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Krieg in der UkraineDie Zeit läuft gegen Putin

Kommentar von Barbara Oertel

Bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ist die Deutungshoheit umkämpft. Wer wem die Bedingungen diktiert, wird unklarer.

Russische Polizisten nehmen einen Teilnehmer einer Antikriegskundgebung in Sankt Petersburg fest Foto: epa

W er würde ob des Leids der Ukrai­ne­r*in­nen nicht nach jedem Strohhalm greifen, um Russlands wochenlangen grausamen Krieg gegen seinen Nachbarn zu beenden? Der Kreml gibt sich verhandlungsbereit oder tut zumindest so. Angeblich liegt jetzt eine Neutralität der Ukraine sowie deren Entmilitarisierung mit eigener Armee nach dem Beispiel Österreichs als Option auf dem Tisch.

Doch das ist noch längst nicht alles. Hinzu kommen Forderungen nach einer nachträglichen Anerkennung der 2014 völkerrechtswidrig annektierten Krim als Teil Russlands sowie der Unabhängigkeit der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk. Nicht zu vergessen die „Entnazifizierung“ der Ukraine, der auch wehrlose Zivilist*innen, Kinder inklusive, unterzogen werden.

Dass Kiew das anders sieht und auf verbindlichen Sicherheitsgarantien besteht, liegt in der Natur der Sache bzw. dieses Krieges. Dessen Maxime lautet offenbar: Vernichtung und das um jeden Preis. Jedoch ist die Frage, ob Russland überhaupt noch in der Position ist, Bedingungen zu stellen. Die Spezialoperation der russischen Armee, deren Erfolge ausbleiben und die auch auf russischer Seite viele Opfer gefordert hat, ist aus Sicht Moskaus ein einziges Desaster. Da nützt es auch nichts, dass der Kreml sich nach Kräften bemüht, diesen Umstand zu verschleiern und mit brachialen Methoden gegen seine Kri­ti­ke­r*in­nen vorgeht.

Damit wird es auch immer schwieriger, diese wahnwitzige Aktion noch den eigenen Landsleuten zu verkaufen. Und die, auch wenn sie nicht in Massen auf die Straße gehen, lassen nicht locker. Immer wieder gibt es sie, die Unerschrockenen, die das Risiko, festgenommen und mit hohen Strafen überzogen zu werden, in Kauf nehmen und ihrem Protest Ausdruck verleihen.

Auch die vom Westen verhängten Sanktionen scheinen in Russland Wirkung zu zeigen. Zwar bestreitet die russische Staatsführung das bislang immer noch, doch auch hier gilt: Leugnen ist zwecklos. Anfang April werden tausenden jungen Männern in Russland die jährlichen Einberufungsbescheide ins Haus flattern. Schon in der Vergangenheit entzogen sich viele dem leidigen Dienst an der Waffe, indem sie sich frei kauften oder nach ersten Erfahrung in der Armee Amok liefen – oft mit tödlichem Ausgang. Ihre Anzahl dürfte wachsen angesichts der unschönen Aussicht, sich in der Ukraine verheizen zu lassen – in einem Krieg, den sie nicht wollen.

Wie sagte Russlands Präsident Wladimir Putin gerade wieder so schön: Alles läuft nach Plan. Fragt sich nur nach welchem. Und es könnte sein, dass vielleicht bald ganz andere, wie zum Beispiel die Ukraine, das Drehbuch schreiben.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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49 Kommentare

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  • "Gerade hat Japan gemeldet, dass russische Kriegsschiffe in Richtung Westen dort vorbei gefahren sind. "

    Und wo sollen die hinfahren? Die Türkei hat bereits vor zwei Wochen Bosporus und Dardanellen für Kriegsschiffe beider Konfliktparteien gesperrt.

    english.alarabiya....rdanelles-straits-

    • @Barbara Falk:

      Richtig, aber wo ist hier das Problem?

      Egal was man von Erdogan auch halten mag, er ist ein recht pragmatischer Zeitgenosse der sowohl zu guten Beziehungen zu der Ukraine wie auch zu Russland interessiert ist und deswegen ja auch versucht im Krieg zu vermitteln.

      D.h.: sollte Putin wirklich Kriegsschiffe durch den gesperrten Bosporus fahren lassen wollen wird schon eine "diplomatische" Lösung gefunden werden.............

      Wird m.M.n. aber nicht nötig sein da doch mit Sicherheit sämtliche Kriegsschiffe die Putin benötigt schon lange vor den 24.2. ins schwarze Meer beordert wurden.

      • @Pepbrandt:

        Das war eine Antwort auf @Ruebenmaster weiter unten.



        "da doch mit Sicherheit sämtliche Kriegsschiffe die Putin benötigt schon lange vor den 24.2. ins schwarze Meer beordert wurden."



        Die können jetzt auch nicht mehr aus dem Schwarzen Meer raus.



        Das "Argument" von Ihnen und @Perbrandt, dass das Durchfahrtsverbot irgendwie nicht "gilt" und Putin im Zweifel seine Kriegsflotte folgenlos durch den Bosporus und Dardanellen, also die Hoheitsgewässer des NATO-Mitglieds Türkei schicken wird, ist recht schräg, und natürlich nicht widerlegbar.

        • @Barbara Falk:

          "Die können jetzt auch nicht mehr aus dem Schwarzen Meer raus."

          Richtig. Aber genau dort werden sie doch im Moment benötigt. Wo sollten sie also hinwollen?

          " ..... also die Hoheitsgewässer des NATO-Mitglieds Türkei schicken wird, ist recht schräg...."

          Ach ja? Warum?

          M.W.n. basiert das Verbot auf einen internationalen Vertrag der irgendwann in den 30ern geschlossen wurde und wie alle internationalen Verträge ist er recht umfangreich.

          Z.Z. gilt das Verbot für alle Krigschiffe, nicht nur die der Ukraine und Russlands.

          Sollte nun Russland oder sonst wer warum auch immer Kriegschiffe durch den Bosporus schicken wollen und Erdogan warum auch immer dies auch wollen würde würde er mit Sicherheit seine Anwälte beauftragen eine Begründung für eine Ausnahmerrgelung basierend auf den Vertrag zu finden.

    • @Barbara Falk:

      St. Petersburg, Murmansk, Kaliningrad, Tartus... Oder einfach mal gucken, wie ernst die Türkei es meint. Nicht das erste Mal, das ein russisches Schiff mit schußbereiten Waffen durch Istanbul fährt.

      • @festus:

        Alles was Sie aufzählen ist möglich. Nur die Durchfahrt ins Schwarze Meer eben nicht.



        "Nicht das erste Mal, das ein russisches Schiff mit schußbereiten Waffen durch Istanbul fährt."



        Hat die Türkei tatsächlich in der Vergangenheit schon einmal ein Vebrot ausgesprochen, und Russland hat das ignoriert? Wann war das denn?

  • Militärisch läuft es nicht gut für Russland. Das bedeutet, dass dieses militärisch so wichtige Land in der Weltöffentlichkeit nicht gewinnen kann: Die militärische Stärke ist viel geringer als ich es erwartet hätte. Und die Friedhöfe Russlands füllen sich mit toten Soldaten. Das hat eine langfristige Konsequenz für Putin und sein autoritäres Regime. Es wird nicht ewig so weitergehen können. Schon jetzt sind die Schäden in der Ukraine gewaltig und Putin muss immer brutaler und entfesselter Zivilisten töten, damit die Operation überhaupt noch läuft.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Der "Blitzkrieg" der russischen Armee ist gescheitert.

    Der Abnutzungskrieg jedoch nicht. Europäische Freiwillige auf der Einen, Syrische Söldner und Tschetschenen auf der Anderen Seite. Das Kräftegleichgewicht hat sich nicht verändert. Je länger der Krieg geht, desto heikler wird die Situation für die Ukraine. Klar, Russisches Kriegsgerät geht in großer Zahl verloren, aber die haben halt auch viel viel mehr.

    Es ist letztlich eine Frage wie "teuer" es für beide Seiten wird.

    Das es eine Verhandlungslösung geben wird ist meines Erachtens relativ klar. Die Ukraine komplett zu besetzen wird kaum gelingen, andersherum wird die Ukrainische Armee keinesfalls die Russische aus dem Land werden können.

    Meine Vermutung:



    Minimum:



    - Die Krim sowie der Kanal, der die Wasserversorgung der Halbinsel darstellt, werden Russland zuerkannt.



    - Die Ukraine erklärt sich bereit, westlichen Militärbündnissen UND Manövern fern zu bleiben. Im Falle eines erneuten Angriffes Russlands erhält umgekehrt die NATO das Recht Einzugreifen (Garantie). Teil der EU ja, aber keine Beteiligung an einer evtl. kommenden EU Armee.



    - Die Republiken im Osten werden anerkannt.

    Maximum:



    - Die Landbrücke zwischen Krim und Donezk, incl. Mariupol und Cherson, werden ebenfalls als "Volksrepublik" Russischer Vasall.



    - Die Grenzen von Donezk und Luhansk werden deutlich ausgeweitet.

    Es geht im Prinzip nur noch um die genaue Lage der Grenze.. Und wie viel Putin bereit ist zu riskieren. Je mehr er verlangt, desto länger wird der Westen die Sanktionen aufrecht erhalten. Je weniger er verlangt, desto "teurer" war dieser "Sieg".

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Die Ukraine wird ihr Staatsgebiet nicht aufgeben. Auch die Krim nicht. Und der Krieg läuft immer schlechter für Russland. Bald ist Schlamm-Saison, dann war es das mit russischen Militärfahrzeugen. Dadurch dass das russische Militär zudem ungesicherte Leitungen nutzen muss, weil es zu Beginn des Krieges die ukrainische Infrastruktur zerstört hat, bedeutet zudem, dass Five Eyes und NATO der Ukraine jeden Schachzug berichten können; hat gerade erst zum nächsten toten General geführt. Demotivation bei russischen Soldaten kommt hinzu, während die Ukraine bald noch mehr Flugabwehr und Kamikaze-Drohnen erhält.

      So ein Ungleichgewicht besteht da bald nicht mehr. Russland hat außer seinen Atombomben wenig zu bieten.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Devil's Advocate:

        So sehr ich mir einen Sieg der Ukrainischen Armee wünsche, so sehr zweifle ich an dem sehr einseitig in unseren Medien präsentierten Bild.

        Hat die Russische Armee ein vergleichsweise miserables Bild abgegeben? Ja.



        Hat Sie die Feuerkraft um ganze Landstriche mit Konventionellen Waffen zu vernichten? Oh ja.

        Je größer die Verluste, desto geringer die Schwelle zum Einsatz solcher Vernichtungswaffen.

        Zumal Sie berücksichtigen müssen, dass die Ukraine mittlerweile eine Reine Kriegswirtschaft hat, d.h. alle Teile der Bevölkerung sind entweder geflohen, im Militärdienst oder für den Militärdienst. Häftlinge zu den Waffen usw. .. Russland hingegen hat alleine aufgrund seiner Größe Reserven.

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Es gibt keine "syrischen Söldner" auf russischer Seite, und es wird sie auch nicht geben, bis auf ein paar posierende Hanseln fürs russische Fernsehen. Die Kadyrovtsy sind eine Nationalgarde, keine ausgebildeten Soldaten.



      "Es geht im Prinzip nur noch um die genaue Lage der Grenze."



      Das ist meine Prognose: Die ukrainisch-russische Grenze wird am Ende dieses Konfliktes wieder so verlaufen, wie vor Februar 2014. Wobei die Restitution der Volksrepubliken und der Krim auf politischem Wege erfolgen wird, nicht durch Rückeroberung.



      "Je mehr er verlangt, desto länger wird der Westen die Sanktionen aufrecht erhalten".



      Meinen Sie ernsthaft, mit irgendeiner der von ihnen vorgeschlagenen "Kompromisse", oder selbst durch einen Totalrückzug der Truppen, könnte Putin die Sanktionen ganz oder auch nur teilweise wieder loswerden?



      Diese Sanktionen wurden nicht nur wegen der Ukraine erlassen, sie dienen ganz elementaren Sicherheitsinteressen des Westens: Das putinistische System einzuhegen, politisch zu isolieren und wirtschaftlich so zu schwächen, dass es zu vergleichbaren aggressiven Aktionen dauerhaft nicht mehr fähig ist.



      Die Sanktionen wird Russland erst loswerden können, wenn es eine demokratische Transformation einleitet, also sicher nicht zu Putins Lebzeiten.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Barbara Falk:

        Ob der Westen bereit ist, und unter welchen Umständen, die Sanktionen zu beenden... Keine Ahnung. Ich denke wir reden über Jahre, aber ob 1-2 oder 10-20 (also quasi bis zum natürlichen Tod von Putin), hängt eben davon ab wie das Ganze ausgeht.

        Also Ja, ich halte es für Vorstellbar das die schlimmsten Sanktionen noch zu Leb- und Amtszeiten von Putin beendet werden.

        Eine Rückgabe der Krim wäre nur bei einer Militärischen Niederlage der Russischen Armee möglich. Das sehe ich nicht.

        • @83191 (Profil gelöscht):

          "Also Ja, ich halte es für Vorstellbar das die schlimmsten Sanktionen noch zu Leb- und Amtszeiten von Putin beendet werden."



          An welche denken Sie da? Die schlimmste Sanktion ist das Einfrieren der halben Staatsreserve. Und die wird Russland nie wiedersehen, es sei denn, ein postputinistisches Russland leistet freiwillige Reparationen an die Ukraine (das kommt aber dann ökonomisch auf dasselbe raus).

      • @Barbara Falk:

        Russland hat syrischen Soldaten und Söldnern 1000 € geboten, wenn sie in der Ukraine mitkämpfen. Das ist im Vergleich zu deren Monatslohn von 13 € eine enorme Summe. Laut russischen Angaben (mein letzter Stand) gab es 40.000 Bewerber, von denen 16.000 bereits akzeptiert wurden. Was davon stimmt, werden wir wohl nächste Woche erfahren.

  • Ich glaube die Zeit läuft für Putin. Er hält die Ukrainer mit einer angeblichen Kompromissbereitschaft hin um sich neu zu formatieren und den endgültien Vernichtungskrieg zu führen. Die modernen Waffen der russischen Förderation sind schon unterwegs. Gerade hat Japan gemeldet, dass russische Kriegsschiffe in Richtung Westen dort vorbei gefahren sind.



    Auch wenn Putin politisch verloren hat (was immer das heißen sol) so wird er den Krieg nciht verloren geben und wenn er in der Ukraine keinen Stein auf dem anderen lässt.



    Auch die Belagerungstatktik der großen Städte bringt die Ukrainer in Zeitnot, wenn es an Wasser, Essen und Strom fehlt.



    Putin wird Belagerung und Zerstörung so lange fort führen, bis der Westen endlich mal eingreift und zumindest eine Flugverbotszone einrichtet.

    • @ruebenmaster:

      Per Montreux-Vertrag werden die Dardanellen a weng eng für die Pazifikflotte werden.

    • @ruebenmaster:

      Der eine oder andere kennt die Geschichte der Belagerung Leningrads. Die währte 28 Monate, und war nicht erfolgreich.



      Und ich glaube angesichts der Kreativität des Westens beim Ersinnen neuer Sanktionen, sowie der Bewilligung neuer Etats für die Ausrüstung der ukrainischen Armee (was in wenigen Wochen dazu führen dürfte, dass dort moderne Flugabwehr-Systeme in Betrieb sein werden) eher nicht, dass Putin für seinen "Blitzkrieg" Monate Zeit hat

  • (UNNÖTIG) AUTOFAHRENDE haben den Angriffs-Krieg ermöglicht und halten ihn am laufen. (Und den Klimawandel!)

    Durch die unsägliche Energieverschwendung des Autofahrens wurde sich viele Jahre nicht getraut Russland zu sanktionieren und Reformen einzufordern, wodurch Putin und seine Bande immer stärker und dreister wurden!

    WER GEGEN DIESEN ANGRIFFSKRIEG IST, DER LÄSST DAS AUTOFAHREN und FLUGREISEN SEIN und zieht sich in der Wohnung warm an, auf dass die HEIZUNG möglichst AUS bleiben kann. Das geht!

    Schätze jedoch es wird so sein wie beim Umgang mit der Tiermisshandlung. Abends während dem TV-Bericht ist man (etwas) entsetzt, am nächsten Tag werden aber wieder schäbig billige Tierprodukte gekauft.

  • "Und die, auch wenn sie nicht in Massen auf die Straße gehen, lassen nicht locker. Immer wieder gibt es sie, die Unerschrockenen, die das Risiko, festgenommen und mit hohen Strafen überzogen zu werden, in Kauf nehmen und ihrem Protest Ausdruck verleihen."

    Einen großen Dank an die russische Bevölkerung, die solche Gefahren auf sich nimmt!

    Wie viele würden hierzulande auf die Straße gehen wenn ihnen diese Konsequenzen drohen. Will ich gar nicht wissen.

  • ...wahrscheinlich stellt sich die russische Seite vor, der ukrainischen diktieren zu können, welche Waffensysteme sie haben darf und welche nicht. Solche Limitationen gab es im Falle Österreichs. So durften die Kampfflugzeuge des Bundesheers nicht mit Lenkwaffen, also Luft-Luft-Raketen ausgerüstet werden. Das wurde erst im Zuge der Unabhängigkeitskriege der ex-jugoslawischen Teilstaaten geändert, als es Verletzungen des österreichischen Luftraums durch jugoslawische MiGs gab.

    Allerdings bin ich da ganz bei Frau Oertel: "Jedoch ist die Frage, ob Russland überhaupt noch in der Position ist, Bedingungen zu stellen."

  • Und wenn er (Putin) jetzt ganz einfach vor lauter Wut, zum Äußersten greift? Ich finde das alles, so hämisch man vielleicht sein kann, extrem besorgniserregend.

    • @dator:

      Putin versteckt sich in seinem Bunker, weil er nicht sterben will. Drückt er den Knopf, ist Russland ebenso wie Putins Macht Geschichte. Auch das will er nicht. Seine aktuellen Aussagen, die von Stalin sein könnten (Säuberung der russischen Gesellschaft) sind aber tatsächlich besorgniserregend. Aber eher für die russische Bevölkerung.

  • Russland kann in diesem Konflikt nur zum Preis eines Atomkriegs verlieren. So ein Sieg ist unbrauchbar.



    Und der russische Rubel hat schon fast Vorkrisenniveau. Konflikt also ist eigentlich gegessen.

    • @thewho:

      "Und der russische Rubel hat schon fast Vorkrisenniveau. Konflikt also ist eigentlich gegessen."

      Wo nehmen Sie sowas her? Ich dachte, RT Deutschland sei angeschaltet...

    • @thewho:

      " ...Konflikt also ist eigentlich gegessen."

      Angesichts der Flüchtlingsmassen, der vielen Toten, der zerbombten Städte und sonstigen Zerstörungen, klingt das für mich ein klein wenig zynisch.

  • Der Krieg nimmt eine glückliche Wendung. Beherzt haben die Ukrainer dem Bären auf die Tatzen geklopft und gewinnen jetzt auch diplomatisch die Oberhand. Die Deutschen sollten sich schämen: sie haben nicht den geringsten Anteil an diesem Erfolg.

    • @MikeyBln:

      Der Bär, der den Bienenstock ausräubert, zieht tausende Stiche wehrhafter Bienen auf sich, die ihr Leben opfern, um Brut und Vorräte erbittert zu verteidigen. Die Stiche können dem Bären mit seinem dicken Pelz nichts anhaben.



      Am Ende ist es um die Existenz des fleißigen Bienenvolks doch geschehen und der Bär hat seinen Appetit nach Honig gestillt. Gebe Gott, dass es der Ukraine nicht so ergeht … das ist nur mit Verhandlungen und Kompromissen zu erreichen, nicht mit Krieg.

      • @Abdurchdiemitte:

        Sie überschätzen Russland und unterschätzen die Ukraine. Russlands Kriegsführung ist nicht nur völkerrechtswidrig und menschenverachtend, sondern auch blamabel schlecht

        • @Devil's Advocate:

          Ja, vielleicht, völkerrechtswidrig auf jeden Fall ... jedenfalls keine Widerrede meinerseits.



          Mich stört nur diese hierzulande grasierende Heldenrethorik bzw. Durchhalteparolen vom warmen Sofa aus, während in der Ukraine gelitten und gestorben wird. Am Ende wird der Krieg am Verhandlungstisch entschieden und beide Seiten werden Kompromisse schließen müssen ... ob die dann die Opfer rechtfertigen, ist keinesfalls ausgemacht.

          • @Abdurchdiemitte:

            Ich kann Sie ja ein bisschen verstehen. Sie sollten sich aber auch vir Augen halten, was da gerade passiert: Sie haben ein Land, dass sich einer benachbarten Autokratie nicht unterwerfen will. Dass sich nicht Geld und Rohstoffe rauben lassen will. Dass nicht die Menschen- und insb. Freiheitsrechte nehmen lassen will. Dass nicht vor Korruption triefend (ein zweites Belarus) sein möchte. Dass sich gegen eine angebliche Übermacht stellt, und diese à la David gegen Goliath allmählich in die Schranken weist, obwohl viele Experten ihm keine Chancen eingeräumt haben. Sie haben Selensky, der in der umzingelt Hauptstadt bleibt und dort Verwundete besucht, während Putin sich in seinem Bunker verkriecht. Selbst China sichert sich inzwischen ab für den Fall, dass die Ukraine gewinnt, indem sie beide Seiten spielen. Und das ganze passiert nicht, weil die ukrainische Regierung es will, sondern die Bevölkerung. Russland wurde wirtschaftlich schon um 30 Jahre zurückgeworfen. Sein Militär ist bereits zu mind. 25 % ausgeschaltet worden; es hat immer noch keine Kontrolle über den Luftraum. Es agiert immer unkoordinierter.

            Die Heldenthetorik ist also schon verständlich.

            Zum Verhandlungstisch: Hitler-Deutschland wurde auch nicht am Verhandlungstisch bezwungen.

    • @MikeyBln:

      Zum Glück steht Deutschland mit dem Schämen dann nicht allein da oder hatte irgendein europäisches Land positiven Einfluss auf Putin?

      • @EDL:

        Andere liefern schon seit langem die Waffen, die jetzt Putin aufhalten. Das würde ich schon positiven Einfluss nennen.

      • @EDL:

        Ob Scham überhaupt eine sinnvolle Kategorie für einen außenpolitischen deutschen und europäischen Perspektivenwechsel in den Beziehungen zu Russland ist? Ich bezweifle es jedenfalls. Den Ukrainern ist damit auch nicht geholfen, denn eines ist doch sonnenklar: über die bisherige Unterstützung der Ukraine wird es seitens der NATO keine weitergehenden Hilfen für die Ukraine geben ... dabei könnte die von Selenskyi geforderte Flugverbotszone ("Schliesst den Himmel über der Ukraine") das Kriegsglück sogar tatsächlich wenden helfen, ist also aus ukrainischer Perspektive leicht nachvollziehbar.



        Warum die NATO gerade das nicht tun wird, liegt auf der Hand und ist ausgiebigst diskutiert worden ... es muss also nicht mehr wiederholt werden. Bei aller Solidarität mit der Ukraine ist dies die "rote Linie" des Westens ... das muss offen kommuniziert werden.



        Wenn jetzt in den Medien so viel über vermeintliche oder tatsächliche Erfolge der ukrainischen Streitkräfte berichtet wird, ist das kein Zufall: es dient der Öffentlichkeit in den NATO-Staaten zur Gewissensberuhigung, da die Lieferung modernster Technologie und Waffensysteme ja vielleicht noch eine Kriegswende herbeiführen könnten, ohne direkt eingreifen zu müssen.

  • "Die Spezialoperation der russischen Armee, deren Erfolge ausbleiben und die auch auf russischer Seite viele Opfer gefordert hat, ist aus Sicht Moskaus ein einziges Desaster."

    Ist das so? Ist beim Krieg nicht das erste Opfer die Wahrheit? Ich bin mir nicht sicher, ob die Meldungen über die Erfolge der Ukraine und das Ausbleiben der Erfolge Russlands nicht geschönt sind - es hört sich für mich fast zu gut an, um wahr zu sein [Von den hohen Opfern von Menschen abgesehen. Der ist nie gut, wenn in diesem Krieg auch unvermeidbar].

    Wahr zu sein scheint für mich aber, dass es für Russland nicht so läuft wie geplant. Ob es ein Desaster ist, wage ich nicht zu beurteilen.

    • @Strolch:

      Offizielle Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums: 7000 gefallene russische Soldaten, 21000 Verletzte. Die Zahl bezieht sich auf Bodentruppen der russischen Streitkräfte.



      Das ukrainische Verteidigungsministerium spricht von 13500 gefallenen Russen, bezieht dabei aber Gefallene in den Milizen der "Volksrepubliken" und auch Opfer unter Hilfstruppen (russische Nationalgarde, Kadyrov-Armee) ein. Außerdem wurden etwa 1000 Soldaten (nach anderen Angaben: 700) in Gefangenschaft genommen.



      Die vor dem Krieg an der Grenze zusammengezogenen Bodentruppen sind praktisch vollständig in die Ukraine einmarschiert. Dabei handelt es sich um 120-125 "taktische Kampfgruppen" (boevye taktitscheskie gruppirovki - BTG), quasi Bataillone. Jede BTG besteht aus etwa 800 Soldaten plus wechselndem Fahrzeug-/Gerätepark, insgesamt also etwa 100.000 Soldaten. Wenn von diesen 30% kampfunfähig sind (gefallen, verletzt, in Gefangenschaft), bedeutet das. dass weit mehr als 30% der BTG nicht mehr oder nicht mehr voll einsatzfähig sind, weil sie zu viele Soldaten und Gerät verloren haben. Das ukrainische Verteidigungsministerium sprach gestern davon, dass die Kampfkraft der russischen Bodentruppen um 45-50% dezimiert sei, das erscheint realistisch.



      Schon seit mehreren Tagen gibt es an keiner der Fronten mehr Versuche der Russen, vorzurücken.



      Können die Russen am Boden "nachlegen"? Kaum. Die russischen Armee verfügt offiziell über 165 BTG, aber die 40 BTG in Reserve dürften nur auf dem Papier existieren. Schon viele der 125 Bataillone, die in den Krieg geschickt wurden, konnten nur durch die Zwangsrekrutierung von Wehrpflichtigen komplettiert werden.



      Den Krieg am Boden wird Russland also verlieren, es bleibt ihnen, Bomben zu werfen. Die Vorräte an ballistischen Raketen sind aber endlich (und bei manchen Gattungen bereits erschöpft), und die Ukrainer holen jeden Tag 3-4 Hubschrauber und Flugzeuge (inklusive der erfahrenen Piloten) vom Himmel. Und sie bauen ihre Flugabwehr immer weiter aus.

      • @Barbara Falk:

        Verdammt sind Sie gut informiert! Respekt [Das meine ich ernst, sollte es ironisch klingen]. Wo haben Sie die Zahlen her?

        Was mich etwas optimistischer stimmt, ist ein Hinweis, den ich heute Morgen gelesen habe: Die Russen haben wohl selbst mitgeteilt, dass die Syrer ihnen helfen wollen (ob das stimmt oder nicht, ist erst Mal unerheblich). Wenn die Russen aber selbst auf ausländische Soldaten zugreifen wollen/müssen, scheint es um sie tatsächlich nicht gut bestellt zu sein.

    • @Strolch:

      In Vergleich mit der geplante Blitz Aktion, in ein paar Tagen Kiev nehmen und die Regierung stürzen ist ein absolutes Desaster, das Menschen auf der Straße gehen, Soldaten sterben und Ausrüstung auf dem Weg bleib. Dazu Sanktionen, internationale Isolation, Swift, internationale Unternehmen, die Russland verlassen usw. Das ist mehr als ein Desaster, ist eine Absolute Katastrophe für Putin. Und wenn die Oligarchen, die mitregieren vielleicht bald entscheiden, auch das Ende seine politische Laufbahn (übrigens: in Russland gehen ab un zu diese Oligarchen nicht in der Rente, die werden einfach getötet, wie in der Mafia - das Dualsystem in Russland ist letztendlich wie eine Mafia).

    • @Strolch:

      Wollen wir hoffen, dass es ein Desaster ist.



      Den Ukrainer:innen ist nicht zu wünschen, in Putins Machtbereich zu gelangen.

    • @Strolch:

      Es wirkt verstörend, dass zur selben Zeit, wo russische und ukrainische Delegationen offenbar schon über Details einer zukünftigen Nachkriegsordnung verhandeln, die Zerstörung und das Morden, das Putin und sein engerer Führungskreis über die Ukraine gebracht haben, unvermindert weitergehen … es sollen vorher wohl noch möglichst viele zynische Tatsachen in Form von verbrannter Erde hinterlassen werden.



      Und dabei wissen wir nicht, ob Putin und seine Clique für ihre Verbrechen jemals völkerrechtlich zur Verantwortung gezogen werden … wünschenswert wäre es, wenn die russische Gesellschaft selbst Rechenschaft von ihnen fordern würde. Aber das ist schon den Deutschen mit ihren Nazi-Verbrechern nicht gelungen.



      Ehrlich gesagt, mich interessiert das persönliche Schicksal Putins herzlich wenig … soll er doch zur Hölle fahren oder seinen Lebensabend als Pensionär auf seiner Datscha Memoiren schreibend genießen. Wichtig ist jetzt zuerst: den Krieg beenden und Freiheit für die Ukraine.

      • @Abdurchdiemitte:

        Das der Krieg während den Verhandlungen weitergeht liegt vermutlich einfach daran, dass Russland, aber auch die Ukraine hoffen, dadurch bessere Argumente für die nächste Runde der Verhandlungen zu bekommen. Das ist (leider) bussiness as usual in der Politik.

  • " Neutralität der Ukraine sowie deren Entmilitarisierung mit eigener Armee nach dem Beispiel Österreichs "

    Hm, Entmilitarisierung, aber eigene Armee, widerspricht sich das nicht?



    Ernstgemeinte Frage, hat da wer Ahnung?

    • @~Toni~:

      Mir kommt da als erster Unterschied Kampfwaffen versus Verteidigungswaffen.



      Entmilitarisierung im Krieg bedeutet doch in erster Linie, dass - erst einmal - alle ihre Waffen abgeben müssen. Als Zeichen des offensichtlichen Ergebens.

    • @~Toni~:

      ...wahrscheinlich stellt sich die russische Seite vor, der ukrainischen diktieren zu können, welche Waffensysteme sie haben darf und welche nicht. Solche Limitationen gab es im Falle Österreichs. So durften die Kampfflugzeuge des Bundesheers nicht mit Lenkwaffen, also Luft-Luft-Raketen ausgerüstet werden. Das wurde erst im Zuge der Unabhängigkeitskriege der ex-jugoslawischen Teilstaaten geändert, als es Verletzungen des österreichischen Luftraums durch jugoslawische MiGs gab.

      Allerdings bin ich da ganz bei Frau Oertel: "Jedoch ist die Frage, ob Russland überhaupt noch in der Position ist, Bedingungen zu stellen."

      • @MeinerHeiner:

        In der Wikipedia sind die Limitationen der Bewaffnung des Bundesheeres laut Staatsvertrag von 1955 so dokumentiert: de.wikipedia.org/w...ages_von_Wien_1955



        Das eben beschriebene Fehlen von Luft-Luft-Raketen bei der österreichischen Luftraumüberwachung ging also auf das staatsvertragliche, damit völkerrechtliche Verbot von "selbstgetriebenen oder gelenkten Geschossen" zurück.

    • @~Toni~:

      Natürlich widerspricht sich das.

    • @~Toni~:

      Schau dir die österreichische Armee an, dann hast du die Antwort auf deine Frage.

    • @~Toni~:

      Japan ist “demilitarisiert” hat aber “Selbstverteidigungskräfte”



      Österreich hat ein Heer (ja, das nennt sich so) aber mit dem ist’s nicht weit her. Kann man getrost als “demilitarisiert” bezeichnen…

      • @K'iche':

        Japan ist etwas unglücklich als Beispiel, weil hier die Bevölkerung sehr anti-militaristisch ist. Gleichzeitig ist Japan nicht wirklich demilitarisiert. xD

        Hier ein gutes Video dazu:

        youtu.be/ChA2-K1tZNI