Nachruf auf entführte Shani Louk: Sie liebte das Leben
Lange hatte die Familie gehofft, dass Shani Louk den Terror der Hamas überleben würde. Doch nun steht fest: Die 22-jährige Deutsch-Israelin ist tot.
Damit ist Shani Louk einer von mehr als 1.400 Menschen in Israel, die die islamistische Terrororganisation seit dem 7. Oktober ermordet hat. Über 200 wurden verschleppt. Als schwerbewaffnete Hamas-Kämpfer den Grenzzaun zu Israel durchbrachen und auch mit Gleitschirmen in den umliegenden Kibbuzim landeten, feierte Shani Louk auf dem Musikfestival Supernova mit ihrem mexikanischen Freund. Ein Festival, das in den frühen Morgenstunden gerade seinen Höhepunkt erreicht hatte. Ein Video zeigt den letzten Track, ehe um halb sieben die Musik abrupt endet: Shani Louk beim Tanzen und Mitsingen.
Es waren aber die Szenen danach, die um die Welt gingen. Etwa die einer jungen Frau mit Dreadlocks und Tattoos, die halbnackt auf einem Pick-up-Truck als Trophäe durch Gaza paradiert wird. Es ist nicht klar zu erkennen, ob die Frau – das Gesicht zu Boden, die Beine verdreht – zum Zeitpunkt der Aufnahme noch gelebt hat. Um sie herum schreien Männer „Allahu akbar“, ein Mann zerrt an ihren Haaren, ein Junge spuckt auf ihren bewegungslosen Körper. Shanis Mutter hatte ihre Tochter sofort erkannt.
Shani Louk studierte Grafikdesign und arbeitete als selbstständige Tattookünstlerin in Tel Aviv. Die junge Frau mit Piercings und blonden Strähnen war auch Influencerin: Auf Instagram hatte sie rund 12.000 Follower. Vor allem jedoch liebte sie Musik: Ein Foto zeigt sie vor der Kulisse der Schweizer Alpen beim Shankra-Festival, in Videos tanzt sie auf Raves. Ihre Mutter beschrieb sie in einem Interview als eine „lebensfrohe“ Person, die gerne reiste.
„Wenigstens hat sie nicht gelitten“
Shani Louk besaß neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ihre Großeltern wohnen im baden-württembergischen Ravensburg, wo sie mehrfach zu Besuch war. Ihre Mutter konvertierte zum Judentum und wanderte in den 1990er Jahren nach Israel aus, wo sie ihren israelischen Mann kennenlernte. Sie bekamen vier Kinder. Die Eltern wohnen rund 80 Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Shani Louk war mit Deutschland eng verbunden, obwohl sie dort nie lebte. Sie lernte Deutsch am Goethe-Institut in Freiburg und Weimar.
Die Leiche von Shani Louk ist vermutlich noch in Gaza, ihr Freund wird noch vermisst. Dass ihre Tochter offenbar schon länger tot ist, erleichtert ihre Mutter Ricarda. Dem Sender RTL/ntv sagte sie nun: „Wenigstens hat sie nicht gelitten.“
Hinweis: In einer früheren Version hieß es, am 7. Oktober habe die Hamas „mehr als 1.500 Menschen“ ermordet. Richtig ist, dass es mehr als 1.400 waren. Wir haben die Stelle korrigiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch