Klimaprotest in Brandenburg: Handgemachter Kohleausstieg

Im Jänschwalde haben Ak­ti­vis­t*in­nen ein Kohlekraftwerk blockiert. Die Anlage sollte trotz hoher Emissionen wieder verstärkt betrieben werden.

Nahaufnahmen eines Umweltaktivisten, der sich an eine Bahnschiene gekettet hat

Klimaaktivist am Braunkohlekraftwerk Jänschwalde Foto: Patrick Pleul/dpa

Die Nacht liegt über dem etwas nordöstlich von Cottbus gelegenen Jänschwalde, nur die unzähligen Lichter an den Kraftwerksblöcken überstrahlen die Einöde. Eine Person mit Tarnbemalung im Gesicht liegt auf einem Förderband und sagt: „Meine Arme sind angekettet, damit die Blockade länger hält!“ Das zeigen Videoaufnahmen, die Ak­ti­vis­t*in­nen auf einem Twitter-Account mit dem Namen „Jänschwalde abschalten! Unfreiwillige Feuerwehr“ in den frühen Montagmorgenstunden verbreiten.

Etwa 40 Ak­ti­vis­t*in­nen sind auf das Gelände von Deutschlands drittgrößtem Kohlekraftwerk eingedrungen. Ein Teil besetzt die Kohlebunker auf dem Kraftwerksgelände und machte sich an Förderbändern fest. Zwei weitere Gruppen blockieren die Gleisverbindungen zwischen dem Tagebau Jänschwalde und dem Kraftwerk. In einer Pressemitteilung äußert sich die Gruppe: „Wir nehmen hier und heute den Kohleausstieg selbst in die Hand“, so Jette Klamnitz, die Teil der Aktion ist.

Jänschwalde gehört zu den traurigen Top 5 der Kohlekraftwerke in Europa mit den höchsten CO2-Emissionen. Das zeigen Daten aus dem Jahr 2019, veröffentlicht von der britischen Denkfabrik Ember. Vor zwei Jahren verkündete die Bundesregierung, dass Jänschwalde bis 2028 abgeschaltet werden soll. Zwei Blöcke waren bereits vom Netz. Das neue Energiesicherungsgesetz sieht nun aber die Möglichkeit zur Wiederinbetriebnahme bis März 2024 vor. Am 1. Oktober sollen die alten Blöcke zurück ans Netz, auch wenn das der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) Schwierigkeiten bereitet und sie zudem Emissionsgrenzwerte überschreiten, wie die „Tagesschau“ berichtet.

Es ist ein holpriger Weg, den die Braunkohle in der Lausitz nimmt. Der angrenzende Tagebau machte zuletzt im Frühjahr Schlagzeilen. Das Verwaltungsgericht Cottbus urteilte, dass der Betrieb am 15. Mai einzustellen sei. Über Jahre wurde mehr Grundwasser als genehmigt abgepumpt, wie Recherchen der Deutschen Umwelthilfe ergaben. Die LEAG befürchtete Energieengpässe. Anfang Mai kassierte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dann die Entscheidung. Öffentliche und wirtschaftliche Interessen überwiegen, hieß es. Außerdem seien der Krieg in der Ukraine und mögliche Versorgungsengpässe zu berücksichtigen. Die Braunkohlevorkommen reichen allerdings ohnehin nur noch bis zum kommenden Jahr.

Der Innenminister droht mit „empfindlichen Strafen“

Für die Ak­ti­vis­t*in­nen ist das eine Ausrede, um den Profit mit Kraftwerk und Grube weiter voranzutreiben, anstatt auf erneuerbare Energien umzurüsten. Der russische Angriffskrieg dürfe nicht als Rechtfertigung genutzt werden, schreiben sie.

Beim Personal des Kraftwerks kommt die Aktion offenbar nicht gut an. Die Ak­ti­vis­t*in­nen berichten davon, dass Förderbänder, unter denen sie sich angekettet hatten, kurzzeitig wieder in Betrieb genommen und damit Leben gefährdet wurden. Außerdem seien sie bedroht worden.

Nach Angaben der LEAG mussten zwei Blöcke heruntergefahren werden. Ein Unternehmenssprecher nennt die Aktion einen „Angriff auf die Versorgungssicherheit“. Für die Polizei sei klar, dass es sich nicht um einen legitimen demokratischen Protest handle, da der Betrieb gestört werde – so Maik Kettlitz, Pressesprecher der Polizeidirektion Süd in Cottbus. Nun werden die Blockaden geräumt, der CDU-Innenminister poltert von „empfindlichen Strafen“.

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