Massenproteste in Israel: „Free Israel from Netanjahu“
Hunderttausende Israelis demonstrierten am Samstag gegen die Regierung von Netanjahu. Dessen Konflikt mit dem Militär könnte ihm zum Verhängnis werden.
![Demonstrierende und ein Feuer. Demonstrierende und ein Feuer.](https://taz.de/picture/7078434/14/35636898-1.jpeg)
E in Foto geht derzeit in den israelischen Medien viral: Eine Reihe von Grenzpolizisten steht schützend um die Villa von Benjamin Netanjahu. Davor steht eine Frau, alleine, mit einem Schild in der Hand: „Free Israel“, steht darauf. Die Anspielung auf den Spruch „Free Gaza“ ist nicht zu überlesen. Das Bild trifft einen Nerv: die Verzweiflung der Protestbewegung darüber, dass auch Israel besetzt gehalten wird – von einer Regierung, die längst hätte abtreten müssen, aber nicht im Traum daran denkt.
Die Demonstrationen am vergangenen Samstag waren die größten seit dem 7. Oktober. Die Protestbewegung scheint ihre Lähmung überwunden zu haben, doch die große Frage ist: Wird der Druck von der Straße ausreichen, um Neuwahlen zu erwirken?
Viele, selbst die, die demonstrieren gehen, versuchen sich derzeit mit dem Verlust ihrer Hoffnung zu arrangieren, dass das Land noch zu retten ist. Doch für andere ist völlig klar, dass Neuwahlen nur eine Frage der Zeit sind.
Wer recht behalten wird, ist offen. Doch tatsächlich könnten einige innenpolitische Entwicklungen der Protestbewegung in die Hände spielen: Netanjahu hat zunehmend Probleme, seine rechtsextremen Koalitionspartner:innen Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich einzuhegen. Deren Forderungen – keine Zugeständnisse gegenüber den Palästinenser:innen, kein Waffenstillstands-Deal – drängen Netanjahu mehr und mehr in einen offenen Konflikt mit der israelischen Armee.
Armeesprecher Daniel Hagari
Streitthemen gibt es zuhauf. Vor einigen Tagen tastete Armeesprecher Daniel Hagari sogar das Kriegsziel Netanjahus an, nämlich die komplette Zerstörung der Hamas: „Jeder, der glaubt, wir könnten die Hamas beseitigen, liegt falsch“, sagte Hagari in einem Fernsehinterview. Hinzu kommt Netanjahus Weigerung, einen Nachkriegsplan zu entwickeln und eine alternative Kraft zur Hamas, etwa die Palästinensische Autonomiebehörde, zur Kontrolle in Gaza zuzulassen. Israel, so das Militär, laufe deswegen Gefahr, die „taktischen Errungenschaften“ der vergangenen Monate in Gaza wieder zu verlieren. Stattdessen kehre die Hamas in bereits geräumte Gebiete zurück.
Dass sich der eigene Ministerpräsident gegen das Militär stellt, das in Israel traditionell großes Vertrauen genoss, dürfte auch für viele Rechte, die bislang noch zu Netanjahu halten, eine rote Linie sein – zumindest für diejenigen, die nicht auf Ben-Gvir-und-Smotrich-Linie sind. Es bleibt zu hoffen, dass auch sie sich bald gegen ihn stellen und begreifen, dass Israel befreit werden muss – von Netanjahu und seinen Bündnispartnern, die das Land gekapert haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm