piwik no script img

Pläne zur WahlrechtsreformAmpel spielt gefährliches Roulette

Klagen gegen die Abschaffung der Grundmandatsklausel könnten durchaus Erfolg haben. Vermutlich würden sie aber eher der CSU nutzen als der Linken.

Hier steht ein Umbau an Foto: Kay Nietfeld

Berlin taz | Die Ampel geht voll ins Risiko. Schon am Freitag soll der Bundestag das neue Wahlrecht beschließen. Bei Abstimmungen in den Fraktionen stimmten am Dienstagnachmittag die Abgeordneten von Grünen und FDP jeweils einstimmig und die der SPD mit überwältigender Mehrheit zu. Das teilten die Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) im Anschluss an die Sitzungen mit. Sie bezeichneten die Reform, durch die der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag auf 630 Mandate verkleinert wird, als „fair und verfassungsgemäß“.

Linke und CSU haben bereits Verfassungsklagen angekündigt. Vor allem wegen der kurzfristig gestrichenen Grundmandatsklausel könnten Klagen beim Bundesverfassungsgericht Erfolg haben. Selbst der SPD-nahe Rechtsprofessor Franz Mayer spricht von „Wahlrechts-Roulette“.

Akzeptiertes Ziel der Reform ist die Verkleinerung des Bundestags. Umstritten sind aber die geplanten Mittel der Ampel. Damit keine Überhangmandate mehr entstehen, soll jede Partei nur noch so viele Sitze bekommen, wie ihrem Zweitstimmergebnis entspricht. Die Wahlkreissieger mit den niedrigsten Prozentanteilen gehen deshalb leer aus. Dagegen protestierten CDU/CSU schon seit Monaten. Es verstoße gegen das Demokratieprinzip, dass der Erststimmensieger im Wahlkreis kein Mandat erhalte. Überhangmandate haben bisher vor allem CDU/CSU und SPD erhalten. Deren Wegfall betrifft alle Parteien, weil es auch keine Ausgleichsmandate mehr gibt.

Erst seit wenigen Tagen ist bekannt, dass die Ampel auch die Grundmandatsklausel streichen will. Parteien, die die Fünfprozenthürde verfehlen, können trotzdem entsprechend ihrem Wahlergebnis in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate geholt haben.

Bartsch kündigte Verfassungsklage an

Davon profitiert derzeit die Linke, die mit 4,9 Prozent der Stimmen dank dreier Direktmandate doch mit 39 Abgeordneten im Bundestag vertreten ist. Fast wäre auch die CSU mit bundesweit 5,2 Prozent der Stimmen auf die Grundmandatsklausel angewiesen gewesen. Gegen den Wegfall dieser Klausel wettern daher vor allem Linke und CDU/CSU. Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einem „brutalen Angriff auf die Linke“. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor einer „Attacke auf die Demokratie“. CDU/CSU-Fraktions-Chef Friedrich Merz sprach von „Manipulation des Wahlrechts“.

Bartsch kündigte bereits eine Verfassungsklage an. Auch Söder drohte damit. Er bräuchte dazu nur die bayerische Landesregierung. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag will erst später über eine Verfassungsklage entscheiden. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber im Wahlrecht relativ viel Gestaltungsspielraum. Im Grundgesetz steht nicht, nach welchem Wahlsystem der Bundestag gewählt werden soll.

Das Bundesverfassungsgericht zog daraus den Schluss, dass der Bundestag bei der Festlegung des Wahlsystems auch ganz mit den bisherigen Traditionen brechen kann. So könnte er zum Beispiel nach englischem System eine Mehrheitswahl einführen, bei der nur noch die Wahl­kreis­ge­win­ne­r:in­nen ein Mandat erhalten. Er könnte aber auch ein reines Verhältniswahlrecht vorschreiben, bei dem es keine Wahlkreise mehr und nur noch Parteilisten gibt.

Dass auch Mischformen zulässig sind, hat das Bundesverfassungsgericht 2012 ausdrücklich festgehalten. In der Aufzählung zulässiger Wahlformen findet sich auch „eine Erstreckung des Verhältniswahlprinzips auf die gesamte Sitzverteilung unter angemessener Gewichtung der Direktmandate“. Das ist ungefähr das, was die Ampel im Kern plant. Nach ihrem Plan wäre für den Wahlkreisgewinner zwar kein Mandat garantiert, letztlich würden aber wohl nur ein, zwei Dutzend Wahlkreisgewinner leer ausgehen. Mit dieser Reform hätte die Ampel das Bundesverfassungsgericht wohl nicht fürchten müssen.

Anders dürfte es beim Wegfall der Grundmandatsklausel aussehen. Das Argument der Ampel, dass die Klausel ein „Systembruch“ sei, dürfte Karlsruhe nicht überzeugen. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht die Grundmandatsregelung 1997 ausdrücklich gebilligt. Schließlich könnten so „besondere Anliegen“ der Wähler berücksichtigt und integriert werden. Damit war zwar nur gesagt, dass die Grundmandatsklausel zulässig, also nicht verfassungswidrig ist.

Doch das Bundesverfassungsgericht achtet auf die Akzeptanz der Demokratie und auch seiner Urteile. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das Gericht eine Regelung akzeptiert, bei der die CSU in Bayern zwar in 45 Wahlkreisen die meisten Stimmen holt, am Ende aber kei­ne:n einzigen Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te:n erhält, weil sie bundesweit nur 4,9 Prozent der Stimmen erhielt. Um das zu verhindern, könnte Karlsruhe eine Grundmandatsklausel als notwendiges Korrektiv für die wahlverzerrende Fünfprozenthürde vorschreiben – zwar sicher nicht ab 3 Direktmandaten, aber zum Beispiel ab 15 gewonnenen Wahlkreisen. Klagen könnten also eher der CSU nutzen als der Linken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

33 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die einfache Lösung wäre, die Zweitstimmen abzuschaffen. Die Berufspolitik wären wir auch gleich los.



    Perfekt.

  • Es gibt eine viel einfachere Lösung für die Reduzierung der Bundestagsmandate MIT Beibehaltung der vollen Relevanz der Erststimmen : die Reduzierung der Wahlkreise.

    1919 kannte die Weimarer Republik lediglich 38 Wahlkreise. Heute sind es 299 ! Da ist also sehr viel Luft drinne.

    • @Rudolf Fissner:

      Genau so sehe ich es auch. Das wäre eine Lösung, in welcher jede Stimme zählt. Genau das muss der Anspruch sein in einer Demokratie.

  • "Vermutlich würden sie aber eher der CSU nutzen als der Linken."

    Eine erfolgreiche Klage vor dem Verfassungsgericht würde vor allen den Bürgern nützen. Sie sind es die wählen. Parteien werden nur gewählt, wählen sich nicht selber.

  • Erststimme abschaffen.



    Ersatzstimme einführen.



    3%-Hürde.



    Ab 16 wahlberechtigt.

  • "Fast wäre auch die CSU mit bundesweit 5,2 Prozent der Stimmen auf die Grundmandatsklausel angewiesen gewesen."

    Das verstehe ich nicht ganz. Die Grundmandatsregel besagt nach meinem Verständnis, dass, wer mindestens drei Direktmandate hat, nicht nur diese erhält, sondern eine aus den Landeslisten auf den Verhältnisanteil am Wahlergebnis "aufgefüllte" Fraktion stellen darf. Die CSU hat dagegen doch heutzutage eher MEHR Direktmandate, als ihr (vor Ausgleichsmandaten) nach Wahlanteil zustehen.

    Ihre Landesliste kommt im ersten Schritt also gar nicht zum Zug. Sie bräuchte bei Unterschreitung der 5%-Hürde die Grundmandatsklausel allenfalls, um zusätzlich zu ihrem "überstarken" Direktmandatskontingent noch etwaige Ausgleichsmandate besetzen zu können, was aber 2021 (und wahrscheinlich auch bis auf weiteres) mathematisch ausgeschlossen war. Ihre BT-Sitze hätte sie also unproblematisch auch erhalten, wenn sie bei den Zweitstimmen unter 5% gerutscht wäre, weil die komplett aus den bislang fest reservierten 299 Direktmandaten stammten.

    • @Normalo:

      Ja, aber Direktmandate sollen ja im neuen Verfahren nur noch in der Anzahl entsprechend dem Zweitstimmenanteil zum Zuge kommen –und wenn der unter 5% fällt, wohl eben gar nicht mehr.

      • @o_aus_h:

        Klar, so verstehe ich die geplante NEUE Regelung auch. Deshalb rennt die CSU ja auch Sturm dagegen.

        Herr Rath spricht aber zwangsläufig von den bisherigen Regeln, wenn er meint, die CSU sei 2021 schon fast auf die Grundmandatsklausel fast angewiesen gewesen. Und nach den 2021 geltenden Regeln waren die 299 Direktmandate garantiert und die Sitze der CSU auch nur aus diesen gebildet.

        Anders gesagt: Die CSU sört sich nur am Wegfall der Grundmandatsklausel, weil die ihr eigentliches Problem, nämlich den Wegfall des garantierten Direktmandates, aus ihrer Sicht nochmal verschärft.

        • @Normalo:

          Nein, das hat schon noch einen riesigen Unterschied: Mit Grundmandatsklausel kommt die CSU sicher gemäß ihrem Zweitstimmenanteil in den Bundestag –egal ob der bei aktuell 6,0% oder vielleicht künftig einmal bei 4,9% liegen wird. Wenn das Verhältnis Wahlkreisgewinne zu Zweitstimmen zu ungünstig ist, kommen einzelne Wahlkreisgewinner nicht zum Zuge, aber die (theoretische) Fraktionsstärke bleibt erhalten.



          Ohne Grundmandatsklausel fliegt die CSU bei ≤4,9999% komplett raus. Darum kratzt der Wegfall des garantierten Direktmandats am Image der in ganz Bayern souveränen Partei, verhindert aber nicht ihre bundespolitische Mitsprache.



          Dagegen ist der Wegfall der Grundmandatsklausel eine potentielle Bedrohung der CSU-Eigenständigkeit.

          • @o_aus_h:

            Ich denke, wir meinen dasselbe, nur mit unterschiedlichen Gewichten. Für mich ist der Wegfall der garantierten Direktmandate der erste wesentliche Eingriff aus CSU-Sicht, weil er einen wichtigen Quell ihres speziellen Selbstbewusstseins auf Bundesebene schleift: Die jedem Verhältniswahlrecht trotzende Einheitlichkeit, mit der so ziemlich jeder Wahlkreis ihres "Freistaats" hinter seinem CSU-Kandidaten steht. Dieser besondere Nimbus ist schonmal weg, wenn aus der einst stolzen, lauten Direktmandatsträgerschar bloß noch eine grantelnde, lokal getunte Landesliste wird. ERST DANN kommt die Streichung des Grundmandats und setzt dem noch - fatal, das will ich nicht abstreiten - einen drauf, indem sie die CSU ganz aus dem BT verschwinden lässt, wenn sie nicht die 5% packt oder fusioniert (am Ende noch mit wem Außerbayerischen - pfui deibi!).

  • Das ganze Dilemma ist doch dadurch entstanden, dass es nicht gelungen ist die Wahlkreise entsprechend zu reduzieren und neu zu schneiden.

    Hätte man das geschafft würde auch niemand hinten runterfallen.

    Aber in unserer Politik ist das offenbar wie in einem gesunden Organismus:

    Vorn füllt man die besten Sachen rein und was kommt hinten raus ?

    Seh'n se !

    • @Bolzkopf:

      Eine bloße Reduzierung der Wahlkreise hätte am Grundproblem nichts geändert, dass das System aus Direktmandaten und Zweitstimmenverhältnis die heutige Parteienlandschaft (nämlich eine OHNE zwei dominierende Volksparteien, die in der Regel da, wo sie das Direktmandat gewinnen, das mit absoluter Mehrheit tun und auch bei den Zweitstimmen entsprechend absahnen) nicht verkraftet. Der Aufbläheffekt durch die Ausgleichsmandate bliebe letztlich unkontrollierbar.

      • @Normalo:

        Es hätte in sofern geholfen, wenn über Wahlkreise nicht mehr die Hälfte der Abgeordneten bestimmt werden sollten: Wenn nur (z.B.) 250 statt 299 von 598 Abgeordneten per Direktwahl ins Parlament kämen, würde die Wahrscheinlichkeit von Überhangsmandaten sinken, und damit die Notwendigkeit von Ausgleichsmandaten.

      • @Normalo:

        Das ist richtig.



        Aber das Dilemma mit den Wahlkreisen verschärft das Problem.

  • Das Paradoxe ist, dass einerseits, durch die maßgeblichen Parteien der Koalition Bürgerbeteiligung etc. ganz groß propagiert wird, aber dann wenn es um die Fleischtöpfe geht, die WählerInnen zum Stimmvieh pateiinterner Einheitsklüngellisten degradiert werden sollen. Das eigentlich Verwerfliche an dieser Wahlrechtsreform ist aber, dass sie genutzt wird um den politischen Gegner ein Bein zu stellen. Ein Vorgehen, dass bisher nur aus realexistierenden Gruselregimen bekannt ist. Deshalb, gerade an die SPD, "Mehr Demokratie wagen" sollte wieder im Mittelpunkt stehen. Vorschlag: Die Hälfte der Mandate werden durch die 1. Stimmen vergeben die andere Hälfte durch den Anteil der 2. Stimmen. Das wäre gelebte Demokratie.

    • @Mr.S:

      Anschließe mich.

    • @Mr.S:

      Das sogenannte Grabenwahlrecht kann aber die Stimmen im Parlament extrem verzerren. Als Beispiel: Die Union hat 2021 143 Direktmandate erzielt, dazu wären etwa 79 Listenplätze gekommen – die Union hätte also nach Ihrem Vorschlag 222 Sitze, etwa zwanzig mehr als real, und wäre damit größte Fraktion im Bundestag vor der SPD mit ca. 205 Plätzen. So wird die Reihenfolge der Ergebnisse vertauscht.



      Dazu kommt noch, dass die direkt gewählten Abgeordneten auch von den Parteien aufgestellt werden (jedenfalls hat es m.W. seit mind. 70 Jahren kein parteiunabhängiger Kandidat in den Bundestag geschafft).



      Wenn Sie die Möglichkeit wollen, dass die Wähler:innen in die Partei-Wahllisten eingreifen können, dann brauchen Sie ein wesentlich komplexeres System des Panaschieren und Kumulierens.

    • @Mr.S:

      Bei deinem Vorschlag hätte bei der letzten Bundestagswahl die CSU bei 5,2% der Zweitstimmen (und 6,0% der Erststimmen) also bei einer Zustimmung in der Bevölkerung zwischen 5,2 und 6% einen Sitzanteil von 10% bekommen. Das nennst du gelebte Demokratie? Ich empfinde das als maximal undemokratisch.

      An der jetzigen Wahlrechtsreform ist nichts verwerliches, weil sie sich an dem orientiert, was breit diskutiert wird. Natürlich kann man über einzelne Punkte streiten. Aber verwerflich...

      Ich hätte z.B. lieber eine deutliche Verkleinerung der Anzahl der Wahlkreise und dann 1/3 der Mitglieder über Wahlkreise und 2/3 über die Listen, ähnlich wie inHamburg. Das schafft viele Probleme weg.

  • Hallo hallo hallo? Wie wäre es mal mit 5 Minuten Recherche? In *Bayern* gibt es bei Landtagswahlen keine Grundmandatsklausel. In *Bayern* gibt es kein Mandat für Wahlkreisgewinner deren Partei 4.9% bekommt. Eine CSU-Klage gegen das neue Wahlrecht wäre echt listig…

    • @Christian Schmidt:

      Bayern ist aber auch kein Bundesstaat, der regionale Besonderheiten repräsentativ abbilden muss. Wenn es dort z. B. eine Oberpfalz-Partei gäbe, die bei sich dahoim Direktmandate holt, aber die 5% nicht knackt und deshalb keine regionale Vertretung bekommt, dann wäre das kein Widerspruch zur bayerischen Staatsordnung, denn die kennt nur "Bayern". Alles kleinere sind entweder Kommunen oder nur Verwaltungsbezirke.

      Außerdem BEKÄMEN diese fiktiven Oberpfälzer ja ihre Direktmandate - nur halt nicht die Aufstockung auf eine etwaige proporzgerechte Fraktionsstärke. Die will/braucht aber auch die CSU auf Bundesebene nicht. Die will nur ihre Direktmandate auch wahrnehmen können.

      • @Normalo:

        Trotzdem geht auch in Bayern die 5%-Hürde vor die Zuteilung der Direktmandate. Ein siegreicher Wahlkreiskandidat (in Bayern: Stimmkreis-), dessen Partei unter 5% der landesweiten Stimmen erzielt hat, würde nicht ins Parlament einziehen –genau das, was CSU-Generalsekretär Huber auf Bundesebene jetzt als „organisierte Wahlfälschung“ bezeichnet, die man nur aus „Schurkenstaaten“ kenne –was also Bayern mit einschließen müsste.

        • @o_aus_h:

          Danke für den Hinweis, hab ich jetzt auch gelesen und mich gewundert - einigermaßen heftige Closed-Shop-Geschichte, diese bayerischen Direktmandate...

          Also ja: Da ist ganz offensichtlich ein wenig Bigoterie am Werk. (Moment: Bigoterie? Bei der CSU?? ;-))

  • Was soll daran gefährlich sein?



    Endlich tut sich was in der Sache.



    Dass bei einem solchen weitreichenden Thema die Gerichte angerufen werden, war doch klar!



    Ist auch gut, wenn die Gerichte das Gesetz prüfen und evtl. Änderungen anmahnen.



    Aber der Stein kommt ins Rollen!

  • Das Verfassungsgericht könnte an Stelle einer "Grundmandatsklausel als notwendiges Korrektiv für die wahlverzerrende Fünfprozenthürde" auch vorschreiben, dass Parteien unter 5% Zweitstimmen lediglich Direktmandate in dem Umfang bekommen, wie es durch das Zweitstimmenergebnis abgedeckt ist, aber keine zusätzlichen Mandate von den Listen.



    Es wäre besser, gleich eine vermutlich verfassungsmäßige Regelung einzuführen, als eine offensichtlich problematische, die das Gericht immer mehr zum Hilfsgesetzgeber machen würde.

    • @meerwind7:

      Da muss man aufpassen, dass nicht ein „negatives Stimmgewicht“ entsteht: Wenn die CSU über 5% der Zweitstimmen bekommt –2021 6,0% –, soll sie nach diesem Anteil Plätze erhalten, das heißt 8 Überhangmandate von 45 wären weggefallen. Hätte die CSU aber unter 5% Zweitstimmen erhalten, sollten dann alle direkt gewählten „an ihrer Liste vorbei“ einziehen?



      Das kann es ja gerade nicht sein, dass bei schlechterem Ergebnis mehr Abgeordnete einziehen.

  • den sinn der regionalen abgeordneten habe ich noch nicht verstanden. ich fühle mich weder durch den cdu hanseln, der es bisher war noch durch den spd jungspund irgendwie regional vertreten. die meisten gesetze sind ja sowieso über nationale angelegenheiten, was wegfällt wäre die lobbyarbeit für die regionalen wirtschaftsgrößen, ob das so schlimm ist?

    • @nutzer:

      Es geht darum, dass sich Abgeordnete ein wenig in den Wahlkreisen mit jeweils spezifischen Problemen auskennen und entsprechend Einfluss nehmen können. Ich möchte nicht von jemandem vertreten werden der/die von Tuten und Blasen meiner Region keine Ahnung hat.

