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Nabu-Chef über „Dinosaurier des Jahres“„Wir brauchen freie Flächen“

Das Baugebiet Conrebbersweg in Emden erhält den Umwelt-Schmähpreis 2021. Naturschützer Jörg-Andreas Krüger erklärt, was das Problem ist.

Der Nabu fordert: Die Flächenversiegelung muss gestoppt werden (Symbolfoto) Foto: PantherMedia/imago
Enno Schöningh
Interview von Enno Schöningh

taz: Herr Krüger, der Dinosaurier des Jahres ist ein Negativpreis für Umweltsünder. 2021 geht er an das Baugebiet Conrebbersweg in Emden. Warum?

Jörg-Andreas Krüger: Wir zeichnen mit dem Dino des Jahres Projekte aus, die aus der Zeit gefallen sind. In Conrebbersweg werden 75 Hektar Grünland für ein Neubaugebiet aus Einfamilienhäusern versiegelt. Die Stadt Emden versucht damit ein attraktives Angebot an Menschen zu machen, die vielleicht in Emden wohnen wollen.

Was erhoffen Sie sich konkret von der diesjährigen Preisverleihung?

Wir möchten zur Diskussion in und um Emden herum anregen. Die Stadt hat gerade verkündet, dass sie die Vermarktung des Baugebiets starten will. Das heißt, dass jetzt die letzte Möglichkeit ist, nochmal innezuhalten und umzudrehen. Außerdem wollen wir auf den bundesweit hohen Flächenfußabdruck von 50 Hektar Boden- und Flächenversiegelung täglich hinweisen. Das entspricht einer Fläche der Größe des Saarlands bis 2050. In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland müssen wir anerkennen, dass Fläche endlich ist und dass wir freie Fläche brauchen.

Was soll Ihrer Meinung nach mit dem Gebiet geschehen?

Das Gebiet sollte als Grünlandgebiet erhalten werden. Wenn es die Kriterien für Naturschutz erfüllt, dann sollte es als Naturschutzgebiet dauerhaft gesichert werden.

Warum ist Flächenversiegelung eine Umweltsauerei?

Zum einen fällt der Lebensraum für die Arten, die dort leben, weg. In Emden sind das Vogelarten wie der Wiesenpieper, Feldschwirl und Kiebitz. Die sind hochbedroht und stehen auf der roten Liste. Auch wird das im Boden gespeicherte CO2 freigesetzt. Auf versiegelten Flächen kann außerdem kein Niederschlag mehr versickern, bei Starkregen gibt es entsprechende Schwierigkeiten mit Hochwasser. Zusätzlich heizen sich versiegelte Flächen stärker auf. Ich lebe in Berlin und hatte im Sommer 2018 und 2019 den Eindruck, die Stadt kommt aus der muffigen Stauwärme nicht mehr raus.

Trotz allem halten Kommunen sehr an Boden- und Flächenversiegelungen fest. Wie erklären Sie sich das?

Bild: dpa
Im Interview: Jörg-Andreas Krüger

ist Präsident des Deutschen Naturschutzbundes (Nabu). Der studierte Landschaftsarchitekt sitzt dem Verband mit mehr als 820.000 Mitgliedern seit 2019 vor. Der Nabu ist die größte Umweltorganisation in Deutschland.

Seit 50 Jahren gilt das Einfamilienhaus am Stadt- oder Ortsrand als das erstrebenswerte Ziel für eine junge Familie. Dann hat man etwas erreicht. Doch wir müssen in vielen Lebensbereichen unsere Wertemuster ändern. Wir können nicht alle auf 120 Quadratmetern pro Person leben. Das Wohnen im Zentrum von Ortschaften und Städten sollte wieder attraktiver werden. Dazu gehören neue Konzepte von klimafreundlichem und ökologischem Wohnen. Doch für viele Kommunen ist es eben einfacher, eine grüne Fläche zuzubauen. Da außerdem die Steuerzuweisung von der Einwohnerzahl abhängt, möchte man in schrumpfenden Kommunen den Abwanderungsprozess eindämmen. Denn mit geringeren Geldern kann man sich weniger Bibliotheken und Schwimmbäder leisten.

Flächenversiegelung ist schlecht für die Natur – doch Wohnraum ist vielerorts knapp und oft für ärmere Menschen nicht zu bekommen. Besteht zwangsläufig ein sozialökologischer Konflikt?

Das glaube ich nicht. Wohnraum für schwächere Einkommen entsteht nicht durch Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese. Das Finanzvolumen, um mir ein Einfamilienhaus leisten zu können, entspricht eben nicht den schwächeren Einkommen. Für diese muss ein Konzept für ein sozialökologisch verträgliches Leben in der Stadt entwickelt werden.

Was erhoffen Sie sich von der neuen Bundesregierung in puncto Flächenversiegelung?

Dinosaurier des Jahres

Mit dem „Dinosaurier des Jahres“ zeichnet der Umweltverband Nabu seit 1993 alljährlich Persönlichkeiten oder Projekte aus, die sich in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert erwiesen haben. Preis­trä­ge­r*in­nen waren zunächst unter anderem der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, sowie zahlreiche Bundes- und Landesminister*innen. Seit 2020 geht der Preis nicht mehr an Personen, sondern an besonders rückschrittliche Projekte. Damit rückt der Nabu nun nach eigenen Angaben „ein Politik- oder gesellschaftliches Feld in den Fokus, in dem es besonders schlecht läuft und Veränderungen dringend erforderlich sind“.

Die neue Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Da sagen wir: Das kann und darf nicht auf der Wiese passieren. Das muss eine Aufstockung von Gebäuden in den Ballungsräumen sein, wo eben auch die hohe Nachfrage ist. Außerdem gibt es viel Leerstand in den ländlichen Räumen. Wie sehen unsere Arbeits- und Lebensbedingungen der Zukunft aus? Benötigen wir weiterhin Zuzug in die Stadt, weil alle attraktiven Jobs dort sind? Oder ist es möglich über mobiles Arbeiten, durch eine gute digitale Infrastruktur und durch ein vernünftiges ÖPNV-Konzept, den ländlichen Raum anzuschließen? Das sind doch die klugen Konzepte nach vorne.

Die Auszeichnung „Dinosaurier des Jahres“ wird seit 1993 vergeben. Was hat der Preis bisher bewirkt?

Wir haben die Preis­trä­ge­r*in­nen zu öffentlichen Veranstaltungen wie Talkshows eingeladen und den gesellschaftlichen Diskurs gepflegt. Doch es geht nicht darum, einen Blame- und Shame-Preis zu machen. Der Preis ist vielmehr ein Diskussionsanlass. Wir wollen mit dem Preis darauf aufmerksam machen, was aus unserer Sicht falsch läuft. Wir werden den diesjährigen Preisträger nutzen, um sowohl in Emden als auch bundesweit die Diskussion über Flächenversiegelung weiterzubringen.

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35 Kommentare

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  • "Da sagen wir: Das kann und darf nicht auf der Wiese passieren. Das muss eine Aufstockung von Gebäuden in den Ballungsräumen sein, wo eben auch die hohe Nachfrage ist."



    Im RBB sprach ebendieser Herr Krüger heute früh zusätzlich noch von Lückenbebauung und Nachverdichtung von Innenstädten. Da zweifelte ich schon an seiner Kompetenz, denn ein weiteres Verdrängen von Grün in Städten zugunsten von Grün auf dem Land ist für das lokale Klima eher ungünstig. Die Aufheizung der grünfreien Städte ist doch das Problem der Zukunft. Während eine Siedlung neben dem Acker oder einer Waldfläche eher unproblematisch.

    • @TazTiz:

      "Aufstockung von Gebäuden in den Ballungsräumen" leuchtet mir ein, jedenfalls im Hinblick auf Flächenverbrauch.

      • @Manuel Bonik:

        Mit deutschem Baurecht kaum zu erwarten.

  • 4G
    47360 (Profil gelöscht)

    Elisabeth Mann-Borgese vor 40 Jahren in ihrem Bericht an den "Club of Rome": Je globaler administrativ agiert wird, desto nachhaltiger und an zukünfige Generationen denken werde agiert, je lokaler aber administrativ agiert werde, desto rücksichtsloser, egoistischer und kurzsichtiger.

    Mich wundern die meisten Kommentare hier, mit Mann-Borgese fallen die in die zweite Kategorie.

    Deutschland hält sich nicht an die europäischen Vorgaben und versiegelt Flächen was das Zeug hält. Auch für das Klima relevant, ein 5-Familienhaus benötigt fast 500% weniger Heizenergie als ein 1-Familienhaus. Das zeigt, wo die Kurzsichtigkeit landet, die Mann-Borgese schon vor 40 Jahren als Hauptinidkator festgestellt hat. Die vielen kleineren Kommunen sind zusammen schlimmer und egoistischer als die Großstädte. Die Artenvielfalt in den Großstädten ist massiv höher als auf dem Land (Reichholf, Sukopp etc.). Wald steht in Deutschland de facto nur noch, wo kein Ackerbau betrieben werden kann. Das Straßennetz in Deutschland liegt bei ca. 670 000 Kilometern. Das Netz der Waldwege beträgt nach Peter Wohlleben 1,5 Millionen Kilometer.

    So gut wie jede Kommune will die Feuchtwiesen verschwinden lassen und gleichzeitig liegen bei den Bürgermeisterämtern Ökobroschüren aus (greenwashing).

    In den Neubaugebieten werden die Steingärten sehr oft mit Froschskulpturen garniert, dazu noch Insektenhotels, klar wer da gebaut hat, aber heftig greeenwashing ebenso betreibt und psychologisch das eigenen Tun verdrängt. Insektenhotels ohne Lebensraum für Insekten, das ist das Land. Auf Ackerflächen gibt es keine Insekten mehr, auf den Brachen stehen die neuen Häuser oder Gewerbegebiete.

    Ich wundere mich über die meisten Kommentare hier, die Verantwortungslosigkeit predigen und das ganz ohne Insektenhotels und scheinheilige Froschskulpturen. Offebar geht es jetzt auch schon so.

    Emden bekam den Preis, weil die Wiesen noch da sind.

    • @47360 (Profil gelöscht):

      Grundsätzliche Zustimmung, nur bezweifel ich das ein modernes passivhausähnliches Einfamilienhaus die 5 fache Menge an Energie benötigt wie ein 5 Familienhaus. Dieser Ansatz galt vieleicht mal in den 80er Jahren. Ein modern gedämmtes Gebäue für 4 Personen benötigt ja die Hälfte ihrer Heizenergie für das Warmwasser , d er Energiebedarf hierfür ist ja schon Mal im Mehrfamilien Haus identisch. Das Mehrfamilienhäuser weniger Rohstoffe beim Bau benötigen, da weniger hüllfläche , die st unbestreitbar!

    • @47360 (Profil gelöscht):

      "ein 5-Familienhaus benötigt fast 500% weniger Heizenergie als ein 1-Familienhaus" - Weil sich die ganzen Familien aneinanderkuscheln? Irgendwas stimmt da nicht.

  • Tja, und dann kommen wieder die Bienenfreund_innen, die voll dafür sind, weil die Bienen mittlerweile hauptsächlich in den Gärten der Dörfer ihre ganzjährige Nahrungsgrundlage finden.

  • „Wohnraum für schwächere Einkommen entsteht nicht durch Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese.“

    Wohnraum ist in der Stadt auch nur dann vielleicht frei, wenn die Landeier bleiben wo sie sind. So wenig das vielen in den Kram passt, jedes EFH auf dem Land entspannt tendenziell die Wohnsituation in der Stadt.

    Ob man auf dem Land unbedingt großzügige Grundstücke für EFHs braucht kann debattiert werden, dass all die Leute irgendwo wohnen müssen nicht…

  • Also hat's die armen Emdener nur irgendwie zufällig erwischt mit dem Preis, sie müssen den Kopf für alle anderen hinhalten ...

  • 1G
    14231 (Profil gelöscht)

    Zu sagen, es gäbe keinen sozialökologischen Konflikt, ist wahre Realitätsverweigerung. Eine vierköpfige Familie mit zwei arbeitenden Elternteilen bedeutet - wenn man es sich leisten kann - Küche, Bad Wohnzimmer zwei jugendtaugliche Zimmer, zwei Arbeitszimmer, Platz für Waschmaschine und Trockner und mindestens einen Parkplatz, denn: nein, für eine Familie mit Kindern lassen sich Einkäufe nicht mit dem Fahrrad erledigen, zumindest nicht wenn ein Elternteil sich in Vollzeit dem Haushalt widmet. Für Familien der Mittelschicht sind Einfamilienhäuser da ideal und gut finanzierbar. In der Stadt würde sich manch solche Familie wohl bis über vier Ohren verschulden, um eine Wohnung zu kaufen, in der zwei Familien mit schwächeren Einkommen leben könnten - oder das Paar verzichtet auf Kinder.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      Vielleicht wär es ne Überlegung wert, wie das Wohnen in der Stadt günstiger und attraktiver gemacht werden könnte? - Ökologisch ist es allemal sinnvoller, weil alles mit ÖPNV erreichbar ist, weniger Wärme geht verloren im Mehrfamilienhaus, weniger Flächenversiegelung.



      Und auch ihrer Darstellung mit den Einkäufen muss ich widersprechen: ich habe das allein-erziehend berufstätig mit 2 Kindern auf jeden Fall geschafft. Und das zu Zeiten, wo die Läden werktags um 18 und Samstag um 14 Uhr schlossen. (Unser Verhältnis zum Konsum zu hinterfragen wäre an der Stelle vielleicht auch mal sinnvoll!)

  • 120qm pro Person, von welchem Planeten kommt der Mann? Nach dem Motto: Einfamilienhäuser sind schlecht für die Umwelt, Stadtvillen tun es auch.

  • 4G
    47823 (Profil gelöscht)

    Artikel 11 Grundgesetz: weg damit! Wo kommen wir denn hin, wenn auch künftig jeder sein Haus baut, wo er einen Bauplatz findet?

    • @47823 (Profil gelöscht):

      "(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.



      (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist."

      Mal abgesehen davon, ob Mehrfamilienhäuser dem "Schutze der Jugend vor Verwahrlosung" dienen oder nicht (kann durchaus sein): Der Paragraph gibt schon was her ("ausreichende Lebensgrundlage", "Naturkatastrophen" u.a.), mit dem sich gegen Einfamilienhauszersiedelung argumentieren und Recht sprechen ließe.

      Wie immer das juristische Detail aussehen mag, generell ist damit das chronische und akute Problem Flächenverbrauch nicht gelöst: Ein- vs. Mehrfamilienhäuser, Flächen für "alternative" Energien vs. Naturschutz etc., intensive vs. extensive Landwirtschaft etc. Die Erde wird nicht größer, die Menschheit wächst, und so auch der Flächenbedarf.

      Ich würde ja auch gerne sagen: Ich halte Einfamilienhäuslebauer, SUV-Fahrer etc. für asoziale Ärsche, aber werde mich im Sinne der Freiheit natürlich immer dafür einsetzen, dass sie ... - Oder nein. Würde nicht. Wünschte mir, dass die "Verbotspartei" Die Grünen mal ein paar Dinge verbietet.

      • @Manuel Bonik:

        "Die Erde wird nicht größer, die Menschheit wächst, und so auch der Flächenbedarf."

        Eines der zentralsten globalen Themen überhaupt - und eines der sensibelsten. In Deutschland sieht die Situation aber anders aus. Ergo lässt sich Ihr richtiger Satz für die Welt nicht auf Deutschland übertragen.

        Hier hilft das Konzept der Ausgleichsflächen. Konkret: die entsiegelte Fläche muss mindestens der versiegelten Fläche entsprechen.

        • @Black & White:

          Wo wird dieses Konzept denn angewendet? Wenn für ein Windkraftrad 10.000 qm gebraucht werden, werden entsprechend Parkplätze entsiegelt und womöglich umgewidmet?

      • @Manuel Bonik:

        „ Ich halte Einfamilienhäuslebauer, SUV-Fahrer etc. für asoziale Ärsche…“.

        Wenn es sozialer ist, dass diese Leute knapp 1 Mio. für eine Stadtwohnung hinlegen, dann sollen die halt das tun. Oder?

        • @Nafets Rehcsif:

          Wär vielleicht sinnvoller mal da anzusetzen und zu überlegen, wie solch sinnlose Flächenvergeudung vermieden werden kann. Aber an die Super-Reichen, die sich solches leisten können, traut sich ja keiner ran. Schade!

        • @Nafets Rehcsif:

          Ist es vielleicht tatsächlich. Dürfte sich bei den Kosten nicht viel nehmen, aber bei sozialen Folgekosten, z.B. Pendlerpauschale, schon.

          Aber eigentlich geht es hier um ökologische Kosten: Flächenverbrauch pro Person. Da ist ein Hochhaus für x Parteien halt besser als x Einfamilienhäuser.

          Ähnlich beim Verkehr: Öffentlicher Nahverkehr oder durchschnittlich 1,4 Personen im immer größer werdenden Auto nebst Gejammer über den Mangel an Parkplätzen?

  • Da fällt mir leider mal wieder ein: 2% der Fläche Deutschlands (357588 km2) sollen für Windkraft genutzt werden = 7151,76 km2. Das entspricht knapp 2 1/2 Saarländern oder gut 1 Mio. Fußballfeldern. - Das ist ja dann "gute" Flächenversiegelung? Ich bin sehr gespannt, wie das gehen soll, wenn es überhaupt geht. Einfamilienhäuser nur noch, wenn man ein Windrad im "Garten" hat? - Wüsste jedenfalls einen Kandidaten für den nächsten Dino.

    • @Manuel Bonik:

      Da liegt ein Missverständnis vor:



      Die 2% sind außerdem nicht die Fläche, die für die Türme zubetoniert wird, sondern um die Fläche insgesamt. Die Türme brauchen Abstand, und eine Windkraftanlage ist oben erheblich größer als unten.

      2% der Fläche Deutschlands ist lustigerweise auch die Fläche, die von allen derzeit hier zugelassen Autos bedeckt wird :)

      Die Leute bauen ja nicht irgendwo im letzten Eck von Emden, weil sie unbedingt total abgeschnitten leben wollen, so auf Hausbauen stehen oder komplett vom Auto abhängig sein wollen. In Stadtnähe gibt's schlicht zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Für Städte ist es da das allereinfachste, irgendwo im Umland Bauplätze auszuschreiben. Die Alternativen wären Nachverdichten, Bebauungspläne ändern, Rückkauf und Selbstbau usw. - alles viel komplizierter. Manche Ämter sind damit einfach überfordert.

      • @Bernd Berndner:

        "In Stadtnähe gibt's schlicht zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Für Städte ist es da das allereinfachste, irgendwo im Umland Bauplätze auszuschreiben."

        Die aktuelle Zinspoltik fördert eine Investition in Immobilien (Betongold). Das ist ein wesentlicher Motor, der die Nachfrage und damit auch die Preise erhöht.



        Keine Dauervermietung zum Wohnen, sondern tageweise Vermietung an Touristen oder für den Eigenbedarf am Wochenende.



        In manchen Wohngebieten mit Einfamilienhäusern wohnen in Häusern mit einer Wohnfläche von 180 m2 nur 1-2 Personen im Durchschnitt. In Urlaubsgegenden gibt es im Winter auch Geistersiedlungen.

        Sollen wir noch mehr Flächen für diese Entwicklung versiegeln?

        Oder sollen wir anfangen die bestehenden Wohnungen und Häuser besser zu nutzen?

      • @Bernd Berndner:

        "Die 2% sind außerdem nicht die Fläche, die für die Türme zubetoniert wird, sondern um die Fläche insgesamt. Die Türme brauchen Abstand, und eine Windkraftanlage ist oben erheblich größer als unten."

        Das war jetzt aber sehr gehabeckt*! - Kann das mal jemand/Sie anschaulich machen? Was ist denn der Unterschied zwischen "Fläche" und "Fläche insgesamt"? Bei den 2% sind die Flächen für die notwendigen Abstände mit drin? Wie sind die Größenverhältnisse zwischen Rotor und Fundament? Pro Fundament, wie mir zuletzt gesagt wurde, 10.000 qm? Wenn zwischen zwei Windrädern ein bisschen Abstand ist, gilt das als freie Fläche? Da kann man ja noch Bäume pflanzen?

        *Ausdruck für den Sprech von Windkraftlobbyisten

        • @Manuel Bonik:

          "Während das Fundament abhängig von der Anlagengröße maximal wenige 100 m² misst, umfassen die Abstandsflächen pro Anlage einige Hektar. Dadurch können üblicherweise fast 99 % der von einem Windpark beanspruchten Fläche weiterhin einschränkungslos für Ackerbau usw. genutzt werden."

          de.wikipedia.org/w...Fl%C3%A4chenbedarf de.wikipedia.org/w...C3%A4chenverbrauch

          • @What would The Doctor do?:

            Wikipedia vertraue ich in solchen Fragen nur begrenzt (sage ich als langjähriger Mitarbeiter), und auch diese Artikel haben ihre Schwammigkeiten und Lobby-Odeure. Aber lassen wir es mal gelten. "maximal wenige 100 m²" sind dann z.B. 300m². Wenn ich 2% der Landesfläche = 7151,76 km² = 1 Mio. Fußballplätze durch 300m² teile, ist das ziemlich viel, über 20 Mio. Anlagen; das kann nicht gemeint sein. Gemeint ist wohl "einige Hektar", leider ohne Zahl dabei. Das ist dann immer noch ... ziemlich viel. 5stellig? 6stellig? Knapp zweieinhalb mal Saarland (plus optische Tara) könnten mir, der Natur sowie unseren Freunden schon ziemlich im Weg stehen! Und irgendwas war noch mit Rohstoffen ...

            • @Manuel Bonik:

              Ja, lassen wir es gelten. Leuchtet auch ein, wenn man mal die Luftaufnahme betrachtet. Zuvor hatte ich mir noch 2 5 MW-Anlagen/ha gemerkt, aber das war vermutlich nur hypothetisch gemeint.

              Nehmen wir mal der Einfachheit halber 100 m² Fundament und 1 ha Abstandsfläche pro 1 MW Nennleistung an. Auf 7.152 km² wären das am Ende z. B. 143.000 5 MW-Anlagen mit 715 GW und 72 km² versiegelte Fläche. Diese lieferten bei 30 % Auslastung 6.267 TWh/a. Kann man dichter bauen, steigen diese Werte.

              Primärenergiebedarf 2016: 3.750 TWh ( de.wikipedia.org/w...4renergieverbrauch ) Tendenz steigend.



              *

              Stahl und Beton für Fundament und Türme sollen künftig auch CO₂-neutral produziert werden, etwa mit Wasserstoff. "Die Wasserelektrolyse kann zur Gewinnung von Wasserstoff als lagerbarer Energieträger an Bedeutung gewinnen. Der energetische Wirkungsgrad der Elektrolyse von Wasser liegt bei über 70 %." Holztürme sind eine interessante Alternative. Faserverbundwerkstoffe für die Rotorblätter sind derzeit ein Recycling-Problem.

              Insgesamt werden wir jedoch u n a b h ä n g i g werden von fossilen Rohstofflieferungen und deren ständigen Preisschwankungen. Zukünftig wird man sich wohl eher um seltene Erden oder Kupfer balgen oder so, weiß ich nicht.

              de.wikipedia.org/w...trolyse_von_Wasser



              de.wikipedia.org/w...nover-Marienwerder

              • @What would The Doctor do?:

                "Insgesamt werden wir jedoch u n a b h ä n g i g werden von fossilen Rohstofflieferungen und deren ständigen Preisschwankungen. Zukünftig wird man sich wohl eher um seltene Erden oder Kupfer balgen oder so, weiß ich nicht."

                Diese nichtfossilen Rohstoffe, die man für Windkraft ja auch in großen Mengen braucht, müssen aber auch irgendwo herkommen?

                www.sciencedirect..../S1364032118303861

                Also, z.B. bei Seltenen Erden, Abhängigkeit von China? Alternativ kann man noch Naturschutzgebiete in Finnland plattmachen - keine Sorge, ist in Arbeit.

                In Finnland gibt es übrigens auch Pläne, Windkraft in großen Mengen in Wäldern zu produzieren, um die Energie dann nach Deutschland zu exportieren. Das wird, gelinde gesagt, von der dortigen Bevölkerung sehr kritisch gesehen. Gibt da schon genug Naturkatastrophen durch "Green Mining" (Guckst du "Talvivaara").

                Wäre ich Investor, würde ich nach Firmen schauen, die bei der Produktion von Gummiknüppeln Wert auf Nachhaltigkeit legen.

                • @Manuel Bonik:

                  Nein. Die Gummiknüppel-Industrie sollten wir direkt stilllegen, nicht nur dezimieren. Aber da stellt sich dann wieder die große Frage, wer wir eigentlich sind. Knüppeln wir 143.000 5 MW-Windräder in die Landschaft, quasi gegen uns selbst, oder bauen wir alle zusammen beliebig viele, beliebig ausgeklügelte Energieversorgungssysteme beliebiger singulärer Dimension, nur schnell muss es gehen. So dass alle davon profitieren. DA sollten Sie Ihr Geld reinstecken.

                  Wie gesagt: Mindestens 1 MW Nennleistung pro 100 m² Flächenversiegelung und 1 ha Abstandsfläche. Bringt 8,76 GWh/a zu 4-8 ¢/kWh Gestehungskosten, oder 8,75 MWh zu 350 bis 700 €. Die kann man dann gern auf dem Markt feilbieten oder selbst verwenden oder Speicher befüllen.

                  • @What would The Doctor do?:

                    Korrektur: Eine 1 MW-Anlage liefert bei 30 % Auslastung nicht 8,76 GWh/a, sondern 2,63 GWh/a.

                • @Manuel Bonik:

                  Kann schon sein. Wollte zunächst mal nur Ihre Fragen gewissenhaft beantworten. Danke für die Ergänzungen.

                  Hoffe, die Finn*innen haben diese Umweltverbrechen inzwischen abstellen können. Setze außerdem auf Fortschritte in der Materialforschung und Recyclingtechnik, da wir letztlich eine Kreislaufwirtschaft anstreben sollten, bzw. müssen werden.

      • @Bernd Berndner:

        Du hast recht das die Windräder keine 2% der Fläche versiegeln, dennoch ist die Fläche gewissenermaßen verbraucht und landschaftlich in erster Linie durch die WKA geprägt. Lustigerweise werden ja zusätzlich von der EE-Lobby auch noch 2% Fläche für PV-Freiflächenanlagen gefordert, sodaß die geforderte Fläche für die Erneuerbare Energie schon fast doppelt so groß ist wie unser gesamte versiegelte Fläche für Straßen oder eben genau so groß wie die Fläche die wir Aktuell für Wohnbebauung beanspruchen.



        Woher du die information hast das 2% der Landesfläche allein durch Parkende Autos beansprucht wird , würde mich sehr interssieren. Bei Aktuell 66Mio Pkws müsste ein Auto hierfür über 108qm beanspruchen.

        www.destatis.de/DE...CB898B68F5.live732

        • @niko:

          Ja, "gewissermaßen verbraucht". - Weiß denn hier niemand genauer, wie die berühmten 2% gemeint sind? Ist das 1 Mio. Fußballfelder grüner Beton pur oder sind die Abstandsflächen mitgemeint?

          • @Manuel Bonik:

            Bei dem Flächenbedarf für die Windkraft ist die komplette Fläche gemeint die ein Windkraftpark benötigt, also inklusive der Abstandsflächen zwischen. Den einzelnen wka Anlagen. Üblich ist ein Abstand von ca 4 - 5 Mal den Rotordurchmesser, also ca 1000 m Abstand zwischen den einzelnen Windrädern. Zusätzlich sollen 2% der Landschaft für PV FFA geopfert werden.

        • @niko:

          Kommt halt drauf an was man da so ansetzt. Der Trend geht ja mittlerweile zu Freizeitfahrzeugen in Bus-Größe und auch die SUVs werden nicht kleiner..