Protest in Unterwäsche im Iran: Die laute Haut
Die iranische Studentin Ahoo Daryayi zog sich offenbar aus Protest bis auf die Unterwäsche aus. Sie zeigt: Die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung im Iran lebt.
I hr Name ist Ahoo Daryayi. Ahoo – das bedeutet Gazelle. Eine Gazelle bewegt sich leicht und wendig – und doch immer wachsam. Auch Ahoo bleibt nicht stehen. In den Videos sieht man sie durch die Straßen laufen, als wolle sie sich nicht einfangen lassen von Blicken, Regeln und Menschen, die ihren Körper und ihr Leben einschränken sollen.
Eine junge Frau, die genug hat. Die Nase voll von den Gesetzen, die ihren Körper als fremdbestimmtes Territorium behandeln, von Vorschriften, die festschreiben, wie sie sich zu verhüllen und zu verhalten hat. Auf dem Campus, zwischen den Büchern und den Blicken, hat sie sich von der Hülle ihrer Kleidung befreit, um etwas sichtbar zu machen, das unsichtbar bleiben soll.
Der Körper einer Frau in der Islamischen Republik ist ein Schlachtfeld. Familie, Gesellschaft und Staat beanspruchen ihn gleichermaßen als Besitz, als ein Territorium, das zu kontrollieren, zu schützen oder zu züchtigen ist. Systematische Unterdrückung der Frauen im Iran ist ein Grundpfeiler der Islamischen Republik. Frausein ist ein Raum, den der Staat durch gesetzliche Vorschriften zu zähmen versucht, eine Leinwand, die Regeln, Dogmen und Bestrafungen übermalt haben. Die Haut erzählt Geschichten von staatlicher Gewalt und Einschränkungen, von Kämpfen, die oft nur still geführt werden. Doch Ahoo Daryayi hat sich entschieden, laut zu sein. Ihre Haut spricht jetzt lauter als jedes gesprochene Wort, ihre Haltung ist ein Schrei in einer stummen Welt.
Dieser Protestakt zeigt auch, dass die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung nicht zu Ende ist, sondern von iranischen Frauen tagtäglich gelebt wird. Er zeigt, dass diese Generation der Frauen ein neues Bewusstsein trägt, das die Islamische Republik herausfordert und ihr zeigt, dass ihre Tage früher oder später gezählt sind. Die Kraft und Entschlossenheit, die in Ahoos Gestik und Haltung liegen, sind keine isolierten Momente; sie spiegeln eine landesweite Erschütterung wider, die in jeder Frau ihre Stärke findet und die Fesseln der systematischen Unterdrückung sprengt.
Ein Körper, der sich weigert, Besitz zu sein
Ahoos Körper auf diesem Bild ist verletzlich und stark zugleich, weich und doch unnachgiebig, ein Ort des Widerstands, der niemanden gleichgültig lässt. Es ist ein Aufruf, der Freiheit fordert, der Gerechtigkeit verlangt, der zu sehen und zu fühlen gibt, was allzu oft übersehen wird. Hier, wo der eigene Leib zur politischen Botschaft wird, durchbricht Ahoo die Ketten von Stille und Zensur. Ahoo Daryayi ist eine Stimme, die sich nicht mehr verstecken will, ein Herz, das unerschrocken schlägt in einem Körper, der sich weigert, Besitz zu sein.
Das Bild ist mehr als nur ein Schnappschuss. Es ist eine Einladung, genau hinzusehen, genauer hinzuhören und zu verstehen, dass die iranischen Frauen ihr Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung nicht länger leise fordern. Sie sind Teil einer Bewegung, die größer ist als eine Person, größer als ein Bild: ein Widerstand, der lebt und weiterschreibt, was „Frau, Leben, Freiheit“ bedeutet.
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