Kommentar Platzeck bei RT Deutsch: Was zusammengehört
Der frühere SPD-Chef gibt dem Kreml-nahen Sender RT ein exklusives Interview. Kritisch wird es nicht, politisch liegt man auf einer Linie.
M atthias Platzeck steht in einer Reihe mit Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry. Alle drei ließen sich nämlich von der kremlfinanzierten Internet-Stimmungsmaschine RT Deutsch interviewen. Ex-SPD-Chef Platzeck plauderte am Dienstag „ausführlich“ mit RT-Deutsch-Chefredakteur Iwan Rodionow über „die Chancen von Martin Schulz bei der Bundestagswahl, die deutsch-russischen Beziehungen, nachdem Sigmar Gabriel das Außenministerium übernommen hat, den BND-Bericht über vermeintliche russische Desinformation sowie den derzeit stattfindenden NATO-Aufmarsch in Osteuropa“, wie RT auf seiner Website anpreist.
Der frühere brandenburgische Ministerpräsident findet offenbar nichts dabei, es sich bei dem Medium gemütlich zu machen, das 2016 noch über die „mutmaßliche Vergewaltigung“ des 13-jährigen russlanddeutschen Mädchens Lisa berichtete, als bereits erwiesen war, dass die Story gar nicht stimmte.
Freundlich lächelnd sitzt also ein ehemaliger SPD-Vorsitzender im Ledersessel und sagt: „Ich halte nichts von Sanktionen und gegenseitigen Militäraufmärschen.“ Beide Seiten – also auch der Westen – sollten doch deeskalieren. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland solle man in internationalen Gesprächen ausklammern.
Wer Platzeck noch als sympathischen Landesvater aus dem Bundesland mit dem vielen Platz und den wenigen Menschen rund um Berlin in Erinnerung hat, könnte meinen, der Pensionär rede aus Unkenntnis Unsinn daher und setze Dinge gleich, die völlig verschieden sind – wie etwa eine symbolische Truppenverlegung mit dem Einmarsch in einen Nachbarstaat.
Aber bei Platzeck, dem Chef des Deutsch-Russischen Forums, hat das Methode. Auf Podiumsdiskussionen – wie kürzlich vor Wirtschaftsvertretern in Potsdam – erzählt er gerne Sentimentales von Besuchen in der russischen Sauna und der nötigen Entspannungspolitik. Gleichzeitig schafft der Kreml militärisch Fakten. Über Tote redet Platzeck nur, wenn er die USA dafür verantwortlich machen kann. Dass Platzeck bei RT auftritt, ist also kein Fehler. Es ist konsequent. Genau dort gehört er hin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen