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Polizeigewerkschafter werfen AfDler raus„Menschenverachtende Partei“

Die GdP fasst einen Unvereinbarkeitsbeschluss für AfD-Mitglieder. Diese sollen die Polizeigewerkschaft verlassen. Die Partei reagiert empört.

Auch ihn sehen die Polizeigewerkschafter als Diskursvergifter: Thüringens AfD-Chef Björn Höcke Foto: Martin Schutt, dpa

Berlin taz | Von jeher sucht die AfD die Nähe zur Polizei, auch in ihren eigenen Reihen tummeln sich etliche Polizeibeamte. Jetzt aber zieht deren größter Interessenverband, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), eine Trennlinie. Die Gewerkschaft beschloss eine Unvereinbarkeitserklärung für AfD-Mitglieder. Die AfD sei eine „im Kern rassistische, nationalistische, menschenverachtende, demokratie- und gewerkschaftsfeindliche Partei“.

Den Beschluss gab die GdP am Freitag bekannt, gefällt wurde er vom Bundesvorstand tags zuvor. „Die GdP stellt sich der AfD entschieden entgegen“, heißt es darin. „Die Ziele, Positionen, Grundsätze und Werte der GdP sind mit denen der Partei Alternative für Deutschland unvereinbar.“ Demnach sei auch eine AfD-Mitgliedschaft mit der Mitgliedschaft in der GdP unvereinbar. AfD-Mitglieder seien in der Gewerkschaft „nicht willkommen“ und würden nun aufgefordert, diese zu verlassen.

Immer öfter sei zuletzt das „wahre Antlitz der AfD“ zu Tage getreten, erklärte GdP-Bundesvize Dietmar Schilff, dessen Gewerkschaft rund 200.000 Mitglieder zählt. Er verwies auf Teilnahmen von Parteivertretern an den Corona-Protesten, wo diese einen Schulterschluss mit Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern suchten. Zudem spreche auch der Verfassungsschutz davon, dass völkische Kräfte die Partei weiter radikalisierten. Die GdP werde sich dagegen weiter „mit großem Engagement“ gegen „populistische und extremistische Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft“ stellen, sagte Schilff.

„Mitverantwortlich für Hass, Hetze, Gewalt“

Die Gewerkschaft hatte sich schon länger von der AfD distanziert, nun wird dies auch formell unterstrichen. Im GdP-Bundesvorstand fielen deutliche Töne. Die AfD stelle die Grundwerte des gesellschaftlichen Miteinanders in Frage, heißt es dort. Mit ihren ständigen Provokationen sei sie „mitverantwortlich für Hass, Hetze und Gewalt“.

Auch die Umarmungsversuche der AfD weist die Gewerkschaft zurück. Die Partei pflege zur Polizei nur ein „instrumentelles Verhältnis“, erklärte der Verband. „Die AfD steht nur dann hinter der Polizei und anderen öffentlichen Institutionen, wenn es ihren Zielen und ihrer Ideologie entspricht.“

AfD und GdP schon länger im Clinch

Die AfD hatte die GdP schon in der Vergangenheit kritisiert, für die Partei fällt der öffentlichkeitswirksame GdP-Beschluss – kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – zu einem ungünstigen Zeitpunkt. AfD-Chef Tino Chrupalla reagierte denn auch entrüstet. Mit dem Beschluss bekenne sich die Gewerkschaft „formal zu ihrer zutiefst intoleranten und antidemokratischen Grundhaltung“. Die GdP verweigere sich einem Diskurs außerhalb des eigenen „zuzementierten Meinungskorridors“, kritisierte Chrupalla. „Demokratie geht anders.“

Die GdP betont dagegen, dass man als Gewerkschaft eine politische Organisation sei, die sich nicht neutral gegenüber Parteien verhalten müsse. „Sie kann und darf eine klare Haltung einnehmen.“ Davon werde man sich auch nicht durch Einschüchterungsversuche abbringen lassen.

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29 Kommentare

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  • Ich finde das Vorgehen problematisch. Statt die AfD politisch mit Argumenten zu stellen, wird ausgegrenzt. Genau das Vorgehen, dass man landläufig der AfD vorwirft. Jetzt ist die AfD auch noch in der Opferrolle. Hilft das in der Sache?

    • @Gator Taurog:

      Sie würden wohl auch den Hausschwamm in ihrem Mauerwerk leben lassen, damit er sich nicht ausgegrenzt fühlt? Die Opferrolle der AfD , ist die eines seine Frau verprügelnden Ehemannes, der das auch nur tun muss, weil sie nicht nett zu ihm ist.

  • @AXEL BERGER



    Die CDU wird sich nach der nächsten Bundestagswahl neu aufstellen. Und die AfD hat gute Chancen, aus dem Bundestag wieder raus zu fliegen.

  • Ist das nicht ein Rückfall in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg mit ihren Parteigewerkschaften? Der nach 1945 neu gegründete DGB sollte nach dem Wunsch und Ziel von Hans Böckler ausdrücklich überparteilich und nicht parteipolitisch festgelegt sein. Gut, von Großbritannien vor Thatcher, als man aus Gewerkschaften nicht austreten konnte ohne seine Stelle zu verlieren und ein deutlicher Teil der Gewerkschaftsbeiträge an genau eine Partei abgeführt wurde, sind wir weit weg, aber es ist ein Schritt in diese Richtung.



    Wird nicht an anderer Stelle immer wieder sehr lautstark gefordert, jede Minderheit in Deutschland müsse unbedingt auch in der Polizei angemessen vertreten sein? Also doch nicht jede, sondern nur die "Guten", und wer die Guten sind, bestimmen wir?

    • @Axel Berger:

      Nö. Das ist kein Rückfall. Das ist eine Gewerkschaft von Menschen die von Berufseid wegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der BRD verteidigen. Die AfD steht offiziell im Verdacht, diese Grundwerte abschaffen zu wollen. Der Vorgang ist mithin das einzig Nachvollziehbare. Und gegen eine extremistische Partei zu sein ist ja immer noch vollkommen überparteilich was alle Parteien angeht, die innerhalb der verfassungsmäßigen Leitlinien agieren.

    • @Axel Berger:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - stellt klar:

      “ Hier gibt es wohl kein Happyend,



      obwohl mensch Spreu vom Weizen trennt,



      weil sich ein Forist verrennt:



      "Wird nicht an anderer Stelle immer wieder sehr lautstark gefordert, jede Minderheit in Deutschland müsse unbedingt auch in der Polizei angemessen vertreten sein? "



      Da frag ich doch gleich auf die Schnelle:



      "Wo ist diese andre Stelle?"



      Nein, einer "braunen" Minderheit,



      der halten wir für alle Zeit



      die "rote Karte" vor`s Gesicht.



      Das ist Demokratenpflicht.“

      kurz - Setz mal dazu verwegen:



      Schön wär’s & Es hätte meinen Segen!



      Es wär schon immer so gewesen.



      &



      Politikaster frönte nich ständig ehrn übel Laster.



      Polizeigewalt? Never seen! Läß mich kalt! - 👹 -

    • @Axel Berger:

      Es gibt Minderheiten, die in diesem Fall nicht schützenswert sind, Angehörige politischer Parteien zum Beispiel, vor allem AfDler.



      Schlimm genug, dass man als Beamter überhaupt Parteimitglied sein darf.

      Ein gutes Beispiel für andere Gewerkschaften.

    • @Axel Berger:

      Dann ist das Bestreben, die "Altennaiven" auf das ihnen angemessene Maß an Repräsentation und Einfluss innerhalb der Polizei zurückzustutzen, doch ganz in Ihrem Sinne oder?

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:





    taz.de/Polizeigewe...ler-raus/!5757703/



    Wer die "Alternative" kennt, rennt zu Wendt: de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Wendt

    • @Lowandorder:

      Wer die "Alternative" kennt, rennt zu Wendt. Köstlich.

  • Respekt, das ist mutig. Bei IG Metall oder verdi kann man auf so einen Schritt wahrscheinlich noch lange warten.

    Die GdP fliegt damit entweder massiv auf die Nase, oder sie gewinnt richtig viel. Denn, liebe Freunde des gepflegten Polizeiverisses, wenn das nicht zu einem massiven Mitgliederschwund führt, sagt es auch etwas über die Polizisten aus, die ihr die Treue halten.

  • Sieh an Sieh an.Die GDP hat sich zurück an die Vernunft gebracht.Dies sollten auch andere Gewerkschaften sofort beschliessen.Rechtes Gedankengut hat in keiner Gewerkschaft irgend etwas verloren.

  • @PS007

    Ich glaube, Sie machen denselben Fehler, den viele machen. Sie verwechseln "strukturelles Problem" (das hat die Polizei, m.E.) mit Pauschalisierung (i.e. "die meisten Polizist*innen..." -- das ist (hoffentlich!) nicht richtig).

    Ich glaube nicht, dass die Rechten in der Polizei einen grossen Anteil darstellen.

    • @tomás zerolo:

      ernstgemeinte Frage wenn Sie glauben das der Anteil an Rechten eher klein ist (womit ich konform gehe) was ist dann das "strukturelle Problem"? Also ich dachte immer strukturelles Problem ist wenn der Anteil eher hoch ist so das die Strukuren in Gefahr ist und man z.b. als guter Polizist keinen Vorgesetzten mehr findet der nicht aus dem Rechten Lager ist. (so in etwa)

  • Das ist mal erfreulich. Ich bin ja nicht gerade ein Fan der GdP, aber in diesem Fall: Respekt!

    • @tomás zerolo:

      Fragt sich, wie konsequent sie dem nachgehen. Wie dem auch sei - zumindest bleibt den armen GdP-Mitgliedern noch die Wahl von Faschist*innen. ;-)

    • @tomás zerolo:

      Stimmt, jetzt müssen sie sich nur von Polizeigewalt abgrenzen und deren Verfolgung/Bestrafung einfordern.



      Auch sollte der Widerstand gegen die Kennzeichnungspflicht von Polizisten aufgegeben werden.

  • Klare Position, deutlicher als erwartet, gut so. Ob jetzt Migliederzahlen bei der GdP oder bei der AfD schrumpfen, wird man sehen. Ziemlich sicher aber wird Rainer Wendt demnächst nen größeren Briefkasten brauchen.....

    • @Deep South:

      Wieso, Rainer Wendt ist doch von der Deutschen Polizeigewerkschaft, nicht von der Gewerkschaft der Polizei...oder meinen Sie die AfD-Cops wechseln jetzt von der GdP zur DPolG? ;-)

      • @Saile:

        Zweiteres natürlich. Wendt gibt ja seit Jahren den Scharfmacher und biedert sich fast schon aufdringlich bei den Anhängern der AfD an. Und mit der GdP gibts auch immer mal wieder Zoff.

  • Jene Ewiggestrige dürfen ja dann gerne zum Wendt zur DPolG gehen, da werden sie wahrscheinlich mit Kusshand aufgenommen...

    • @Daniel Drogan:

      Die meisten gewerkschaftlich organisierten Polizeibeamten/ -beschäftigten, mit rechtskonservativer Grundhaltung, dürften bereits Mitglied im Wendt-Verein (DPolG) sein.

  • "...erklärte GdP-Bundesvize Dietmar Schilff, dessen Gewerkschaft rund 200.000 Mitglieder zählt."



    Wenn die bisherigen Berichte in der taz über die Rechtslastigkeit der Polizei einen wahren Kern besitzen, dann ist dieser Herr wohl nun allein in seiner Gewerkschaft.

    • @PS007:

      Die taz hat keine dementsprechenden Studien betrieben oder veröffentlicht.

    • @PS007:

      Wer sich - reichlich spät übrigens - von einer protofaschistischen Partei distanziert liefert damit den Beweis dafür nicht selbst rechtslastig zu sein?

      • @Ingo Bernable:

        Es kein kleiner Schritt für eine große Gewerkschaft, die allein schon zahlenmäßig nicht umhin kann, auch ein großes politisches Spektrum abzubilden, sich so hart von einer bundesweit gut in den Parlamenten vertretenen Partei und ihren Mitgliedern zu distanzieren. Für eine Polizistengewerkschaft ist das nochmal ein Stück schwieriger, denn ihre Mitglieder sind in besonderem Maße der Achtung des Wählerwillens verpflichtet - auch dem Teil davon, von dem sie nichts halten.

        Davon abgesehen hat eine Gewerkschaft auch an ihre wesentliche Aufgabe der Konzentration von Verhandlungsmacht im Interesse ihrer Mitglieder zu denken. Sollte es jetzt Austritte hageln, ist das zwar gut für den morgentlichen Blick in den Spiegel aber eine Schwächung der Gewerkschaft in dieser Primärfunktion.

        Wahrscheinlich deshalb haben sich nur sehr wenige Gewerkschaften bisher so einen Schritt gegen die AfD getraut. Ich konnte bei kurzer Recherche nur die EVG finden. alle anderen finden Gründe, warum das nicht so eine gute Idee wäre. Es ist daher ein wenig unfair, der GdP anzukreiden, sie agiere halbherzig oder nicht mit verdächtig geringem Tempo.

      • @Ingo Bernable:

        Wieso "spät"?

        Der erste Unvereinbarkeitsbeschluss einer Gewerkschaft ist von 2019 (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG))



        Anfang 2021 ist da in der Gesamtschau "früh"

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Jetzt aber zieht deren größter Interessenverband, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), eine Trennlinie. Die Gewerkschaft beschloss eine Unvereinbarkeitserklärung für AfD-Mitglieder. Die AfD sei eine „im Kern rassistische, nationalistische, menschenverachtende, demokratie- und gewerkschaftsfeindliche Partei“".

    ===

    Egal bei welchen Problemen jemand gezwungen ist die Polizei zu rufen, sei es wegen einem Unfall, Streitigkeiten die eskalieren oder Rassismus in den öffentlichen Nahverkehrsmitteln - nicht nur für diese Fälle, sondern für alle anderen auch ist das Auftauchen eines rechtsradikalpolitischen Polizeibeamten nach dem erlittenen Unglück der blanke Horror.

    Dto. bei rechtsradikalpopilistischen Krankenschwestern/Krankenpflegern - oder bei



    afd verwirrten Verwaltungsbeamten im Publikumsverkehr - um noch weitere Beispiel zu nennen.

    Man kann nur hoffen das die Verantwortlichen bei Einstellungsverfahren entsprechend gebrieft sind.

  • wow- und das aus Polizei-Kreisen.



    Nicht schlecht!