Nachrichten in der Ukrainekrise: China kritisiert USA für Sanktionen
USA und EU verhängen scharfe Sanktionen gegen Russland. Putin macht den Westen für Eskalation verantwortlich. China stellt sich hinter Russland.
Ukrainischer Sicherheitsrat fordert landesweiten Ausnahmezustand
Der ukrainische Sicherheitsrat hat sich angesichts einer drohenden Invasion durch Russland für die Verhängung des landesweiten Ausnahmezustands ausgesprochen. „Das ukrainische Parlament muss diese Entscheidung innerhalb von 48 Stunden bestätigen“, sagte der Sekretär des Rates, Oleksij Danilow, am Mittwoch. Die Maßnahme ermöglicht laut Danilow unter anderem verstärkte Ausweis- und Fahrzeugkontrollen.
Zuvor hatte die ukrainische Regierung bereits ihre Bürger zum Verlassen Russlands aufgefordert. Das Militär ordnete zudem die Mobilisierung von Reservisten an.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Montag die Unabhängigkeit der Separatistengebiete in der Ostukraine anerkannt und die Entsendung von russischen Soldaten angekündigt. Als Reaktion darauf erließen die USA und die EU umfassende Finanzsanktionen gegen Russland und die Separatisten. Der Westen befürchtet weiterhin einen Großangriff auf die Ukraine. (afp)
Union kritisiert Nein der Bundesregierung zu Waffenlieferungen
Die Union kritisiert die Bundesregierung wegen der Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine. „Das ist schwer nachvollziehbar“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johann Wadephul (CDU), am Mittwoch. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht unterdessen nicht mehr davon aus, dass die deutsch-russische Gas-Pipeline Nord Stream 2 nach dem vorläufigen Stopp noch eine Zukunft hat.
Wadephul sagte in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv, er finde es „vor allen Dingen falsch, dass wir verhindern, dass andere die Ukraine ausstatten.“ Das gelte etwa für Estland, das dem Land Artilleriewaffen aus ehemaligen DDR-Beständen liefern wolle. Hier prüft die Bundesregierung seit Wochen, ob sie ihre Zustimmung erteilt.
Wenn Deutschland als erstes Lazarette zusage und dann Schutzhelme anbiete, könne das aus ukrainischer Sicht als „zynisch“ empfunden werden, sagte Wadephul weiter. Gleichzeitig räumte er ein, dass Waffenlieferungen aus der Bundesrepublik das Kräfteverhältnis nicht ändern und Russlands Präsident Wladimir Putin nicht von einer Intervention abhalten würden.
Der außenpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Michael Gahler (CDU), forderte, das deutsche Nein zu Waffenlieferungen zu überdenken. „Ich würde mir weiterhin wünschen, dass wir Panzerabwehrraketen schicken“, sagte er im Inforadio des RBB. Auch wenn die Lieferkapazitäten der Bundeswehr begrenzt seien, wäre dies als „politisches Signal“ gegenüber Russland „sehr wichtig“.
CDU-Chef Friedrich Merz sicherte der Bundesregierung grundsätzlich Unterstützung bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung zu. „Ich bin derzeit in ständigem Kontakt mit der Bundesregierung“, sagte er der Rheinischen Post. „Sie hat in der aktuellen Lage unsere Unterstützung bei allen Gesprächen, die unsere Sicherheit und den Frieden in Europa zum Ziel haben.“
Nach dem Stopp des Zertifizierungsprozesses für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 erteilte die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann einer Wiederaufnahme des Projekts im Namen ihrer Partei eine Absage. „Für uns ist diese Leitung tot“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im ZDF-“Morgenmagazin“. Nach der Eskalation des Ukraine-Konflikts sei es „völlig undenkbar“, mit dem russischen Präsidenten Putin in ein wirtschaftliches Geschäft einzutreten.
Im Bundestag beraten am Mittwoch die Ausschüsse für Europa und Außenbeziehungen in Sondersitzungen über die jüngste Eskalation im Ukraine-Konflikt. Der Vorsitzendes des EU-Ausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sagte vor der Sitzung, Deutschland dürfe nicht weiter von Russland oder anderen autokratischen Ländern abhängig sein. „Und deswegen müssen wir so schnell wie möglich aus dem Gas aussteigen und Ersatz durch erneuerbare Energien (…) herstellen“. (afp)
China: USA schüren „Angst und Panik“ im Ukraine-Konflikt
China hat den USA vorgeworfen, im Ukraine-Konflikt „Angst und Panik“ zu schüren. Die Außenamtssprecherin Hua Chunying erklärte, China sei gegen neue einseitige Sanktionen gegen Russland. Die USA schürten die Spannungen durch die Lieferung von Waffen in die Ukraine, erklärte sie, ohne die massive russische Truppenkonzentration an der ukrainischen Grenze zu erwähnen. Auch die Versuche einer diplomatischen Annäherung mit Russland durch die USA, Frankreich und andere ließ Hua unerwähnt.
Die von den USA und anderen verhängten Sanktionen gegen Russland seien unwirksam bei der Reduktion von Spannungen gewesen, verursachten aber „ernste Schwierigkeiten für die Wirtschaft und das Auskommen“ der betreffenden Länder. „Die USA sollten niemals die legitimen Rechte und Interessen von China und anderen Parteien untergraben, wenn sie sich mit der Ukraine-Frage und den Beziehungen mit Russland befassen“, sagte Hua.
China und Russland sind unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping enger zusammengerückt. Dieser empfing den russischen Präsidenten Wladimir Putin in diesem Monat zu Gesprächen in Peking. Sie veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, die die russische Ablehnung einer weiteren Nato-Osterweiterung um frühere Sowjetstaaten unterstützte und die chinesische Ansicht untermauerte, dass Taiwan ein Teil der Volksrepublik sei.
„In der Ukraine-Frage hat China anders als die USA, die weiterhin Waffen in die Ukraine schicken, Angst und Panik schüren und sogar die Kriegsgefahr hochspielen, alle Parteien aufgefordert, die gegenseitigen legitimen Sicherheitsinteressen zu respektieren und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, zusammenzuarbeiten, um Probleme durch Verhandlungen und Konsultationen zu lösen und den regionalen Frieden und die Stabilität aufrecht zu erhalten“, sagte Hua.
Die Entwicklung der Ukraine-Krise wird als ein Geschehen betrachtet, das Auswirkungen auf China mit Blick auf dessen Drohung hat, in Taiwan einzumarschieren, außerdem auf den Grenzstreit mit Indien und den chinesischen Machtanspruch im Süd- und Ostchinesischen Meer. (ap)
Biden kündigt Finanzsanktionen gegen Russland an
Angesichts der Eskalation der Ukraine-Krise hat US-Präsident Joe Biden Finanzsanktionen gegen Russland angekündigt. Biden sagte am Dienstag in einer Fernsehansprache im Weißen Haus, die russische Regierung werde durch umfassende Sanktionen gegen öffentliche Schuldtitel des Landes von „westlicher Finanzierung abgeschnitten.“ Verhängt würden auch Strafmaßnahmen gegen zwei russische Banken und „russische Eliten“.
Das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der am Montag die Separatistengebiete in der Ostukraine anerkannt und die Entsendung russischer Truppen angekündigt hatte, bezeichnete Biden als „Beginn einer russischen Invasion der Ukraine“. Sollte Putin noch weitergehen, werde der Westen noch weitere Sanktionen verhängen.
Biden kündigte zudem weitere Waffenlieferungen an die Ukraine und eine Verlegung von US-Truppen innerhalb Europas in die baltischen Staaten an. Zugleich betonte der US-Präsident, sein Land und die westlichen Verbündeten seien nach wie vor bereit zur „Diplomatie“. „Es ist immer noch Zeit, das Worst-Case-Szenario zu verhindern, das Millionen von Menschen unermessliches Leid bringen würde.“
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte die Sanktionen. „Die Sanktionen, die heute angekündigt wurden, richten sich gegen Russland und sind sehr spezifisch. Sie sind schmerzhaft“, sagte er. (afp/dpa)
EU verhängt Sanktionen, Nord Stream 2 vorerst gestoppt
Auch die EU hatte zuvor mit Sanktionen auf die russische Anerkennung der Separatistengebiete reagiert. Die EU-Außenminister brachten am Dienstag in Paris ein umfassendes Paket von Strafmaßnahmen auf den Weg. Die EU-Sanktionen zielen nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel auf Banken, Finanzmärkte sowie den Handel mit Russland ab. Demnach ist unter anderem ein eingeschränkter Zugang für Russland zu den Kapital- und Finanzmärkten der EU vorgesehen. Nach der politischen Einigung der EU-Außenminister über die Strafmaßnahmen ist nun noch ein juristisch bindender Beschluss erforderlich.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte, dass Putin „möglicherweise die gesamte Ukraine“ besetzen wolle. Auf Anweisung des Kanzlers wurde das Genehmigungsverfahren für die Pipeline Nord Stream 2 vorerst gestoppt, die russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland und in andere Länder befördern soll. Auf die Frage, ob eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei, sagte Scholz am Abend in der ARD: „Jetzt ist das jedenfalls eine Situation, in der niemand darauf wetten sollte.“ (dpa)
2.000 Euro für 1.000 Kubikmeter Gas?
Vertreter Russlands reagierten erbost auf die Sanktionsankündigungen. Ex-Präsident Dmitri Medwedew warnte die Europäer wegen des Stopps von Nord Stream 2 vor einem Anstieg der Gaspreise: „Willkommen in einer neuen Welt, in der die Europäer bald 2.000 Euro für 1.000 Kubikmeter Gas bezahlen werden“, twitterte der Vizechef des russischen Nationalen Sicherheitsrates.
Präsident Putin warf dem Westen Ignoranz gegenüber russischen Sicherheitsinteressen vor. „Unser Land ist immer offen für einen direkten und offenen Dialog, für eine Suche nach diplomatischen Lösungen für die schwierigsten Probleme“, sagte Putin am Mittwoch in einer Videobotschaft zum Tag des Vaterlandsverteidigers.
„Aber ich wiederhole: Die Interessen Russlands und die Sicherheit unserer Bürger sind für uns bedingungslos“, betonte er anlässlich des Feiertags, an dem Russland und andere ehemals sowjetische Staaten ihre Streitkräfte ehren. „Heute bleibt die Sicherung der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes die wichtigste staatliche Aufgabe.“
Die Aufrufe Moskaus nach Garantien dafür, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten eines anderen geht, seien bislang unbeantwortet geblieben, kritisierte Putin. Russland fordert unter anderem ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere einen Verzicht auf die Aufnahme des Nachbarlands Ukraine in das Militärbündnis.
Putin wies Vorwürfe zurück, er plane die Wiederherstellung eines russischen Großreichs. Solche Spekulationen entsprächen „in keiner Weise der Realität“. Die Ukraine forderte er auf, sich zu entmilitarisieren und ihren Wunsch nach einem Nato-Beitritt aufzugeben. Die „beste“ Lösung wäre, wenn die Ukraine „neutral“ bleibe, sagte Putin. (dpa)
Gipfel zwischen Biden und Putin vorerst ausgeschlossen
US-Außenminister Antony Blinken sagte ein für Ende der Woche geplantes Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ab. „Jetzt, wo wir sehen, dass die Invasion beginnt und Russland deutlich gemacht hat, dass es Diplomatie rundweg ablehnt, macht es keinen Sinn, dieses Treffen fortzusetzen“, argumentierte Blinken. Auch ein mögliches Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ist nach Angaben des US-Präsidialamts angesichts der jüngsten Eskalation in der Ukraine derzeit von Tisch. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es ganz sicher nicht geplant“, sagt Sprecherin Jen Psaki. Für einen entsprechenden Gipfel wäre zunächst eine Deeskalation des Konflikts erforderlich. (rtr)
Auch Japan und Australien verhängen Sanktionen
Nach den USA und der EU haben auch Japan und Australien Sanktionen gegen Russland wegen der Anerkennung der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine angekündigt. Japans Premierminister Fumio Kishida kündigte am Mittwoch ein Einreiseverbot für bestimmte Personen mit Verbindungen zu den „zwei sogenannten Republiken“ der pro-russischen Separatisten an. Ihre Vermögenswerte in Japan sollen eingefroren und japanischen Unternehmen der Handel mit der Region untersagt werden.
Außerdem will die Regierung den Handel mit russischen Staatsanleihen verbieten. Die Sanktionen seien „in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft“ beschlossen worden, sagte Kishida.
Unterdessen kündigte Australiens Premierminister Scott Morrison Sanktionen gegen acht der wichtigsten Sicherheitsberater von Russlands Präsident Wladimir Putin an. Diese erhalten Einreiseverbote für Australien. Zudem will die Regierung gegen Banken vorgehen, die mit dem russischen Militär in Verbindung stehen. Morrison kündigte außerdem an, dass er die Bearbeitung von Visa für rund 430 Ukrainer, die nach Australien einreisen wollen, beschleunigen werde. (afp)
Trump: Putins Schritt ist „genial“
Ex-US-Präsident Donald Trump hat das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine-Krise als „genial“ und „schlau“ bezeichnet. Trump sagte am Dienstag in einer konservativen Radio-Talk-Sendung mit Blick auf Putins jüngste Entscheidungen: „Das ist genial.“ Der Kremlchef erkläre einen großen Teil der Ukraine für unabhängig und schicke „Friedenstruppen“ dorthin. „Wie schlau ist das denn?“ Mit Blick auf Putin sagte Trump weiter: „Das ist ein Mann, der sehr klug ist. Ich kenne ihn sehr gut.“
Gleichzeitig behauptete der Republikaner, mit ihm als Präsidenten wäre es nicht dazu gekommen: „Das wäre mit uns nie passiert.“ Mit ihm im Amt wäre das undenkbar gewesen, sagte Trump. Seinem Amtsnachfolger Joe Biden warf er vor, im Umgang mit Russland zu versagen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte am Dienstagabend auf Nachfrage zu dem Trump-Kommentar: „Wir versuchen grundsätzlich, keine Ratschläge von jemandem anzunehmen, der Präsident Putin und dessen Militärstrategie lobt.“ (dpa)
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