Rohstoffdeal zwischen USA und Ukraine: Reparationen von dem Falschen an den Falschen
Das USA-Ukraine-Abkommen ist einseitig, nur die USA profitieren. Dafür ist kein Grund ersichtlich. Richtig wäre, wenn Russland an die Ukraine zahlte.
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E s ist vermutlich besser, dass sich die US-Regierung von Donald Trump und die ukrainische Regierung unter Wolodymyr Selenskyi jetzt auf die Grundzüge eines Rohstoffabkommens geeinigt haben. Besser jedenfalls, als die Lage rhetorisch weiter so zu eskalieren wie Trump in der vergangenen Woche, als er, erzürnt über Selenskyis Weigerung, den Reichtum der Ukraine auf Jahrzehnte hinaus herzuschenken, den ukrainischen Präsidenten als „nicht gewählten Diktator“ bezeichnete, der besser schnell handele, weil er sonst kein Land mehr habe.
Letztlich allerdings ist es klassische Trump-Masche: Ohne jede Skrupel provoziert er selbst eine schwere Krise, nur um sie dann zu entschärfen und im Prozess die Perspektiven vollkommen verschoben zu haben. Denn noch bis zum Mittag des 20. Januar dieses Jahres, als Trump in Washington den Amtseid ablegte, war die Ukraine für die USA eine angegriffene Demokratie, ein um seine Freiheit kämpfendes Land, dem die USA, im Verbund mit ihren europäischen Alliierten, ihre Unterstützung zusicherten.
Jetzt ist die Ukraine bestenfalls ein Geschäftspartner für Trump, jedenfalls aber ein Land, das selbst schuld daran ist, überfallen worden zu sein, und dafür jetzt zahlen soll. Denn nichts anderes ist, was jetzt großspurig und irreführend „Investitionsfonds zum Wiederaufbau der Ukraine“ genannt wird: ein Vertrag, der den USA Einkünfte aus ukrainischen Bodenschätzen garantiert, ohne dass sie dafür zukünftig Bedeutendes leisten müssen – etwa die Sicherheit der Ukraine zu garantieren.
Damit wird das Abkommen fast zu einer Art Reparationszahlung für erlittene materielle Schäden – aber nicht von Russland an die Ukraine, wie es richtig wäre, sondern von der Ukraine an die USA, unter Androhung des sofortigen Untergangs. Wie schon bei der ersten Runde der Verhandlungen zwischen den USA und Russland im saudi-arabischen Riad stehen die Europäer hilflos daneben und schauen sich an, was eiskalt ausgenutzte Macht bewirken kann.
Perversion internationalen Gebarens
Ihnen ist im US-amerikanischen Kalkül die Rolle des Zaungastes zugewiesen, der ein zukünftiges, von ihm selbst kaum mit verhandeltes Waffenstillstands- oder gar Friedensabkommen erst widerspruchslos zu akzeptieren hat und dann nach Möglichkeit auch militärisch absichern soll. All das, warum die USA und Europa den Verteidigungskampf der Ukraine gegen den russischen Aggressor in den letzten Jahren unterstützt haben, interessiert nicht mehr. Grenzen gewaltsam verschieben? Warum nicht, wenn man es kann.
Demokratie, Menschenrechte? Wokes Gedöns. Für die US-Regierung hat stattdessen Priorität, so schnell wie möglich zu normalen wirtschaftlichen Beziehungen auch mit Russland zurückkehren zu können, dem Land also, mit dessen Diktator man zuvor bilateral die Einflusssphären zu regeln gedenkt. Es wird an den Europäern liegen, eine solche Perversion internationalen Gebarens nicht durchgehen zu lassen. Ob sie die dafür nötige Macht aufbauen können, liegt an ihnen selbst.
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