht um Jobs. Selbst Sklaven hatten Jobs. Es geht um Einkommen".

        Was wir eigentlich endlich einmal brauchen ist eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden die Woche, wie sie seit Jahren der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Bontrup fordert, und danach sollte man ernsthaft über das BGE nachdenken. Aber mit der Ampel wird das nichts werden, denn deren Politiker leben immer noch in der Welt des 20. Jahrhunderts und die FDP will ja nicht einmal zu dem Spitzensteuersatz für Reiche von 53% zurückkehren, den es damals noch unter dem "Sozialisten" Helmut Kohl (CDU) gab.

    • @Friderike Graebert:

      Mehr Inhalt, weniger Polemik wäre schön. Natürlich hat die neue SPD-Regierung etwas für den "kleinen Mann" getan -z.B- die Mindestlohnerhöhung. Und natürlich sind einige Änderungen bei Harz 4 auch Verbesserungen (auch wenn ich mir da mehr gewünscht hätte, als Betroffener) Als solcher weiß ich im Übrigen auch, das die Grundsicherung sehr wenig ist, aber es ist weit weg von einem "es reicht nur um nicht zu verhungern" . Wer da schreibt, hat offensichtlich keine Ahnung vom Thema - oder polemisiert eben :-)

    • @Friderike Graebert:

      Was genau ist denn für Sie ein auskömmliches Leben? Wie oft Kino, Restaurant, Coffee-to-go...? Und ein Recht auf Malle einmal im Jahr?

      • @Emsch:

        dass man seinen Strom bezahlen kann...



        - dass man seine Medikamente bezahlen kann...



        - dass man ohne grosse Sorgen bis zum Monatsende kömmt...



        - dass man seine Versicherungen bezahlen kann,,,,,



        . dass man ein regionaes Tageszeitungsabo bezahlen kann...



        . dass man sich auch mal ein Buch leisten kann...



        - dass man in seiner angestammten Wohnung bleiben kann....

        Hartz 4 liegt deutlich unter dieser Grenze. Sagen auch alle grossen Sozialverbände.

        Es geht nicht um Luxus sondern um Normalität.

        Ohne Malle z.B.



        Aber eine Currywurst, für die die es mögen, sollte schon mal drin sein.

        Der Satz der für Lebensmittel angesetzt wird lässt das jedenfalls nicht zu.

  • Ich vermnute mal, daß Scholz vor allem den Nimbus des Basta-Kanzlers endgültig auslöschen möchte, welcher der SPD jeglichen Fortschritt im Kernbereich Soziales unmöglich macht. Die Kernfrage wird aber lauten, ob und wie das FDP-geführte Finanzministerium solchen Fortschritt weiterhin blockieren wird, denn die SPD wird in den kommenden vier Jahren nicht am Stillstand, sondern am Fortschritt gemessen werden (und Hr. Lindner ist nicht unbedingt der Typ, der für Verbocktes als Sündenbock geradesteht bzw. stehenbleibt).

  • Ich glaube, diese Regierung wird niemanden überraschen und auch FDP und Grüne werden wohl eher selten für Konflikte sorgen. Der Punkt ist doch, dass dies kein großes Reform- oder Erneuerungswerk von Olaf Scholz sein wird, das ist ganz klar auch nie das Ziel gewesen. Es wird wohl temperierten Stillstand mit ein paar Farbklecksen geben.

    Für die SPD wird sich im Bereich Arbeit/Soziales nur sehr wenig ändern, nur wenige Normalos gelangen in einen Vorteil durch diese Regierung. Die Frage, warum die SPD in Deutschland eine Regierung anführen sollte, wird im Laufe der nächsten Jahre wohl eher offen bleiben.

    Ich habe wenig Optimismus, dass diese Regierung echte linke, liberale, grüne oder soziale Politik durchsetzen oder verankern kann. Das Rentensystem in Deutschland ist echter Mist, vieler Durchschnittsarbeitnehmer bekommen Minirenten, viele müssen über 67, weiter arbeiten. Wird jemand im Alter krank und kann das nicht mehr, dann kommen üble Wahrheiten und vor allem Armut auf.

    Und dann €12 Mindestlohn, eine tolle Sache, aber es zeigt eben auch, dass Scholz bald selbst den ideelen Gesamtkapitalisten anführen wird, der ex-Marxist als Anführer der Ausbeuter und Kapitalverwerter.

    Mit einer FDP im Finanzressort kann man sich auf echtes Umdenken in Sachen Wirtschaft und Finanzen definitiv nicht verlassen, das Gegenteil wird eintreten. Weitere Steuersenkungen und sinnlose Bevorzugungen von Reichen, Superreichen und Mächtigen stehen an.

    Warum die SPD überhaupt so eine Regierung bildet?

    Weil sie eben inzwischen eine Mitte-Rechts-Partei ist, die das Establishment nicht mehr schockt oder rockt, aber für Normalos kaum was bewegt. Immerhin wir haben Frieden und mit Lauterbach wenigstens einen Menschen, der auch anders kann und dem Scholz fachlich schlecht reinreden kann. Aber mehr als das, war und ist von dieser Regierung wohl nicht zu erwarten.

    Und Cem Özdemir - das ist natürlich ein Symbol, aber wenn die Discounter voller Müll liegen, von dem sich die Armen ernähern?

    • @Andreas_2020:

      12 Euro Mindestlohn ist eine Gehaltserhöhung für Millionen Menschen von 9,60 auf 12 Euro sind 25% mehr Gehalt. Das bedeutet entweder mehr Geld im Monat oder weniger Stunden Arbeit. Gleichzeitig werden der Missbrauch bei der Zeiterfassung besser kontrolliert und Verstöße strenger bestraft. Mensch im unterem Lohnsegment werden profitieren. Nicht die Mittelschicht, das verhindert die FDP, da sie höhere Belastungen für die Reichsten 1-5% ablehnt. Fundamentalkritik ist leicht. Konstruktive Kritik schon schwerer.

      • @Marc Hupertz:

        "Menschen im unteren Lohnsegment" sind in Deutschland im Jahr 2021 in der Regel im "unteren Lohnsegment", weil sie außerhalb aller Tarifbindung und Mindestlöhne schuften.

        Der faktische Mindestlohn in USA sind zur Zeit knapp 12 Dollar (bundesdurchschnittlich, weil es je nach Staat variiert). An der massenhaften extremen Armut vieler lohnabhängig Beschäftigter dort ändert das nichts. Wann merken die Boomer endlich, dass gerade für die Klimawandelopfergeneration das reguläre Beschäftigungsverhältnis mit Tarif- und Mindestlöhnen eine Fiktion war?

      • @Marc Hupertz:

        Wenn ein Arbeitnehmer keine Rechte gegen einen Arbeitgeber durchsetzen kann, ist das eine Sache, wenn das Mio. von Menschen nicht mehr können, dann kommt ein Mindestlohn. Dann definiert der Staat, was eine Arbeitskraft auf dem niedrigsten level wert ist. Wenn jemand wie Scholz jahelang so tut, als sei er für Gewerkschaften und für Tarifverträge, dann sind €12 nur das €12 - das heißt Arbeitnehmer sind so entrechnet, dass sie sich dagegen gar nicht wehren können.

  • Na also - endlich mal mit Hr. Lauterbach eine Fachperson im richtigen Ministerium.



    Das freut mich als Pflegefachkraft um so mehr....

    • @Juhmandra:

      Gebe Ihnen recht, soweit. Aber ehrlich gesagt hat auch dieser gute Mann sich kein Bein für Pflegefachkräfte ausgerissen, im Gegenteil eher für den Abbau von Krankenhäusern gesorgt und Fallpauschalen mit unterstützt. Was solls, warum der Typ von der CDU zur SPD kam kam spricht für sich. Ahoi, allein die Bürgerversicherung, hätte gut getan, womöglich wird es sein Steckenpferd noch werden. Solange die Uni-Kliniken nicht alsbald auch noch an Asklepios und Konsorten verscherbelt werden, alles Schön.



      Soweitsogut...

      • @Bunkerratte:

        Ich nehme mal an, dass Sie in Sachen Krankenhausfinanzierung und Gesundheitswesen nicht so firm sind.



        Auch wenn es gern immer wieder behauptet wird, sind nicht Fallpauschalen an sich das Problem. Das sind nämlich auf tatsächlichen Kostenmeldungen kalkulierte Pauschalen, die bezwecken, dass gleiche Leistung auch gleich bezahlt wird.



        Pauschalen haben das so an sich, dass sie mal zu einer höheren Vergütung führen als die Klinik tatsächlich an Kosten hatte und mal zu einer geringeren.



        Ein Problem entsteht dann, wenn Kliniken beginnen, sich auf diejenigen Leistungen zu konzentrieren, bei denen sie mit ihren Kosten unter der Pauschale bleiben und diejenigen beginnen abzubauen, die sie nicht so günstig anbieten können. Sie wollen nämlich Gewinne realisieren um Aktionäre zu bedienen. Da spart man dann auch gern an den Pflegekräften um die Pauschale noch weiter ausquetschen zu können.



        Das Problem ist also ein Gewinn- und nicht Gemeinwesen-orientiertes Krankenhauswesen und im Übrigen auch Gesundheitswesen. Es geht eben nicht darum, die Menschen gut zu versorgen, sondern Geld damit zu verdienen.



        Und was den Abbau von Krankenhauskapazitäten betrifft - hilft viel hier nicht viel. Es bedarf einer qualitativ guten Versorgung, nicht einer massenhaften an jeder Ecke.



        Wir haben in Deutschland mit Abstand die höchste Anzahl an Krankenhausbetten im Verhältnis zur Einwohnerzahl - und sind am Ende nicht gesünder sondern nur teurer.



        Es bedarf einer stufenweisen flächendeckenden Versorgung. Viel mehr lässt sich ambulant und damit auch wohnortnah abbilden. Wenn es denn wirklich kompliziert ist, bitte ein wenig weiter weg mit erfahrenen Behandelnden - Erfahrung und Qualität hat auch mit Menge zu tun.



        Aber das sind ganz schön dicke Bretter und die Widerstände der aktuellen Profiteure werden gewaltig sein.



        Herr Lauterbach wird sich aber eher daran machen, diese Grundprobleme anzugehen als ein Herr Spahn.



        Ich wünsche Ihm dabei gutes Gelingen!

    • @Juhmandra:

      Man wird sehen, ob er den theoretischen Talkshowmonologen auch sinnvolle pragmatische Taten folgen lässt.

    • @Juhmandra:

      Hoffen wir, dass er die seit vielen jahren notwendige Wende im Gesundheitssektor bringen kann.

      Ich wünsche ihm viel Erfolg.

    • @Juhmandra:

      Der Mann wird leider maßlos überschätzt. Er hat in Bezug auf Corona mehrfach unseriöse und falschen Behauptungen aufgestellt. Beispiel?!



      „Diejenigen, die jetzt auf Intensivstationen behandelt werden, sind im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt. Die Hälfte von denen stirbt. Viele Kinder verlieren ihre Eltern. Das ist eine Tragödie.“ (April 2021)



      "Mundschutz kann man aus Staubsaugerbeuteln basteln" (April 2020)



      „Sieben Prozent der Kinder, das ist unstrittig, die sich infizieren, entwickeln Long-Covid-Symptome.“ (Mai 2021)



      Und so weiter, wenn die Omnipräsenz in Talkshows und das unreflektierte Wiedergeben fachlicher Artikel dargestellt als eigenen Erkenntnis ("ich lese zu dem Thema sehr viel (O-Ton Karl Lauterbach bei Stern TV)) eine kompetente Person definiert, dann ist er das.



      Wer meint diese Fähigkeiten reichen aus um eine solche Krise zu bewältigen, dann "gute Nacht"

      • @Yokolyt:

        Ja, Lauterbach hat schon ein paar Dinge rausgehauen, wo man sich fragt, woher das aufgeschnappt hat ... wenn ich da nur an das, seiner Meinung nach, Heroin-Gestreckte Cannabis denke. Totaler Nonsens.

        Zumindest hat er keine Probleme heruntergespielt. Lieber eine zu hohe Prozentzahl nennen (Long-Covid - es sind wohl "nur" 1%), als eine zu geringe.

        Lieber ein verwirrter Professor als ein Politk-Wirtschafts-Heini ohne jede Fachkompetenz.