Kampagne gegen umstrittenen Gas-Verband: Austrittswelle aus Lobbyvereinigung
Kritiker:innen werfen dem Verband „Zukunft Gas“ vor, gegen die Wärmewende zu arbeiten. Dutzende Stadtwerke kündigen ihre Mitgliedschaft.
Die Kampagne gegen die Lobbyvereinigung läuft seit fast einem Jahr. Kritiker.innen werfen dem Verband vor, sich für die Fortsetzung des Geschäfts mit fossilem Gas einzusetzen. Nach ihrer Auffassung forciert der Verband das Verschleppen der Wärmewende von fossilen zu klimaschonenden Lösungen und vertritt in erster Linie die Interessen von großen Gaskonzernen.
Außerdem greifen Kritiker:innen die Vereinigung an, weil sie behauptet, dass künftig Wasserstoff zum Heizen genutzt werde – was angesichts der damit verbundenen sehr hohen Kosten extrem unwahrscheinlich ist. So werbe „Zukunft Gas“ nach wie vor für den Einbau von Gasheizungen, kritisiert Christina Deckwirth von Lobbycontrol. „Das verzerrt den Diskurs“, sagt sie. „Der Lobbyverband stellt in Aussicht, bestehende Geschäftsmodelle einfach erhalten zu können.“
Auf diese Weise werde der Eindruck erweckt, Stadtwerke müssten nicht schnell handeln, um mehr Klimaschutz beim Heizen zu erreichen, erklärt Deckwirth. Das Gegenteil sei aber der Fall. „Es braucht jetzt breite und ausgewogene Debatten vor Ort, ohne irreführende Zwischenrufe der mächtigen fossilen Konzernlobby“, betonte sie. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen wollte sich der Verband ebenfalls nicht äußern.
Stadtwerke sollen sich nicht einspannen lassen
Von 103 im August 2022 als Mitglied gelisteten Stadtwerken sind aktuell nur noch 59 auf der Website von „Zukunft Gas“ sichtbar, so die drei Organisationen. Von den fehlenden 44 gibt es von 38 die Bestätigung, dass sie definitiv keine Mitglieder mehr sind. Die Austritte werden laut Lobbycontrol mit Klimaschutzgründen, Kritik an veralteten Geschäftsmodellen oder mit dem Druck der Kommunalpolitik begründet.
Um weitere Austritte zu fördern, haben die Organisationen gemeinsam mit lokalen Initiativen Briefe an die Aufsichtsräte der Stadtwerke geschrieben, die noch Mitglied von „Zukunft Gas“ sind. Darin heißt es „Wir bitten Sie als Aufsichtsratsmitglied, zu intervenieren und zu verhindern, dass Ihr Stadtwerk sich vor den Lobby-Karren der Gasindustrie spannen lässt!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen