Preiserhöhungen bei Deutscher Bahn: Zugfahren ist jetzt schon zu teuer
Die Deutsche Bahn braucht nicht mehr Geld von den Kund:innen. Sie muss ihre Mittel besser einsetzen – um wieder besseren Service bieten zu können.
E in völlig falscher Schritt: Die Deutsche Bahn will wieder einmal die Preise erhöhen – zum Fahrplanwechsel im Dezember um im Schnitt 4,9 Prozent. Das liegt zwar unter der Inflationsrate von rund 8 Prozent. Aber: Die Fahrkarten sind schon jetzt viel zu teuer. Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, wie enorm groß die Bereitschaft der Bürger:innen ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wenn der Preis stimmt. Das sollten die Manager:innen der Bahn, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht vergessen, denn sie alle sind für die Preiserhöhung verantwortlich. Die aktuelle Energie- und die chronische Klimakrise erfordern Verhaltensänderungen, etwa weniger Auto zu fahren. Die Menschen sind dazu bereit, gerade angesichts der hohen Spritpreise. Aber man muss ihnen auch die Gelegenheit dazu geben.
Ja, auch die Deutsche Bahn muss gewaltige zusätzliche Energiekosten bewältigen. Aber diese muss – wie bei allen anderen Unternehmen auch – der Staat abfedern. Das auf die Kund:innen abzuwälzen, ist gerade angesichts des desolaten Zustands der Bahn unfair. Aufgrund des schlechten Baustellenmanagements und des jahrelangen Fahrens auf Verschleiß sind Züge in diesen Monaten extrem oft zu spät, sie fallen aus oder sind in einem schlechten Zustand. Der Bahnservice ist miserabel. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt schon bei den jetzigen Tarifen nicht. Schon deshalb wäre eine Preissenkung angemessen.
Das gerne vorgebrachte Argument, die Deutsche Bahn brauche mehr Geld für den Ausbau der Infrastruktur, ist ein schlechter Witz. Die Deutsche Bahn bekommt viele Milliarden von der öffentlichen Hand, aber sie setzt diese Mittel falsch ein. Das Chaosprojekt Stuttgart 21 zum Beispiel verschlingt Unsummen, die für den Ausbau in der Fläche fehlen. Statt diesen technischen und verkehrspolitischen Irrsinn endlich zu beenden, fließt immer mehr Geld in das Projekt. Die Reaktivierung stillgelegter Strecken dagegen steht still, obwohl das der schnellste Weg zur Verbesserung ist. Die Manager:innen setzen nach wie vor die falschen Prioritäten. Die Ampelregierung muss endlich eine Korrektur einleiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich