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Rechte Politik in Mecklenburg-VorpommernIch will mein Zuhause nicht wegen der AfD aufgeben

Über die Hälfte in meinem Dorf hat im Februar AfD gewählt. Was tun? Wir müssen im Gespräch bleiben, auch wenn das manchmal schwer auszuhalten ist.

Wie vielen AfD-Wählern begegnet man bei einem Spaziergang Mecklenburg-Vorpommern? Foto: Frank Sorge/imago

J etzt hört man wieder ihr Trompeten; die Kraniche sind aus dem Süden zurück. Sie gehören hier hin, sie sind ein Teil der Natur, die noch – von der auch recht intensiv betriebenen Landwirtschaft einmal abgesehen – weitgehend unberührt ist. Solange die Kraniche tanzen, sagt man hier, ist die Welt noch in Ordnung.

Aber ist sie das?

Das Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, in dem ich seit mehr als 20 Jahren, aus dem Rheinland kommend, lebe, hat gerade einmal 300 Einwohner, verteilt auf vier Gemeinden. In meinem Ortsteil, gelegen südlich der schönen Hansestadt Stralsund, wohnen nur 80 Menschen.

Ich lebe gern hier, ich mag den Menschenschlag, ihre verbindliche Zurückhaltung und unprätentiöse Hilfsbereitschaft, und ich mag die Landschaft mit dem nur fünf Kilometer entfernten See, der vor einigen Jahren künstlich angelegt wurde. Ich spaziere gern mit meinem Hund bis zum nahe gelegenen Wald, der Rehen, Hirschen, Marderhunden und vielen anderen Tieren ein Habitat ist, in dem sogar vier verschiedene Adlergattungen vom Fischadler bis zum Schreiadler heimisch sind.

Doch was die Menschen betrifft, ist da inzwischen ein Unbehagen. Bei der Bundestagswahl im Februar wurde die AfD in meinem Dorf mit weitem Abstand stärkste Partei, sie erzielte ein Ergebnis von knapp über 50 Prozent, weit vor der CDU mit nicht einmal 15 Prozent. Diese Statistik tut weh. Rund jeder Zweite, sage ich mir manchmal, wenn ich Nachbarn und Dorfbewohnern begegne, hat diese Partei gewählt.

Fast jeden Morgen beim Spaziergang mit dem Hund treffe ich einen älteren Mann, ebenfalls mit Hund. An der Hauptstraße verabschieden wir uns und wünschen einander einen Guten Tag. Vorher aber sagt er, ein ruhiger pensionierter Bahnbeschäftigter, an meinen Hund gerichtet: „Na Lenny, wollen wir mal gucken“, dann kramt er in seiner alten Bundesbahnkluft und findet, der Hund weiß es genauso sicher wie ich, ein Leckerchen für meinen Kerl. Wo er sein Kreuz gemacht hat?, frage ich mich und wünsche mir dann manchmal die bedingungslose Vorurteilslosigkeit meines vierbeinigen Freundes.

Es sind oft die kleinen Gesten, die mir die Gegend so angenehm machen. Einmal verdrehe ich mir beim Toben mit dem Hund das Knie, was der Landwirt auf seinem Trecker ganz in der Nähe beobachtet. Seine Frau ist Apothekerin. Ich humpele nach Hause, eine Stunde später klopft es an der Tür und die zauberhafte, sechs Jahre alte Tochter der beiden steht vor mir mit einer Tube Mobilat. „Gute Besserung, auch von meiner Mama“, sagt sie, und ich bin gerührt.

Ich will den Menschen nicht misstrauisch begegnen. Und doch wählen so viele hier eine Partei, deren Ehrenvorsitzender die Zeit des Nationalsozialismus einen „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte nannte. Die im Wahlkampf Remigration forderte. Das widerspricht grundlegend meinen Überzeugungen.

Bleiben oder gehen?, fragen sich jetzt viele Linke und Linksliberale in Ostdeutschland, verständlicherweise vor allem auch viele Migranten, Schwule, Lesben und Vertreter anderer Minderheiten.

Für mich ist klar: Ich bleibe. Ich möchte mein Zuhause nicht wegen der AfD auf­geben. Ich will, dass sie politisch und auch für mich persönlich wieder bedeutungsloser wird. Gegen Feindbilder hilft bekanntlich am besten die Begegnung mit dem vermeintlichen Feind. Das gilt für AfD-Wähler hier genauso wie für mich selbst. Ich will meine Nachbarn nicht dämonisieren. Statt weiter zu polarisieren, müssen wir miteinander im Gespräch bleiben. Über die Hunde und, wenn es sich ergibt, über Politik, auch wenn das manchmal schwer auszuhalten ist.

Bis zur wunderbaren Ostsee sind es von hier nur etwa 25 Kilometer. Nah genug, um sich abzukühlen, wenn es mal nötig ist.

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86 Kommentare

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  • Der Autor ist da selbst ja selbst "Migrant" und trieb womöglich die Immobilienpreise hoch - oder revitalisierte ein sterbendes Kaff mit.



    Zeigefinger bringt wohl nichts, vielleicht sich in (demokratischen) Parteien zuhörend engagieren?

  • " Statt weiter zu polarisieren, müssen wir miteinander im Gespräch bleiben"

    Ich bin davon überzeugt, dass Toleranz gegenüber Intoleranten eine der Haupt-Ursachen dafür ist, dass der Rechtsradikalismus im Osten eine solch immense Zustimmung findet.



    Nachdem die Demokraten in der Stadt des Autors allerdings inzwischen in der Minderheit sind, dürfte sich die Frage nach dem Umgang mit Rechtsextremismus ohnehin erledigt haben.



    Die Geschichte sollte die Menschen gerade in Deutschland eines gelehrt haben: Besser früher gehen als später.

    • @Kaboom:

      Wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.

      Karl Popper

  • Ich verstehe die Fragestellung nicht. Wenn ich seit vielen Jahren in einem Dorf lebe und die Menschen dort kenne, und außer den Wahlergebnissen ändert sich nichts, warum sollte ich denn dort wegziehen wollen? Auch wenn ich gewisse politische Präferenzen nicht befürworte, fange ich doch nicht auf einmal an meine Mitmenschen danach zu befragen und - abhängig von den Antworten - meine Wohnortwahl neu auszurichten.

    • @Tom Tailor:

      Genau da ist anzusetzen - dieses nicht verstehen wollen / können in weiten Teilen des Landes.



      Die demokratische Sozialisierung ist fehlgeschlagen.



      Ein totales Vollversagen der Regierung.

      • @Alex_der_Wunderer:

        Sehen wir mal der Wahrheit ins Auge: das kann keine Regierung leisten.

        Hier ist Zivilgesellschaft gefragt.

        • @rero:

          Unsere Familie, respektive meine Eltern, hatten nach Mauerfall zweimal 2 Neubürger bei uns für längere Zeit untergebracht und bei Wohnungs-/ Arbeitssuche unterstützt. Da war die Freude über die neue Freiheit noch groß bei den Besuchern. Eine ganz andere Sozialisierung als bei uns im Westen war aber schon sehr deutlich zu vernehmen - nicht nur auf die Arbeitsmoral - auch auf die Umgangsformen bezogen.



          Die damalige Regierung unter Helmut Kohl hat leider der Sozialisierung der Ostländer zuwenig Beachtung geschenkt und auch die Westler, mit der neuen Situation zimmlich allein gelassen. Augenmerk von Helmut Kohl war ja auch Schwerpunktmässig auf die Gewinnung der Wählerstimmen für sich, aus den damals neuen Bundesländer gerichtet. Typisch , nicht nur für die CDU - aber die CDU war die Regierungspartei, die den Kanzler stellte und Helmut wollte Kanzler bleiben. Schon zu dem Zeitpunkt in 1990 - konnte man aber merken, wie wenig auf die Mentalität, Bedürfnisse und Visionen der Menschen, von den Regierenden eingegangen wurde.



          Es ging halt um die Macht. Platt aber leider wohl die Wahrheit.

  • "verständlicherweise vor allem auch viele Migranten, Schwule, Lesben und Vertreter anderer Minderheiten." - Die sind nicht weniger rechts wie der Rest!

  • „Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass Faschismus jemals durch Diskussion beendet wurde.“ - Hape Kerkeling

    • @K2BBQ:

      Das Schöne ist, dass in diesem Dorf offenkundig der Faschismus gar nicht ausgebrochen ist.

      Insofern muss nichts beendet werden.

      Man muss nur die Leute überzeugen, dass sie eine andere Partei wählen.

      Ich kann mich nicht erinnern, dass demokratische Überzeugung jemals allein durch autoritäre Maßnahmen erfolgreich implementiert wurde.

      Nichtmal nach 1945 hierzulande lief es so.

  • An den Autor: Ich denke stark darüber nach. Es gibt auch andere ruhige Orte, wo mensch sich zu Hause fühlen kann, ohne die Unsicherheit und die berechtigte Angst vor Gewalt. Wenn ich als alter Mensch mich da nicht mehr zu Hause fühlen kann, weil die AfD echt den demokratischen Rahmen sprengt und ich mich halt gewöhnt habe an Demokratie, mich da auch engagiere - und dann zB rEx Dorfjugend mich im Auto bis zum Gartentor verfolgt - wie soll ich mich da noch zu Hause fühlen? - Wer sich engagiert auf der Straße, beu Manifestationen, taucht zB unverpixelt in rEX Netzwerken auf - die schwarz gekleideten Jung-rExtrmisten haben ihre Geischter natürlich verpixelt.

  • Tja, wenn man nur man selbst und der Hund ist (und weiß und hetero) ist es nicht so schwer zu bleiben. Wenn man Kinder hat ist es wohl am schwersten. Sie werden verprügelt und gemobbt, wenn sie links sind oder werden Teil des rechten Mainstreams und mobben und prügeln mit.

  • Der Text ist interessant, nur das Warum bliebt offen. Warum wählen die Menschen AfD? Es bleibt oft im Diffusen.

  • Liebe Tazleser



    Ich habe schon einen Kommentar



    Geschrieben ,es ist ein Kommentar auf einen Kommentar



    Danach ( Also ich habe auch den Artikel gelesen) kamen mir Gedanken die mir irgendwie komisch vorkamen



    Ich fragte mich ob die ehemalige DDR



    Ein in sich geschlossenes Volk ist, ein Konstrukt das durch die Teilung isoliert wurde



    So wie eine Insel, oder wie ein Kontinent



    Zb Australien Tierwelt Endemisch



    Also vielleicht so wie ein kollektives Erlebnis oder Gedächtnis



    Ich bin tatsächlich ein bisschen verunsichert mit meinen Gedanken und



    Habe auch schiss etwas total verkehrtes zu tippen



    Verstehen wir sie nicht, ist der Blick von dem anderen Deutschland Objektiv Subjektiv gar nicht zu verstehen da wir nicht dabei waren



    Kann mir jemand vielleicht helfen meine



    Fragen zu beantworten, oder auch ein bisschen sortieren



    Ich würde mich sehr gerne dafür im voraus bedanken



    Mit freundlichen Grüßen



    Jan Kohl

    • @Jan Kohl:

      Meine Theorie als Ostdeutscher:

      Wir Ossis haben den Sozialismus scheitern sehen und damit auch alle dogmatischen Gewissheiten. Im siegreichen Westen ist man sich dagegen immer noch sehr sicher, was richtig oder falsch, also rechts (=böse) oder links (=gut) sei. Auf Ossis machen diese angeblichen Gewissheiten natürlich wenig Eindruck:

      Repressive Migrationspolitik ist rechts? - Komisch, die linke DDR war in der Frage weitaus repressiver als die BRD es je war.

      "Law and Order" ist rechts? - Komisch, die linke DDR hatte einen sehr harten (und leistungsfähigen) Sicherheitsapparat. ("Da herrschte noch Zucht und Ordnung")

      Militär ist rechts? - Komisch, die linke DDR hatte ein relativ starkes und präsentes Militär und war auch sonst im Alltag stark militarisiert.

      Zurückblickend wird die DDR gerne als (zumindest) soziales Paradies dargestellt. Wie kann das sein, wo sie doch angeblich so rechte Politik gefahren hat? Müsste die DDR nicht heute als faschistischer Staat kategorisiert werden?

    • @Jan Kohl:

      Was Sie sagen, habe ich auch schon so empfunden: dass die Isolation aus der DDR - von 1961 an 28 Jahre, und schon vorher hat die Isolation bgeonnen - eine Insel gemacht hat. Wer hat erfahren zB 1953 im Juni , dass es im eigenen Land, in der Hauptstadt, den Arbeiteraufstand auf den Straßen - und die russischen Panzer - gegeben hatte?Die Mauer machte alles richtig zu.. Enge Beziehungen waren familiäre. Oberschul-Lehrer mussten (?) an die Stasi berichten. Wer sagte wem, was er wirklich gedacht hat?



      Berührende Berichte dazu in der Zeitschrift "Neue Rundschau", von Menschen, die in der DDR aufgewachsen sind: Diktatur und Utopie - wie erzählen wir die DDR? Erschienen 2024. - Ich lebe nun schon > 30 Jahre im Osten, ähnlich wie Euer Autor. Habe die Baseballschlägerjahre d 90er erlebt, die verrohten Jugendlichen, die brutale Gewalt. Auf den Kopf treten am Ende der Schlägerei, wenn die Gegner am Boden liegen. Fassungslose Schöffen im Strafprozess in den 90ern. Kommen die Baseballschlägerjahre wieder, jetzt digital vernetzt: Deutsche Jugend voran? Und: wer hat nicht AfD gewählt? Nicht mal die CDU erringt noch in Dörfern die absolute Mehrheit.:Protest? Folge: VIER Jahre rEX AfD im Bund?

      • @ja wirklich?:

        Da möchte man doch Helmut Kohl und seiner CDU, und den Nachfolgeregierungen echt danken - für so einen Zivilisationsmangel in der Gesellschaft, nach über 30 Jahren " Wiedervereinigung "....



        Sozialisierung nicht ausreichend umgesetzt.

  • Es gibt für Gehen oder Bleiben wichtige Gründe dafür und dagegen. Dialog ist schwierig, aber auch Verzweiflung und Benachteiligung sind schlechte Ratgeber, wenn man ein Parteiprogramm lesen kann.

  • Ich persönlich glaube, dass es in so einem Dorf überhaupt kein Problem wäre, bspw. eine syrische Klein-Familie mit Kindern anzusiedeln, wenn diese sich nur etwas bemüht am Dorfleben teilzunehmen und Integrationsbereitschaft zeigt.



    Da ist nämlich schnell klar, dass man diese nicht fürchten muss.

    Anders sieht es aus, wenn es sich um 80, hauptsächlich männliche geduldete Migranten handelt, die nichts zu tun haben und dadurch auf dumme Ideen kommen ( und bevor jemand schreit, 80 gelangweilte Jungs jedweder Nationalität würden früher oder später ein Problem darstellen )

    • @kiwitt:

      Es wäre nun wirklich eine ganz neue Entwicklung, wenn Rechtsextremisten neuerdings tolerant gegenüber "den Anderen" wären.

  • Es ist mit nichts aber auch garnichts zu entschuldigen, dass man eine Nazipartei wie die AfD gewählt hat. Wenn die AfD in vier Jahren an die Macht kommen sollte, werde ich mit meinem Mann, mit Migrationshintergrund, auswandern.



    Der Mensch lernt einfach garnichts aus Geschichte.

    • @Raymundo:

      Die Frage ist nur, wohin auswandern.

      Läuft ja in den meisten Ländern nicht besser.

      In vielen Ländern Regieren die Rechten inzwischen schon.

  • "Ich möchte mein Zuhause nicht wegen der AfD auf­geben."

    Ich habe mein Zuhause wegen der mutmaßlichen Täter der Kölner Silvesternacht (die von ein bis zwei Ausnahmen abgesehen nicht juristisch zur Verantwortung gezogen wurden) aufgegeben und es nicht bereut. Wenn sich das Umfeld so verändert, dass kein ausgeglichenes Leben mehr möglich scheint, kann ich jedem/jeder nur empfehlen, sich einen anderen Lebensmittelpunkt zu suchen. Es gibt einige Wege dem zu entgehen und der Arbeitsmarkt bietet fast überall (wenn auch manchmal mit Abstrichen) Chancen.

    • @*Sabine*:

      Ich sehe da einen Unterschied zum Artikelschreiber.



      Sie erwähnen ja, dass sich verändernde Umfeld, das Sie scheinbar am eigenen Leibe erfahren/ erlebt haben.



      Im Artikel verändert sich aber im alltäglichen Leben gar nichts, es ist nur die Vermutung, dass vielleicht ihm nahestehende Personen auch die AFD gewählt haben könnten.

  • Sehen Sie, ich als 55jähriger deutscher weißer Mann und mein 57jähriger Lebenspartner mit Abschiebeoptik haben uns an den Ratschlag jüdischer Freunde gehalten: die Geschichte hat uns gelehrt, lieber zu früh als zu spät einen gefährlichen Ort zu verlassen. Wir haben 2022 unsere Firma geschlossen und Deutschland und Europa verlassen. Wir kommen nicht mehr zurück. Mit einem Land, einer Bevölkerung, von denen mittlerweile über 30% die AfD wählen, mit so einer Gesellschaft will ich nichts zu tun haben. Ich darf hier nicht schreiben, was die Deutschen tun müssten, aber genau das müssten sie eben tun... Aber es ist mir egal - in knapp 3 Jahren kann ich mich hier Einbürgern lassen und werde dann die durch Geburt erworbene Deutsche Staatsbürgerschaft frohlockend für immer abgeben. Lieber Paul - pass auf Dich auf und verpasse nicht den richtigen Zeitpunkt für ein sicheres Exil.

    • @RefugeeFromGermany:

      Freuen Sie sich, dass Sie so privilegiert sind.

      Wir anderen sind halt gezwungen, hier durchzuhalten.

      Natürlich ist jeder Wähler, der wegen der AfD geht, ein Gewinn für die AfD.

      Aber das muss letztendlich jeder mit sich selbst ausmachen.

      Solidarität ist nicht für jeden ein Wert.

      • @rero:

        "Aber das muss letztendlich jeder mit sich selbst ausmachen. Solidarität ist nicht für jeden ein Wert."

        Ich bin der Meinung, dass "Solidarität" für jede/n ein Wert ist, nur unterscheiden sich die Bezugsgruppen, die Grenzen der Belastbarkeit und das Gefährdungspotential. Von Bedeutung ist meiner Meinung nach ebenso, ob "man" sich für einen konkret gefährdeten und geliebten Menschen verantwortlich fühlt.

        • @*Sabine*:

          Solidarität ? Solchen Dörfern sollten alle öffentlichen Gelder gestrichen werden. Menschenverächtern und Demokratiefeinden auch noch Unterstützung zukommen zulassen ? Ein Jahr Auslandsaufenthalt mit täglicher Teilnahme an Bildungseinrichtungen mit demokratischer Wertevermittlung, wären wohl erforderlich - um ein Teil dieser Gesellschaft werden zu dürfen.

          • @Alex_der_Wunderer:

            @ plus Chris McZott

            "Solidarität ist nicht für jeden ein Wert." Ich verstand diesen Satz als (bewertende) Replik auf den Ausgangskommentator der Deutschland verlassen hat. (Auf mich wirkte es etwas streng, weswegen ich mich darum bemühte, Verständnis für die Entscheidung des Ausgangskommentatoren zu wecken.)

            Wenn ein Missverständnis vorliegt, bitte ich um Entschuldigung.

          • @Alex_der_Wunderer:

            Ergänzung - & einen Großteil unserer Parlamentarier, parteiübergreifend gleich mitnehmen. Da ist auch zuviel im Argen. Zum Wohle des Volkes regieren, will auch gelernt, gekonnt & gewollt sein

        • @*Sabine*:

          "Ich bin der Meinung, dass "Solidarität" für jede/n ein Wert ist, nur unterscheiden sich die Bezugsgruppen, die Grenzen der Belastbarkeit und das Gefährdungspotential." - Für die AfD ist die Bezugsgruppe die deutsche Ethnie.

  • Wo will man denn auch hin, wenn man wegläuft? Ist ja nicht so, als wäre es in anderen Gegenden so viel besser.



    Klar: absolute Mehrheit ist unterirdisch, aber auf dem Vormarsch sind die Nazis überall.



    Wenn wir uns wegducken, wird bald kein Platz mehr bleiben, den sie uns nicht wegnehmen. Wer kann, muss im Gespräch bleiben.



    Es gibt schon genug, die nicht wirklich diese Wahl haben. (Und warum die Wahl nicht da ist, muss mir niemand erklären, das kann sehr privat sein und soll es auch bleiben dürfen)

  • Neue Heimat!



    Das finde ich sehr mutig.



    Mecklenburg ist schön. Vielleicht färbt das auch wieder ein wenig auf die Menschen ab, jetzt, da die Natur Ihre volle Pracht entfalten kann.



    Vielleicht nehmen die KommentatorInnen in der taz auch mal wahr, dass gegen die Rechten ALLE DemokratInnen zusammen stehen müssen.



    Die meisten ziehen ja, wie gewohnt, Gräben.



    So wurde der größten Erfolg der Zivilgesellschaft gegen die "afd" anschließend kleingeredet.



    In Brandenburg gewann die SPD, nachdem sie in den Umfragen zurück lag, doch noch die Wahl. Das ist Menschen wie Ihnen zu verdanken, die links und linksliberal als auf der gleichen Seite betrachten.



    Das Echo war, auch in dieser Zeitung, verhalten.



    Wenn es aber eng wird, sind den Menschen Menschlichkeit wichtiger als Parteipräferenzen. Dafür müsste man und frau allerdings mal vom Sofa runter und über den Tellerrand schauen, das scheint im Rest der Republik besonders schwierig zu sein.



    Ihre Standhaftigkeit und die so Vieler anderer DemokratInnen im Osten lässt hoffen.



    Vielleicht ergreifen ein paar Großstadtpflanzen ja mal Partei für die Zivilgesellschaft vor Ihrer Haustür.



    Solidarische Grüße aus der alten Heimat!

  • Ich werde NIE AfD wähle, aber die selbstzufriedene teils ignorante Überheblichkeit mit der Wähler der AfD von links betrachtet und bewertet werden ist erschreckend. Der Artikel weist zumindest in die richtige Richtung.

    • @alterego:

      Das größte Problem mit AfD-Wählern ist, dass sie andere Meinungen partout nicht vertragen. Ob man das nun "ignorante Überheblichkeit" nennt, oder auch "in die rechte Ecke stellen" ist dabei vollkommen irrelevant.

    • @alterego:

      Wer so eine Partei wählt die gegen alles ist wofür ich stehe wird keine Akzeptanz von mir bekommen. Das hat rein gar nichts mit Überheblichkeit zu tun. Ich bin mit vielen Migranten und queeren Menschen befreundet. Da werde ich nicht meinen Mund halten, zuschauen und diskriminierende und rassistische Meinungen dulden. Sie würden auch ihre Haltung überdenken wenn sie Ziel vom Hass solcher Menschen währen. Ich war es schon und es ist ekelhaft und beängstigend. Als links denkender Mensch habe ich auch CDU-Wähler toleriert und habe meistens kein Problem im Umgang mit ihnen, aber ich habe null Verständnis für AfD-Wähler.

    • @alterego:

      Mal ganz nüchtern betrachtet: wer AfD wählt, entscheidet sich für eine destruktive Zukunftsgestaltung. Die einzige Frage, die hierzu offen bleibt ist, ob wissentlich oder nicht. Was ist daran ignorante Überheblichkeit?

    • @alterego:

      Es ist es nicht selbstzufrieden und teils ignorante Überheblichkeit, wenn Linke, sprich Demokratinnen und Demokraten die AfD als Neonazi-Partei betrachten und bewerten im Gegenteil, das ist eine komplett zutreffende Betrachtung und Bewertung der faschistischen Partei AfD!

      Es gibt genau zwei mögliche Gründe, eine Neonazi-Partei zu wählen:



      1. man ist Neonazi und wählt sie deshalb.



      2. man ist dumm wie Brot und fällt deshalb auf die Lügen der Rattenfänger rein.

      Bin ich für Sie selbstzufrieden und teils ignorant überheblich, wenn ich Gelesenes und Gehörtes reflektiere und zu dem logischen Schluss komme, dass eine Machtergreifung durch die AfD das Ende von Menschlichkeit und Freiheit in Deutschland wäre und deshalb mit allen Mitteln verhindert werden muss?

    • @alterego:

      Alles vor einem: "ABER"



      Bedeutet nichts!

  • "... Ich will meine Nachbarn nicht dämonisieren. Statt weiter zu polarisieren, müssen wir miteinander im Gespräch bleiben. Über die Hunde und, wenn es sich ergibt, über Politik, auch wenn das manchmal schwer auszuhalten ist. ..."



    Durchaus verständlich von der demokratischen Seite aus gedacht, aber sobald die Faschisten Macht bekommen werden sie polarisieren und mit ihrer Macht ausgrenzen, dann stellt sich die Frage nicht mehr, dann kann man sich Gespräche schenken und nur noch zwischen Mitläufer und Opfer wählen. Man kann sich schon mal überlegen, was man als Opfer aus opfern müsste, die harmlose Variante lässt sich im Programm der AgD nachlesen. AgD Verbot jetzt! Zur Erinnerung, das ist der Verein, der auch Frau Le Pen zu eklig ist und der offen mit Musk und Orban kuschelt, wenn er mal Zeit hat bei Putin aus dem Allerwertesten zu kriechen.

  • Ich wohne auch in Mecklenburg.



    Die MecklenburgInnen die ich kennen gelernt habe wollen nicht im Gespräch bleiben, sie wollen weiterhin verbittert sein. Neue Einflüsse, nein danke. Unfreundlich, feindselig, unhöflich. Ich habe schon an vielen Orten gelebt aber ich resigniere.

  • So geht es uns auch. Wir lieben unser Leben in unserem MeckPomm- Dorf sehr.



    Hier hat jeder 3. blau gewählt. Das tut weh.



    Unsere Zelte werden wir nicht abbrechen. Wir wollen bleiben, reden und zumindest zum Nachdenken anregen. Weggehen kann einfach nicht die Lösung sein.

  • Tja das Landleben ... Nach den politischen Turbulenzen in Frankfurt, dem deutschen Herbst, dem Auseinanderfallen der Spontiszene, dem Aufblühen der "Alternativen", dem Ökologischen, sind wir auch auf's Land gezogen, in den Odenwald. Zusammen mit anderen probierten wir ein anderes Leben, mit Hühnern, Schafen, Schweinen und schließlich auch Rindern. Von allem wenig, aber immerhin. Und obwohl wir zusammen mit unserem Nachbarn seine und unsere Schweine in seinem Schlachthäuschen schlachteten, wonach wir kein Fleisch mehr essen konnten, es gab immer so eine Distanz zwischen unseren Nachbarn und uns "Alternativen". Wir gehörten einfach nicht dazu. Das ging auch allen anderen Stadtflüchtlingen so. Sie gehörten einfach nicht dazu. Und jetzt drückt sich das auch politisch aus. Das ewige DIE und WIR. Unüberwindbar. Später sind wir nach Andalusien weiter gereist und haben versucht dort ein neues Leben aufzubauen. Aber irgendwann wurde auch dort klar: DIE und WIR ist auch dort. Familiäre "Katastrophen", Tod von Eltern, Bruder usw, führten uns wieder zurück nach Frankfurt. Jetzt leben wir in eine Ort gleich nebenan. Und auch da: DIE und WIR. Man entkommt dem nicht, man muss es hinnehmen.

    • @shitstormcowboy:

      Meine Eltern haben vor gut 40 Jahren ein Haus in einem Dorf an der Mosel gekauft. Obwohl wir dort seit Jahren Urlaub gemacht hatten, wurden wir von den "Eingeborenen" zunächst skeptisch beäugt: "Städter" und auch noch "Akademiker".

      Als bei der Hausrenovierung die Maurer den Putz im Erdegschoß abschlugen, hat mein Vater seine Arbeitsklamotten angezogen und gefragt, ob er helfen könne. Darauf meinte der Azubi, er könne ja den abgeschlgenen Putz mit der Schubkarre in den Container bringen. Dafür bekam er zwar eine Kopfnuss vom Chef, aber mein Vater hat so lange den Putz rausgefahren, bis alles fertig war. Und er war damals Ende 60. Das sprach sich sehr schnell im Dorf rum und danach waren meine Eltern akzeptiert. Dass sie auch in die örtlichen Gasthäuser gegangen sind und mein Vater später Führungen in der Kirche gemacht hat, hat sicher auch nicht geschadet.

      Ich mache es ähnlich und obwohl ich noch keinen Putz wegfahren musste ;-), begegnet man mir mit Sympathie.

      Ein anderes auswärtiges Paar hat zwar Jahrzehnte hier gelebt, aber sich nie auf Kirmes, Weihnachtsmarkt oder in den Gasthäusern blicken lassen - und so blieben sie immer "die".

    • @shitstormcowboy:

      Original meine Geschichte



      Voll krass , ist dass unser Jahrgang ?



      Die Orte und Länder sind anders



      Sonst 1 zu 1



      Mit ihnen bleibe ich im Gespräch



      Ich möchte Lernen

  • Auch wenn die Quote der AfD nur ein Fünftel ausmacht, fragt man sich in der Gemeinde, im ÖPNV, im Stadion, bei der Arbeit: Wer? Manchmal sind es verdeckte Hinweise in Gesprächen, keine Beweise, denn krude rechte "Sprüche aus Grundhaltung" sind nicht allein AfD-Stigma.



    Bei wahlen-in-deutschland.de liegen die historischen Ergebnisse offen, auch andere nationale Wahlen wurden offenbar maßgeblich im Osten entschieden.



    Aus einem früheren Aufenthalt an der Havel ist mir die häufigst am Campingplatz angebrachte Flagge in Erinnerung, die Reichskriegsflagge, anderswo, nämlich hier in einem Dortmunder Vorort, sah ich aber auch schon die Flagge der Konföderierten als Statement am Fahnenmast.



    spiegel.de 2020



    "Für Diskussionen sorgte die Südstaatenflagge auch schon in Deutschland. Wie die "Sächsische Zeitung" 2017 berichtete, machte eine Wissenschaftlerin der Florida State University die Stadt Radebeul als Veranstaltungsort jährlicher Karl-May-Festtage darauf aufmerksam, dass die bei den Reenactments verwendeten Banner auf viele Amerikaner wie Nazi-Flaggen wirkten."

    Kleidung ist Symbol, der Habitus ist Kommunikation.



    fashionchangers.de...remismus-kleidung/

  • "Statt weiter zu polarisieren, müssen wir miteinander im Gespräch bleiben. " Es gibt Grenzen des Dialoges. Diese wurden von der AfD befestigt, mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen, die fernab der Charta der Vereinten Nationen liegen. Es geht dabei um Menschenrechte, allgemeingültig, die niemand infrage stellen sollte, so die verbriefte Forderung der UN.

  • Die Hälfte unserer Familie lebt im Osten, Thüringen und Sachsen. Die meisten haben im Februar AfD gewählt.



    Nicht wegen dem Vogelschiss-Statement und auch nicht wegen Remigrationsphantasien, sie wählen AfD aus Verzweiflung.



    Weil ganze Landstriche verödet sind, weil es Parteien nicht hinkriegen Straftäter konsequent des Landes zu verweisen, weil man nicht mehr unbeschwert auf Jahrmärkte gegen kann, weil der Weihnachtsmarkt jetzt Wintermarkt heißen muss, weil ihnen seit 30 Jahren nur Wessis vor die Nase gesetzt werden die sie von oben herab behandeln - egal ob Politiker oder Firmenchefs, weil man nur mehr über sie statt mit ihnen redet, weil zwar Straßen, Dorfplätze und Fassaden öffentlicher Gebäude auf Westniveau gebracht wurden, aber bei den Menschen selbst wenig vom Soli ankam.



    Die meisten haben mit Müh und Not ihre Häuser schick gemacht, von Ofenheizung auf Gasthermen umgestellt, zahlen teilweise noch die Kredite ab und haben jetzt Angst eine neue Heizung zu brauchen, bevor die alte überhaupt abbezahlt ist.



    Die Wiedervereinigung war keine Vereinigung, das war ein 'wir zeigen euch jetzt mal wie das richtig geht'...



    Übergriffig, fast schon kolonial - Trotz und Kränkung sitzen tief

    • @Farang:

      Tut mir leid, das Verzweiflungs-Argument im Zusammenhang mit dem Wahlverhalten der Ostdeutschen … ich kann es nicht mehr hören!



      Im vergangenen Sommer war ich in einer Reha-Maßnahme im Saarland (Saarpfalz-Region). Ein Teilnehmer, mit dem ich mich dort anfreundete, berichtete mir, wie entsetzt er bei seiner Ankunft am Kurort gewesen sei, wie marode und heruntergekommen dort die regionale Infrastruktur doch sei. Das hätte er „tief im Westen“ Deutschlands so nicht erwartet. Tatsächlich gab es in der Kur-Ortschaft auffällig viel Leerstand, viele Häuser standen leer und wirkten, als ob sie kurz vor dem Zusammenbruch stehen - das Saarland als strukturschwache Region halt.



      Und jetzt dürfen Sie raten, woher meine Reha-Bekanntschaft kommt: aus dem sächsischen Erzgebirgskreis. Dort sei es nicht so heruntergekommen, viel sei in den letzten Jahrzehnten in den Aufbau und die dörfliche Infrastruktur gesteckt worden, so meinte er.



      Ich frage mich da, woher dann eigentlich die „Verzweiflung“ kommen soll. Vielleicht können Sie’s mir erklären.

      • @Abdurchdiemitte:

        Argumente können auch volkswirtschaftliche Kennzahlen sein.



        11/20 bei bpb.de



        "Lange Wege der Deutschen Einheit



        Die Kosten und Erträge der Wiedervereinigung Deutschlands"

        Die Wiedervereinigung war wohl zur damaligen Zeit ein "alternativlos" ungeahntes historisches Geschenk, einige Entscheidungen waren es nicht.



        Auch Ungarn stand 1989 vor der Zahlungsunfähigkeit.



        Zur Lage in der UdSSR und der Verbündeten Moskaus.



        "Und weiter: „Es gibt einen Brief von Honecker, Ende April verabschiedet – an die Leitungsorgane der SED. In diesem Brief heißt es: ‚Genossen, Ungarn ist für den Sozialismus praktisch verloren.‘ Anfang Juli, am Warschauer-Pakt-Gipfel in Bukarest, haben Ceausescu und Zivkov (Bulgarien) Reden gehalten, in denen sie gegen Polen und Ungarn ein gemeinsames Vorgehen forderten. Aber auch da spielte Gorbatschow nicht mit.“



        deutschlandfunkkultur.de



        Gorbatschow:



        "Und was mit Deinen atomaren Mittelstreckenraketen, die auf Italien und Frankreich zielen? Das wird eine Koalitionsregierung sicher nicht einfach runterschlucken. Darauf schlug er auf die Stuhllehne, und sagte: ‚Miklós, solange ich in diesem Stuhl sitze, wird sich 1956 nicht wiederholen."



        Damit war klar, was er nicht zuließ.

      • @Abdurchdiemitte:

        Ich gebe Ihnen vollumfänglich recht, viele im Osten haben vom Westen ein überhötes Bild - Saarland, Ruhrgebiet, etc - wenn die wüssten wie es da teilweise aussieht, wäre die eigene Anspruchshaltung wahrscheinlich anders.



        Das ist auch ein Problem, dass selbst nach 30 Jahren ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung der neuen Bundesländer noch nie vor Ort in den alten Bundesländern war abseits der schillernden Metropolen.



        Da fehlt definitiv der Blick fürs Ganze bzw da herrschen falsche Vorstellungen.

    • @Farang:

      Trotz ist eine FOLGE von Kränkung und nicht dazu geeignet, irgendetwas Positives zu bewirken. Niemand ist schließlich verpflichtet, trotzig zu sein.

      Die AfD bietet den Menschen an, in ihrem Trotz verharren zu können.



      Die rückwärtsgewandten Lösungen, die sie anbietet, sind Ausdruck dessen.



      Und natürlich gefällt es vielen, wenn vom Vogelschiss in der Geschichte gesprochen wird. Auch dahinter steht ein Trotz, der von vielen als "da spricht einer von uns" wahrgenommen wird.



      Die AfD setzt es bewusst ein. Zu behaupten, es gehe nicht darum, zeugt von Ahnungslosigkeit.

      • @Onkel Heinz:

        Durchaus möglich dass das unterbewusst eine Rolle spielt, ich kann auch nicht den Verwandten hinter die Stirn schauen.



        Das die AfD ihr Blatt hervorragend spielt und ausreizt ist nicht von der Hand zu weisen.



        Wenn das aber sie und ich und so viele andere Menschen so klar erkennen, warum schaffen es dann die Politiker der anderen Parteien nicht auf dieses offensichtliche Spiel der AfD Antworten zu geben, die die Menschen erreichen.



        Von den Politikern abseits der AfD wird immer nur die ominöse Mitte beschworen - sehr offensichtlich eine (leider) erfolglose Taktik, eine strategische Neuausrichtung macht aber keiner.



        Man lässt die Menschen in ihrem Sud aus Verzweiflung, Trotz und Wut schmoren und hofft, dass sie irgendwann die Lust daran verlieren - diese Wette ging bisher null auf, stattdessen kapselt sich ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung komplett vom politischen Diskurs ab und folgt den Rattenfängern der AfD.



        Diese Unfähigkeit einen zunehmend größeren Teil der Bevölkerung überhaupt nicht mehr erreichen zu können, den laste ich den anderen Parteien an.



        Die AfD kann nur wachsen weil andere Parteien den ostdeutschen ländlichen Raum geradezu aufgegeben haben, ihn ignorieren

        • @Farang:

          "..., , warum schaffen es dann die Politiker der anderen Parteien nicht auf dieses offensichtliche Spiel der AfD Antworten zu geben, die die Menschen erreichen."

          Sie sage es doch selbst:



          Kränkung und Trotz. Und das ist ja auch verständlich, bei dem, was viele erlebt haben.



          Wenn sich dadurch viele als Deutsche 2. Klasse sehen, dann machen sie sich abhängig davon, wie die anderen sie sehen.



          Eine Grundfalsche Haltung.



          Wenn einem dann nichts besseres einfällt, als anderen, denen es auch schlecht geht, das Leben schwer zu machen, dann hat eben nur eine Partei die passende Antwort.

          Dass die anderen Parteien nicht in der Lage sind, Antworten zu geben, liegt wohl daran, dass keine Fragen gestellt, sondern Forderungen erhoben werden, die nur die AfD befriedigen kann. Diese Partei muss meiner Meinung nach deswegen bekämpft werden. Auch mit einem Verbot. Sie kümmert sich nicht um die Menschen, sondern manipuliert sie, um mit ihrer Hilfe an die Macht zu kommen. Offenbar sehnen sich viele nach einem autoritären Regime bei dem jedem in hierarchischer Ordnung sein Platz im Leben zugewiesen wird.



          Beste Voraussetzung natürlich, wenn Russland demnächst seine Einflusssphäre ausweitet.

    • @Farang:

      Trotz, Kränkung, Opferkult.



      1990 haben sie in überwältigender Mehrheit CDU gewählt - statt zb Ost-Bürgerrechtler, die ihnen dieses Wählen maßgeblich überhaupt erst ermöglicht haben - und wollten so schnell wie möglich beim Großen Dicken Wessihelmut unterschlüpfen. Zum Entsetzen vieler kritischer Geister in Ost und West ...

    • @Farang:

      Sie zählen hier ein Märchen nach dem anderen auf, welche von vielen menschen geglaubt werden, die aber trotzdem nicht wahr sind.



      Gerade im Osten, wo die AfD am stärksten ist, gibt es die wenigsten Ausländer.



      Wintermärkte heißen so, weil sie nicht zur Weihnachtszeit, sondern bin weit in den Januar geöffnet haben.



      Der Soli war nie für Einzelpersonen gedacht. Indirekt kommt er aber doch irgendwo an, wenn Handwerker für die Fassaden gebraucht werden und attraktive Städte Unternehmen anziehen. Wenn das dann niemand nutzt, wie soll man denn sonst helfen?



      Die Gasheizung, die nach 30 Jahren noch nicht abbezahlt ist, ist keine politische Fehlentscheidung, sondern eine Fehlfinanzierung. Die Ersparnisse durch die bessere Heizung müssen auch in die Bezahlung gesteckt werden, damit die sich amortisieren kann.



      Heizungen, die noch laufen, dürfen bleiben. Das hat der neue Entwurf korrigiert. Das ursprüngliche Gesetz, das die CDU verabschiedet hat, sah tatsächlich einen zwingenden Ausbau vor. Das ist jetzt dank der Grünen nicht mehr der Fall.



      Ja, es ist Mist passiert bei der Wiedervereinigung. Gerade was die Privatisierung der Unternehmen anging, aber was hier aufgezählt wird, stimmt einfach nicht.

      • @Herma Huhn:

        Ich zähle hier keine Märchen auf, ich habe berichtet von der tatsächlichen Gefühlslage. Das diese mitnichten zutreffend ist bin ich voll bei Ihnen - das aber dem Gegenüber klar zu machen, bzw beim Gegenüber ein Verständnis/ eine Akzeptanz dessen zu erreichen, DASS ist das Problem.



        Wo wir wieder beim übereinander statt dem miteinander reden wären...

        • @Farang:

          Wenn Sie es nicht schaffen, durchzudringen, obwohl Sie Zugang zu den Menschen haben, wie kommen Sie darauf, dass Parteien dabei eine Chance haben?



          So traurig es auch ist, viele haben sich dazu entschieden, destruktiv zu agieren, weil es ihnen als der einzige Weg erscheint, ihren Stolz zu bewahren.

    • @Farang:

      Genau diese passive Opferhaltung ist es, die mich massiv stört. Anders machen, selbst initiativ werden, nicht immer Jammern und vor allem: nicht nach unten treten!



      Und sich informieren, statt aus Unwissenheit Angst wegen der Heizung zu haben. Niemand will sie wegnehmen. Hier (Grosstadt in den ABL) kann sich übrigens kaum jemand ein Häuschen leisten.

      • @Anidni :

        Selbst Initiative ergreifen muss man sich aber auch leisten können - strukturschwach heißt auch finanziell dürr, wenn du nur Mindestlohn machst oder knapp darüber bist du mit deiner Gastherme 10 Jahre beschäftigt am Abzahlen...



        Das mit dem nicht Jammern ist ein valider Punkt, derlei Diskussionen habe ich schon öfter am Familientisch geführt, es ist aber nicht jeder gemacht für Zelte abbrechen und den Arbeitsplätzen folgen oder sich mit über 40 oder 50 nochmal beruflich komplett neu aufzustellen/umzuschulen.



        Mir fiel das lange auch schwer zu akzeptieren, aber mittlerweile kann ich es besser nachfühlen.



        Es gibt in Deutschland dieses Sprichwort 'einen alten Baum verpflanzt man nicht' - ich habe im Laufe des Lebens aus meiner Sicht entdeckt, dass das Sprichwort besser lauten sollte 'einen tief wurzelnden Baum verpflanzt man nicht.'



        Wir Menschen unterscheiden uns mehr in unserer Sozialisation als in Altersgruppen.



        Wie ich oben schon geschrieben habe: Deutschland wurde vereinigt, da wurde Geld, Hirn und Anstrengung aufgewendet, das Verbinden der Gesellschaften jedoch, der Modelle, da dachte man das geht von selbst - ein Irrtum, wie man längst weiß

        • @Farang:

          Selbst die Initiative zu ergreifen erfordert keine persönlichen finanziellen Mittel sondern Engagement.

          • @Andreas J:

            Hm, schon richtig. Das Argument wird aber auch immer nur dann gezogen, wenns grad in den Kram passt. Unter einem Artikel über Langzeit-Bürgeldempfänger wäre das natürlich neoliberaler FDP Sprech oder dergleichen.

            • @Deep South:

              Warum "natürlich" ?



              Sie scheinen Andreas J 's Meinung dazu ja gut zu kennen.



              Oder steht dahinter vielleicht ein pauschalisiertes "ihr Linken". Das wäre schlicht ein Vorurteil und damit nichts weiter als das übliche Gejammer.

              • @Onkel Heinz:

                Zu Frage eins: Ich kann nicht in Köpfe schauen, deshalb nehm ichs so wie es da geschrieben steht. Da sich aber Andreas J selbst in einem Beitrag vom gleichen Tag als "links denkender Mensch" bezeichnet, glaub ich mal nicht, dass er die kalte neoliberale Sicht teilt.

                Zu Frage zwei: Nein. Ich bin prinzipiell dagegen, ganzen Bevölkerungsgruppen pauschal ein "selbst schuld, krieg deinen Hintern hoch" anzuheften.

            • @Deep South:

              Sie konstruieren Zusammenhänge wo es keine gibt. Es geht hier um zivilgesellschaftliches Engagement und nicht um Diskriminierung arbeitsloser Menschen.

              • @Andreas J:

                Es ging im Beitrag von @Farang mitnichten um "zivilgesellschaftliches Engagement" sondern darum, von Menschen zu erwarten "Zelte abzubrechen und den Arbeitsplätzen folgen oder sich mit über 40 oder 50 nochmal beruflich komplett neu aufzustellen/umzuschulen." Dass von Menschen in strukturschwachen Regionen oder von Langzeitarbeitslosen zu verlangen, unterscheidet sich nicht wirklich.

  • Danke für diesen Beitrag. Zwischen den Zeilen lese ich etwas von einer Menschlichkeit heraus, die das Potenzial hat, über gesellschaftspolitische Gräben hinweg Brücken zu bauen. Dass wir uns im Alltag als Menschen begegnen, dass das die Hauptsache ist. In all der Hoffnungslosigkeit einer nach rechts rutschenden Gesellschaft ist dieser taz-Beitrag frischer Wind, in dem eine Ahnung davon klingt, dass ein Zusammenleben trotzdem möglich ist. Denn Politik wird uns immer spalten - wenn wir unsere Menschlichkeit nicht vergessen, können wir die Normalisierung der Unmenschlichkeit ausbremsen. Selbst die kleinste Geste hat ihren eigenen Schmetterlingseffekt ...

  • Was sagen denn ihre Mitmenschen so, wenn Sie mit diesen "im Gespäch bleiben"? Schreiben Sie doch darüber, das wäre doch eventuell ein interessanter Artikel.

  • Geht mir ähnlich, wenn ich in dem gutbürgerlichen Stadtbezirk meiner Mutter in Dresden bin. Allerdings kommen ja die Ergebnisse nicht einfach nur so zustande, aus der Luft gegriffen. Langsam entstehen AFD-Inseln auch im Westen. Und heute sind AFD und CDU gleichauf. Frau Esken sagte heute diesbezüglich: Wir müssen nun liefern.... warum wurde eigentlich bis jetzt nicht geliefert? Habe ich mich da gefragt. Enttäuschung auf der ganzen Linie.

  • Sie sind wahrscheinlich schneeweiß und nicht irgendwie sonst als Mitglied einer Minderheit zu identifizieren, außer, dass Sie eine Frau sind? Dann haben Sie tatsächlich noch eine freie Wahl und können "im Gespräch bleiben". Ich wünsche Ihnen dabei viel Glück.

    • @hedele:

      Sie urteilen ganz schön vorschnell, nicht? Ob der Schreiber (Ja, dem Namen nach ist es ein Mann) des Artikels nun im Gespräch mit seinen Mitbewohnern bleiben will oder nicht, ist seine eigene Enrtscheidung. Ich würde es nicht tun, aber ich habe auch genug negative Erfahrungen mit Rechten und Konservativen sammeln dürfen. Vielen Menschen bleibt ja auch keine Wahl. Nicht jeder kann einfach nach Belieben den Wohnort wechseln.

    • @hedele:

      Wollen sie sagen, das die Autorin doch besser weg zöge?



      Ich hielte es für besser, mehr Farbe ins Spiel zu bringen. Auch mehr politische Betätigung würde etwas bringen.

    • @hedele:

      Tatsächlich gibt es da so etwas wie eine diffuse Ablehnung (bei der AfD und ihren Anhängern eben "die Ausländer"), die im täglichen Leben aber zB Achmed vom Dönerladen um die Ecke nicht betrifft ("der ist einer von den Guten!"). Meine Mutter ist zum Beispiel homophob, aber den jungen Mann, der bei meiner Hochzeit neben ihr saß und den englischen Teil übersetzte, den liebt sie sehr. Wir fürchten das Unbekannte, Fremde, und wir lassen uns über "die" nur allzu gerne alles mögliche erzählen. Das sieht man gut am Wahlergebnis, die AfD ist da am stärksten wo am wenigsten Ausländer leben. Aber kennen wir die Leute, dann greift die Propaganda nicht mehr, dann ist die junge schwarze Verkäuferin oder der syrische Arzt eben "wir" und nicht mehr Teil von "die". Das hindert uns paradoxerweise aber nicht, all die anderen abzulehnen ("liest man ja jeden Tag") und die Partei zu wählen, die verspricht, dass das aufhört. Dass das Wahlergebnis dann auch "unseren" Achmed betreffen würde, blenden wir aus.

  • Sie fühlen sich wohl, die Menschen sind nett zu Ihnen und nehmen auch menschlich Anteil. Klingt prima, also warum wegziehen? Vielleicht brauchen ihre "Feindbilder" und Ängste eine Neujustierung? Nicht mehr misstrauen und dämonisieren zu wollen, ist doch schon ein guter Anfang.

    • @Yvi:

      Mir persönlich wäre es auch wichtig wie meine Nachbarn mit meinen syrisch-deutschen Freunden umgehen, vor allem, wenn diese nicht bei mir im Garten bei Kaffee und Baklava sitzen.

      • @Systemknecht:

        Was glauben Sie denn, wie Ihre Nachbarn im Dorf mit Syrern umgehen, die ihnen begegnen? Gibt es da Erkenntnisse oder oder ist das wieder Kategorie Projektion und Feinbilder? Es ist nichts anderes als allen Syrern zu unterstellen, sie würden Leute abstechen, weil eine kleine Zahl das tut.

        • @Yvi:

          Es gibt sicher keine Erkenntnisse dazu, weil Deutschland ein gastfreundliches Land ist, das flächendeckend offen und fair mit Menschen anderer Herkunft umgeht.

  • Manche müssen ihr Zuhause aufgeben, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können. Da hilft dann auch ein Gespräch über Hunde nichts. Dagegen ist das geschilderte Unbehagen eines in den Osten gezogenen Wessis wohl doch eine recht luxuriöse Befindlichkeit.

    • @Kohlrabi:

      Wohin ziehen die, wenn sie sich das ländliche Ostdeutschland nicht mehr leisten können, nach Bulgarien? Oder doch eher in den Paulanergarten?

      Und ein Kulturschock ist nicht unbedingt etwas luxuriöses. Man rechnet ja schon mit einigem, wenn man da hinzieht, aber das kann auch mal deutlich übertroffen werden.

  • Sehr schöner Zustandsbericht, über dem auch Klimakrise, Biodiversitätsverlust oder ganz allgemein Herausforderung stehen könnte.



    Und es ist genau der entscheidende Punkt: Wir können, wollen und sollten miteinander in Kontakt, im Gespräch und in Resonanz bleiben (oder wieder gelangen).



    Bei aller Anerkennung physikalischer, biologischer und generell naturgegebener Gesetzmäßigkeiten gilt es vor allem eine soziale Herausforderung gemeinsam zu bewältigen.



    Das können wir!



    Nur eben nicht gegeneinander, nicht gegen die (also unsere) Natur, nicht nach dem oder wegen eines Kollaps, sondern jetzt, ab jetzt, für immer.



    Die taz ist ein gelingendes Beispiel für Solidarität. Und wir haben ein Recht auf mehr davon. Stehen wir dafür ein! Gemeinsam.

  • Darf ich mir erlauben, das etwas merkwürdig zu finden. Seit 20 Jahren in einem kleinen Ort von 80 Leuten zu wohnen und nie über Politik gesprochen zu haben. Man fragt ja niemand danach, was er oder sie gewählt hat. Aber politische Tagesthemen müssten gelegentlich doch zur Sprache kommen...

  • Sind das jetzt andere Menschen als früher, als Sie noch CDU, SPD, Linke und Grüne gewählt haben?

    • @CaoCao_de_taz:

      Ja sicher sind sie das! Nicht nur anders, sondern schlechter, zumindest was den politischen Aspekt ihres Menschseins angeht. Genau wie jemand nach einem Gewaltverbrechen zurecht als anders und schlechter als vor der Tat gesehen wird.

    • @CaoCao_de_taz:

      Nein, vermutlich nicht, denn die sind vermutlich überwiegend von dort abgehauen.

      • @Systemknecht:

        Ich habe das mal überprüft. Nein, es wohnen noch die gleichen Menschen dort. Abzüglich der Sterbefälle, zuzüglich der Geburten. Die Meisten haben dort auch Grundstück, Haus, Familie und würden dort auch nicht wegziehen wenn Cao Cao persönlich Bürgermeister werden würde

        • @CaoCao_de_taz:

          Danke für die Info, klingt eher untypisch für kleine Dörfer im Osten.