piwik no script img

Nachwirkungen Blockupy-ProtestePlastikfolie als Schutzwaffe?

Ein Aktivist legt Verfassungsbeschwerde gegen Geldstrafe ein. Er war verurteilt worden, weil er sich mit Folie gegen Pfefferspray hatte schützen wollen.

Aktivist Benjamin Ruß findet ganz und gar nicht, dass eine Plastikfolie eine „Schutzwaffe“ ist Foto: dpa

Karlsruhe taz | Kann es strafbar sein, auf seine Gesundheit zu achten? Das fragt sich Benjamin Ruß. Der Münchener Blockupy-Aktivist wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich mit einer Plastikfolie vor Pfefferspray schützen wollte. Die Plastikfolie sei eine verbotene „Schutzwaffe“, urteilten Strafrichter. Dagegen hat Ruß jetzt eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die der taz vorliegt.

Konkret ging es um einen Vorfall im März 2015. Damals protestierten Tausende Linke in Frankfurt am Main gegen die feierliche Eröffnung der Europäischen Zentralbank (EZB), die als Symbol für Austeritätspolitik kritisiert wurde. Es kam zu Ausschreitungen, dabei setzte die Polizei unter anderem Pfefferspray ein.

Als die Polizei anschließend ihre Videoaufnahmen auswertete, fiel ihr ein junger Mann mit einer roten Jacke auf, der zeitweise eine Plastikfolie vor dem Gesicht trug. Anhand seiner Jacke wurde er schnell als Benjamin Ruß aus München identifiziert, denn 2015 agierte er auch als Pressesprecher der Proteste gegen den G7-Gipfel im bayerischen Elmau.

Plastikfolien, wie Ruß sie trug, waren am Vorabend der EZB-Proteste hundertfach an Aktivisten verteilt worden. Es handelte sich um durchgeschnittene transparente Overheadfolien in DIN-A5-Größe mit einer Dicke von etwa 3 Millimetern. Sie konnten mit einem Band am Kopf befestigt werden und sollten die Augen gegen Pfeffersprayeinsätze schützen.

Nach Ansicht von Frankfurter Strafrichtern war dies jedoch ein Verstoß gegen das Schutzwaffenverbot. Ruß wurde im Mai 2017 vom Amtsgericht Frankfurt zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Frankfurter Landgericht bestätigte dies im März 2019. Ruß musste 300 Euro bezahlen (30 Tagessätze).

Das Schutzwaffenverbot wurde 1985 gemeinsam mit dem Vermummungsverbot ins Versammlungsgesetz eingeführt. Seitdem ist es verboten, bei Versammlungen unter freiem Himmel „Schutzwaffen“ mit sich zu führen, die Maßnahmen der Polizei abwehren sollen.

Gemeint sind zum Beispiel Panzerungen an der Kleidung, Schutzschilde oder Helme. Solche Ausrüstungen dokumentierten „aufgrund ihres martialischen Erscheinungsbildes eine offenkundige Gewaltbereitschaft“, so damals der Gesetzgeber. Schutzwaffen übten zudem eine „aggressionsstimulierende Wirkung“ aus.

Weder martialisch noch aggressionsstimulierend

Davon ausgehend könne eine Plastikfolie nicht als Schutzwaffe behandelt werden, kritisiert Ruß in seiner Verfassungsbeschwerde. Sie wirke weder martialisch noch aggressionsstimulierend. Sie sei auch nicht dazu da, den Träger für körperliche Auseinandersetzungen mit der Polizei zu ertüchtigen. Vielmehr solle die Folie nur seine eigene Gesundheit schützen. Er habe den ganzen Tag nur friedlich demonstriert, das zeigten auch die Polizeivideos.

Ruß beruft sich auch auf eine Polizistin, die beim Landgericht ausgesagt hatte. Danach solle mit Pfefferspray nur auf den Brustbereich gezielt werden. Gereizt werden sollten die Atemwege und nicht die Augen. Daraus schloss Ruß: „Wenn ich meine Augen gegen Pfefferspray schütze, schütze ich sie nur gegen die illegale Anwendung in die Augen sowie gegen die Streuwirkung von flächendeckend versprühtem Pfefferspray.“

Wenn Demonstranten sich nicht gegen den illegalen Einsatz von Reizmitteln schützen dürften, seien die Demonstrationsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, heißt es in der Verfassungsbeschwerde, die von dem Münchener Anwalt Mathes Breuer verfasst wurde.

Der Einsatz von Plastikfolien ist bei Demonstrationen inzwischen zwar wieder etwas aus der Mode gekommen, aber Ruß findet den Gang nach Karlsruhe trotzdem praktisch relevant. „Wenn mir das Bundesverfassungsgericht recht gibt, werde ich meine Augen sofort wieder mit einer Folie schützen“, sagte er auf Nachfrage.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

42 Kommentare

 / 
  • Das ist eine super Sache! Strafrichter haben an dieser Stelle schon immer eine fehlgeleitete Einstellung und brauchen unbedingt Nachhilfe in Sachen Bürgerrechte bei Versammlungen und sonstigen polizeieinsätzen.

  • Wer sich mit Gebissschutz auf Eine Demo begibt wird genauso belangt. Das steigert sehr wohl die eigene Kampfkraft. Auch ein Soldat traegt ein Flak Jacket und kann dadurch agressiver vorgehen.

    • @Charlie Foxtrot:

      Ja nee, ist klar!

      Und alle Menschen mit Inkontinenzslip sind dann bewaffnet oder wie? Dass sie damit problemlos schiessen können, ist mir neu. Schei... dagegen schon...!!

    • @Charlie Foxtrot:

      Den Gebissschutz mit einer Plastikfolie zu vergleichen ist aber schon etwas weit hergeholt.

  • Die Polizei darf sich vermummen, anonymisieren, uniformieren, Pfefferspray einsetzen (was nach internationalem Recht im Kriegsfall verboten ist) ... regelmäßige Rechtsbeugungen der Polizei werden geduldet, Polizeigewalt wird heruntergespielt, Daten werden gesammelt, aufbewahrt und genutzt, Militarisierung der Polizei wird vorangetrieben (bspw. zuletzt durch scharfe Waffen/SEK-Einsatz G20) ...



    ... und die*der brave Brüger*in heißt die Polizei dennoch gut, kritisiert allenfalls eine Unverhältnismäßigkeit und merkt nicht, dass ihr*sein geliebter Rechtsstaat eine Illusion ist.

  • "Die Polizei übt (unteranderem) das Gewaltmonopol für den Staat aus"

    So weit, so gut.

    "



    Natürlich müssen Polizisten zum Einsatz von Gewalt bereit sein, das ist - wenn nötig - ihre Aufgabe"

    Ihr kleiner Einschub "wenn nötig" ist, leider, leider -- Wunschdenken (im besseren Fall: im schlimmeren ist er Propaganda).

    Schauen Sie sich doch mal "Hamburger Gitter" an.

    • @tomás zerolo:

      Oder/und Schauen Sie die Podiumsveranstaltung zu 129a aus dem Jahr 2007:



      "Wir sind alle Terroristen! Der § 129a und seine Folgen für Politik und Alltag"



      chaosradio.ccc.de/ctv106.html

    • @tomás zerolo:

      Hier Link und Beschreibungstext zur Doku:



      "HAMBURGER GITTER - Der G20 Gipfel als "Schaufenster moderner Polizeiarbeit" -



      170 Ermittler arbeiten an hunderten Verfahren gegen militante Demonstranten und Menschen, die sich an Ausschreitungen und Plünderungen beteiligten. Harte Strafen wurden gefordert und in bisher über 40 Fällen auch verhängt. Der Staat verlor im Sommer 2017 die Kontrolle in Hamburg und versucht sie nun zurück zu gewinnen.



      Die Dokumentation konzentriert sich auf den Umgang mit den Protesten und die staatliche Sicherheitspolitik. Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit und Pressefreiheit spielen in den Betrachtungen eine ebenso große Rolle wie die Veränderung der polizeilichen Strategien. Konnten während der Proteste Grundrechte außer Kraft gesetzt werden? Gibt es in der Judikative und Legislative Akteure und Überzeugungen, welche auf gewaltsame Proteste anders reagieren als in der Vergangenheit? Welche Methoden der „Ausnahmesituation G20" in Hamburg könnten zur Normalität werden?



      Dem sind wir nachgegangen, indem wir die relevanten Geschehnisse nachzeichneten, mit Betroffenen auf beiden Seiten sprachen und Experten zu Protestgeschichte, Grundrechten, Sicherheitspolitik und der politischen Gesamtsituation befragten."



      www.youtube.com/watch?v=6sTJChDG9Rw

  • Ich bin mir sicher, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung meint, es gebe in Deutschland das Recht der freien Bürger zu demonstrieren gegen alles und gegen jeden. Das zeigen auch die hier aufgeführten Kommentare, die über die schon lange geltende praktische Anwendung des Versammlungsgesetzes sehr erstaunt sind.

    Als Februar 2003 Donald Rumsfeld in München zur Sicherheitskonferenz angekündigt war, haben zwei ehemalige Kommilitonen von mir, sich beim Baumarkt zwei Holzlatten gekauft, darauf ein weißes Tuch genagelt und wegen dem Irak-Krieg beschriftet mit: „Rumsfeld ist ein Massenmörder“



    Sie kamen gar nicht dazu das Transparent in der Demo zu zeigen, sie wurden vorher von der Polizei festgenommen und verhaftet. Später erfolgte durch die Staatsanwaltschaft Mü. I die Anklage wegen mitführen von Waffen und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Ergebnis: Zwei Instanzen, Urteil 90 Tagessätze.



    Einer dieser Demonstranten musste dann im Jahre 2010 am New Yorker Flughafen erfahren, dass er auf Grundlage div. US Sicherheitsgesetze nicht in die USA einreisen darf. Er musste noch am Flughafen zurück kehren.



    Solche Fälle, aber auch die des Benjamin Ruß zeigen, dass die staatlichen Sicherheitskräfte Fotos, Filme und Daten zu Ermittlungszwecken von Demo erstellen. Wer weiß, was man als Bürger für Probleme bekommt, wenn man mal in einer solchen Polizeidantenbank gespeichert ist.

    • @Nico Frank:

      "Ich bin mir sicher, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung meint, es gebe in Deutschland das Recht der freien Bürger zu demonstrieren gegen alles und gegen jeden."

      Und weshalb meinen Sie, dass das nicht gilt?



      Weil man dann von der Polizei verhaftet wird - deshalb ist es nicht erlaubt? Soll das etwa eine Begründung sein oder wollen Sie nur Angst machen?



      Ich lese aus Ihrem Beitrag heraus, dass es Ihnen lieber wäre, wenn wir alles hinnämen und die Klappe halten sollen?

      Ich glaube nicht, dass das Tragen von 2 Latten mit einem Demonstrationstransparent als Waffe gilt, das ist bei einer Demo einfach lächerlich. Das mögen 2 depperte Richter beschlossen haben, damit ist das aber noch lange nicht "Recht".



      Juristisch kritisch war eher der Spruch.



      Und ganz sicher waren Demos jeder Art gegen einen US-Amtsträger nicht erwünscht, weshalb wohl Demos nicht erlaubt wurden und unsere Autoritäten hart durchgegriffen haben.

    • RS
      Ria Sauter
      @Nico Frank:

      Das ist traurig, aber wahr.

    • @Nico Frank:

      …anschließe mich.

      Bin da ganz bei Ihnen.



      Start einst mit Hofgartenwiese & Ho Ho Hồ Chí Minh - No No Notstands No & Benda wir kommen.



      & hück -



      Verpolizeilich/Militarisierung des Öffentlichen Raumes. Nothing else.

      kurz - Die Karlsruher Mülheim-Kärlich Entscheidung ~~ so in etwa - “Demonstrationsfreiheit ist das Unterpfand der Demokratie dieser Republik!“



      Ist längst & gezielt - in die Tonne getreten. Ende nicht absehbar.



      & Sorry - aber so isses 👹



      Der Bayernkurier Immergriins - hält längst den Ball - mit Verlaub - liebedienerisch - zu flach.

      unterm—-& Sie haben leider recht —



      “…am Ende - war niemand mehr da…“

      & die Phalanx der klar rechtsin!affinen



      IM‘s wird lang & länger - Waffenfarbe?



      Egal - “…das Glasauge - blickte menschlicher…“ - gilt eben nichtnur für



      Thomas de Misère & Co. & deren willige Vollstrecker & Klempner.

      & klar auch - ala long & a gähn a gähn -



      Ein Maaßen - Handlanger/Klempner Steinmeier - et al. - doch eher zufällig & eitelkeitshalber aus dem so bekannt dumpfstockigen Schlapphüteschatten ins Licht der Öffentlichkeit geraten.

  • Es ist ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit, dass die Gesellschaft den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien verurteilt aber bei Polizeieinsätzen begrüßt oder zumindest als normal hinnimmt.

