„Querdenker“ planen Demo in Hannover: Immer noch überall Verschwörung

Am Samstag wollen „Querdenker*innen“ in Hannover demonstrieren. Was ist ihr Thema nach dem Ende der Corona-Maßnahmen?

Michael Ballweg hält auf einer Bühne vor der JVA Stuttgart-Stammheim eine Rede.

In Hannover auch dabei: Michael Ballweg, hier im April 2023 bei einer Demo vor der JVA Stammheim Foto: Julian Rettig/dpa

Er kommt und er freut sich. Via Twitter hat Michael Ballweg, der Namensgeber der Querdenken-Bewegung, sein Kommen zu der „Großdemo“ in Hannover am kommenden Samstag bestätigt. In der niedersächsischen Landeshauptstadt will die bundesweite Bewegung unter dem Motto „Diplomatie statt Waffenlieferungen“ auflaufen. Thematisch sind die staatlichen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bei den Querdenkern fast verschwunden.

In diversen Telegram-Kanälen hatten die Ak­teu­r*in­nen von „Querdenken“ sich schon vor dem Krieg neuen Themen zugewandt. Mit Hass und Häme griffen sie besonders die Prot­ago­nis­t*in­nen des „Gender“- und „Klimawandelwahns“ an. Lug und Trug witterten jene, die überall eine Verschwörung vermuten, auch beim Ukraine-Krieg. Die „Ärzte für Aufklärung“ etwa posteten ein Bild, auf dem ein Mann mit spiralförmigen Augen auf ein Pendel mit dem Covid-19-Virus starrt und ein Bild, auf dem der Mann auf ein Pendel mit den Farben der Ukraine starrt.

Mit dabei sein will auch Karsten Hilse. Ein Berliner Amtsgericht hatte den AfD-Bundestagsabgeordneten im vergangenen Jahr wegen Widerstands gegen einen Vollstreckungsbeamten am Rande einer „Querdenken“-Demonstration zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch dabei: Ralf Ludwig, der sich bei Twitter „Querdenkenanwalt“ nennt. Nach Angaben gegenüber der Zeit gehört er zum Verteidigungsteam von Ballweg. Ballweg selbst saß bis vor Kurzem neun Monate in Untersuchungshaft, der Verdacht: Betrug in Höhe von rund 640.000 Euro und Geldwäsche in Höhe von rund 430.000 Euro.

Zur Mobilisierung veröffentlichten die teilnehmenden Gruppen verschiedenen Videos in sozialen Netzwerken. Bei allen fällt auf, dass sie eine Love-Peace-Happiness-Atmosphäre darstellen, es wird viel gelacht und geherzt. Die Bilder suggerieren eine Distanz zu den Querdenkern, die bereits einen Mord an einem Tankstellenmitarbeiter verübten, zum Teil Reichsideologien anhängen, den Bundestag stürmten, Brandanschläge begingen, bundesweit Anschläge planten und den Gesundheitsminister entführen wollten.

Ebenso auffallend: In den Videos sind viele Frauen zu sehen. Für die Bühne bei der Großdemonstration ist allerdings nur eine Frau angekündigt: Sabrina Kollmorgen.

Mit der rechten Szene will die Bundestagskandidatin von „Die Basis“ nichts gemein haben. Kollmorgen trat allerdings bei dem „rechtsalternativen Sender AUF 1“ auf und griff in ihrem Telegram-Kanal einen Post von „Klartext 2021“ auf. Darauf ist ein Transparent zu sehen, auf dem steht: „Wir haben keine Angst vor Putin – Wir haben Angst vor euch“, ergänzt mit Aufnahmen von Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne).

Kollmorgen schreibt dazu: „An ihren Gesichtern seht ihr die Verachtung für alles was DEUTSCH ist. Weil sie DEUTSCHLAND vernichten, ist es unser RECHT und sogar unser Pflicht, diese Regierung zu stoppen.“

Die Polizei erwartet, dass die Demonstration zahlenmäßig den „unteren vierstelligen Bereich“ erreichen wird. Um 12.30 Uhr startet der Gegenprotest.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.