Reaktionen auf Wagenknecht-Interview: Sozialisten-Helme mit Dellen

Im Gespräch mit der taz hat Sahra Wagenknecht Rot-Rot-Grün für tot erklärt. Doch das sehen Politiker der betroffenen Parteien anders.

Sahra Wagenknecht vor einer roten Wand

Sahra Wagenknecht sorgt mal wieder für Kontroversen Foto: dpa

BERLIN taz | „Rot-Rot-Grün ist tot!“ Zumindest kommt Sahra Wagenknecht im Interview mit der taz zu diesem Schluss. Die Aussagen der Linken-Politikerin haben zum Teil Zustimmung, jedoch vor allem großes Unverständnis bei Vertretern von SPD und Grünen, aber auch unter Parteifreunden ausgelöst.

Die pointierteste Replik kam über Twitter – vom Staatskanzlei-Chef in Thüringen, Benjamin Hoff: „Der Helm des demokratischen Sozialisten hat viele Dellen – die wenigsten kommen vom politischen Gegner“, schrieb der Linksparteiler.

Zustimmung erhielt Wagenknecht hingegen von Dietmar Bartsch, mit dem gemeinsam sie die Bundestagsfraktion der Linkspartei anführt: „Rot-Rot-Grün auf Bundesebene ist de facto tot“, sagte Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland am Dienstag. Auch seien die Schnittmengen mit den beiden potenziellen Koalitionspartnern zu gering. „Das ist bitter und bedeutet: Wir müssen uns konsequent auf uns selbst besinnen.“

Marco Bülow, SPD-Bundestagsabgeordneter und Initiator der „Progressiven Sozialen Plattform“, teilt Wagenknechts Enttäuschung über fehlende Optionen für Rot-Rot-Grün. Gegenüber der taz plädierte er allerdings dafür, „die Perspektive nicht aufzugeben, sondern selbst auf den Wandel hinzuarbeiten“ – auch außerhalb der Parteien.

Im Interview mit der taz hatte Wagenknecht unter anderem argumentiert, eine rot-rot-grüne Koalition sei nicht mehr möglich, da die Grünen zu bürgerlich geworden wären und mit der Union regieren wollten. Die SPD hingegen befinde sich auf dem absteigenden Ast: Die Partei schaffe es nicht, mit der Agenda-Politik Gerhard Schröders zu brechen und die Wähler liefen ihr davon, diagnostizierte Wagenknecht. Daher sei es Zeit für eine linke Sammlungsbewegung jenseits der Parteigrenzen, um Druck aufzubauen für eine neue Sozialpolitik.

Arbeiten, statt für tot erklären

Rot-Rot-Grün ist allerdings schon längst Realität – zumindest auf Länderebene. Berlin und Thüringen werden von einer Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Linken regiert. Der grüne Bundesgeschäftsführer Michael Kellner verweist deshalb auf die gute Arbeit von Rot-Rot-Grün in Erfurt. Und er gibt auf Twitter zu bedenken: „Die Alternative zu r2g in Erfurt sind CDU und AfD. Da fällt mir die Wahl leicht.“

Seine Parteikollegin Annalena Baerbock widerspricht Wagenknechts Prognose ebenfalls. Auf Twitter schreibt die Bundesvorsitzende der Grünen, für sie machen die Koalitionen in Berlin und Thüringen „eigentlich einen ganz lebendigen Eindruck.“ Anja Siegesmund, grüne Umweltministerin in Thüringen, fühlt sich ebenfalls „sehr lebendig“ und stellt zudem fest: „Mit Sahra Wagenknecht war ich gefühlt auch noch nie einer Meinung.“

Der Berliner Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Udo Wolf macht auf Twitter klar: „Wer andere Mehrheiten will, muss daran arbeiten und sie nicht für tot erklären.“ Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hält von Wagenknechts Prognosen ebenfalls wenig. Für den Linksparteiler Ramelow ist Rot-Rot-Grün lebendig „und beweist in Thüringen und Berlin, dass es sich lohnt, für das Modell zu werben.“

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