Jamaika-Sondierungen unterbrochen: Powernap gegen die Fantasielosigkeit
Die Jamaika-Sondierungen sind doch nicht wie geplant beendet worden. Nach einer Pause wollen Union, FDP und Grüne mittags weiterverhandeln.
Obwohl das am Donnerstag begonnene Treffen als entscheidend für das Zustandekommen einer Regierungskoalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen annonciert war, hat der auf diese Weise aufgebaute Entscheidungsdruck nicht zu einem Ergebnis geführt. Nachmittags war der 61 Seiten umfassende Entwurf des Sondierungspapiers nach außen gedrungen, das der Kanzleramtsminister mit den beteiligten Unterhändlern aufgesetzt hatte. Da wirkte es noch so, als ginge es zügig und lösungsorientiert voran.
Doch schon spät am Abend hatte es aus Verhandlungskreisen geheißen, es laufe nicht gut. Kurz vor Mitternacht hatte dann FDP-Generalsekretärin Nicola Beer aus der hell erleuchteten Parlamentarischen Gesellschaft getwittert: „Verlange nichts von Deinem Gegenüber, was er nicht geben kann. Sonst bekommst Du am Ende gar nichts.“ Das durfte getrost als Aufforderung zur Mäßigung bei Androhung eines Scheiterns verstanden werden.
Am heftigsten gestritten wurde – und wird – zwischen CSU und Grünen über die Migrationspolitik. Horst Seehofer sagte nach dem Verlassen des Verhandlungsortes sichtlich verärgert, es würden von interessierter Seite „bewusst Falschbehauptungen“ aufgestellt. Damit meinte er Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner, der gestreut habe, CDU und CSU seien sich in ihren Positionen nicht einig. Die Grünen müssten sich fragen, warum sie „Fake News“ in die Welt setzten, sagte Seehofer.
Damit bezog er sich auf den Streit hinsichtlich der Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Während die Grünen sich für das Recht auf Familiennachzug für alle Flüchtlingsgruppen einsetzen und eine Begrenzung der Aufnahme ablehnen, vertritt die CSU in diesem Punkt die gegenteilige Position. „Deshalb können wir einer Lösung, die die Ausweitung der Zuwanderung zum Ergebnis hat, nicht zustimmen“, sagte Seehofer.
„So lange es gehen muss“
Der CSU-Chef steht in seiner eigenen Partei schwer unter Beschuss. Während er in Berlin verhandelt, wird in München munter an seinem Abgang gebastelt. Den kann er nur noch verhindern, wenn er mit einem glänzenden Ergebnis nach Hause kommt. Aber danach sieht es gerade nicht aus.
FDP-Chef Christian Lindner äußerte nach der Unterbrechung die Hoffnung, dass noch eine Einigung gelingt. „Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir die nächsten Tage nutzen wollen, um die noch bestehenden Unterschiede zu überwinden. Wir halten sie auch für überwindbar“, sagte Lindner. „Ein solches historisches Projekt, wie es eine Verbindung von FDP, Union und Grünen wäre, darf nicht an ein paar Stunden scheitern, die fehlen.“ Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte, er sei „überzeugt, dass wir zusammen kommen können, wenn alle wollen“. CDU-Generalsekretär Peter Tauber bilanzierte: „Wir glauben nach wie vor, dass es sich lohnt.“
Am Freitagmorgen, die Sonne ging gerade wieder über Berlin auf, sagte schließlich FDP-Generalsekretär Wolfgang Kubicki im ARD-Morgenmagazin, man sei in den Positionen noch so weit auseinander, „dass mir die Fantasie fehlt, wie wir zusammenkommen sollen“. Viele Beteiligten hätten das Gefühl, beim kleinsten Zugeständnis über den Tisch gezogen zu werden. Auf die Frage, wie lang die Verlängerung werden könnte, antwortete Kubicki: „Wir haben uns kein Ende gegeben.“ Die FDP sei gesprächsbereit, „solange es denn gehen muss“.
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