Kommentar zur Bayernwahl: Ins Elend gegockelt
Ein ausdifferenziertes konservatives Lager und dazu der Untergang der SPD. Die Einzigen, die frei vom AfD-Angst-Diskurs sind, haben zugelegt: die Grünen.
E s hat in Bayern einen Schlag gegeben, eine Staubwolke, und erst wenn diese sich senkt, wird man so langsam sehen, was von der CSU noch übrig geblieben ist. Die Partei von Franz Josef Strauß holte in den vergangenen sechs Jahrzehnten nie weniger als 43 Prozent, unter Edmund Stoiber, als sie sich besonders aufgemandelt hatte, war ihr Ziel 50 plus x. Und jetzt bringen Horst Seehofer und Markus Söder ein kümmerliches Dreierle nach Haus. Wahnsinn.
Die AfD ist stark. Die Freien Wähler haben zugelegt. Das konservative Lager differenziert sich aus, ein Teil driftet konstant zu den Rechtsextremen. Seehofer könnte behaupten: Da seht ihr’s, die Union hätte ihren Merkel-Kurs nur scharf genug korrigieren und die rechte Flanke schließen müssen. Aber das ist falsch, denn was alle drei Berliner Regierungsparteien ins Elend geführt hat, ist ebenjene Angst vor der AfD. Angefacht hat diese Angst Seehofer, er löste schon in der eigenen Partei einen „Wer ist krasser?“-Wettbewerb aus, in dem sich die Herren Seehofer, Söder und Dobrindt hochgockelten. An der Bundes-CDU zerrt der Streit um den Kurs, er schwächt Angela Merkel und die SPD steht paralysiert daneben.
An dieser Stelle sei mal gesagt: An sich integre CSU-Leute wie Joachim Herrmann, Manfred Weber oder Ilse Aigner, von denen in den nächsten Tagen noch die Rede sein wird, ließen das Trio an der Spitze gewähren. Sie schwiegen feige. Die CSU ist an der CSU gescheitert.
Die SPD weiß selbst, dass es so nicht weitergeht. Sie steht nun in fünf Bundesländern unter 15 Prozent. Sie wird aber bis zur Hessenwahl in zwei Wochen abwarten, bis sie etwas ändert. Oder sie wird bis Jahresende abwarten. Oder sie wird abwarten, bis sie verschwunden ist.
Grüne auf dem Weg nach oben
Von der Schwäche der SPD profitieren die Grünen. Ihr Chef Robert Habeck will sie zur Nummer zwei der Parteienlandschaft machen. Mit um die 20 Prozent ist man da heute schon dabei. Und Erfolge zeitigen Erfolge. Auf der Treppe nach oben war die Bayernwahl die erste Stufe, die Europawahl im nächsten Jahr kann die nächste sein.
Die zwei Grünen-Duos in Bund und Land vermittelten erfolgreich den Eindruck, dass sie gemeinsam etwas voranbringen wollen. Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie die bayerischen Spitzen Katharina Schulze und Ludwig Hartmann boten ein Teamplay, das vor der Negativfolie des CSU-Zanks und des Groko-Zwists leuchtete.
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Die Grünen, auch darin unterschieden sie sich von den Groko-Parteien, lösten den Wahlkampf vom AfD-Angst-Diskurs. Sie haben gezeigt, dass auch Themen ziehen, die nicht in den Talkshows durchgehechelt werden: Flächenverbrauch hört sich sperrig an – aber Bayerns Grüne haben damit thematisiert, wie Wirtschaft gedeihen kann, ohne die Welt zuzubetonieren.
Die Einwanderungsfrage beantworten sie konstruktiv. Gerade in Bayern gelingt Integration, viele Menschen sind stolz darauf, was sie – ja! – geschafft haben. Die Betriebe des bayerischen Wirtschaftswunders suchen händeringend nach Personal. Dort fragen sich viele, warum bittschön die Abschiebung das Nonplusultra aller Migrationspolitik sein soll; man hat die Kollegen doch gerade erst erfolgreich eingearbeitet. Und jetzt soll man Kälte zeigen?
Das ist das Deutschland, für das in Berlin am Samstag bei #unteilbar Hunderttausende demonstrieren. Das Momentum liegt gerade bei ihnen. Nicht bei einer CSU, die das Abziehbildchen der Rechten sein wollte und dabei so dramatisch scheiterte. Das ist doch eine ermutigende Nachricht.
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