Kunstvandalismus in Berlin: Schale auf Museumsinsel beschmiert
In der Nacht wurde eine Steinschale von 1826 vor der Berliner Museumsinsel besprüht. Der Stiftungspräsident sieht darin einen Angriff auf die Kultur.
Ein Zeuge habe in der Nacht zum Samstag die Polizei gerufen, sagte eine Polizeisprecherin. Er habe eine Gruppe junger Leute beobachtet. Die beiden Verdächtigen sollen mit Farbe gesprüht haben. Ermittelt wird nun wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung.
Nach der Tat sollen sich vulgäre Sprüche auf dem Kunstwerk befunden haben. Die von Johann Gottlieb Christian Cantian geschaffene Schale wurde nach Angaben des Denkmalamts 1826 von König Friedrich Wilhelm III. beauftragt. Die Schale mit einem Durchmesser von fast sieben Metern wurde aus einem einzigen Granitfindling geschliffen. Das aufwendige Kunstwerk erhielt den Beinamen „Biedermeierweltwunder“.
Einen Zusammenhang zu anderen Kunstschäden, die vor einigen Tagen bekanntgeworden waren, sehen die Ermittler derzeit nicht. Natürlich würden solche Fälle geprüft. „Es gibt derzeit erstmal keine Hinweise auf einen Zusammenhang“, sagte die Polizeisprecherin.
Anfang Okotober wurden 60 Kunstobjekte beschädigt
Am Mittwoch, 21. Oktober, war öffentlich geworden, dass Unbekannte in drei Berliner Museen am 3. Oktober mehr als 60 Objekte mit einer Flüssigkeit beschädigt hatten. Betroffen waren das Neue Museum, das Pergamonmuseum und die Alte Nationalgalerie. Die Hintergründe sind weiter unklar. „Da dauern die Ermittlungen an“, sagte die Polizeisprecherin.
Die beschmierte Schale soll nun von einem Restaurator überprüft werden. Der Architekt Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) habe die Schale einst anfertigen lassen, sagte der Direktor der Antikensammlung, Andreas Scholl.
Kleinere Beschmierungen habe es immer mal wieder gegeben, aber nicht in diesem Ausmaß. Im Sommer hätten sich öfter Menschen auf der Museumsinsel zu Demonstrationen, aber auch zu Partys getroffen. Es sei dann „bergeweise Müll“ hinterlassen worden.
Stiftungspräsident Hermann Parzinger forderte nicht nur einen stärkeren Schutz von Kulturobjekten, sondern auch eine gesellschaftliche Debatte. „Die markante und weltberühmte Granitschale vor dem Alten Museum ist auf fürchterliche Weise beschmiert worden“, sagte er. Die Schale sei im Eigentum Berlins, werde aber von der Stiftung konservatorisch betreut.
„Es ist jetzt nicht mehr zu leugnen: Die Kultur wird angegriffen“, sagte Parzinger der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen jetzt nicht nur verstärkten Schutz für unsere Schätze, wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir unsere kulturellen Werte verteidigen“, forderte der Stiftungspräsident.
Nach den Attacken auf Kunstobjekte der Museumsinsel vom 3. Oktober sucht die Polizei weiter nach dem Täter, das Fachkommissariat für Kunstdelikte im Landeskriminalamt ermittelt. Wie groß der Schaden ist, war zunächst unklar. „Die Diagnosen stehen, jetzt beginnen die Einzeltherapien“, sagte Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin Museen, am Donnerstag der dpa. Die Schäden waren unter Verweis auf ermittlungstaktische Gründe erst knapp drei Wochen später öffentlich gemacht worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften