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Letzte Generation in ÖsterreichIhre letzte Rebellion

Die österreichische Aktivistin Martha Krumpeck sitzt für ihre Straßenblockaden derzeit in Haft. Warum sie die Letzte Generation nicht mehr überzeugt.

Auszeit im Gefängnis. Martha Krumpeck ist eine der bekanntesten Klima-Aktivist:innen in Österreich Foto: Lara Ritter

Anm. d. Red.: Am Tag der Veröffentlichung dieses Textes, dem 6. August 2024, gab die Letzte Generation Österreich bekannt ihre Proteste zu beenden. Man sehe [Link auf https://x.com/letztegenAT/status/1820703866813292587]„keine Perspektive für Erfolg“ für die Bewegung.

Wien taz | Zwanzig Minuten hat Martha Krumpeck an diesem sonnigen Montagmorgen Ende Juli, bevor sie für sechs Wochen in eine Zelle muss. Während sie gestikulierend den Gehsteig langläuft, klebt ihr zerzaustes braunes Haar feucht am Hinterkopf. Es ist schwer, keine Notiz von ihr zu nehmen. Nicht nur, weil sie die meisten überragt oder in ihrer Art zu sprechen einer Offizierin ähnelt, sondern weil sie viel zu sagen hat.

Jedes Mal, wenn sie eine Pointe oder einen Punkt macht in ihrer Rede, grinst sie verschmitzt. Die 32-Jährige ist eine der bekanntesten Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen Österreichs. 2022 trat sie 44 Tage in den Hungerstreik, danach gründete sie die Letzte Generation mit und klebte sich mehr als fünfzigmal auf die Straße. Immer mit der Gefahr im Hinterkopf: die Klimakrise. Ende November trat sie überraschend aus der Letzten Generation Österreich aus, ebenso wie die zwei anderen Mitbegründer:innen.

In Deutschland zog sich etwa zur gleichen Zeit die bekannte Kli­ma­ak­ti­vis­tin Lea Bonasera aus der Bewegung zurück. Um Krumpeck ist es still geworden. Wieso hat sie ihrer Bewegung den Rücken gekehrt? Wenn nicht einmal mehr sie, die dem Aktivismus ihr Leben gewidmet hat, glaubt, dass er noch Erfolg haben wird – wer soll es sonst?

Für Krumpeck, bekommt man sofort den Eindruck, geht es um alles oder nichts. An diesem Morgen geht es um alles, was sie auf dem kurzen Weg unterbringen kann, darunter Thomas Piketty, Penicillin, China, Gerhard Schröder und Krätze. Im Sprechen hat sie Erfahrung. Als österreichisches Carla Hinrichs-Dependant tourte sie durch die heimischen Talkformate, verzweifelte öffentlich über den Stillstand in der Klimapolitik, mutmaßte, die FPÖ würde Putin für Öl wohl „die Stiefel lecken“.

Bekannte Aktivistin aus Österreich

Für das Boulevardblatt Heute war sie eine „Königsbiene“, für den Standard eine „Galionsfigur“. Auch die Gefängnisaufenthalte gehören zu ihrem Leben als Aktivistin dazu. Wie blickt sie auf die nächsten sechs Wochen? Sie zeigt sich frei von Sorgen. „Endlich ausschlafen“, will sie. „In meinem Zimmer kann ich mich frei bewegen, ich habe meine Bücher.“

Nach zehn Minuten Gehweg in der knallenden Hitze endet die Reise. Krumpeck zieht rasch den roten Koffer durch den Eingang des Polizeianhaltezentrums. Es befindet sich in der Nähe des ersten Wiener Gemeindebezirks, man könnte es für ein Wohnhaus halten, wären da nicht die schnörkeligen Gitter vor den Erdgeschossfenstern. Erst im Februar verstießen Be­am­t*in­nen vor Ort laut eines aktuellen Urteils des Verwaltungsgerichts Ende Juli gegen Haftstandards. 22 Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen saßen zwei Stunden lang in einer Zelle für sechs.

Während Krumpeck ihre erste Woche in Haft verbringt, schließen sich wieder vermehrt junge Ak­ti­vis­t:in­nen für Proteste zusammen. Fünfzig Mitglieder demonstrieren am Wiener Flughafen, ein paar kleben sich am Terminal fest. Auch in fünf anderen Ländern, darunter Deutschland, besetzen sie Rollfelder. Während die Medien darüber berichten, erteilt Krumpeck dem Ganzen eine Absage: „Wir haben verloren“, sagt sie über die Bewegung.

Es ist Dienstag, eine Woche nach Haftantritt. Krumpeck sitzt inmitten einer Szenerie, wie man sie aus Filmen kennt: weißgelbe Leuchtdioden, ein gefliester Besucherraum und eine Reihe leerer Stühle, die durch Trennwände voneinander abgeschirmt sind. In den Augen Krumpecks, die einen Bachelor in Molekularbiologie hat, ist fast alles berechenbar, sogar der Verlauf einer Bewegung.

Kaum Hoffnung für Klimabewegung

Die Letzte Generation ist für sie eine Sinuskurve. Der Peak sei schon passiert. Mit fünfzig Teil­neh­me­r:in­nen bei manchen Straßenblockaden sei er an einzelnen Tagen zwar hoch gewesen, aber hätte nie lange genug angehalten, um genügend Druck auf die Regierung aufzubauen. Folgt man dieser Logik, geht es jetzt bergab.

Für sinnvoll hält sie nur noch lokale Proteste. „Das, was erreichbar ist, nämlich Aufmerksamkeit, ist erreicht“, sagt sie. Ähnliches ließe sich über Fridays for Future behaupten: Ein Bruchteil der Masse von früher läuft mit, Geta Thunberg ist keine Heldin mehr und Österreichs bekannteste Fridays-for-Future-Aktivistin, Lena Schilling, ist Kandidatin bei den Grünen. Ein Rekordjahr verzeichnete 2023 einzig der globale Co2-Ausstoß. Ist die Klima­bewegung gescheitert?

Protestforscherin Antje Daniel winkt ab. „Selbst wenn eine Bewegung ihre Ziele nicht hundertprozentig durchsetzen kann, ist sie nicht unerfolgreich“, sagt sie. Daniel leitet das Institut für internationale Entwicklung der Universität Wien. Einer ihrer Schwerpunkte ist „Utopie, Imagination und Zukunft“, seit 2019 forscht sie zum „Fridays for Future“-Aktivismus.

Die Bewegung habe die Klimakrise in die alltägliche Berichterstattung gebracht, die Letzte Generation habe erneut deren Dringlichkeit klargemacht. Weniger Po­li­ti­ke­r:in­nen leugnen den Klimawandel. Nun setzten sie laut Daniel eher auf die Taktik der „Klimaverschleppung“, sie schöben Maßnahmen auf die lange Bank.

Strategiewechsel für das Klima

Aus der großen Klimabewegung seien indessen viele Splittergruppen geworden. „Diese Diversifizierung der Gruppierungen, aber auch die Suche nach neuen Strategien wird, glaube ich, anhalten“, sagt Daniel. Auch bei der Letzten Generation wird weniger blockiert und mehr ausprobiert. Statt zu kleben, skateten österreichische Ak­ti­vis­t:in­nen im Mai auf der Autobahn, im April unterbrachen sie ein Konzert des Schlagersängers Andreas Gabalier.

„Dieses Ausprobieren ist genauso wichtig wie die Massenmobilisierungen der Fridays for Future.“ Politische Veränderungen ließen sich nicht kausal herleiten. Das richtige Mittel, den einen Aktivismus, der die große Veränderung anstößt – den gibt es gar nicht.

Wieso hat sie ausgerechnet jetzt damit aufgehört? „Die Welle, die 2019 gestartet ist, war die letzte Chance, die Klimakatastrophe abzuwenden“, sagt sie und schaut ernst. Dafür ins Gefängnis zu gehen, scheint sie nicht zu stören. Zumindest dann, wenn das Gefängnis einem Zweck dient. Krumpeck ist nämlich nicht im Gefängnis, weil sie die in Summe fünfstelligen Geldstrafen nicht zahlen kann. Mithilfe von Mathematik hätte sie viel Geld mit Sportwetten gemacht, erzählt sie.

Als Aktivistin wolle sie den Staat aber lieber Geld kosten, als ihm welches zu zahlen, mit dem Wettgewinn unterstützte sie Freund:innen. Als ich frage, was schiefgelaufen ist, wieso ihr Plan zur Rettung des Klimas nicht aufgegangen ist, wandert Krumpecks Blick nach unten. Es ist der erste Moment, in dem sie ratlos wirkt. Dann sagt sie: „Es war von Anfang an eine fast unmögliche Aufgabe.“

Keine Blockade, kein Einfluss

Hätten sie früher die Beschlüsse des österreichischen Klimarats ins Zentrum ihrer Forderungen stellen müssen? Mehr Leute für Vorträge mobilisieren sollen? Am Prinzip des Protests und an den Hierarchien in der Bewegung, in der nur das Kernteam die Entscheidungen trifft, hält sie trotz der Zweifel fest. Ak­ti­vis­t:in­nen bilden Arbeitsgruppen, jeder leistet seinen „individuellen Beitrag“, wie auf der Website steht.

Die effiziente Rebellion, getragen vom Imperativ der Dringlichkeit. „Eine Bewegung zivilen Widerstands muss von den Entschlossensten geleitet werden“, sagt Krumpeck. Ironischerweise wurde ihr das zum Verhängnis. Denn als sie mit den Blockaden aufhören wollte, hatte sie in der Bewegung nichts mehr zu sagen. Und jetzt? Die 34-Jährige muss alle sechs Monate für sechs Wochen in Haft. Für Verwaltungsstrafen kann man maximal 42 Tage ins Gefängnis kommen. Die rund 300 Tage, die Krumpeck an Geldstrafen abzusitzen hat, werden sich daher über insgesamt dreieinhalb Jahre ziehen. Da weitere Gerichtsverfahren laufen, werden es noch mehr.

Krumpeck bleibt weiterhin optimistisch. Es brauche jetzt Demokratiebewegungen, die vom Frust auf Korruption getragen seien, sagt sie. Für vielversprechend halte sie die Bierpartei. Wie die Letzte Generation fordert sie einen Gesellschaftsrat, in den Menschen repräsentativ aus der Gesamtgesellschaft gelost werden sollen, um mit Ex­per­t:in­nen politische Maßnahmen zu erarbeiten. Nur zelebriert sie namentlich den Rausch statt der Apokalypse und Lässigkeit statt Pathos.

Ob sie Erfolg haben, werden die Nationalratswahlen im Herbst zeigen, bei der die Bierpartei erstmals bundesweit antritt. 2019 erhielt die Partei in Wien lediglich 0,6 Prozent der Stimmen. Krumpeck, bald eine Politikerin? Darauf will sie sich nicht festlegen. Und was ist mit dem Kollaps, von dem sie überzeugt ist? Sie antwortet prompt. Die Botschaft dringt zwischen den Zeilen durch: Selbst wenn die Welt im Chaos versinkt, brauche es einen Plan.

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30 Kommentare

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  • „Selbst wenn eine Bewegung ihre Ziele nicht hundertprozentig durchsetzen kann, ist sie nicht unerfolgreich“

    Der war gut. "Nicht hundertprozentig". Wieviel Prozent konnten sie denn erreichen? 1%?

  • die actions der lg sind weitesgehend nicht anschlußfähig + dann sind die verwundert, daß sie so wirkungslos sind.



    sie haben der klimabewegung insgesamt eher geschadet. ohne lg wäre evtl. fff erfolgreicher - oder auch nicht. eine protestbewegung auf dauer aufrecht zu erhalen ist eh schwierig.



    noch dazu, wenn die grünen, deren wichtiges thema mal umwelt + auch klima war, dermaßen einknicken, wenn sie mitregieren.



    + die LINKE sowohl umwelt als auch klima aktionsmäßig nicht behandelt/e.

    die unternehmer-parteien - na ja, die übernehmen keine forderungen der umwelt-+klimaschützerInnen. die spd: na ja, da gibts einzelne, denen diese themen am herzen liegen, sind aber ausnahmen.



    ansatzweise gibt es bündnisse mit gewerkschaften + sozialverbänden.



    zarte pflänzeleien, gehen schnell ein bei zu wenig pflege + ausdauer.

    • @Brot&Rosen:

      Ich finde die Aktionen auch nicht zielführend. Aber warum? Weil die Menschen so oder so nichts tun werden.

      Die Frage ist, wie viel weniger als 0% hätte man ohne die LG erreicht?

  • Der Artikel an dem Tag, an dem sich die LG in Österreich aufgelöst hat... Das ist Timing...



    www.tagesschau.de/...sterreich-100.html

  • Die letzte Generation hat unserer Gesellschaft den Spiegel vorgehalten und uns damit konfrontiert, das wir zwar alle eine lebenswerte Zukunft für die Kinder und Nachkommen wollen, aber die Mehrheit nicht bereit ist, hier und heute dafür auf etwas zu verzichten.

    Klimaforscher propagieren das 1,5 Grad Ziel, aber der Weg der Umsetzung wäre so drastisch, das er er das "Ende des Kapitalismus" (Ulrike Hermann) bedeuten würde, was keiner der Akteure will, die Wirtschaft nicht, die Politiker nicht und eben auch die Mehrheit der Menschen nicht, die sich über Konsum definieren.

    Konsequenter Klimaschutz, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, würde bedeuten: viel weniger Autos, viel weniger Flüge, weniger Fleischkonsum, weniger Wohnraum pro Kopf, dafür langlebige reparierbare Produkte, die wenn möglich geteilt werden.

    Das ist so nicht umsetzbar, machbar ist nur der langsame Klimaschutz der uns zu einer 2.5 - 3 Grad Erwärmung führt. Nicht falsch verstehe, jedes Windrad, jede Solaranlage ist wichtig, ebenso jeder Konsument der auf Fleisch oder ein Auto verzichtet.

    Die LG wollte Aufmerksamkeit erzeugen, die hat sie bekommen, jedoch die Mehrheit der Bürger hat mit Verdrängung reagiert.

    • @Paul Schuh:

      Das 1,5-Grad-Ziel ist nicht mehr zu erreichen. Ansonsten bin ich Ihrer Meinung.

    • @Paul Schuh:

      Sie meinen die Mehrheit der Gesellschaft definiert sich über Konsum? Das wage ich zu bezweifeln.

      • @Tom Tailor:

        Zu Konsum zähle ich; das Apple iPhone, das bestimmte Auto, die Urlaubsreise, die große Altbauwohnung, das Essen beim Italiener, die Anziehsachen.



        Mit jeder Konsumentscheidung definiert man sich selbst in der sozialen Gruppe und grenzt bewußt oder unbewußt sich gegenüber Anderen ab.

        • @Paul Schuh:

          Ich habe ein Android-Billighandy, keinen Führerschein (und bevor die Frage kommt: nein, auch nie gehabt) und so auch kein Auto, unser Sommerurlaub wird eine Kayaktour sein, An- und Abfahrt mit der Eisenbahn, immer noch ein großer Vorteil eines Klepper-Faltboots, wir wohnen hier in München in einem 90er-Bau zur Miete (da würde einen jammernden Berliner wahrscheinlich der Schlag treffen) und meine Klamotten kaufe ich möglichst bei c&a und Co. Puh, zumindest ich bin also aus der Gruppe der Bösen raus, gottseidank. Aber es wird sich bestimmt noch irgendwas Kritikwürdiges finden von Aktivistenseite, da bin ich mir sicher. Die kennen so was wie iPhone, Altbau, Flugreise ja noch weniger.

        • @Paul Schuh:

          Das nennt man übrigens Leben. Scheinbar noch nichts von gehört?

          Okay dann weg mit dem Iphone.. Ja Blöd ein Handy ist existenziell.



          Okay ohne bestimmtes Auto.. Ja blöd auf dem Land braucht man eins, also warum keins nach den eigenen Wünschen.



          Okay dann kein Urlaub mehr... Ja wofür lebt man eigentlich?



          Okay keine Altbauwohnung... Bleiben die Wohnungen halt leer.



          Okay dann kein Essen beim Italiener... Ausgehen ist dann auch nicht mehr drin um Lebensnotwendige Nahrung zu sich zu nehmen.

          Das nennt man Leben und das ist gut so!



          Mit jeder Entscheidung lebt man und mit der Wahl meines Handys, meiner Restaurant Wahl und meiner Wohnung grenze ich mich ganz sicher nicht ab.

          Das muss jetzt einfach mal gesagt werden. Jeder Jeck ist anders und Leben gehört zum Sein dazu-.



          Nennt man Diversität und sollte ein Anliegen der Linken sein.

          • @Walterismus:

            Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.



            Sie kommen nicht ohne Handy, Auto, Wohnung aus, weil die Gesellschaft das vorgibt, nicht weil es für das Leben existentiell wäre.



            Sie müssen daher, ob sie wollen oder nicht- eine Haltung zu diesen Dingen einnehmen.



            Ich kann Ihre Haltung nachvollziehen. Wenn es eh nicht ohne geht, dann will ich es auch nett haben. Andere haben die Haltung: Ich spare so gut ich kann, indem ich das älteste Modell, das sparsamste Modell, das kleinste Modell wähle. Ist anstrengend aber lohnt sich.



            Leider ist auch das nur eine Haltung, in der man sich über den (nicht-)Konsum definiert.



            Anliegen von Aktivisten ist es, den Zwang zu dieser Haltung aufzubrechen. Das geht aber nur, wenn die Gesellschaft mitzieht. Ist (zumindest diesmal) misslungen.

            • @Herma Huhn:

              "Sie kommen nicht ohne Handy, Auto, Wohnung aus, weil die Gesellschaft das vorgibt, nicht weil es für das Leben existentiell wäre."



              Dei Wohnung empfinde ich schon als existenziell, denn in unseren Breiten ist es nicht gesund, im Winter im Freien zu schlafen. Abgesehen davon, dass ich auch Platz für die Kleidung benötige und ein Badezimmer mit Toilette und Dusche auch seine Vorteile hat gegenüber einem Bad im Weiher oder im Main.



              Und das Smartphone benötige ich, um meinen Beruf ausüben zu können, denn ohne modernes Smartphone kein Zugang mehr zum Firmen-VPN (deswegen musste ich 2021 mein geliebtes, 10 Jahre altes Nokia N8 ausmustern, das würde ich ansonsten immer noch nutzen). Beim Auto bin ich bei Ihnen, das ist (für mich) nicht existenziell, aber für mich praktischer Luxus. Wenn ich noch auf dem Land leben würde, wärs anders, da wäre das Auto auch existenziell.

              • @Offebacher:

                Wohnung ist wirklich etwas zu allgemein, um es in der Liste zu haben. Die Wohnstandards, die wir hier haben, sind aber dennoch höher als wegen Wetter notwendig.



                Und dass Ihre Arbeit von Ihnen verlangt ein privates Handy mit Mindeststandard zu haben, statt Ihnen Ihr Arbeitsgerät zur Verfügung zu stellen, ist ebenfalls nicht existentiell, sondern vorgegeben. Und auch auf dem Land ohne Bus ist das Auto nicht existentiell, sondern lediglich von der Gesellschaft gefordert.

        • @Paul Schuh:

          Ich denke nicht das diese Verhaltensweisen auf von einer Mehrheit der Gesellschaft getragen wird. Die meisten entscheiden schon sehr rational bei ihren Kaufentscheidungen, aber natürlich spielt auch die Qualität der Ware oder Dienstleistung die man beziehen möchte eine Rolle. Und da ist ein Essen beim Italiener schon ein anderes Erlebnis als die Frittenbude.

          • @Tom Tailor:

            Und es ist natürlich auch blöd für den Italiener, wenn keiner mehr zum Essen kommt.

          • @Tom Tailor:

            Aber jedesmal fürs Essen nach Italien zu fliegen ist sicher auch nicht gut fürs Klima...

            • @Generator:

              Stimmt, aber davon war ja nicht die Rede, es ging um Konsumverhalten und Lifestyle im Allgemeinen und um die Frage, ob sich eine Mehrheit der Gesellschaft darüber definiert.

  • Gegen Korruption und dann Geld mit Sportwetten machen. Ich halte diese ständigen Widersprüche nicht mehr aus.

    • @Mr Ambivalent:

      Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Korruption im Sport und Korruption in der Politik.



      Über ersteres kann man leichter hinwegsehen, weil man sich aus dem Wirkungskreis des Sports auch zurückziehen kann, wenn man will. Aus dem Wirkungskreis der Politik entkommt man nicht.

  • Ich widerspreche der Behauptung, dass die teilweise kriminellen Aktionen der LG der Umwelt auch nur 1kg CO2 erspart haben, die Politiker zum Umdenken bewegt haben, oder es der Umwelt überhaupt irgend etwas gebracht hat. Diese Form des Protestes hat nur Ablehnung verursacht, wie man bei nur 0,3% Zustimmung bei der EU-Wahl deutlich erkennen kann. Schaut mal bei Greenpeace zu, deren Aktionen sind Zielgerichtet und sie haben viel erreicht.

    • @Rudi Hamm:

      Würde behaupten, die Aktionen der letzten Generation schaden der Klimaschutzbewegung sogar....erst Leute auf dem Weg zur Arbeit behindern....und jetzt am Flughafen auf dem Weg in den Urlaub....das heiligste Ding der Deutschen....wenn die so weitermachen, ist bald eine Mehrheit gegen Klimaschutz

  • Das was Frau Krumpeck oder überhaupt alle der LG immer bei ihren Einschätzungen zum Verlauf der Bewegung vergessen - 2019 hatte die Welt, und insbesondere Europa, keine Probleme.



    Die Lieferketten funktionierten, es gab ausreichend Handwerker, Personal in der Gastro, die Wirtschaft brummte und die Migration war nach der Welle 2015 abgeebbt. Da hatte die Allgemeinheit Muße und emotionale Kapazität fürs Klima.



    Heute 5 Jahre später war Corona, Inflation, Lieferketten sind gestört, Handwerker/Personal fehlt überall, Wohn- Heiz- und Baukosten sind explodiert, das Schnitzel kostet 25€, der Migrationsdruck auf Europa ist wieder enorm gestiegen und seit drei Jahren tobt der Ukrainekrieg.



    Da hat die Allgemeinheit schlicht keinen Platz mehr für abstrakte Bedrohungen in der Zukunft - oder salopp gesagt: 'was interessiert mich das Klima in 50 Jahren wenn ich heute nicht weiß wie ich meine Miete zahlen soll und nicht weiß ob uns der Irre in Moskau morgen ne Atomrakete aufs Dach schmeißt...'



    Das sind die ganz realen Sorgen im Hier und Jetzt und die lasten Otto Normal komplett aus - das Klima ist da in der alltäglichen Sorgenwelt verständlicherweise ganz weit nach hinten gerutscht.

    • @Farang:

      Ihre Liste zeigt sehr schön, dass nicht die Themen, sondern die Prioritäten sich verändert haben. Ist Corona hierzulande nicht schlecht gemanagt worden, wie die Statistik der Opfer pro Kopf im Vergleich mit anderen Ländern belegt. Im Übrigen werden ja verrückter Weise die Maßnahmen kritisiert, und nicht die Opferzahlen. Die Entwicklung der Wohn- und Baukosten läuft seit mindestens 2005, und war 2019 ganz sicher nicht "in Ordnung". Ebenso war meiner Wahrnehmung nach die Situation beim Fachkräftemangel nicht relevant anders als heute. Und was nun den "Migrationsdruck" angeht, die Zahlen sind für den rechten Rand irrelevant. In GB betrug die Zahl der Asylanträge letzten Jahr rund 30k. Wiederum Pipifax. In Dänemark drückten die Braunen, die sich mit dem Label Sozialdemokraten schmücken, die Asylanträge von 5k / Jahr auf 3k/Jahr. Für das reiche Dänemark ebenfalls Pipifax.



      Was hingegen 2023 bewiesen wurde ist: Solange Klimaschutz ein abstraktes Gebilde ist, dass kein Geld kostet und keine Mühen verursacht, sind die Deutschen dafür. Sobald es Kosten verursachen könnte oder auch nur schlechte Gefühle, dagegen.

    • @Farang:

      "abstrakte Bedrohungen in der Zukunft"

      Das ist ja schon regelrecht dreist. Schon länger keine Nachrichten mehr gehört, gelesen, gesehen? Die Klimakatastrophe hat bereits begonnen. Die Folgen sind bereits jetzt sehr teuer und werden die "alltägliche Sorgenwelt" schon bald fluten (oft im wahrsten Sinne des Wortes).

      • @J. Straub:

        Natürlich ist der Klimawandel bereits jetzt deutlich spürbar. Das Problem das ich hierbei sehe ist das wording: "Klimakathastrophe"



        Ja, nach allem was wir bisher wissen und voraussehen können, wird es wohl dramatisch werden. Bisher allerdings haben wir 'nur' deutlich häufigere Wetterextreme. Es ist noch keine Insel abgesoffen, weder Bangkok noch Jakarta sind im Meer untergegangen, es gab auch noch keine globale Hungerskathastrophe wegen Nahrungsknappheit, es gab noch keine Hitzetoten die in die Millionen gehen, etc...



        Es mag Hollywood und seine apokalyptischen Blockbuster sein, es mag das menschliche Wesen und die Fähigkeit sich an alles gewöhnen zu können sein - oder, und da bin ich zuhause, es mag an den Wissenschaftlern und Gruppen wie der LG liegen, die seit Jahren ein Horrorszenario nach dem nächsten an die Wand werfen. Damit legen sie, definitiv unabsichtlich, die Latte für 'die Klimakathastrophe' extrem hoch - und bieten der Allgemeinheit die perfekte Entschuldigung: 'na so schlimm is ja noch nich mal ansatzweise'...



        Die Message die LG und Wissenschaftler transportieren ist absolut richtig - das WIE könnten sie aber meiner Meinung nach falscher kaum machen.

      • @J. Straub:

        "Schon länger keine Nachrichten mehr gehört, gelesen, gesehen? Die Klimakatastrophe hat bereits begonnen. Die Folgen sind bereits jetzt sehr teuer und werden die "alltägliche Sorgenwelt" schon bald fluten."

        "Klimakatastrophe" ist ein furchtbares Wording und klingt nach einer Apokalypse. Überflutungen sind übrigens kein Phänomen der letzten Jahre. Ich bin an der Donau groß geworden und unsere Gegend ist bis circa zum Jahr 2000 regelmäßig "abgesoffen". Weil man die Donau begradigt und Polder zu Nutzflächen umgewandelt hatte. Für den Landwirt ist eine Ackerfläche schließlich lukrativer als eine feuchte Wiese. Diese Fehler hat man zwischenzeitlich so gut wie korrigiert.

        Das CO2 in der Atmosphäre steigt unweigerlich. Daran nicht ganz unbeteiligt sind jedoch auch massive Waldbrände. Das weltweite Klima ist übrigens keine Konstante. War es noch nie.



        Nichtsdestotrotz kann unser Lebensstil nicht so weitergehen. Aber daraus eine Klimakatastrophe abzuleiten, ist unehrlich.

        • @Mopsfidel:

          Unehrlich oder zumindest uninformiert sind Relativierungen nach dem Motto, auch der Klimawandel müsse dem fragwürdigen Anspruch genügen, immer schön moderat und gefällig zu sein.

          Wenn in zunehmendem Maß Waldbrände auftreten, ist dies bereits eine Folge der von Menschen verursachten Erderwärmung.

          Dass sich das Klima immer schon geändert hat - wer würde es bestreiten? Dennoch war es im Verlauf der bisherigen Menschheitsgeschichte vergleichsweise stabil, und das ist die Zeitskala, auf der Verantwortlichkeit zugeschrieben werden kann und muss. Auch wenn die derzeitigen Auswirkungen der Klimaveränderung nur relativ harmlose Vorboten sind, wird eine unveränderte Fortführung des bisherigen Kurses laut "Scientists for Future" bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem überhitzten Klima wie zuletzt im Erdzeitalter Jura führen. Und darauf ist die heutige Tier- und Pflanzenwelt ebenso wenig eingestellt wie die menschliche Zivilisation. Im Sinn einer Extrapolation der aktuellen Entwicklungen kann man also durchaus von einer Klimakatastrophe sprechen.

        • @Mopsfidel:

          Ich bin auch an einem Fluss groß geworden, der regelmäßig über die Ufer trat.



          Dass ich aber in T-Shirt und Sandalen durchs Hochwasser gelaufen bin, kam in meiner Kindheit nicht vor.



          Ja es gibt mehr Probleme als allein das Klima. Das heißt aber nur, dass wir noch mehr tun müssen.



          Denn für unsere Zivilisation kann es wirklich zu einer Apokalypse werden. Das reicht mir schon, um es Katastrophe zu nennen.

    • @Farang:

      2019 hatte die Mehrheit meiner Ansicht nach auch keinen Sinn für Klimaschutz. Außer bei Sonntagsfragen vielleicht mal ein Statement in diese Richtung abgeben, um sich gut zu fühlen. Aber die Grabenkämpfe waren damals schon verbissen umkämpft. FfF? Schulschwänzer und Ahnungslose! Veggietag in der Kantine? Verbotsdiktatur! Da hat sich gar nichts geändert.



      Das Klima in 50 Jahren? Wir erleben jetzt schon die Auswirkungen. Der Migrationsdruck wird auch noch weiter zunehmen, Stichwort Klimaflüchtlinge.



      Ein Grundübel ist die Schuldenbremse und das viele Menschen der neoliberalen Austeritätspolitik auf dem Leim gehen, weil niemand Ahnung davon hat und auch nicht gewillt ist, sich mal tiefergehend damit zu beschäftigen.

      • @Ludolf R.:

        Die Spielräume in z.B. der griechischen oder der argentinischen Haushaltspolitik lassen mir eine hemmungslose Staatsverschuldung als nicht wünschenswert erscheinen.



        So viel zum Thema Schuldenbremse.



        Der Staat hat nicht zu wenig Geld. Die Prioritäten stimmen einfach nicht.