    • @Doktor No:

      Die Gesellschaft würde den Einsatz von Pfefferspray in Syrien nicht verurteilen. Bis die Polizei in Deutschland anfängt, lebensgefährliche bis tödliche Chemikalien einzusetzen, hinkt Ihr Vergleich gewaltig.

      • @Devil's Advocate:

        Bitte klären Sie mich auf.

        Ich habe neulich was darüber gelesen aber so auf der schnelle habe ich nur einen kleinen Beitrag dazu gefunden. Oder der Wiki Eintrag. Pfefferspray gilt als Chemiewaffe und deren Einsatz in Krieg ist laut der genfer Konvention verboten. Für den polizeilichen Einsatz ist es jedoch ausdrücklich erlaubt und das finden Sie okay?

        en.wikipedia.org/wiki/Pepper_spray

        • @Doktor No:

          "Law enforcement including domestic riot control purposes" is "not prohibited under this convention," Art. II (9) (d) selbiger Konvention. Wenn Sie einen Gesetzestext, völkerrechtlichen Vertrag o.ä. haben, lesen Sie ihn vollständig. Also ja, ich finde das ok, es ist ja schließlich ausdrücklich erlaubt. Chemiewaffen sind in Kriegen verboten, weil sie unteranderem mit hoher Wahrscheinlichkeit auch unbeteiligte Zivilisten treffen oder die Natur belasten (z.B. Boden oder Gundwasser vergiften). Sie machen keinen Unterschied zwischen Schuldigem und Unschuldigem. Zudem läuft im Krieg niemand mit einem handelsüblichen Pfefferspray rum; die Konzentration wäre nicht mal vergleichbar.

          • @Devil's Advocate:

            In erster Linie ist die Tatsache bemerkenswert, dass chemische Kampfmittel im Krieg verboten und geächtet sind, jedoch im Kampf gegen die eigene Bevölkerung legitimiert sind.



            Meinen Sie wirklich, dass der teils völlig unkontrollirte Einsatz von chemischen Kampfmittel gegen die Zivilbevölkerung gezielt eingesetzt werden kann? Und das ohne Umweltschäden? Ist der Einsatz von chemischen Kampfmitteln gegen die Zivilbevölkerung deshalb in Ordnung, nur weil es im Interesse der Herrschenden ist?



            Wenn die Mehrheit eines demokratisch gewählten Parlamentes Grausamkeiten verabschiedet (z.B. Hartz IV), dann muss das doch nicht gut oder human sein oder der Menschenwürde entsprechen.



            Und der Einsatz von chemischen Kampfstoffen gegen die Bevölkerung ist doch wirklich jenseits der Menschenwürde. Erst recht die Bestrafung des Versuchs, sich dagegen zu schützen. Noch dazu mit der martialischen Bezeichnung "SchutzWAFFE".

            • @Rolf B.:

              Danke für die Präzisierung! Es ist schon erstaunlich wie der Versammlungsrecht mit Gewalt statt Deeskalation begegnet wird und dass es Verteidiger von dem Einsatz von Chemiewaffen dafür gibt. Aber man lernt ja nie aus.

    • @Doktor No:

      Nur in Syrien können sich die Betroffenen mit Gasmasken oder eben einer Folie vor solchen Chemiewaffeneinsätzen, zumindest noch versuchen, zu schützen. Zum Beispiel in Bayern, darf man das nicht. Da darfst Du keinen Fahrradhelm aufsetzten, das könnte eine sog. Schutzwaffe mit aggressionsstimulierende Wirkung sein.

  • So lange der Staat implizit zur Polizeigewalt aufruft (Interview De Maizere vor G20), Und Polizeistraftaten nicht verfolgt und geahndet werden, bin ich für Waffengleichheit!

    • @danny schneider:

      Der Staat hat das Gewaltmonopol. Polizisten schützen die öffentliche Sicherheit und Ordnung, notfalls mit verhältnismäßiger Gewalt. Wenn Ihnen die geschützten Rechtsgüter (insb. Rechtsnormen) nicht gefallen, ist das nicht die Schuld der Polizei.

      Gegen Polizisten, die zu weit gehen, werden Sie nicht durch Waffengleichheit das Ziel der Gerechtigkeit erreichen. Das führt eher zur Eskalation.

      • @Devil's Advocate:

        a.) es gibt wohl dutzende Berichte die letzten paar Jahre über Aktionen, die kann sich nicht mal n Law n Order Fetischist nicht mit "verhältnismäßiger Gewalt" schönreden.



        b.) der Bürger erteilt das Gewltmonopol, der Bürger kann es bei Missbrauch wieder entziehen!



        c.) Jeder Bürger hat das recht auf Gewalt gegen sich mit gleicher Gewalt zu reagieren - von dieser Regel haben wir dem Staat für bestimmte Fälle eine Abweichende Handlungsweise zugestanden. Aber es ist zwingend notwendig das dies auf diese Fälle beschränkt bleibt.

      • @Devil's Advocate:

        Da üb' ich wohl besser immer Treu und Redlichkeit.

        Es gibt bei diesem Thema mehrere Probleme:

        1. § 17 a Abs.1 VersG legt fest, dass "Schutzwaffen oder Gegenstände, die als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren" nicht erlaubt sind.

        Es gibt meines Wissens keine Definition für Gegenstände, die als Schutzwaffe geeignet bzw. deren Bestimmung zur Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen erkennbar ist. Ist ein Gummiparagraph, der in der Regel nicht den Bürger, sondern Exekutive schützt.

        2. Die Auslgegung ist haarsträubend. So ist ein Mundschutz (vom Kampfsport) auf Demos verboten.



        Da würde ich fragen: Wieso müssen die Zähne ausgeschlagen werden können? Der Schmerz eines Schlages, der stark genug ist, das zu erreichen wird nicht signifikant vergrößert, wenn man den Zahn dann auch noch verliert. Schmerz wäre aber das einzige sinnvolle Argument.

        Mein Argument wäre dann: Ich schütze meine Gesundheit ohne dabei Vollstreckungsmaßnahmen abzuwehren. Denn, wie gesagt: Es soll ja keine Zahnextraktion vollstreckt werden.

        3. Man hat das Pferd von hinten aufgezäumt: Die Frage ist ja nicht: Was muss der einzelne Bürger vorsorglich tun, damit die Polizei jederzeit möglichst effektiv Gewalt anwenden kann, sondern:



        Wie muss exekutives Handeln beschaffen sein, damit es nicht in die Bürgerrechte der Menschen unverhältnismäßig eingreift?

        Und diesen Punkt haben wir schon länger überschritten.

        • @pitpit pat:

          kann man zustimmen.

          war vor n paar Jahren mal ne Interessante Doku über die Erfahrungen in den USA/Florida mit nicht tödlichen Waffen bei der Polizei. Ergebnis: seit man nicht tödliche Waffen eingeführt hatte ist die Anwendung von Gewalt gegen Bürger - im normalen Einsatz genau wie bei Demos, massiv gestiegen - insbesondere schwere (nicht reversible) Verletzungen haben massiv zugenommen.

          schätze die Statistik sieht hier nicht besser aus!

  • Justiz außer demokratischer Kontrolle

    Wenn man sich die Youtube Videos ansieht, wie Polizeikräfte rücksichtlos auf völlig gewaltfrei sitzende Demonstranten Pfefferspray - dass nichts anderes ist als der Einsatz einer chemischen Waffe – wird einem erst klar, dass das Versammlungsgesetz in seiner aktuellen Gestalt nichts mit Demokratie, Freiheit und den Menschenrechten zu tun haben kann. Es ist ja kein Wunder, dass in unserem Land (anderes wie in Frankreich) kein / nur sehr wenige Bürger sich trauen auf Demonstrationen zu gehen.

    Geht’s eigentlich noch? Was sind das für Politiker die gegen freie Bürger solche Gesetze auf den Weg bringen?

    Ich dachte immer sowas gibt es nur in Russland, Türkei oder China.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Nico Frank:

      "Was sind das für Politiker die gegen freie Bürger solche Gesetze auf den Weg bringen?"

      CDU, FDP, SPD...

    • @Nico Frank:

      In Frankreich geht man nicht weniger hart gegen Demonstranten vor.

      Die Versammlungsfreiheit erlaubt nicht, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Wenn Demonstranten meinen, Formen des Protests zu wählen, mit denen sie gegen Gesetze verstoßen (ob Straftat oder Ordnungswidrigkeit), geht die Polizei nunmal dagegen vor. Selbst die Rechten schaffen es doch, ihre Demonstrationen nicht andauernd von der Polizei auflösen zu lassen. Das hat weniger mit den bösen rechten Polizisten, sondern mit der Form der Demonstration zu tun.

      Was für Poliiker das sind? Gewählte. Von der Mehrheit. Demokratie und so. Das ignorieren Sie mehr als die Politiker es tun.

      • @Devil's Advocate:

        Das ist doch naiv! Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass in Deutschland Zwangsmittel und Gewalt ausnahmslos legal und angemessen eingesetzt werden.



        Es gibt genügend Beispiele und Urteile (diese zumindest in den liberaleren Bundesländern), in denen nachträglich die Rechtswidrigkeit von Polizeieinsätzen festgestellt wird. In Frankfurt gab‘s vor zwei Jahren sogar 120€ Entschädigung für die Opfer eines illegalen Polizeikessels (googeln können Sie das selbst).



        Außerdem müssen die Inhaber des Gewaltmonopols- die „Einsatzkräfte“- immer das mildeste (Gewalt)mittel zur Erreichung des Ziels einsetzen. Und das ist auf Demonstrationen -selbst wenn „ziviler Ungehorsam“ wie eine Sitzblockade ausgeübt wird niemals Pfefferspray. Pfeffersprayeinsätze in solchen Zusammenhängen sind nicht verhältnismäßig und somit i.d.R. rechtswidrig.



        Und auch „gewählte Politiker“ stehen nicht über der Verfassung - ihre vornehmste Aufgabe (genauso wie die der Exekutiv) ist es, unsere individuellen verfassungsgemäßen Rechte zu wahren und zu schützen. Das ist eine zentrale Lehre aus unserer Vergangenheit- Adolf Hitler ist schließlich auch „demokratisch gewählt“ worden.

  • "Gemeint sind zum Beispiel Panzerungen an der Kleidung, Schutzschilde oder Helme. Solche Ausrüstungen dokumentierten „aufgrund ihres martialischen Erscheinungsbildes eine offenkundige Gewaltbereitschaft“, so damals der Gesetzgeber. Schutzwaffen übten zudem eine „aggressionsstimulierende Wirkung“ aus."



    Bemerkenswert ist hier, dass genauso Einsatzkräfte der Polizei gekleidet sind wann immer sie Demonstrationen begleiten. Der Gesetzgeber attestiert damit also den staatlichen Einsatzkräften allein durch das Tragen dieser "Schutzwaffe" per se "Gewaltbereitschaft" und eine "aggressionsstimulierende Wirkung".

    • @Nina Janovich:

      Die Polizei übt (unteranderem) das Gewaltmonopol für den Staat aus. Natürlich müssen Polizisten zum Einsatz von Gewalt bereit sein, das ist - wenn nötig - ihre Aufgabe. Dass es nicht so weit kommt, ist (bei geschulten Polizisten) die Aufgabe der Demonstranten, die ja gleichzeitig auch vor äußeren Bedrohungen geschützt werden. Hierbei die Gesundheit der Polizisten zu riskieren, wäre fahrlässig vom Land/Staat als Arbeitgeber.

      • @Devil's Advocate:

        Offensichtlich sind Sie nicht sehr demoerfahren, sonst wüssten Sie besser, wie gewaltgeil viele demopolizisten sind und wie sehr die Eskalation gewünscht wird und vor allem auch provoziert wird. Dass der offizielle Sprech von gewaltbereiten Demonstranten ausgeht, ist business at usual. Da schaut unsere liebe Presse nur in China und Russland genauer und differenziert hin.

  • Teile der Justiz, Polizei und Verwaltung sind schlicht Bräunlinge.

  • Sich über China oder Russland echauf­fie­ren, aber hier die Leute für ein Stück Folie vorm Gesicht verknacken.

    • @Andreas J:

      Der Vergleich mit Rußland und China hinkt ja wohl gewaltig. Unsere Steine- und Flaschenwerfer würden dort für Jahre in irgendwelchen Lagern verschwinden und nicht nur ein paar Tagessätze zahlen. In Rußland sind Demonstrationen ab 2 Personen verboten. Bitte nicht solchen Unsinn schreiben.

      • @Metulski:

        "In Russland sind Demonstrationen ab 2 Personen verboten"

        Haha genau ...



        Aber anderen Leuten Unsinn attestieren.

        In Russland wurde das Werfen eines Plastikbechers als Gewalt gegen die Polizei gewertet.

        Eine Plastikfolie als martialische Schutzkleidung auszulegen spielt absolut in der selben Liga.

        Andreas hat also einen durchaus validen Vergleich gezogen.

  • Wo sind die Parteien im Deutschen Bundestag, die den Einsatz vom Kampfgas (harmlos als Pfefferspray bezeichnet) als das bezeichnen, was es ist, nämlich vorsetzliche und unkontrollierte Körperverletzung? Im Krieg dürfen solche Waffen nicht eingesetzt werden. Aber gegen die eigene Bevölkerung ist das legitim. Eine geradezu perverse Situation, die -wie im Falle Benjamin Ruß- das ganze Ausmaß einer teils unkontrollierten staatlichen Gewaltausübung deutlich macht.



    Wenn das Gewaltmonopol des Staates so weit ausgelegt wird, dass der Schutz gegen Gesundheitsschäden schon als Gewalt gegen den Staat ausgelegt wird, dann ist die Demokratie am Ende. Ich denke da an Frankreich, wo Gewaltorgien der Polizei an der Tagesordnung sind und ebenfalls jeglicher Schutz gegen die gesundheitlichen Folgen von Kampfgas ebenfalls strafbar ist. Die Alternative ist: Nicht mehr demonstrieren und brav zu Hause bleiben. Oder gleich die Polizei als Freund und Helfer umarmen und sie bitten, alles, was links und rechts von der Mitte ist, mit Wasserwerfern und Kampfgas zu beseitigen. Denn nur im Einklang mit den Herrschenden scheint friedliche Demonstration möglich.

  • Auch Fahrradhelme oder Strohsäcke sind solche Waffen. Denn wer sich schützt ist offensichtlich auf Prügeleien aus.....



    Viel Glück mit dem Verfahren, es zu gewinnen wäre ein großer Schritt zurück zu ein klein wenig mehr Bürgerrechten (auch wenn die Umsetzung in geltendes Recht vermutlich lange auf sich warten lässt im herrschenden Polizeigesetzklima).

  • "Die Plastikfolie sei eine verbotene „Schutzwaffe“, urteilten Strafrichter."

    Da fragt man sich wieder: Hä? WTF!



    Schlimm genug, dass die Polizei überhaupt Chemiewaffen gegen Bürger einsetzen darf, um die Interessen von Banken und Konzernen gegen die Interessen der Gesellschaft durchzusetzen. Aber dass man sich gegen diese perfide Gewalt nicht mal mehr passiv schützen darf ... da fällt einem echt nix mehr zu ein.

    • @Michael Garibaldi:

      Sie bedienen sich linkspopulistischer Rhetorik. Zu behaupten die "Interessen der Gesellschaft" durchzusetzen, heißt noch lange nicht,dies zu tun. Die AfD behauptet ja auch, "den Volkswillen" zu vertreten. Wenn das ein Gesellschafsinteresse wäre, hätten wir Gelbwesten-Zustände oder dergleichen, würden in Wahlen eine linke Mehrheit haben oder andere merkbar Veränderungen sehen.

      Gleichzeitig bedienen Sie sich dem "Wir-gegen-sie!"-Stilmittel. Die unterdrückten Bürger gegen die korrupten Eliten, Banken und Konzerne. Bei den Rechtspopulisten sind es die korrupten Eliten und die bösen Fremden, die dem Volk seine Souveränität, die es zurückzubekommen gilt, stehlen.

      Sie können sich gerne sachlich gegen Polizeigewalt äußern. Bleiben Sie dabei aber ehrlich.

    • @Michael Garibaldi:

      Da frag ich mich, ab wann ich bei Demos meine Brille abnehmen muss...

  • Nur noch nackt auf Demos?

    Könnt' ich evtl. mit leben, wenn



    - alle staatlichen FunktionsträgerInnen ihr Vermögen und ihre Kontobewegungen veröffentlichen müssten



    - ditto für EntscheidungsträgerInnen von Unternehmen mit mehr als null abhängigen MitarbeiterInnen



    - Lobbyisten als solche registriert sind und der Öffentlichkeit gegenüber berichtspflichtig sind



    - die Vorbereitungsunterlagen (Strategiepapiere, Diskussionen, Methoden, Alternativen) für Werbekampagnen öffentlich sind.

    Wenn Transparenz, dann allenthalben!

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Alles Andere wäre schließlich Diskriminierend