  • Ich halte das für eine Frage der Perspektive: Die Bezeichnungen Erst- und Zweitstimme gaukeln uns vor, dass wir eigentlich ein Mehrheitswahlrecht hätten, dass über einen darübergelegten Verhältniswahlmechanismus das Problem ausgleicht, dass in einem reinen Mehrheitswahlrecht regelmäßig über 50% der Stimmen verfallen. Es ist aber trotzdem noch so, dass jetzt über 50% der Erststimmen verfallen!

    Würde man die Kandidatenstimme im Wahlkreis als das ansehen, was sie de facto schon ist, nämlich eine Stimme, die es erlaubt, regional verankerte Kandidat:innen an ihren Listen vorbei in den Bundestag zu bringen, würden sich alle Bedenken in Luft auflösen. Diese Stimme würde dann nur noch der Modifikation der Listen dienen und es wäre kein Argument erkennbar, warum jemand mit den relativ meisten Kandidatenstimmen im jeweiligen Wahlkreis plötzlich im Bundestag sitzen sollte. In dieser Logik könnte man trotzdem noch unabhängige Kandidat:innen oder Kandidat:innen von Parteilisten mit unter 5% berücksichtigen, weil diese Personen dann eben auch "an ihrer Liste vorbei" gewählt wurden. Wieso es eine Grundmandatsklausel geben sollte, vermag ich hingegen nicht zu erkennen: Die 5%-Hürde ist als Lehre aus der Weimarer Republik zu verstehen und hat sich bewährt.

    • @Zangler:

      Da haben Sie wohl shr schön die Argumentation aufgedröselt, warum im neuen Wahlgesetz die Stimmen nicht mehr Erst- und Zweit-, sondern „Wahlkreisstimme“ und „Hauptstimme“ heißen sollen.

  • Für Parteien nationaler Minderheiten (wie auch dem SSW) gilt doch die 5% Hürde nicht. Das müsste dann doch auch für die CSU gelten.

  • Und auch für die Regelung mit den 3 Direktmandaten sollte beibehalten werden. Eben damit regionale Besonderheiten auch bundesdeutsche Integration erfahren.

    Es kann ja wohl nicht sein, dass die Linke durch die Reform vor die Hunde geht, während eine CSU, die noch nicht mal in ganz Deutschland gewählt werden kann ihre Regionalität voll ausspielen kann.

    Mir ist Repräsentanz wichtiger als ein möglichst schlanker Bundestag. Ich glaube nichts ist schlimmer als fehlende Repräsentanz. Dann haben wir eben ein riesiges Parlament. Na und? Dann leisten wir uns das eben.

    • @Oliver Tiegel:

      Repräsentativ ist das Parlament doch eh nicht.



      Wenn schon Änderung, könnte man zB statt der Direktmandate gemäß Wahlkreis alternativ Direktmandate gemäß sozialer Schicht oder Berufsgruppe oder Geschlecht oder Altersgruppe ausgeben.



      Könnte ich den Direktkandidaten der Handwerkergruppierung, zB einen Installateur oder Energieberater z.B. statt dem Kandidaten der Konzernliste, zB einem Anwalt von BMW oder VW, wählen, dann wäre mir der Sachverstand des Handwerksvertreters erheblich lieber.Installateurs

    • @Oliver Tiegel:

      genau so sehe ich das auch.

      Die Argunente reichen ja immer von - nicht arbeitsfähig



      bis



      - zu teuer.

      Lächerlich.

      Das haben uns nur bestimmte Presseteile über die Jahre eingeimpft ohne es je beweisen zu müssen.

      Warum sollen mehr Abgeordnete nicht arbeiten können?



      So ist es einfacher Themen spezieller aufzuteilen oder bei grossen Themen mehrere Menschen daran arbeiten zu lassen um "Brainstorming" zu bündeln.



      Immer noch besser als ungewählte Lobbymenschen in den Ministerien Gesetzestexte ausarbeiten zu lassen.

      Und zu den Kosten?

      Am billigesten ist kein Parlament.

      Demokratie kostet Geld - und das ist gut angelegtes Geld.

      Im Vergleich zum Nutzen fürs Volk ist das doch Pillepalle oder wirtschaftslobbyistisch ausgedrückt Peanuts.