piwik no script img

Dienstwagen von Po­li­ti­ke­r*in­nenWer hat den Grünsten?

Klimaschädliche Autos sind weiterhin die erste Wahl für viele Spitzenpolitiker*innen. Einige steigen auf E-Motoren um – anscheinend ohne Probleme.

Besonders kreativ sind die Län­der­che­f*in­nen nicht bei der Auswahl ihrer Dienstwagen Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin taz | Die Zahl der Dienstwagen mit Elektroantrieb von Mi­nis­te­r*in­nen und Regierungschefs in Deutschland steigt, viele Spit­zen­­po­li­ti­ke­r*in­nen lassen sich aber weiterhin lieber im Verbrenner umherfahren. Das stellt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fest, die jährlich die Dienstwagenflotte der Landes- und Bundesministerien abfragt.

Demnach ist Bundesumwelt- und Klimaminister Carsten Schneider (SPD) der Klimafreundlichste im Bundeskabinett: Sein rein elektrisch angetriebener Audi stößt nur 62 Gramm CO2 pro Kilometer aus, wenn man den deutschen Strommix der Berechnung zugrunde legt.

Neben Schneider sind auch die Dienstwagen von Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), Bildungsministerin Karin Prien (CDU) und Digitalminister Karten Wildberger (CDU) elektrisch betrieben.

Politiker haben eine Vorbildfunktion

Barbara Metz, DUH-Geschäftsführerin

Die Modelle vom Kanzler sowie der Innen-, ­Verteidigungs-, Finanz-, Gesundheits- und Außenminister*in­nen wurden nicht abgefragt, da sie aus Sicherheitsgründen Sonderanfertigungen­ nutzen.

DUH-Chefin fordert nur E-Autos

„Politiker haben eine Vorbildfunktion“, sagte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz bei der Vorstellung der Ergebnisse. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Polit-Dienstwagen sei zwar gesunken, „aber sie haben noch nicht ausreichend verstanden, dass wir eine Verkehrswende brauchen“.

Etwa zwei Drittel der Dienstwagen überschreiten den durchschnittlichen CO2-Flottengrenzwert der EU von 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer, den die Umwelthilfe als Maßstab nutzt.

Statt in der Bewertung rote Karten für Verbrenner verteilen zu müssen, „hätte ich sehr gerne eine Umfrage, wo wir nur noch vollelektrische Fahrzeuge bewerten können“, wünscht sich Metz. Auch unter den E-Autos gebe es eine hohe Bandbreite in der Effizienz.

Verkehrsministerium hinkt hinterher

Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und vier seiner fünf Staatssekretär*innen, die für die Verkehrswende und den Umstieg auf die E-Mobilität zuständig sind, fahren Plug-in-Hybride.

DUH-Geschäftsführerin Metz bezeichnet die Modelle als „Greenwashing par excellence“, weil sie überwiegend im Verbrennermodus gefahren würden und vergleichsweise schwer seien.

Plug-in-Hybride haben einen Verbrenner- und einen Elektromotor, der per Steckdose aufgeladen werden kann. Dienstwagen legen einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung und der gemeinnützigen Organisation International Council on Clean Transportation zufolge nur 11 bis 15 Prozent ihrer Strecken im Elektromodus zurück.

Der einzige Ministerpräsident, der im Elektroauto unterwegs ist, ist der Baden-Württemberger Winfried Kretschmann (Grüne). In seiner Amtsführung wurde Kretschmann darin nicht eingeschränkt, sagte ein Sprecher seiner Staatskanzlei der taz. Auf den Elektroantrieb umzusteigen, wolle Kretschmann seinen Kol­le­g*in­nen aber nicht empfehlen: „Welche Autos die anderen Ministerpräsidenten anschaffen, obliegt den jeweiligen Amtsinhaber*innen“, teilte sein Sprecher mit.

Söder stieg auf schmutzigeres Auto um

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist Schlusslicht der DUH-Rangliste der Landeschefs: Sein BMW ist ein Benziner, der 292 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt, mehr als viermal so viel wie der Wagen seines süddeutschen Amtskollegen Kretschmann.

Es sind sogar 100 Gramm mehr pro Kilometer als sein Dienstwagen im vergangenen Jahr, der noch ein Plug-in-Hybrid war. Warum Söder sein Auto wechselte, ließ seine Staatskanzlei der taz gegenüber unbeantwortet.

Aus der Liste der Lan­des­um­welt­mi­nis­te­r*in­nen sticht die Bremerin Kathrin Moosdorf (Grüne) hervor, die statt eines Dienstautos ein Dienstfahrrad fährt. Ihre Kol­le­g*in­nen aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Sachsen-Anhalt fahren dagegen Verbrenner oder Hybride.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Sein rein elektrisch angetriebener Audi stößt nur 62 Gramm CO2 pro Kilometer aus..."



    Ein E-Auto stößt CO2 aus???



    Das kann doch gar nicht sein. Nach EU-Richtlinie sind E-Autos doch nicht nur vollkommen emissionsfrei, sondern können sogar noch den CO2-Ausstoß von 2-3 Verbrennern kompensieren!



    Damit kann man doch Verbrenner noch viel schlechter rechnen als mit dem Strommix. Die DUH sollte ihre Berechnungen entsprechend korrigieren. [/sark]



    Physikalisch korrekt wäre eine Rechnung mit Marginalstrom.

  • Was maßgebliche Politiker fahren oder nicht fahren hat sicher nicht erste Priorität, für mich zählt ihre Leistung für uns Bürger in Deutschland.

  • Das Dienstfahrrad und Kathrin Moosdorf sah ich selbst mal, das ist doch unter dem Radhelm, das ist doch ...



    Ok, ein Kanzler im Bund kann das aus Sicherheitsgründen kaum. Henning Scherf in Bremen konnte das indes auch schon. Gutes Zeichen. Mehr davon.

  • taz: *Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist Schlusslicht der DUH-Rangliste der Landeschefs: Sein BMW ist ein Benziner, der 292 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt, mehr als viermal so viel wie der Wagen seines süddeutschen Amtskollegen Kretschmann. Warum Söder sein Auto wechselte, ließ seine Staatskanzlei der taz gegenüber unbeantwortet.*

    Wahrscheinlich hat Söders neuer Dienstwagen eine größere Mittelkonsole, wo man die Bratwurst besser ablegen kann.

    Es gibt sicherlich viele Leute, die diese Bratwurst-Witze über Söder nicht mehr hören können, aber der CSU-Mann hat sie ja selbst herausgefordert, mit seinen "Bratwurst-Videos".

    taz: *„Politiker haben eine Vorbildfunktion“, sagte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz bei der Vorstellung der Ergebnisse.*

    Das ist richtig, aber eine 'Vorbildfunktion unserer Volksvertreter' bringt ja nichts, wenn der Normalbürger sich kein E-Auto leisten kann und er/sie deshalb weiterhin mit dem Benziner oder Diesel unterwegs ist. Und ein klimafreundlicher ÖPNV wird in den Städten ja auch nicht ausgebaut. Dann kommt noch hinzu, dass E-Autos nicht klimaneutral sind, auch wenn die Autoindustrie ihr neues Spielzeug damit immer anpreisen möchte.

  • Angeblich gibt es sogar Politiker die fahren mit einem Verbrenner zu einem Termin und steigen kurz vorher in ein Elektroauto um...

    • @Zven:

      Mark Rutte in NL soll da mal aufs Rad gewechselt sein für die Fotos und Kameraaufnahmen.



      Bei einem Regierungschef wunderte mich dabei, dass die Security ihn aufs Rad ließ.

      Wobei hier manche 'normalen' Politiker und Verwaltungsspitzen seit Jahrzehnten auf keinem Rad saßen und das wohl dringend mal tun sollten.



      E-Autos sind nämlich immer noch Autos, also das kleinere Übel, mehr aber auch nicht.