Jugendarbeiter über Rechtsextremismus: „Wir sind nicht mehr“

Tobias Burdukat kritisiert den Hashtag #wirsindmehr. Wer in linken Projekten im ländlichen Raum unterwegs ist, wisse: So ganz stimmt das nicht.

Jugendsozialarbeiter Tobias Burdukat sitzt in einem Garten

Wer wirklich die Zivilgesellschaft gegen die Nazis mobilisieren wolle, der dürfe die Antifa nicht ausgrenzen, sagt Jugendsozialarbeiter Burdukat Foto: Verena Vargas

Nach den Ereignissen bei den „Trauermärschen“ von Chemnitz in Sachsen und zuletzt Köthen in Sachsen-Anhalt zeigten sich viele über das Mobilisierungspotenzial einer organisierten Naziszene überrascht. Tobias Burdukat nicht. Der Jugendsozialarbeiter, der mit seinem „Dorf der Jugend“ in der alten Spritzenfabrik im sächsischen Grimma seit vielen Jahren eine aufklärerische und letztlich antifaschistische Jugendarbeit macht, kennt es gar nicht anders: „Die Nazis waren schon immer da“, sagt er im taz-Interview. Die Politik habe sie nur stets ignoriert.

Der 35-jährige Burdukat, der 2016 für sein Engagement den taz Panter Preis bekam, wurde selbst in seiner Jugend in Grimma schon von Nazis zusammengeschlagen. „Die haben jetzt Kinder, und das sind auch größtenteils wieder Nazis,“ berichtet er. Und weil gerade aus den ländlichen Regionen in Sachsen letztlich alle wegziehen, die für eine weltoffene Gesellschaft stehen, weil es ihnen dort zu eng wird und sie es nicht mehr aushalten, können sich die Nazis immer ungehinderter ausbreiten.

Deshalb kritisiert er auch den Hashtag #wirsindmehr, der dem Konzert gegen rechts in Chemnitz am 3. September als Motto diente: Diejenigen, die in Projekten im ländlichen Raum unterwegs sind, hätten sofort gewusst: „So ganz die Wahrheit ist das nicht.“

Besser hätte ihm #wannwennnichtjetzt gefallen: „Wenn die Menschen wirklich wollen, dass sie mehr sind, dann müssen sie was tun. Dann müssen sie auf die Dörfer kommen. In der Stadt ändert sich das nicht.“ Um gegenzuhalten, fehle es auch an Geld: Burdukat selbst hat eine 30-Stunden-Stelle, deren Verlängerung er jedes Jahr neu beantragen muss. Bei anderen Projekten sieht es nicht besser aus.

Und im Übrigen: Wer wirklich die Zivilgesellschaft gegen die Nazis mobilisieren wolle, der dürfe die Antifa nicht ausgrenzen. Das habe, sagt Burdukat, doch auch bei der Anti-Atombewegung funktioniert: Bauern hätten damals mit militanten Atomgegnern gemeinsam gestanden. Ergebnis: Heute ist der Atomausstieg beschlossen.

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Hier können Sie sich das Gespräch mit Tobias Burdukat ansehen:

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