Inflation und Kaufkraftverlust: Löhne so schlecht wie 2016
Expert*innen bewerten die konjunkturelle Lage als sehr schlecht. Das liegt auch daran, dass die Kaufkraft vieler Menschen massiv gesunken ist.
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In den vergangenen Monaten machte sich insbesondere die Inflation bemerkbar, weil diese die Kaufkraft der privaten Haushalte schmälerte. So befinden sich die Tariflöhne trotz der kräftigen Entgelterhöhungen des letzten Jahres aktuell auf dem Stand von 2016, wie eine ebenfalls am Dienstag veröffentlichte Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt.
Demnach lag die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten Ende 2023 im Mittel 6 Prozentpunkte niedriger als drei Jahre zuvor, was eine Folge drastischer Reallohnverluste 2021 und 2022 ist. Damals sanken die realen Tariflöhne um 1,4 und 3,9 Prozent. Im vergangenen Jahr wurde die Inflation von 5,9 Prozent weitgehend kompensiert. Tariferhöhungen von durchschnittlich 5,5 Prozent führten dazu, dass sich die Reallohnverluste auf 0,4 Prozent begrenzten.
Niedrigere Inflation stimmt positiv
„Es ist ein wichtiger Schritt, dass die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten 2023 im Mittel weitgehend gesichert werden konnte“, sagt WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten. Um jedoch auch die massiven Reallohnverluste der beiden Vorjahre ausgleichen zu können, seien in den kommenden Tarifrunden „kräftige Reallohnsteigerungen“ notwendig. „Das ist auch wichtig, um die schwache Konjunkturentwicklung in Deutschland zu stabilisieren“, so Schulten.
Dass die Inflationsrate zuletzt gesunken ist, ist sowohl für die Forschenden des WSI als auch des ZEW ein gutes Zeichen. Laut WSI erleichtert es den Gewerkschaften, kräftige Lohnzuwächse durchzusetzen. Für die Befragten der ZEW-Umfrage erhöht die sinkende Inflation die Chance, dass die EZB die Zinsen wieder senkt. So wurden sie zumindest in Bezug auf die künftige Lage optimistischer.
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