Neue Studie zu Klimageld: Unkompliziert machbar
Eine Studie hat untersucht, wie das Klimageld als Ausgleich des steigenden Kohlendioxid-Preises wirken könnte. Sie schlägt 130 Euro vor.
Jede Bürgerin, jeder Bürger, auch Kinder sollen etwa 130 Euro pro Jahr vom Staat ausgezahlt bekommen. Dieses „Klimageld“ wäre ein Ausgleich für den steigenden Preis auf Kohlendioxid. Ein entsprechendes Konzept veröffentlichten am Donnerstag unter anderem die Klimaallianz, der Umweltverband BUND, der Paritätische Gesamtverband und die Evangelische Kirche. Im Zentrum stand ein neuer Vorschlag zum Verfahren, wie die Pro-Kopf-Rückzahlung alle Bürger:innen erreichen kann.
Bisher werden Pro-Kopf-Auszahlungen an alle im deutschen Sozial- und Finanzsystem für schwierig gehalten. Der Grund: Keine Behörde verfügt über ein komplettes Register aller Bürger:innen samt ihrer Kontonummern. Im Auftrag der Organisationen haben Gisela Färber und Joachim Wieland von der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer nun einen Vorschlag erarbeitet, wie es funktionieren könnte. Ausgezahlt würde das Klimageld demnach über die Finanzämter, Rentenkassen und Sozialbehörden, die für die Grundsicherung zuständig sind. Hinzu kämen die Familienkassen, die das Kindergeld verwalten, erklärte Professorin Färber. Damit es nicht zu Doppelauszahlungen kommt, könnten die Steuer-Identifikationsnummern, die alle Bürger:innen haben, zur Kontrolle verwendet werden.
Färber plädierte dafür, monatliche Auszahlungen zu ermöglichen. Beispielsweise für Vier-Personen-Familien mit niedrigen Einkommen würde eine Klimageld von etwa 40 Euro pro Monat einen deutlichen Vorteil bedeuten. Die Organisationen waren sich einig, dass die Auszahlung „sichtbar“ gestaltet werden müsse, also nicht als Verrechnungsposten in den Formularen untergehen dürfe.
Wohlgemerkt ist dieser Vorschlag keine Antwort auf die gegenwärtige Inflation der Preise fossiler Energieträger wie Öl und Erdgas. Beim Klimageld geht es darum, dass der künftig vermutlich stark steigende zusätzliche Preis für Kohlendioxid (CO2) unter anderem auf Benzin und Heizwärme an die Verbraucher:innen zurückgegeben werden soll. Gegenwärtig beträgt der Preis im nationalen Emissionshandel 30 Euro pro Tonne CO2. Das macht etwa 8,5 Cent pro Liter Benzin aus. 2025 soll der Aufschlag 55 Euro erreichen. So steht es bereits im Gesetz. Durch die Verteuerung sollen die Verbraucher:innen zum Energiesparen motiviert werden.
130 Euro vorgeschlagen
BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock sagte, eigentlich müsse der CO2-Preis jetzt schon 50 Euro betragen, jährlich um 15 Euro zulegen, und bald 190 Euro pro Tonne erreichen. Dadurch allerdings stiegen die Kosten für fossile Energie massiv an, was Privathaushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen sich oft nicht leisten können. Deshalb sollten die zusätzlichen CO2-Ausgaben komplett an die Haushalte zurückerstattet werden, erklärten die Organisationen.
Jede Person erhielte beispielsweise 130 Euro jährlich ausgezahlt. Wer relativ wenig Energie verbraucht – oft Leute mit niedrigen Einkommen – bekäme mehr zurück, als der CO2-Preis kostet. Haushalte mit hohem Verbrauch, großen Häusern und zwei Fahrzeugen zahlten drauf. „Mit einer Pro-Kopf-Rückerstattung kann die Bundesregierung sicherstellen, dass die CO2-Bepreisung sozial gerecht wirkt“, sagte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Verbandes.
Verteilungswirkung belegt
Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), haben diese Verteilungswirkung eines Klimageldes belegt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP kommt der Begriff ebenfalls vor, ohne dass sich die drei Parteien bisher auf einen genauen Plan verständigt hätten. „Wichtig ist, dass sich die Ministerien schnell auf einen Prozess einigen, damit das Klimageld in 2023 ausgezahlt werden kann“, erklärte Lisa Badum, grüne Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz des Bundestages.
Um die soziale Befriedung der Klimafrage zu erreichen, müssten die Leute merken, dass sie die zusätzlichen CO2-Kosten zurückerhielten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu