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Rechtsextremismus bei der Polizei„Man schwimmt halt so mit“

M. war Mitglied eines rechtsextremen Polizeichats. Vom Dienst ist er bis heute suspendiert. Jetzt packt er aus.

Es gilt die Unschuldsvermutung, auch bei diesen Polizist:innen, die Anfang November in Dortmund eingeschworen wurden Foto: Jochen Tack/ddp
Mohamed Amjahid

Interview von

Mohamed Amjahid

In den vergangenen Jahren sind wiederholt rechtsextreme Chats unter Po­li­zis­t:in­nen aufgetaucht. Erst kürzlich in Niedersachen, Hamburg und Hessen. Die Wissenschaft spricht von einem großen Dunkelfeld. In einer deutschen Großstadt will ein Polizist auspacken. Er war mehrere Jahre Mitglied eines solchen Chats und will anonym bleiben. Beim Gespräch zeigt er Polizeiabzeichen und Ausweis. Er ist um die 40, trägt die Haare zurückgekämmt, einen gepflegten Bart und einen beigen Strickpullover.

taz: Herr M., Sie waren jahrelang in einem rechtsextremen Chat aktiv, der große Schlagzeilen produziert und neben den vielen anderen Fällen die deutsche Innenpolitik erschüttert hat. Wie landet man überhaupt in so einem Chat?

M.: Die Ursprünge dieses Chats liegen weit über zehn Jahre zurück. Es gab für jede Dienstgruppe damals halt so eine Chatgruppe, wo kurzfristige Dienstplanänderungen mitgeteilt wurden.

taz: Auf WhatsApp?

M.: Ja, auf WhatsApp. Da haben sich alle zum Sport verabredet oder zum Bierchen nach dem Dienst. Nun war es halt so, dass die Chefs da teilweise auch mitgelesen haben und manchmal möchte man sich halt einfach auskotzen über die Vorgesetzten oder was schief gelaufen ist bei den Einsätzen. Wie es in jeder Dienstgruppe oder in jedem Arbeitsumfeld so ist, gibt es immer so einen Kreis, der sich besser versteht. Dann formen sich kleinere Grüppchen.

taz: In einem dieser Nebenchats hat dann jemand angefangen Hitler zu glorifizieren, oder wie?

M.: Irgendwann ging es im Chat dann halt los mit diesen bescheuerten Bildern und Videos. Und im Laufe der Zeit ging es gar nicht mehr um die Inhalte, um die Message dieser Bilder. Es ging nur darum, wer wird das krassere Bild posten. Befeuert von toxischer Männlichkeit: Ich will ein krasseres Bild, eine krassere Aussage als der andere posten.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

taz: Coolness durch Holocaust-Relativierung oder Genozidfantasien?

M.: Ja. Einfach ein total kindisches, unerwachsenes und bescheuertes Verhalten. Was passiert, wenn man ein Bild geschickt bekommt? Man guckt sich das drei Sekunden an und es ist aus dem Sinn. Man vergisst es direkt. Ich würde den meisten in diesen Chats jetzt einfach mal unterstellen, dass es wirklich darum ging, noch was Krasseres zu posten als der Vorgänger. Unabhängig vom Inhalt.

taz: Verharmlosen Sie damit nicht diese Inhalte?

M.: Ich habe da tatsächlich keine rationale Erklärung für, man schwimmt da halt auch so ein bisschen mit.

taz: Antisemitismus, der Wunsch Geflüchtete, Schwarze Menschen, Muslim:innen, sollten in einer Reihe aufgestellt und exekutiert werden, Vergewaltigungsfantasien, purer Sexismus, Euthanasie-Witzchen gegen Menschen mit Behinderung. Außenstehend hat man den eindeutigen Eindruck, wer in diesem Chat war, ist rechtsradikal.

M.:… aber Sie kennen mich ja gar nicht. Ich würde schlichtweg entgegnen, dass Sie mich nur von irgendwelchen Nachrichten kennen.

taz: Ich habe den ganzen Chatverlauf gelesen.

M.: Sie kennen mich als User-Name in dieser Whatsapp-Gruppe. Sie kennen diese Bilder, aber Sie sehen den Menschen dahinter nicht. Rechtsradikal fängt für mich nicht damit an, dass man irgendwelche Bilder weiterleitet. Das fängt in Handlungen, Taten und Gedanken an. Das ist der entscheidende Unterschied.

Im Laufe der Zeit ging es gar nicht mehr um die Inhalte, um die Message dieser Bilder. Es ging nur darum, wer wird das krassere Bild posten. Befeuert von toxischer Männlichkeit.

Suspendierter Polizist, der jahrelang in rechtsextremem Chat aktiv war

taz: Solche menschenfeindlichen Chats über Jahre zu pflegen, das ist eine Tat.

M.: Das ist eine Tat, die innerhalb einer geschlossenen Gruppe stattfindet. Wenn ich jetzt mein ganzes Leben danach ausrichten würde, ich sage jetzt mal, ich stehe morgens auf und schlage die Hacken aneinander, dann könnte man definitiv so weit gehen und mich als rechtsradikal bezeichnen. Aber so ist es nicht. Wenn sich Polizisten im Dienst beispielsweise mit Kollegen verabreden: So! Heute gehen mir die Ausländer auf den Sack und ich mache was dagegen. Dann kann man definitiv Rechtsradikalismus unterstellen.

taz: Auch diese Fälle gibt es. Da haben sich zum Beispiel Po­li­zis­t:in­nen in Chats verabredet, „Obdachlose zu klatschen“. Es gibt den Komplex Nordkreuz, da haben Po­li­zis­t:in­nen mit anderen einen Umsturz geplant. Die vielen Einzelfälle formen eine Struktur.

M.: Ich weiß definitiv, dass manche Mitglieder dieser Gruppe diese rechtsextreme Gesinnung haben. Aber nicht alle.

taz: Sie haben trotzdem mitgemacht. Können Sie nachvollziehen, dass viele Menschen kein Vertrauen mehr in die Polizei haben? Vor allem viele Minderheiten.

M.: Zum Teil kann ich das nachvollziehen, zum Teil aber auch nicht.

taz: Was heißt das?

M.: Ich kann es nachvollziehen, wenn man von dem ausgeht, was in der Presse oder auf sozialen Medien erzählt wird. Dort kommen nur die krassen Fälle vor. In diesen Gruppen war es ja auch nicht so, dass jetzt alle fünf Minuten da ein problematisches Bild auftauchte. Ich will das Ganze nicht schönreden, nur transparent machen. Aber natürlich kann ich das von diesem Standpunkt aus komplett nachvollziehen. Ich kann es aber gleichzeitig nicht nachvollziehen, weil ich halt beide Seiten kenne. Ich bin Polizist, aber ich bin auch normaler Bürger. Polizist ist ein wahnsinnig belastender Beruf. Weil nie wirklich Zeit besteht, Sachen zu verarbeiten. Und was man als Polizist sieht und erfährt, das erfahren viele Leute so nicht. Die Schlägereien. Die Gerüche. Das Blut. Angespuckt zu werden. Ohne das jetzt schönreden zu wollen.

taz: Wie war das für Sie als der Chat aufgeflogen ist, in dem Sie waren?

M.: Schwierig, dafür ein Wort zu finden. Natürlich ist man erst mal überrollt, auch von der ganzen Berichterstattung. Es wurde anfangs auch sehr viel heftiger dargestellt, als es war. Als wir von unserem Chat in der Tagesschau erfahren haben, haben wir gedacht, das können wir doch gar nicht sein. Als wäre der „NSU 2.0“ aufgedeckt worden, als würden wir unter Bomben schlafen.

taz: Die Inhalte Ihres Chats waren extrem heftig.

M.: Also ich weiß, dass das heftig war, nur so wie es dargestellt wurde, in den ersten Tagen, war das nicht richtig. Zu krass. Das war ja so, als wären wir eine Terrororganisation gewesen. Nach so zwei Wochen war die weitere Berichterstattung meiner Meinung nach vollkommen gerechtfertigt, auch in der Härte. Die ersten zwei Wochen waren dagegen für mich hart und klar fühlt man sich da scheiße: Schuldgefühle, schlechtes Gewissen.

taz: Wenn solche Chatkomplexe überhaupt vor Gericht gelandet sind, wurden die entsprechenden Po­li­zis­t:in­nen freigesprochen mit dem Argument, es handle sich um „private Chatgruppen“. Es gibt auch den Fall, wo ein Gericht die chattenden Be­am­t:in­nen getadelt hat, dass sie auf Whatsapp geschrieben haben. Weil das so einfach zu knacken sei. Finden diese Chats nun besser gesichert statt?

M.: Ich habe da keinen Einblick mehr. Ich bin komplett raus. Ich kann es mir aber durchaus vorstellen, dass das wahrscheinlich nun auf Signal oder Telegram stattfindet. Telegram ist ja auch eine App, die nur Scheiße hervorbringt. Ich weiß, dass nachdem unsere Gruppe aufgeflogen ist, ganz viele Menschen, die bei der Polizei sind, erst mal ihre Handys aufgeräumt haben.

taz: Eine Razzia auf dem eigenen Smartphone quasi?

M.: Die haben erstmal alles durchgeguckt, ob irgendwo irgendwelche Bilder sind, ob irgendwelche komischen Kommentare von ihnen irgendwo auftauchen. Da haben viele befürchtet, dass es eine Welle gibt, wo alles geahndet wird.

taz: Hat sich Ihre Chatgruppe eigentlich nach ihrer Schließung irgendwie aufgefangen?

M.: Sehr wenig. Es wurden wenige Telefonate geführt, wo es eigentlich nur darum ging: 'Hallo. Wie war es bei dir? Wie geht es dir? Mal gucken, was jetzt kommt. Alles Gute, tschüss.’ Aber es wurde nie wirklich darüber geredet, was in einem jetzt gerade selber vorgeht.

taz: Gab es in Ihrem privaten Umfeld jemanden, der mit Ihnen kritisch darüber gesprochen hat?

M.: Nein. Nie wirklich in der Tiefe. Die Polizeigewerkschaft hat ein Gesprächsangebot gemacht. Aber da besteht auch ein gewisses Misstrauen. Also das ist halt die Quintessenz dieser ganzen Sache für mich, dass die Polizei auch untereinander sehr viel misstrauischer geworden ist. Auch wenn suggeriert wird, dass einem geholfen wird.

taz: Sie sind seit Jahren beurlaubt, bekommen ein steuerfinanziertes Gehalt, arbeiten aber nicht und sitzen Zuhause. Überlegen Sie ganz auszusteigen?

M.: Das darf man ja nicht. Du bist ja weiterhin Beamter. Ich dürfte jetzt beispielsweise keine neue Ausbildung beginnen, das würde nicht gehen.

taz: Dann sind Sie jetzt in einem Wartemodus?

M.: Das ist genau das richtige Wort, weil keiner genau weiß, wie lange dieser Prozess jetzt dauert. Ich weiß nicht, was wann wie passieren wird. Es gibt gar keinen Kontakt zu meinem Arbeitgeber gerade. Es ist ein kompletter Schwebezustand.

taz: Wie geht es Ihnen damit?

M.: Das geht ja mittlerweile mehrere Jahre so. Man lernt irgendwie, sich damit zu arrangieren. Es gibt viele Kollegen, die beispielsweise in der Zeit gestorben sind, teilweise Selbstmord begangen haben, dem Alkohol verfallen sind, in eine andere Sucht abgerutscht sind. Also man kann daran schon sehen, was das mit den Leuten macht. Ich habe meine Situation angenommen. Gut geht es mir nicht dabei. Auch wenn der Job manchmal doof war, hat man ja trotzdem irgendwie gerne auch was für sein Geld getan und wurde gebraucht. Das ist komplett weggefallen.

taz: Warum sind Sie überhaupt Polizist geworden?

M.: (lacht) Aus gar keiner besonderen Motivation. Ich wollte einfach mal probieren, ob ich das schaffe.

taz: Wie meinen Sie das?

M.: Ich war neunzehn Jahre alt und bin in die Ausbildung gerutscht. Ich wollte einfach mal gucken, ob ich es schaffe. Ich hatte nie wirklich eine besondere Motivation. Die ersten zwei Jahre der Ausbildung hatte ich auch schlichtweg gar keinen Bock. Muss ich auch ehrlich sagen.

taz: Einfach durchziehen?

M.: Man hat halt verschiedene Unterrichtsblöcke in der Ausbildung. Du hast Strafrecht, du hast Eingriffsrecht, also Polizeitaktiken. Was gibt das Polizeigesetz her? Du hast Einsatzlehre. Du hast Psychologie und Ethik. Du hast die verschiedenen Trainings. Das ist mir alles relativ leicht gefallen. Es hat auch teilweise Spaß gemacht, es hat auch manchmal keinen Spaß gemacht. Aber welcher Beruf macht schon grundsätzlich immer Spaß? Ich habe mich damit irgendwie abgefunden. Die Motivation für den Job, die entstand erst im letzten Ausbildungsjahr. Wo mir wirklich klar war, dass ich es schaffen werde.

taz: Wurden Sie in Ihrer Ausbildung gut vorbereitet?

M.: Ja und nein. In den Trainingscentern musst du Glück haben. Die Trainings sind teilweise sehr realitätsfern. Man kriegt auch gar nicht zu jedem Sachverhalt wirklich ein Rollenspiel. Ich zum Beispiel habe nie ein Rollenspiel machen müssen in Richtung Versammlungsrecht, Demonstrationen. Da war ich immer nur Zuschauer. Du bist dann vier, fünf Tage in diesen Trainings und bist immer nur Zuschauer wie andere Leute Polizei spielen. Das bringt nichts.

taz: Es gab Recherchen dazu, dass in der Polizeiausbildung rassistische Inhalte vermittelt werden.

M.: Die Ausbildung ist bei mir so lange her. Aber ich kann mich an das Fach Soziologie erinnern. Da haben wir sogenannte „Peer Groups“ besprochen. Man merkt sich dann: Die Araber mögen die Juden nicht, die Russen können nicht so gut mit den Italienern. Dann hieß es, wenn die beiden Gruppen aufeinander treffen, müsse man aufpassen. Vielleicht ist es ein doofes Wort, aber das hatte etwas von Zierfischhaltung: Die kannst du zusammenpacken, die nicht. Das hat mich nicht wirklich aufs echte Leben und die Arbeit vorbereitet.

taz: Können Sie sich vorstellen, in den aktiven Dienst zurückzukehren?

M.: Da es ja sehr viele verschiedene Arbeitsbereiche bei der Polizei gibt, irgendwie schon. Der operative Dienst draußen auf der Straße wäre für mich aktuell nicht mehr vorstellbar.

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42 Kommentare

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  • Eine Aufforderung zu Gewalttaten ("Obdachlose klatschen") ist nicht nur in WhatsApp-Gruppen strafbar. Gerade in Polizisten-Gruppen dürfen illegale Aktionen ( Beschimpfungen, Rassismus, Menschenverachtung etc.) nicht akzeptiert oder geduldet werden. Eine Bestrafung muss konsequent und zeitnah erfolgen. Untersuchungen müssen transparent erfolgen.

    Auf der anderen Seite darf es keine pauschalen Schuldzuweisungen, Verallgemeinerungen, Gewaltaufrufe und Beschimpfungen gegenüber der Polizei geben.



    Ich erinnere mich an ein Foto eines Banners (abgebildet in der TAZ) auf einer Demo, welches ein brennendes Polizei-Auto darstellte. Oder die Rufe "Ganz ??? hasst die Polizei", oder natürlich das Akronym "ACAB", was die Minderwertigkeit von Polizisten ausdrückt.

    Nur durch gegenseitigen Respekt, Gesetzestreue und Konsequenz können wir die gesellschaftliche Brisanz verringern. Der Artikel der TAZ trägt zum gegenseitigen Verstehen bei. Danke dafür!

  • Würde nur 1% all derjenigen, die sich hier und sonstwo über die Polizei im Allgemeinen und Rechtsextremismus in dieser im Besonderen, für den Dienst melden und den Marsch durch die Institution antreten, so gäbe es Vorkommnisse wie das Geschilderte wohl gar nicht mehr.



    Leider aber lässt man vornehm andere die Drecksarbeit übernehmen und belässt es bei Pauschalisierungen und Beleidigungen (Nietzard et al.). So stärkt man die Strukturen nur.

    • @Emmo:

      Ach, und nur Polizeiarbeit ist "Drecksarbeit"? Vielleicht verrichten die "Beschwerer" ja auch andere Drecksarbeit.

      Und was soll Ihre Kernaussage sein? Das man sich nicht beschweren darf, wen man nicht bei der Polizei ist? Dürfen sich dann auch nur noch Politiker über Politik beschweren? Und Bahnmitarbeiter über die Bahn?

      Und wie sieht es mit Ihnen aus?



      Kommentieren Sie auch nur vornehm in der taz? Oder tun Sie auch aktiv etwas?

      • @Barnie:

        Ich tue "etwas". Sonst hätte ich den Kommentar nicht geschrieben.



        Und ja, bevor man alle Polizisten "auf der Müllhalde entsorgen" (taz) oder brennen sehen will (Demo-Transparent) oder als Bastarde beschimpft (J. N.) sollte man zumindest wissen, wovon man redet. Gilt auch für die Themen Polizik und Bahn.

        • @Emmo:

          damit sie mich richtig verstehen: die Probleme bei der Polizei müssen angegangen werden, aber sich hier auf der taz-kommentarseite gegenseitig zu vergewissern dass man doch selbst immer auf der richtigen Seite ist, ist wenig hilfreich.



          vor allem dann, wenn wie im Artikel über das Verbot der Blockade anderer Demos bei einigen Foristen autoritäre und antidemokratische Einstellungen zutage treten, die einen erschrecken lassen.

  • Danke an die TAZ, dass sie als leider einzige Zeitung dieses Thema überhaupt bringt!



    In den 19:00 oder 20:15 Nachrichten werden wir davon nichts hören und auch nicht in den sonstigen "Leitmedien".



    Vielleicht ein versteckter Artikel in der SZ.

  • Wenn man sich mal die von Jan Böhmermann veröffentlichten Chats des NSU2.0 ansieht, dann weiß man: da wird nicht ein Bild geschickt, das sieht man sich an und dann ist es aus dem Sinn. Was dort gepostet wurde, war so abscheulich, dass man als normaler Mensch nicht durch den ganzen Chat kommt.

    Wir reden da nicht von "Hitlerbildchen". Das ist dermaßen widerlicher menschenverachtender Mist, dass man kotzen muss.



    Ich kenne den Inhalt des Chats nicht, von dem dieser sympathische Freund und Helfer hier erzählt, aber ich bin sicher, dass es nicht so harmlos ist, wie es im Artikel klingt.

    Wer den Zusammenhang der Law&Order und Waffenfetischisten der rechtsextremen Szene und Uniform und Waffen bei Polizei und Bundeswehr nicht sieht, der steckt den Kopf in den Sand. Das sage ich seit Jahrzehnten. Das Phänomen ist nicht neu.

    Und wenn ein Herr Reul (vor ein paar Jahren) eine Studie zu strukturellem Rassismus bei der Polizei als "nicht notwendig" bezeichnet und damit abgelehnt hat, dann ist er Teil des Problems.

  • Der komplette Impetus dieser Chatgruppenteilnehmer läßt sich durch Tribalismus, also Stammesdünkel, sehr gut erklären. Leider existiert die Diskussion zu diesem Thema nur in Fachkreisen.

    Wir sind von der Natur auf ein "Wir gegen die" neurologisch verdrahtet und wir müssen anfangen endlich global darüber zu sprechen.

    Video zu diesem Thema von "Big Think" mit einigen berühmten Neurologen & Psychologen:



    youtu.be/14XSzWT4v...i=LHHUSpCtmszSZfI8

    • @AugenhöheStattTribalismus:

      Gutes Video. Solche Inhalte müssten Teil von Aus- und Weiterbildung bei der Polizei sein.



      Plus regelmäßige Supervisionsangebote für alle Polizisten und Polizistinnen.

  • Rechtsradikalismus und Uniformen ziehen sich wohl tatsächlich an.



    Ich habe allerdings immer noch grundsätzlich ein positives Bild von unserer Polizei, die sehr mehrheitlich ihren Job korrekt macht.



    Pauschale Beleidigungen a la Jette Nietzard sind m.E. völlig fehl am Platze.

    Was mich auch mal interessieren würde: gibt es eigentlich aich Erkenntnisse über zum Beispiel Linksradikalismus oder auch Islamismus in der Polizei? Oder wird nur der rechte Komplex überhaupt untersucht?

    • @Hungerboomer:

      Pauschale Lobhudeleien sind mE genauso fehl am Platz.



      Woher wollen Sie denn wissen, dass die Polizei "sehr mehrheitlich" (was auch immer das ist?), ihren Job korrekt macht? Meiner Erfahrung nach ist das von Polizei zu Polizei sehr unterschiedlich.

    • @Hungerboomer:

      Wir haben bisher auch überwiegend positive Erfahrungen mit unseren " Freund & Helfer " gemacht, wir haben allerdings auch im Freundeskreis einige Polizeibeamte - dürfte aber wohl nicht daran liegen - schmunzel



      Dennoch gibt es halt auch folgende, traurige Fakten :



      www.rbb-online.de/...nrechtmaessig.html

    • @Hungerboomer:

      Schon mal drüber nachgedacht dass es keinen linken komplex in der Polizei gibt?



      Diese Vermutung lässt sehr wenig Wissen ihrers zum Thema vermuten...



      Gerade weil die Polizei zu erheblichen Teilen (wir gross lässt sich sicherlich nicht abschließend klären) rechts(radikal) ist, werden sie da keine Linken finden....



      Islamismus vermutlich sehr wenig...



      Bis auf einige Clanmitlgieder in der Berliner Polizei hab ich da noch wir was von gehört.

    • @Hungerboomer:

      Ich habe in über 50 Jahren noch nie was über Linksradikalismus und Islamismus im Ansatz gehört.

  • Zitat: "Nun war es halt so, dass die Chefs da teilweise auch mitgelesen haben..."



    Da frage ich mich, warum haben "die Chefs" da nicht eingegriffen. Oder haben die auch mitgemacht?

    Ansonsten sage ich nur: "Wenn das unsere Polizei ist, na dann gute Nacht!"

    • @Il_Leopardo:

      Trotzdem, ich kann mir nicht vorstellen, dass Vorgesetzte von all diesen Vorgängen nichts gewusst haben.

    • @Il_Leopardo:

      In den offiziellen Dienstchats haben die Chefs mitgelesen.



      Um über die Chefs lästern zu können, hat man andere Chaträume aufgemacht.

  • Interessant......Radkikalen Blödsinn posten und Jahrelang volles Gehalt kassieren....einfache Angestellte wären jetzt bereits obdachlos....wie schön ist doch das Beamtenleben...

    • @Andreas Horn:

      Bei einfachen Angestellten würde das (zumindest bis zu einer gewissen Betriebsgröße) keine Sau interessieren. Es gibt in Deutschland genug Firmen wo vom Azubi bis zum Chef alle rechts bis rechtsradikal sind.

    • @Andreas Horn:

      Und nicht angeklagt und nicht verurteilt werden. Und weiterhin das sehr weiche Kissen des Beamtenstatus genießen, z.B. 70% des letzten Bruttogehalts als Pension statt Armutsrente, und das ohne je in eine Art Rentenkasse eingezahlt zu haben. Diese Alimentierung kostet uns jedes Jahr über 60 Mrd Euro. Aber nicht mal eine Aberkennung des Beamtenstatus gibt es für solche Leute, siehe NSU2.0

    • @Andreas Horn:

      Ja, das ist schon seltsam, aber da muss man wohl den Arbeitgeber fragen.

      Ich vermute mal, solange nicht alle Stellen besetzt sind, ist es dem Staat auch irgendwie egal.

    • @Andreas Horn:

      Das eröffnet ja völlig neue Perspektiven: Einfach eine WhatsApp-Gruppe öffnen, rechtsradikales Material posten, sich zurücklehnen und auf den Tag warten, an dem die Öffentlichkeit davon erfährt und man vom Dienst unter Beibehaltung der Bezüge freigestellt wird.



      Ich werde das mal beim Patentamt anmelden.

  • "Man schwimmt einfach so mit". Von jemandem, der eine Waffe trägt und sie einsetzen daf, erwarte ich mehr Haltung und Rückgrat als dieses Wischi-Waschi-war doch gar nicht so schlimm, warum regen sich alle so darüber auf.

    • @Minelle:

      Polizisten sind auch nur Menschen.

      Und sie können als Beamte praktisch nicht ausweichen. Man ist und bleibt, wo einen der Staat hinsetzt.

      • @Sonntagssegler:

        Von einem Polizisten darf man aber deutlich mehr erwarten, als dass er einfach nur so mitschwimmt, vor allem bei so widerwärtigen Posts.



        Und auch ein Beamter kann Versetzungen beantragen und sich auf freie Stellen bewerben.

    • @Minelle:

      Völlig recht haben Sie natürlich, das muss man verlangen können. Was dem leider ohne Patentrezept entgegensteht, das ist das, was wir auch charakterliche Schwäche nennen können, ggf rechtlich 'Geeignetheit' bzw 'Ungeeignetheit' (für den Polizeidienst). M.E. wird viel zu wenig dazu geforscht, denn im brutal konsequenten Beamtenrecht haben sich zumindest die Dienstherren warm eingerichtet. Was mich aufhorchen lässt, ob Schutzbehauptung oder nicht: fehlende Zeit, womöglich ist hier auch fehlendes Verständnis Dritter gemeint, das Erlebte zu verarbeiten.

  • Die Tonalität des Beamten wirkt unbeholfen, er ist sich seiner Handlungen & inkludierten Konsequenzen gar nicht bewusst. Vielleicht liegt da der Erklärungsansatz für zunehmende Gewalt unterm Polizeistern, wozu sich Gedanken machen, was die eigenen Taten bewirken, wenn doch der Korpsgeist & spätestens die Staatsanwaltschaft idR schützt. Dass er nun die Ausnahme dR ist & beruflich seit Jahren auf Eis liegt, hat ihn jedoch nicht zu mehr Reflektion bewogen… eher im Gegenteil, der Opferstatus wird poliert & sich mit ratlos hängenden Schultern auf die Couch gesetzt – unter vollen Bezügen, während Polizeigewaltopfer möglichweise traumatisiert, berufsunfähig & am Existenzminimum knapsend kaum über die Runden kommen… oder tot unter der Erde liegen. Erschreckend, dass das die Menschen sind, die mit Nahkampfausbildung & allerlei Gerät zum schädigen von Menschen auf Bürger*Innen losgelassen werden. Ich will nicht abstreiten, dass es ein harter Jobs ist, umso härter muss die Arbeit an einem selbst sein, wenn man mit derartiger Machtfülle mit Menschen umgeht. Aus großer Kraft, folgt große Verantwortung; wurde nicht verstanden, wenn man liest, wie lax er an seine Ausbildung herangegangen ist.

    • @Lou Andreas-Salomé:

      Bei Occupy fand ein Großteil der Kommunikation über Facebook statt. Das hatte just in jenen Tagen die Funktionalität sich verästelnder Diskussion abgestellt. Genau die Art von Forumsfunktionalität, auf die damals ganz offensichtlich Rechtsextreme geschult waren. Durch diesen technischen Trick waren sie draußen. Stattdessen versuchten Trolle, teils erfolgreich, die fb-Gruppen zu okkupieren. Mangels Rechtsextremen wurden da halt etliche Diskussionsteilnehmer als "rechtsoffen" bekrittelt und je härter desto schneller waren Teilnehmer rausgeekelt von Trollen, die bei näherem Hinsehen womöglich selber rechtsoffen waren, und wenn nicht auf andere unschöne Weise extrem. Jedenfalls waren definitiv nur manche davon, weil es damals Mode war, lediglich "Lusttroll".

      Der interviewte Polizist hier erschiene jenen Trollen von damals wahrscheinlich als rechtsoffen, evtl. war er es auch in seiner Chatzeit. Nur ist die Vokabel "rechtsoffen" inzwischen durch ihren Missbrauch durch Trolle verbrannt, wiewohl gerade heutzutage das Verfangen von vielen Themen der AfD bei breiten Wählerschichten schon ein gerüttelt Maß von wörtlich Rechtsoffenheit bei immer noch zuvielen Mitmenschen offenlegt.

      • @Uwe Kulick:

        In Ermangelung von Bezügen zu meinen Worten frage ich mich, worauf sie hinauswollen? So hässlich trollen, ragebait & hatespeach in der digitalen Welt schon sind, macht es einen eklatanten Unterschied derartiges Gedankengut zu verbreiten & mitzunehmen auf die Straße & in den Dienst. Auch kann ich mich nicht mit dem angedeuteten Freispruch von harmloser Lust oder Unwissen befrieden: Polizist ist nicht nur ein Beruf, den ergreift man nicht weil man mal sehen wollte, ob man es schafft… man sitzt auch nicht die Ausbildung aus, ohne dabei ein Verständnis für die Tätigkeit zu entwickeln, für die man sich entschieden hat. Spätestens bei Kampausbildung & Übung an der Waffe, muss doch einem verständigen Menschen klar werden, was die eigene Verantwortung ist. Sollte das alles nicht fruchten, weil dem Homo mal wieder das Sapiens fehlt, sollte spätestens dann eine Eignungsprüfung den Mann auf Tauglichkeit testen. Rambos werden auf Bürer*Innen losgelassen & müssen sich nicht einmal Gedanken um Konsequenzen machen, da der Staatsapparat eher die Beamten als die Menschen schützt. Und dann wundert man sich über das tief verankerte Misstrauen dass Bürer*Innen Ihrer Regierung entgegenbringen.

  • Wenn viele mitschwimmen könnte man es als Zustimmung



    halten. Das heißt dann im Zweifel gegen die Freiheitliche Grundordnung?

    • @Captain Hornblower:

      Das heißt dann auch im Zweifel, dass man einen Lorenz in Oldenburg mit mehreren Schüssen in den Rücken tötet und jetzt wegen "fahrlässiger Tötung" angeklagt ist als wäre das das gleiche wie ein besoffener Autofahrer, der die Kontrolle verliert und jemanden überfährt.



      Die Liste der Polizeimorde an PoC ist nicht kurz. Und nie wird jemand zur Rechenschaft gezogen. D.h., Staatsanwaltschaft und Gerichte sind Teil des Problems.

  • "Das geht ja mittlerweile mehrere Jahre so. Man lernt irgendwie, sich damit zu arrangieren. Es gibt viele Kollegen, die beispielsweise in der Zeit gestorben sind, teilweise Selbstmord begangen haben, dem Alkohol verfallen sind, in eine andere Sucht abgerutscht sind. Also man kann daran schon sehen, was das mit den Leuten macht. Ich habe meine Situation angenommen. Gut geht es mir nicht dabei. Auch wenn der Job manchmal doof war, hat man ja trotzdem irgendwie gerne auch was für sein Geld getan und wurde gebraucht. Das ist komplett weggefallen."



    Ich dachte, es gibt eine Fürsorgepflicht u. Unschuldsvermutung



    kommunalforum.de



    "Der Dienstherr muss für die berufstätigen Beamten und auch für die pensionierten Beamten sorgen und sie schützen. Diese Fürsorgepflicht gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz).



    Die in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht ist eine Generalklausel. Diese ergänzt die Ansprüche der Beamten, die in speziellen Normen geregelt sind (z.B. Erholungsurlaub, Beihilfe für Beamte, Abgeltung von Mehrarbeit, Arbeitsschutz).



    Der Fürsorgepflicht des Dienstherrn entspricht das Fürsorgerecht des Beamten."



    Gegenstück Treuepflicht!

  • Da fehlen wohl noch sehr viele Demokratiepaten, um den Bedarf an Demokratiefestigkeit bei einigen Polizeikräften zu decken. Es ist sicher schwer, gegen den Strom zu schwimmen und sich dem Gruppenzwang zu entziehen. Man sollte die Hoffnung nie Aufgeben.



    Einer von vielen hat es geschafft, möge er tapfer bleiben.

  • Seltsame Mischung aus Naivität und Selbstgerechtigkeit bei diesem Polizisten. Immerhin lobenswert und erkenntnisreich, dass er sich kritische Fragen stellen lässt.

  • "Das ist eine Tat, die innerhalb einer geschlossenen Gruppe stattfindet"

    Die Absicht ist entscheidend, nicht die Umgebung. Bei den Chatinhalten kann durchaus von einem dolus directus ausgegangen werden.

    In den Sozialwissenschaften gibt es das Konzept der "Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“.

    Es bietet klar messbare Elemente, die rechtsextremistische Einstellungen erkennenbar machen. Die Auszüge aus dem Chat erfüllen alle Kriterien. Von der Abwertung Obdachloser oder Menschen mit Behinderung bis hin zum klassischen Sexismus ist alles vertreten.

    Da Bedarf es nicht der Selbsttäuschung, dass es als Rechtsextremismus erst dann benannt werden darf, wenn man morgens die Hacken zusammenschlägt und den Scheitel richtig trägt.

    Wird der gute Mann aber selbst wissen, da das Thema inklusive des Konzepts der "Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“, Teil der Polizeiausbildung ist, um rechtsextremistische Einstellungen deuten zu können. Gibt es sogar eine eigene Homepage der Polizei zu.

    Von den Chatteilnehmern kann sich daher keiner auf die Gruppendynamik berufen. Die haben genau gewusst was sie da tun und wissen nur zu genau wessen Geistes Kind sie sind. Von wegen als Mensch gesehen.

  • Erschreckend wie naiv und wie wenig selbstreflektiert manche Polizisten unterwegs sind. Rechtsradikale Äußerungen, die natürlich nicht so gemeint sind, wenn's ernst wird, die nur für den intenen Kreis bestimmt sind, aber natürlich immer irgendwie nach draußen dringen. Groß den schnabel aufreißen, aber natürlich wird man als armer Mensch missverstanden. Rechtsradikal fängt in Gedanken an? Ja, Gedanken sind hier wenig unterwegs.

    • @Der dreckich Katz:

      Naiv und wenig selbstreflektiert? Da würde er doch ganz gut nach links passen. Da erlebt man das ja auch eher regelmäßig.

      • @charly_paganini:

        Und was hat das jetzt mit dem Text oder gar dem kommentar von Der dreckich Katz zu tun?



        Außerdem stimmt es doch voll. So unreflektiert wie der "Beamte" sich hier äußert.

  • Hanswürste werden irgendwie von Uniformen angezogen. Musste da an Hannah Arendt denken: "Arendt selbst sagte dazu in dem Gespräch mit Gaus: „Ich war wirklich der Meinung, dass der Eichmann ein Hanswurst ist, und ich sage Ihnen: Ich habe sein Polizeiverhör, 3.600 Seiten, gelesen und sehr genau gelesen, und ich weiß nicht, wie oft ich gelacht habe; aber laut!" Schuldig ohne selber zu durchschauen was man da macht. Deshalb sind Befehlsketten so gefährlich.

  • „Das war ja so, als wären wir eine Terrororganisation gewesen.“

    Fremdenfeindliche & sexistische Ideologien, gepaart mit Waffen und kampftauglicher Ausbildung, abgerundet vom gehorsamsbedingten und gemeinschaftsfördernden Gruppengefüge… sind das nicht Definitionen von Terrororganisationen?

    • @PeterS:

      Der Plan oder zumindest der Wunsch, Terroranschläge zu begehen, gehört schon auch dazu.

      • @nihilist:

        Die Verabredung im Dienst "Obdachlose zu klatschen" ist in Ihren Augen also kein Terroranschlag???