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Kommentar ArbeitszeiterfassungStechuhr? Ja, bitte!

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen Arbeitszeiten künftig komplett erfasst werden. Das stärkt die Rechte der Beschäftigten.

Flexibel und ständig erreichbar im Job: Das Erfassen der Arbeitszeit wird immer wichtiger Foto: dpa

E s ist eine sehr gute Nachricht für Beschäftigte, auch wenn viele das auf den ersten Blick nicht so empfinden: Der Europäische Gerichtshof will, dass die EU-Mitgliedsstaaten Arbeitgeber zwingen, Arbeitszeiten von Beschäftigten komplett zu erfassen. Das ist gut, denn es stärkt die ArbeitnehmerInnen.

Die – analoge oder digitale – Stechuhr mag vielen wie ein Kontroll­instrument von ArbeitgeberInnen erscheinen, die sie gängeln wollen. Ja, Arbeitszeiten werden mit einer kompletten Erfassung kontrollierbarer. Aber das ist meistens nicht zugunsten der Unternehmen. Denn die profitieren davon, dass oft im Unklaren bleibt, wie viel ihre Leute ackern. Sie zahlen für nicht nachvollziehbare Mehrarbeit nicht.

Bislang müssen in Deutschland nur Überstunden erfasst werden. Das ist weltfremd. Denn wer listet denn Mehrarbeit auf, wenn die reguläre Arbeit gar nicht erfasst wird? Vielen Menschen ist gar nicht gewusst, wie viel sie ohne Bezahlung arbeiten – weil sie das eben nicht festhalten.

Gerade angesichts der immer stärkeren Verdichtung der Arbeit und der verschwimmenden Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben ist es ein immenser Fortschritt, wenn die gesamte Arbeitszeit erfasst wird. Zuhause E-Mails zu beantworten oder etwas anderes für den Job zu erledigen, ist für viele selbstverständlich. Im Zeitalter der ständigen Erreichbarkeit und flexibler Arbeitszeiten muss es neue Regeln geben. Die Erfassung ist dabei zentral. Ohne akribische Dokumentation werden immer mehr Menschen immer mehr umsonst arbeiten. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland mehr als eine Milliarde – nicht Million! – geleistete Überstunden nicht bezahlt. Ein riesiges Geschenk der Beschäftigten an Unternehmen.

Der Europäische Gerichtshof schreibt nicht vor, wie Arbeitszeiten künftig dokumentiert werden sollen. Die Herausforderung besteht darin, Systeme zu finden, bei denen die Beschäftigten die Kontrolle über die Kontrolle haben und die nicht nervtötend sind – und die Unternehmen dazu zu bringen, die heute unsichtbare Arbeit auch vernünftig zu vergüten.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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41 Kommentare

 / 
  • Absurd der Gedanke, dass Arbeitszeiterfassung den Arbeitnehmern nützt.



    Niemand spricht mehr von Arbeitszeitverkürzung. Das wäre eine Politik im Sinne der ArbeitsnehmerInnen. Zumindest für jene, die nicht in hippen, meist unproduktiven Jobs viel Geld einstreichen können.

  • "Das Urteil bedeutet einen Scheiß."



    Sag' ich doch.



    Es bedeutet m. E. in erster Linie mehr Überwachung, wenn nicht sogar ·t o t a l e· Überwachung, mit noch viel mehr Möglichkeiten als reiner Zeitabrechnung…

    Honi soit qui mal y pense 🐽 .



    Wir lassen uns m. E. sowas von verarschen.

  • Ja, ganz toll!



    Arbeite im Pflegeheim bei der Diakonie.



    Vor Einführung der Stechuhr wurde zumindest der Arbeitsbeginn immer ab 6 Uhr gerechnet wenn man jetzt zu spät kommt werden die Minuten entsprechend abgezogen.



    Wenn man hingegen länger bleibt wird die zusätzliche Zeit nicht automatisch anerkannt, sondern wir müssen bevor wir länger bleiben dies bei der Pflegedienstleitung gegründen und genehmigen lassen.



    Der Sprechautomat sagt dann immer in Dauerschleife:" Sie müssen nur ihr Zeitmanagement verbessern!"



    Das hört man sich einmal an und bleibt dann freiwillig länger.



    .

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Ich empfinde diese Urteil als scheußlich. In den letzten 30 Beschäftigungsjahren habe ich in einem Großunternehmen als Tarifbeschäftigter in dem Arbeitszeitmodell „Orientierungsarbeitszeit auf Vertrauen“ gearbeitet. Hier vertrauen ArbeitgeberIn, MitarbeiterIn und Betriebsrat auf emanzipierte und ehrliche Rollen im Vertragsprozess. Ich habe in der tariflichen Regelarbeitszeit gearbeitet, Mehrarbeit wurde in Freizeit ausgeglichen (sofort und ohne Formalien und Schnickschnack) und genehmigte Überstunden einem Freizeitkonto zugeführt. Zugegeben, dass zum Standard zu erklären ist nicht einfach. Meine Erfahrung mit einigen KollegInnen ist, dass man die in Sachen „Engagement“ ggf. vor sich selbst beschützen muss. Aber alles unter Kontrolle haben wollen ....

  • "Fragen Sie doch mal Ihren Betriebsrat, ob und wie Prozesszeiten in der Firma erhoben werden, das fällt nämlich unter die Mitbestimmungspflicht."

    Betriebsrat?



    Mitbestimmungspflicht?

    Sowas kann ein kirchlicher Arbeitgeber nicht mal buchstabieren. Die haben keinen Betriebsrat und müssen das auch nach Gesetz nicht.

    Aber ich arbeite da nicht mehr.

    • @Age Krüger:

      War die ANtwort an @SVEN GÜNTHER von 14:02h weiter unten.

  • Die Bereiche Zeiterfassung, Zeitauswertung, Mehrarbeit und was ist überhaupt Arbeitszeit sind sehr komplex und hier werden in den Leserkommentaren verschiedene Sachverhalte durcheinandergeworfen.



    Das Arbeitszeitgesetz wertet Zeiten der Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit.



    Wenn der Mitarbeiter nichts zu tun hat und seine Arbeitskraft durch Anwesenheit zur Verfügung stellt, der Arbeitgeber ihm aber keine Arbeit zuweist, aufgrund von schlechter Auftragslage, keinen/wenigen Kunden oder einer suboptimalen Allokation der personellen Ressourcen usw. gilt die Anwesenheitszeit als Arbeitszeit. Daher sind Apps, die nachweisen, dass der Mitarbeiter acht Stunden nichts zu tun hatte, trotzdem Arbeitszeit!



    Außerdem sind solche Apps mitbestimmungspflichtig, der Betriebsrat hat hier ein Mitbestimmungsrecht was alles ausgewertet werden darf und was nicht. Auch die DSGVO ist hier zu beachten!



    Meine Erfahrung ist auch eher, dass die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit nach §3 ArbZG selbstverständlich ist und der Arbeitnehmer bei Projekten von Arbeitgeberseite angehalten wird, gar nicht alle Zeiten zu erfassen.



    Da wird dann gerne von werthaltigen Stunden gesprochen und der Mitarbeiter war ja nicht durchgehend acht Stunden produktiv und hatte auch mal Leerläufe ...



    Das Arbeitszeitgesetz kennt aber keine werthaltigen Stunden. Das Arbeitszeitgesetz wertet Zeiten der Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit. Und nur die wird auch erfasst werden in Deutschland laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs! Denn an der bisherigen deutschen Rechtsauffassung, was Arbeitszeit ist, ändert sich nichts!

    • @Frederik Andersen:

      Danke dafür!

  • Für meinen AG dürfte dieses Urteil eine tiefe, wenn auch späte Genugtuung sein.



    Vor ca. 1 Jahr hatte er die Absicht durchblicken lassen, auf allen Computer-Arbeitsplätzen (und für Außendienstler und Heimarbeiter auf deren Firmen-Notebooks) eine App zur Arbeitszeiterfassung installieren zu lassen. Weil er, wie er sagte „erhebliche Zweifel“ an manchen Stundenabrechnungen hätte. Ergebnis war heftiger Widerspruch seitens der Belegschaft, insbesondere wegen des Datenschutzes. Seitdem erfasste jeder MA seine Stunden und Überstunden wieder auftragsbezogen und eigenverantwortlich in einer vorgegebenen Excel-Liste, und der Chef kann die Angaben glauben (oder auch nicht).



    Im Kollegenkreis dürfte man nicht sehr glücklich sein über die „Vorliebe“ der TAZ für die Stechuhr.



    Apropos Stechuhr: Darauf angesprochen, meinte der Chef nur, dass es im Zeitalter „Industrie 4.0“ eben auch eine „Stechuhr 4.0“ geben müsse!

    • @Pfanni:

      Wo ich arbeitete, gab es zwar eine Stechuhr, und trotzdem wurde von einigen AN sehr massiv betrogen. Zum Beispiel so, dass eine Person früh morgens kam und für andere mitgestempelt hat (die viel später erschienen). Oder - damals noch möglich, da noch richtig alte Stechuhren - mit einem Mal alle Dienstage des Monats gestempelt wurden und man dann an den anderen Dienstagen gar nicht kam oder nur kurz etc... Insofern macht Stechuhr oder Nichtstechuhr für AN evtl. keinen Unterschied.

    • @Pfanni:

      Tja - korrekt.

      Nicht nur er hatte ersichtlich einen an der 🍳- kerr!

      unterm—- all das begann ja viel früher



      & deswegen kann frauman das alles sehr genau wissen.



      Wie unten schon zu KA angerissen - wunderten sich - verschärft ab Anfang der 90er - Arbeitsrichter über minutengenau belegte Kündigungsgründe.



      Via BetrVerfG & den LPVGs wurde a weng “soziales Öl“ eingeträufelt.



      Naja! Die Pupsi-Folgen sind längst aktenkundig. Aber scheint's bzgl Folgen auf der Arbeitnehmerseite - beim Geben ihrer Arbeit - ja einschließlich taz noch nicht ubiqitär bekannt. Newahr. Normal - Leider.



      Njorp.

  • Na, prima.



    Da kann der Arbeitgeber ja bald besser feststellen, wie schnell welcher Mitarbeiter seinen Job macht.



    Er sieht sofort, dass KollegIne A das alles in 8h schafft, während KollegIne B immer eine halbe Stunde länger, weil evtl. älter, nicht so fit oder welche Gründe es geben mag, warum B evtl. lieber etwas ruhiger arbeiten möchte und dafür eine halbe Stunde mehr gerne in Kauf nimmt.



    Ich weiß nur, dass im Heimbereich bei Erziehung und Pflege sowieso schon alles nur am Limit ist, dass man mit der vorgegebenen Arbeitszeit gerade mal satt, sicher, sauber gewährleisten kann. Leidtragende/r wird als die/der KollegIne sein, der den Bewohnern etwas mehr Zuwendung geben möchte.



    Und im Bereich der individuellen Einzelmaßnahmen, bei denen der/die zu Betreuende mit dem/der ErzieherIn/TherapeutenIn in einer "sozialpädagogischen Wohngemeinschaft" lebt, muss dann auch jeder Gedanke, den der/die ErzieherIn an den Menschen verschwendet als Arbeitszeit berechnet werden.

    Das Modell braucht dringend für soziale Berufe Ausnahmen. Ich will meine Arbeit und auch die Zeit, die ich dafür brauche, selbst bestimmen. Das ist mir wichtiger als Überstundenzählen.

    • @Age Krüger:

      Wenn Sie einen Job am PC oder IT gestützter Maschine haben und die IT in bei Ihrem Arbeitgeber was taugt, weiß der das schon lange.

      Fragen Sie doch mal Ihren Betriebsrat, ob und wie Prozesszeiten in der Firma erhoben werden, das fällt nämlich unter die Mitbestimmungspflicht.

      Es ist möglich, bei entsprechender Programmierung der Prozesse genau festzustellen, welcher Mitarbeiter bei welchem Prozessschritt wie lange gebraucht hat und mit den Daten aus der Personalstelle wie der MAK Bestand in der jeweiligen KW in jeder Abteilung war und den Auftragsein und -ausgängen die das System sowieso erhebt, können Sie die "Produktivität" von Abteilungen berechnen und wenn da regelmäßig weniger als ein Wert X rauskommt, heißt es, wir haben da einen MAK Überhang, da müssen wir gegensteuern...

      • @Sven Günther:

        "Fragen Sie doch mal Ihren Betriebsrat, ob und wie Prozesszeiten in der Firma erhoben werden, das fällt nämlich unter die Mitbestimmungspflicht."

        Betriebsrat?

        Mitbestimmungspflicht?

        Sowas kann ein kirchlicher Arbeitgeber nicht mal buchstabieren. Die haben keinen Betriebsrat und müssen das auch nach Gesetz nicht.

        Aber ich arbeite da nicht mehr.

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Das könnte er ja jetzt schon, wenn er wollte.



      Zukünftig ist er jedoch verpflichtet, die Arbeitszeit komplett zu erfassen, nicht aber die Produkte, Projekte, Werkstücke oder Patienten auf die sich die Arbeitszeit bezieht.

      Dann hat, im Gegensatz zur derzeitigen Regelung in Spanien, der Arbeitsnehmer einen Nachweis über die geleistete Arbeitszeit.

    • @Age Krüger:

      Meine Erfahrung ist, dass das Arbeitszeiterfassungssystem (Handy-App mit Leistungs- und Zeiterfassung beim Kunden), das ich in der ambulanten Pflege benutzt habe, ständig von der Pflegedienstleitung am Computer manipuliert wurde – ging ganz leicht und für mich nicht kontrollierbar. Die Fehlstunden gegenüber meiner handschriftlichen Aufzeichnung gingen pro Monat ins "Zweistellige" – die haben also deutlich weniger Stunden gutgeschrieben, als ich gearbeitet hatte. Und da ging es "nur" um die reguläre Arbeitszeit. Der ständige Kampf um das, was einem zusteht, zermürbt. Und es wurde immer zu meinen Ungunsten abgerechnet, wirklich immer. Das ging nicht nur mir so.



      Es müsste erstmal um bessere Bezahlung und dann um fälschungssichere Arbeitszeiterfassung gehen.



      Und es müsste arbeitnehmerfreundlich festgelegt werden, wie lange für welche Tätigkeit und menschliche Zuwendung (die fällt total unter den Tisch, denn die nächste Kund*in wartet ja schon!!) gebraucht werden darf.



      Nicht die|der ·schnellste· Beschäftigte darf der Maßstab sein!



      Aber das würde das Ausbeutungssystem ja ad absurdum führen.



      Also wird das Zeiterfassungssystem so gestaltet sein, dass zumindest Ausnahmen vereinbart werden, die alles beim Ausbeuten belassen können.



      Ich habe da kein Vertrauen – egal wie das gelöst werden wird.

    • @Age Krüger:

      Tja - anschließe mich.

      Hier spricht mal nicht der Blinde von der Farbe.

      unterm---- mal aus dem Bereich der öh



      Unabhängigen - ohne Arbeitszeitregel!



      “Oh prima - da steh ich ja prima da!"



      Einer auf der Überholspur - als einst bekannt wurde - daß der KollegePräsi.



      Die Erledigungen pro BE erfassen ließ.



      &



      “Ja - mit Ihrem ständigen Hervorheben wie wichtig Sie die Erl.Zahlen gerade unter Beförderungs&Pusher-Gesichtspunkten nähmen. Will jetzt keiner mehr in meine Kammer mit den bekannt hochkomplexen Verfahren rein! Vielen Dank!"



      Die Gegenseite war not amused!

      So geht's & Schonn - Ohne Stechuhr!

      • @Lowandorder:

        In der Justiz stelle ich mir das auch Klasse vor, wenn ich vorgegeben bekommen, in welchem Zeitraum ich gerecht sein soll, wenn ich diesen Anspruch an mich stelle.



        Der Mann einer Kollegin war als Staatsanwalt noch nicht mal so gefordert wie ein/e RichterIn, aber der war lt. ihren Angaben auch nicht mehr in der Lage, die Fälle so zu bearbeiten, dass er noch mit halbwegs gutem Gewissen für jeden eine Anklageschrift überhaupt erstellen konnte.

        • @Age Krüger:

          ergänz mal solche Versuche -

          “…die Prüftiefe verringern…“ & ähnliches. Präsi-Schnack - peinlich.



          Aber über Bande heute längst Beurteilungenrealität. Traurig - aber wahr. Normal. Leider.

          Denn. Als Richter haste halt qua Gesetz:



          “Da ist die Tür! - Wenn Sie sich bitte empfehlen wollen! Danke. Wirsing!“



          Hardcore coram publico :



          “Wenn Sie mir Ihre Beurteilung im geschlossenen Umschlag auf den Schreibtisch legen lassen. Werfe die eh ungelesen in den Papierkorb.



          & Herr …… - Danke.



          Sehe mich damit als angehört an!“



          So geht’s halt auch.

          unterm——Eberhard Itzenblitz



          “Unabhängig und dem Gesetz unterworfen“ 1979 - zur Realität -



          www.deutsches-film...tz_unterworfen.htm

  • Ach ja. Mach Bosse. Wie bekannt doch.

    ”…Der Europäische Gerichtshof schreibt nicht vor, wie Arbeitszeiten künftig dokumentiert werden sollen. Die Herausforderung besteht darin, Systeme zu finden, bei denen die Beschäftigten die Kontrolle über die Kontrolle haben und die nicht nervtötend sind – und die Unternehmen dazu zu bringen, die heute unsichtbare Arbeit auch vernünftig zu vergüten.“

    & Genau da - liegt der Hase im Pfeffer.



    “…Systeme zu finden, bei denen die Beschäftigten die Kontrolle über die Kontrolle haben…“ Ach was! Sach an👺

    Es sei daran erinnert - daß die völlig überraschende Entscheidung Karlsruhes zum - Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.



    Auf den Erfahrungen des damaligen Berichterstatters zur beginnenden digitalen Arbeitszeiterfassung via PCs etc & dem damit sofort betriebenen Schindluder im Arbeitsrecht basierte.

    &



    Daß diese Entscheidung - Bürger vs Staat!! - noch heute in den IMs Schaum vorm 👄 produziert & in die Tischkante beißen läßt.



    Gibt eine Ahnung davon - was da im weit weniger rechtlich eingehegten Bereich der Arbeitswelt zu besorgen ist.

    kurz - Mit Verlaub - Frau Anja Krüger -



    'Den Teufel mit dem Beelzebub' - kerr!



    Sorry - Ihren lauten Optimismus - sicherheitshalber a weng abgleitet a.E. -



    Teile ich nicht.

    unterm——empfehle als antidot - 👺



    John Holloway & Edward P. Thompson: Blauer Montag. Über Zeit und Arbeitsdisziplin. Aus dem Englischen übersetzt von Lars Stubbe. Edition Nautilus



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Blauer_Montag

    (& als Schlagobers - als Tür&Tor - noch mit th geschrieben wurden:



    “Jung - dat mütßdi maarken!



    Dat Shiiten ward hier mitbetoolt!“



    Beschied einst der Vorarbeiter auf Flender - unseren Hausarzt in HL - der tapfer als Werkstudent einst “ich könnt Ihnen da was verschreiben!“ - Stuhlgangpflege medikamentieren wollte.

    Tja - ging glatt in die Hose. Zu recht. 😈



    (“Wenn hei wat shall - mut hei ut de Büx!“ alte Bauernweisheit!;)

    Ende des Vorstehenden

    • @Lowandorder:

      kleiner Nachschlag wg Stechuhren -

      Als gut personalvertretungsrechtlich -



      Gestählter - habe ich nicht nur beim WDR et al. - meist als Zaungast - die internen Auseinandersetzungen dazu gut hautnah - mitbekommen.



      &



      Das derzeitige rechtliche Regelwerk ist schon im öffentlichen Bereich!! rudimentär & schwer reparaturbedürftig. Von dessen Durchsetzung mal noch dazu ganz ab. Newahr. Normal Schonn.

      kurz - Für naiv-unbeleckten Optimismus - ist echt kein Raum.

  • Als die ersten Stechuhren aufkamen, gab es einen riesigen Protest, bei dem auch die Gewerkschaften fleißig mitmischten. Man sah Grundrechte gefährdet und betrachtete die Sache als Knechtung der Arbeitnehmer.

    Wie sich doch die Zeiten ändern! Jetzt wird dasselbe als "Verbesserung" für die Arbeitnehmer verkauft, obwohl es nur eine weitere Maßnahme zur verbesserten Verwaltung des Chaos ist.

  • Stellt Euch vor, liebe taz-Redaktion, es gibt Menschen, die arbeiten gerne. Vor allem bei jungen Start-ups vermischt sich Arbeit und Privates....da Steht der Kicker im Pausenraum und wird nach "Feierabend" noch ne runde genutzt, nur um danach noch eine Runde zu arbeiten. In welcher Wirklichkeit leben diese EU-Richter?

    • @casio:

      Junge start-ups stellen nun wirklich nicht den Großteil der deutschen Arbeitgeber. Wie wäre es denn mal mit abwarten bis sich abzeichnet in welche Richtung das Ganze geht?

  • Hört sich ja schön an, gerechte Erfassung der Arbeitszeit. Bleibt die Frage, wie das umgesetzt werden soll. Gerade viele prekäre Jobs - etwa Fahr- und Zustelldienste - lassen sich nur schwer erfassen. Busfahrer trixen immer wieder mit ihren elektronischen Karten, um die Fahrzeiten einhalten zu können. Die Beschäftigten sitzen am unteren Ende der Fresskette. Wer seinen prekären Job behalten will, stempelt dann halt früher ab und malocht weiter.

  • Wie soll denn meine Arbeit die ich zu Hause leiste oder eben nicht an Ort und Stelle im Betrieb von einer Stechuhr gemessen werden? Die Wiedereinführung von Stechuhren ist doch für grade die Menschen die nicht nur im Betrieb arbeiten eher Kontraproduktiv weil damit nur die Zeiten gemessen werden können die sie am Arbeitsplatz verbringen. Ganz viele kämen dann wohl auf Minusstunden. Was machen denn die vielen Außendienstler oder diejenigen die öfter mal auf Montage sind? Homeoffice mit Stechuhr am Küchenschrank oder wie? Weltfremde und dumme Idee für sehr viele.

    • @Gagarin:

      Also, ich habe eine wirklich einfache App auf dem Telefon aller Leute, die bei mir arbeiten. Sobald mit einer Aufgabe begonnen wird, tapst man einmal drauf. Ist man fertig, tapst man nochmal drauf und zieht dann aus einem einfachen Drop-down Menü eine Projektnummer dazu, und fertig. Wenn man nicht selbst steuern kann, wann es beginnt (z.B. Kunde ruft abends an), kann man Zeitblöcke auch manuell eintragen, auch sehr einfach. Unsere Devise ist, daß wir unsere Zeit nicht verschenken - intern wie extern.

      • @Wurstprofessor:

        Wenn der Arbeitnehmer nach Gutdünken unkontrolliert und unbeaufsichtigt auf eine App tippt, dann erfüllt das sicherlich die vom EuGH vorgeschriebene ordentliche Erfassung. Vermutlich ist Home-Office wenn überhaupt, dann n ur noch eingeschränkt möglich. Und private Handy- oder Internetnutzung kann nur in den Pausen erfolgen.



        Unter dem Strich eigentlich eine faire Regelung - sofernn man Arbeit als Anwesenheitszeit definiert.

    • @Gagarin:

      Wieso Stechuhr? Wieso so anlog im 21 Jahrhundert.

      Programm auf den arbeitscomputer/smartphone das die arbeitszeit dokumentiert und gut ist.

      Bei Freizeitbeschaeftigung oder pause entsprechend das Programm einstellen, fertig.

      • @Obscuritas:

        Und Manipulationen sind natürlich weder seitens der Arbeitgeber noch seitens der Arbeitnehmer möglich …



        💤 💤 💤 💤 💤 💤

    • @Gagarin:

      Es ist unter anderem gerade der Sinn der Arbeitszeiterfassung auch solche Tätigkeiten zu erfassen, die betriebsfern oder außerhalb der regulären Arbeitszeit geleistet werden.



      Das ist selbsverständlich auch möglich.



      Z.B.



      - Über eine App auf dem Smartphone



      - Über Software auf einem durch den Betrieb zur Verfügung gestellten Laptop



      - ...

  • Ich habe vor vielen Jahren mal im Rewe gearbeitet als Regalauffüller. Ich habe regelmäßig mehr gearbeitet, als ich musste, manchmal waren es zwei Stunden mehr.



    Die Zeit wurde natürlich erfasst und von der Chefin nachträglich gelöscht. Das wusste jeder und da konnte man nichts machen. Das Urteil bedeutet einen Scheiß.

  • Die öffentliche Diskussion sellt sich größtenteils als systematische Denk-Verweigerung dar.



    Die Methode ist nicht vorgeschrieben.



    Es wird auch nicht verboten, dass ein Mitarbeiter in seiner Freizeit arbeitet. Es wird auch nicht vorgeschrieben, minutengenau zu erfassen.



    Absurd überzogenen Ansprüche sind kein Gegenargument.



    Was spricht dagegen, dass die Firma ihre Leute selbst ne Zeitliste führen lässt, und die unkommentiert abheftet, solange es keine Probleme gibt ?



    Das dient dem Schutz der Beschäftigten!

  • Wurde doch in vielen Betrieben bereits eingeführt: Die Mitarbeiter*innen loggen sich zum regulären Arbeitsende offiziell aus, kehren dann aber wieder an ihren Arbeitsplatz zurück, um die fast täglich obligatorischen unbezahlten Überstunden abzuleisten.

  • Die Begeisterungsstürme aller sich links verortenden Journalist*innen über den generellen Zwang der Arbeitszeitkontrolle lassen sich nachvollziehen. Denn damit soll der Ausbeutung der Arbeitneh-mer*innen ein Riegel vorgeschoben werden. Was allerdings vergessen wird ist, dass es bei Arbeit nicht auf die Zeit, sondern auf die Leistung ankommt. In der Physik als Arbeit pro Zeit bekannt. Wo bleibt bei dem pauschalen Hurra-Geschrei ein Gedanke darüber wie überlange Kopier-, Schwätzchen- und Zigarettenpausen der Mitarbeiter*innen "gemessen" werden gegenüber denen, die sich auf ihre Aufgaben konzentrieren? Oder wie kann man sich als Arbeitnehmer*in noch dafür entscheiden, seine Arbeiten mit weniger Stress, dafür aber mehr Zeitaufwand zu erledigen, wenn es nur noch auf die Zeit ankommt? Nein, das Hochjubeln der Arbeitszeiterfassung ohne ein paar kritische Gedanken zum Arbeitsinhalt, zum Stress, zu Faulenzern und zu neuen Arbeitsformen ist nicht gerechtfertigt.

    • @Gerolf Heberling:

      Das Problem fängt damit an, "Arbeit" als abrechenbare Ware, die den Marktgesetzen unterliegt, anzusehen.

      Denn für die eine Seite ist das Lebenszeit, für die andere ein vermarktbares Ergebnis.

      Wenn Arbeit sinnstiftend und selbstbestimmt ist, dann gibt es keine Konflikte.

      Andernfalls verträgt sich das nicht besonders mit unserer Vorstellung von Menschenwürde.

      Wir werden immer wieder in diesem Brei herumrühren bis wir uns das klar gemacht haben. Da hilft Physik tatsächlich wenig.

    • @Gerolf Heberling:

      "Was allerdings vergessen wird ist, dass es bei Arbeit nicht auf die Zeit, sondern auf die Leistung ankommt."



      Nein, das wir nicht vergessen. Im Arbeitsvertrag haben zwei Parteien festgelegt, was beide Seiten tun müssen.



      AN muss Tätigkeit x,y und z in der Zeit t erbringen, dafür bekommt er Geld.



      Wir reden hier über die Zeiterfassung, nicht die Leistung des AN. Ist die Leistung der AN nicht ausreichend, wird der AG es merken und kann intervenieren.



      Dieses Problem kann aber nicht gerecht und vernünftig über die Zeiterfassung geregelt werden.

  • Zitat: „Der Europäische Gerichtshof schreibt nicht vor, wie Arbeitszeiten künftig dokumentiert werden sollen. Die Herausforderung besteht darin, Systeme zu finden, bei denen die Beschäftigten die Kontrolle über die Kontrolle haben und die nicht nervtötend sind – und die Unternehmen dazu zu bringen, die heute unsichtbare Arbeit auch vernünftig zu vergüten.“

    Und genau deswegen ist der Jubel verfrüht. Schließlich: Wer wird entscheiden darüber, welches System der Arbeitszeiterfassung angewendet wird? Diejenigen, die schon bisher übervorteilt wurden, oder diejenigen, die bisher einen Teufel getan haben, geleistete Arbeitszeit auch zu vergüten? Nun? Wer? Na also!

  • Der penetrante Unterton der profitlichen Unternehmer und gebeutelten Arbeitnehmer ist mal wieder für mich too much.



    Es gibt genug superschlaue Mitarbeiter die alles andere tun als eben nicht für ihren Betrieb zu ackern, sondern alles möglich nebenher erledigen und total im Streß sind.



    Aber seis drum, genau deswegen bin ich auch dafür.

  • Finde ich absolut richtig. Wenn die Arbeitgeberverbände was dagegen haben, dann ist man immer auf dem richtigen Weg. Gilt das dann eigentlich auch für Lehrer? Die bekommen ja keine Überstunden angerechnet. Jemand eine Idee?

    • @Michi W...:

      Ich wüsste nicht, wie ich meine außerschulischen Arbeitszeiten erfassen sollte. Z.B. ist Zeitungslektüre immer auch Materialsuche, also Unterrichtsvorbereitung. E-Mails werden von unterwegs beantwortet. Sollte ich minutengenau meine Arbeitszeit erfassen, würde die Dokumentation einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten. Und wozu, wenn Überstunden sowieso nicht bezahlt werden? Oder soll ich die Klausuren in Zukunft unkorrigiert lassen, wenn die Wochenarbeitszeit überschritten ist? Wer rechnet diese über's Jahr aus, wenn auch unterrichtsfreie (Arbeits-) Zeiten gegen Ferien aufgerechnet werden müssen?