Hitzewelle ist menschengemacht: Anpassen und Emissionen senken
Extremtemperaturen und Hitzetode werden häufiger. Umso wichtiger sind Warnsysteme, ein Umbau der Städte – und die Reduktion des CO2-Ausstoßes.
W enn man an tödliche Naturkatastrophen denkt, hat man erst mal Stürme vor Augen, vielleicht auch Überschwemmungen oder Erdbeben. Auf jeden Fall kaputte Häuser und entwurzelte Bäume. Die tödlichste Naturkatastrophe aber ist vielerorts unscheinbarer, hinterlässt keine Schneise der Zerstörung: die Hitze. In Europa sind im vergangenen Sommer rund 60.000 Menschen an den Folgen extrem hoher Temperaturen gestorben. Hitze begünstigt und verschlimmert Krankheiten und Verletzungen, vom Hitzeschlag über Nierenprobleme und Thrombosen bis zum Herzinfarkt.
An vielen Orten auf der Nordhalbkugel war es im Juli extrem heiß, mit Temperaturen über 45 Grad, teils bis an die 50 Grad. Wissenschaftler:innen haben nun in einer Studie nachgewiesen: Das war die Klimakrise. Streng genommen geht es also gar nicht um eine Naturkatastrophe. Es ist ein menschliches Drama.
In China haben die Treibhausgas-Emissionen die Extremtemperaturen deutlich wahrscheinlicher gemacht. In Südeuropa und Nordamerika ist der Effekt noch stärker. Ohne Klimawandel hätte man solch eine Hitzewelle dort nicht nur seltener, sondern womöglich nie erlebt. Mittlerweile ist so viel Kohlendioxid in der Atmosphäre, dass Hitzewellen regelmäßig vorkommen können.
Auch in Deutschland führt Hitze zu gesundheitlichen Notlagen. Mehr als 8.000 der 60.000 europäischen Hitzetote gab es in der Bundesrepublik. Es ist deshalb gut, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Nationalen Hitzeschutzplan entwerfen will, wie er vor einigen Wochen angekündigt hat. Man könnte auch sagen: Es ist überfällig. In Frankreich gibt es so etwas seit 2004, als schnelle Reaktion auf die vielen europäischen Hitzetoten im Jahr 2003. In Deutschland wurden weder Rot-Grün noch die folgenden Merkel-Kabinette tätig.
Rezepte für den Städte-Umbau
Dabei wäre es wichtig, dass im Ernstfall Warnsysteme funktionieren. Dass Behörden und Bürger:innen Bescheid wissen, wie und wo sie Schutz bieten und suchen müssen. Dass Städte so umgebaut werden, dass sie kühle Orte bieten. Die Rezepte dafür sind eigentlich altbekannt: Grün- und Wasserflächen sowie Frischluftschneisen helfen zum Beispiel.
Umso wichtiger: die drastische Senkung der Treibhausgas-Emissionen. Um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu begrenzen, müssten sie sich weltweit eigentlich bis 2030 halbieren, um bis 2050 den Nullpunkt zu erreichen. Angesichts dessen, dass die Emissionen global gesehen immer noch steigen, wirkt dieser Fahrplan mit jedem Hitzesommer aberwitziger – und bleibt trotzdem nötig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball