Kritik an Polizeieinsatz in Leipzig: „Wir kamen uns vor wie Tiere“
Protest und Polizeieinsatz zum „Tag X“ in Leipzig werden im Landtag aufgearbeitet. Ein Betroffener berichtet von den Verhältnissen im Polizeikessel.
„Die Hintergründe der Grundrechtsverletzungen, besonders der Kessel, sind aufklärungsbedürftig“, hatte Kerstin Köditz (Linken) den Antrag begründet. Auch der SPD-Politiker Albrecht Pallas, einst selbst Polizist, kritisierte die „Massivität der Polizeipräsenz“ und deren Reaktion auf Kleinigkeiten. Das habe „eine eskalierende Wirkung“ gehabt, die überwiegend Unbeteiligte getroffen habe. Die Gewalt einiger Protestierender aber sei „inakzeptabel“.
Auch der Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann sprach von einer „massiven Einschränkung der Versammlungsfreiheit“, der Polizeikessel sei „deutlich zu hinterfragen“. Gleichzeitig kritisierte er die „Gewaltexzesse“ einiger Protestierender.
Nach einer untersagten Demonstration am Samstag in der Leipziger Südvorstadt war es zu Flaschen- und Steinwürfen von Autonomen gekommen. Die Polizei kesselte darauf elf Stunden lang gut 1.000 Personen ein, darunter auch Minderjährige. Ihnen werden schwerer Landesfriedensbruch und tätliche Angriffe vorgeworfen.
Neue Demo am Montag
„Man kam sich vor wie Tiere, die im Stall eingepfercht waren“, erzählt einer der Betroffenen aus dem Kessel der taz. Zunächst habe es keine Möglichkeit gegeben, zur Toilette zu gehen, aufgesucht werden musste das Gebüsch. „Leute mussten aufs Klo, Groß und Klein.“ Das habe später auch eklig gerochen. Wer sich für einen Toilettengang bei der Polizei meldete, sei erkennungsdienstlich behandelt worden.
Auch Getränke hätten nicht von Anfang an ausreichend zur Verfügung gestanden. Bis zum Schluss habe es an Essen und ausreichend Decken gefehlt, die bei den nächtlich niedrigen Temperaturen geholfen hätten.
Zu den Eingekesselten hätten auch Unbeteiligte gehört, so der Betroffene. Er selber habe sich zurückgezogen, als es zu Gewalt kam – sei aber von der Polizei an die Stelle des Parks gedrängt worden, die später gekesselt wurde.
Wie die Staatsanwaltschaft Leipzig am Montag der taz mitteilte, wurde gegen drei Männer aus dem Kessel auch U-Haft verhängt, einen 24-, einen 25- und einen 34-Jährigen. Zudem seien für Samstag zwei weitere Haftbefehle gegen einen 33- und einen 36-Jährigen für Flaschen- und Steinwürfe in Connewitz verhängt worden. Zwei weitere Haftbefehle seien erlassen, aber außer Vollzug gesetzt.
Bereits nach Flaschen- und Steinwürfen am Freitag waren 5 Haftbefehle erteilt worden. Die Connewitzer Linken-Landtagsabgeordnete Jule Nagel nannte die verhängten Haftbefehle „ziemlich krass“. Für die vorgeworfenen Straftaten sei das sehr ungewöhnlich.
War Sonntag noch eine Demonstration in Leipzig „gegen Polizeigewalt“ von der Stadt verboten worden, wurde für Montagabend ein weiterer Aufzug erlaubt. Demonstriert werden sollte unter dem Motto „Grundrechte gelten auch in Leipzig“ – und zwar am Alexis-Schumann-Platz, dort, wo sich die Ereignisse vom „Tag X“ abspielten.
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