Rechtslage bei Böllerattacken: Wenn der Schuss nach hinten losgeht

Nach den Angriffen an Silvester wird über Gesetzesverschärfungen diskutiert. Doch vieles ist geregelt – vom Böllerverbot bis zur Bodycam.

Polizeibeamte stehen hinter explodierendem Feuerwerk in Berlin

Seit 2017 gilt für „tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte“ eine eigene Norm im Strafgesetzbuch Foto: Julius-Christian Schreiner/TNN/dpa

BERLIN taz | Die Vorkommnisse der Silvesternacht sind bereits heute strafbar, das heißt, es gibt keinen rechtsfreien Raum. Diskutiert wird also nur über Verschärfungen.

So ist es heute bereits strafbar, Menschen mit Feuerwerkskörpern zu beschießen. Wenn eine Person dabei absichtlich verletzt wird, gilt dies als „Körperverletzung“ und wird mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert. Der Pyro-Angriff auf Menschen ist auch strafbar, wenn nichts passiert, weil die Raketen das Ziel verfehlen. Dies gilt dann als „versuchte Körperverletzung“. Je nach Einsatz der Böller und Raketen könnte auch eine „gefährliche Körperverletzung“ vorliegen, mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Wer Böller in eine Menschenmenge wirft und dadurch die Gesundheit anderer gefährdet, kann wegen „Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion“ verurteilt werden, die Mindeststrafe beträgt ein Jahr.

Seit 2017 gilt für „tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte“ eine eigene Norm im Strafgesetzbuch, wonach mindestens drei Monate Freiheitsstrafe verhängt werden müssen und Geldstrafe ausgeschlossen ist. Geschützt sind hier zunächst Polizist:innen, durch einen Querverweis aber auch Feuerwehrleute und Rettungssanitäter:innen. Auch damals wurde mit zunehmenden Angriffen auf Einsatzkräfte argumentiert.

Wer mit Feuerwerkskörpern fremdes Eigentum beschädigt (zum Beispiel Fahrräder), begeht eine „Sachbeschädigung“, die Höchststrafe beträgt zwei Jahre. Auch hier ist schon der Versuch strafbar. Mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wird die „Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel“ bestraft. Hierzu gehören seit der Einführung des Paragrafen 1986 auch Polizeifahrzeuge. 2011 wurde die Strafnorm auf den Schutz von Feuerwehrautos und Krankenwagen erweitert.

Böllerverbote schon heute in der Sprengstoffverordnung geregelt

Welche Strafe im Einzelfall verhängt wird, entscheidet das Gericht. In der Regel wird der Strafrahmen nicht ausgeschöpft, also nicht die Höchststrafe verhängt. Bei Erst­tä­te­r:in­nen bleibt es meist bei Geldstrafen. Wenn nur Freiheitsstrafen möglich sind, können diese bis zu einer Höhe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden (wobei eine Geldauflage zu bezahlen ist). Für unreife Heranwachsende (bis 21 Jahren) und Betrunkene sind mildere Strafen möglich. Aus Gründen der Generalprävention, also der Abschreckung, kann ein Gericht aber auch betont harte Strafen verhängen.

Böllerverbote sind schon heute in der Sprengstoffverordnung geregelt. Feuerwerkskörper der Kategorie F2, also Böller und kleinere Raketen, dürfen fast das ganze Jahre nicht benutzt werden. Nur an Silvester und Neujahr ist das Zünden erlaubt – allerdings nur durch Volljährige und nicht „in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen“.

Die Sprengstoffverordnung wird vom Innenministerium erlassen und gilt bundesweit. Örtliche Behörden können schon heute in bestimmten Gegenden zum Lärm- oder Brandschutz das Abfeuern von Raketen und Böllern auch an Silvester verbieten.

Der Einsatz von kleinen Kameras an den Fahrzeugen (Dashcams) oder am Körper (Bodycams) von Einsatzkräften gehört zum Recht der Gefahrenabwehr, für das die Bundesländer zuständig sind. Die meisten Bundesländer haben inzwischen entsprechende Regelungen in ihren Polizeigesetzen. In Berlin gibt es bisher nur eine Versuchsklausel, die bis April 2024 befristet ist. Auf dieser Grundlage wurden zunächst nur 30 Bodycams angeschafft und getestet. Seit Dezember 2022 sind 300 Bodycams im Einsatz, davon 250 bei der Berliner Polizei und 50 bei der Feuerwehr. Das Berliner Polizeigesetz (ASOG) würde auch die jetzt geforderte Beschaffung und den Einsatz von Dashcams bei der Feuerwehr zulassen.

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