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Hausprojekt-Räumung in Berlin„Idee der Liebig34 lebt weiter“

Vor gut zwei Wochen wurde das Flint*-Hausprojekt von der Polizei geräumt. Was ist aus den Bewohner*innen geworden? Ein Treffen in Friedrichshain

Ein Symbol für die linke Szene: Die Liebig34 zwei Tage vor der Räumung Foto: dpa

Berlin taz | Das Haus in der Liebigstraße 34 ist nicht mehr dasselbe wie noch vor gut zwei Wochen. Die meterlangen Transparente sind weg, die bunten Plakate auch; die mit Graffiti besprühte Fassade ist voller Ruß. Auch die Eisenstangen vor den Fenstern und der Stacheldraht auf den Balkonen wurden entfernt. Aus verschiedenen Etagen hört man es hämmern, sägen, rumpeln und scheppern. Die Renovierungsarbeiten sind in vollem Gange.

Am Morgen des 9. Oktober wurde das linke Hausprojekt Liebig34 in Friedrichshain geräumt. Vergangenen Mittwoch, zehn Tage später, brach vor dem Gebäude ein Feuer aus. Der Staatsschutz ermittelt wegen schwerer Brandstiftung.

Emma, 30, und Lena, 29, sind ehemalige Bewohner*innen des Hauses. Zwei Tage vor dem Brand sitzen sie auf einer Bank auf dem Boxhagener Platz. Beide wollen ihre Nachnamen nicht in der Zeitung lesen. Emma trägt braunes kurz rasiertes Haar, Lena eine schwarze Lonsdale-Jacke und eine silberne Metallbrille. Ihre blonden Haare hat sie unter einer Mütze versteckt. „Wir haben mit der Räumung ein kollektives Trauma erlebt“, sagt Lena. Drei Jahre hat sie in der Liebig34 gewohnt, Emma die vergangenen sechs Monate.

Dass die beiden mit Medienvertreter*innen reden, ist nicht selbstverständlich. Zwar erklären sie, sie und die anderen Bewohner*innen hätten „schon immer mit der Presse gesprochen“. Doch das war in der Vergangenheit nicht der Fall: Wenige Tage vor der Räumung etwa hat Lena noch ein Gespräch mit der taz abgelehnt. Manchmal fehlte ihnen die Zeit, oder es lag an einer bestimmten Reporter*in, begründet Lena das nun.

Wir wollen raus aus der Filterblase und mit Leuten darüber ins Gespräch kommen, wofür wir eigentlich stehen.

Lena, ehemalige Bewohner*in

Emma und Lena sind zwei redselige Frauen. Sie lächeln oft, zeigen Verständnis, wenn man die Frage vergisst, die man gerade stellen wollte, und bieten an, sie nachträglich per Mail zu schicken, sobald sie einem wieder eingefallen ist. Am Ende bedanken sie sich mehrmals für das Gespräch.

Viele Leute haben den Bewohner*innen vorgeworfen, sie hätten sich in der Liebig verschanzt. „Das haben wir auch ein Stück weit – um uns zu vor Diskriminierung zu schützen“, sagt Lena. Und dann: „Wir wollen – auch wenn es in der Vergangenheit nicht unbedingt geklappt hat – raus aus der Filterblase und mit Leuten darüber ins Gespräch kommen, wofür wir eigentlich stehen.“

Die Liebig34 diente Flint*Personen als „Safespace“, als ein geschützer Ort, wie Lena und Emma erklären. Der Begriff Flint* schließt alle Personen ein, die im Patriarchat diskriminiert werden: Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nichtbinäre, Transpersonen. 1990 wurde das Haus besetzt, so wie mehr als hundert weitere Gebäude in der Stadt.

Die Liebig34 war eines der wenigen Häuser, die noch aus dieser Phase übrig geblieben sind, und international bekannt. „Wir haben Solidaritätsbekundungen von überall auf der Welt bekommen, etwa aus den USA und Griechenland“, sagt Emma. „Die Liebig ist ein Begriff geworden, der größer ist als das Haus selbst.“

57 Personen hielten sich am Tag der Räumung in dem Eckhaus auf. Manche von ihnen hätten mehr als zehn Jahre dort gewohnt, berichtet Lena. Zum harten Kern des „anarcha-queer-feministischen“ Kollektivs gehören Lena zufolge jedoch nur 30 Menschen.

Als man die beiden auf die Barrikaden wie die Falltür im Haus anspricht, kichern sie. „Die Barrikaden sind über Jahre hinweg entstanden. Wir wollten nicht kampflos gehen“, sagt Lena.

Die Journalist*innen haben wie Geier draußen gewartet, um uns dann den Leuten zum Fraß vorzuwerfen.

Ihr und den Be­­wohner*innen war bewusst, dass das Haus an diesem Tag wohl geräumt wird. „Gleichzeitig haben wir bis zum Schluss gehofft, dass der Widerstand groß genug ist und die Räumung verhindert wird“, sagt Lena. So richtig groß fiel der Widerstand dann aber nicht aus. Es blieb verhältnismäßig ruhig am Tag X. Rund um die Rigaer Straße lagen überschaubare Barrikaden, vereinzelt flogen Flaschen, es kam zu kleineren Rangeleien zwischen Linken und Polizist*innen.

Knapp 1.000 Menschen nahmen an der Demo für das Hausprojekt teil – damit waren die Demonstrierenden in der Unterzahl. „Ein bisschen enttäuscht waren wir schon, als wir die Zahl der Teilnehmer*innen gehört haben. Bei der Räumung der Liebig14 vor neun Jahren waren mehr Leute dabei“, sagt Lena. „Andererseits dürfen wir nicht nur auf die Demo gucken – wir haben ja zu dezentralen Aktionen aufgerufen.“ Damit meint sie zum Beispiel den Brandanschlag auf einen Kabelkasten in der Nähe des S-Bahnhofs Frankfurter Allee oder die brennenden Autos und Müllcontainer in der Stadt.

Bei der Räumung der Liebig34 waren 1.500 Polizist*innen im Einsatz. Um sich Zugang zum verbarrikadierten Haus zu verschaffen, werkelten Beamt*innen mit Flex, Brecheisen und einer Kettensäge an den Eingängen herum. „Das war ein Akt patriarchaler Gewalt“, sagt Emma. „Zu sehen, wie männliche Polizisten in unser Zuhause eindringen – einen Ort ohne Cis-Männer –, und die dann auch noch sexistische Sprüche kloppen: Das war nur schwer zu ertragen.“

Die Liebigstraße 34 nach dem Brand vor wenigen Tagen Foto: dpa

Nach der Räumung führte der Pressesprecher der Berliner Polizei eine Gruppe von Journalist*innen durch das vierstöckige Haus. Später veröffentlichten sie Fotos aus Küchen und Schlafzimmern, einige berichteten von „Dreck“ und „Unrat“. Emma sagt dazu: „Die Journalist*innen haben wie Geier draußen gewartet, um uns dann den Leuten zum Fraß vorzuwerfen.“ Anzeige gegen die Polizei wolle das Kollektiv aber nicht erstatten. Lena wirft ein: „Wir leben in einem kapitalistischen Patriarchat, und dass das Patriarchat solche Machtmechanismen einsetzt, wundert nicht.“

Sätze wie diese sagen Lena und Emma häufig. In jede Antwort bauen sie politische Phrasen ein. Je länger das Gespräch dauert, desto beeindruckter ist man davon, wie präzise sich die beiden ausdrücken, wie wortgewandt sie sind. Immer wieder wettern sie gegen den Kapitalismus, gegen die Berliner Wohnpolitik, gegen Investor*innen, „die mit der Stadt Monopoly spielen“. Und natürlich gegen Gijora Padovicz, den Eigentümer des Hauses Liebigstraße 34.

2008 schloss er mit den damaligen Bewohner*innen einen Pachtvertrag über zehn Jahre ab. Als dieser auslief, klagte Padovicz auf Räumung – und bekam recht. Zum Eigentümer habe das Kollektiv schon lange keinen Kontakt mehr gehabt, wie die beiden erzählen. „Padovicz ist ein Teil kapitalistischer Verwertungslogik“, sagt Lena. Wieder so eine Phrase.

Was mit dem Haus in der Liebigstraße 34 passieren soll, ist bisher nicht bekannt. Auf die Anfrage der taz reagierte der Eigentümer nicht. Und wie geht es für die ehemaligen Bewohner*innen weiter? „Wir treffen uns nach wie vor. Wir waren ja nicht nur Mitbewohner*innen, sondern auch Freund*innen“, sagt Lena. Die „Küfa“, die Küche für alle, werde es weiterhin freitags in der Rigaer Straße geben. Andere Veranstaltungen seien in Planung, sagt Lena. Emma fügt hinzu: „Unsere Ziele sind ja nicht weg, nur weil das Haus weg ist. Die Idee der Liebig34 lebt weiter. Und vielleicht ist sie umso gefährlicher für das Patriarchat, wenn sie auf der Straße ist.“

Anarchisch und solidarisch

Die Idee der Liebig34? „Wir wollen anarchisch und solidarisch miteinander leben“, sagt Emma. Sie träumt von einem Berlin, in dem sie einen Park selbst bepflanzen oder sich mit einem Tisch und einer Kanne Kaffee auf die Straße setzen kann, ohne dass dies als Ordnungswidrigkeit gilt.

Wo sich die ehemaligen Bewohner*innen treffen, was sie besprechen und wie sie ihre Ziele umsetzen wollen, das erzählen Lena und Emma nicht. Fürs Erste seien alle irgendwo untergekommen. „Freund*innen, Nachbar*innen, sogar Fremde haben uns Schlafplätze angeboten“, sagt Lena. Sie selbst übernachtet derzeit bei Freund*innen in Friedrichshain, Emma hat ein Zimmer gefunden. „Manche von uns wechseln aber noch von Couch zu Couch und haben noch nichts Langfristiges“, sagt Lena.

Ob sie wieder alle zusammen irgendwo wohnen möchten? „Das wäre natürlich schön. Aber der Wohnungsmarkt in Berlin lässt das einfach nicht zu“, sagt Emma. Dann schimpft sie wieder über die Mietpreise und die Gentrifizierung.

Fest steht: „Wir werden nicht versuchen, ein Haus mit einer Genossenschaft zu kaufen, so wie es die Mieter*innen der Lausitzer Straße 10 und 11 in Kreuzberg gerade probieren“, sagt Lena. Wieso nicht? „Weil das nicht die Lösung ist“, sagt Emma. „Wir wollen uns nicht dem Kapitalismus anbiedern und uns mit allerletzter Kraft ein Stück Stadt safen. Alle anderen Berliner*innen würden ja trotzdem verdrängt.“

Emma und Lena betonen während des einstündigen Gesprächs mehrmals, wie sehr sie den Kiez vermissen. „Wir sind mit vielen Leuten aus dem Viertel eng befreudet“, sagt Lena. Auch mehr als zwei Wochen nach der Räumung hängen dort noch Transparente und Plakate an Häusern, auf denen Slogans stehen wie „Padovicz enteignen“ oder „L34 bleibt“. Wenn Lena über die Liebig34 spricht, wirkt es fast so, als redete sie über einen geliebten Menschen. „Wie klein und süß und schutzlos ausgeliefert du jetzt an dieser Ecke bist“, sagt Lena zum Beispiel.

Die meisten Bewohner*innen hätten den Nordkiez seit der Räumung nicht mehr betreten, sagt Lena. Sie selbst musste einmal dorthin. Die Liebig34 konnte sie aber nicht anschauen. „Das hätte mir zu wehgetan“, sagt Lena.

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49 Kommentare

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  • Ich sympathisiere ja sehr mit alternativen Wohnkonzepten und gemeinschaftlichen Ansätzen. Die Liebigstraße hatte ich leider nicht kennengelernt. Hab aber mal ne kurze Reportage von Kontraste aufn rbb gesehen. Keine Ahnung ob die von der Sendung parteiisch sind. Wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, dann tuts mir wirklich nicht um das Haus leid, sondern eher um die Szene. Verbohrte, intollerante Dogmatiker, die dann Kritik mit AFD Rhetorik kontern (Lügenpresse)? Irgendwann kommt man wieder rechts raus, ohne es zu merken. Da kenne ich wirklich bessere Projekte mit offenen, tolleranten Menschen ohne sinnlose Parolen und ohne Gewalt!

  • @MUSTARDMASTER: Falsch. Nichts ist wie früher. Die Schrippen zu klein, die Wurst zu mager.

    Ach, früher war alles viel besser.

    • @tomás zerolo:

      Falls das eine ironische Erwiderung auf meine Antwort sein soll, verstehe ich sie nicht. Übrigens auch nicht wenn es ernst gemeint sein sollte.



      Wie wäre es mal mit echten Argumenten statt Blödeleien?

    • @tomás zerolo:

      Ja, die Bundesbahn zum Beispiel.

  • Also wenn man die Hausprojekte danach sortieren würde, auf welches man innerhalb der Berliner linksradikalen Szene eher keinen Bock hatte, ist die Liebig 34 eindeutig ganz vorne gewesen. Mich hat es eher gewundert, das trotzdem noch soviele Menschen zu den Demos gekommen sind. Die starke Fluktuation im Haus und die ideologische Feindseligkeit selbst gegen Supporter des Hauses, gegen das ehemalige XB Kollektiv und gegen Bewohner die nicht auf Linie waren, empfand ich schon vor Jahren als erschreckend. Ich habe es schon vor Jahren prognostiziert, dass das Haus, wenn es so weitergeht, irgendwann sang und klanglos geräumt wird und so ist es am Ende auch gekommen.



    Wirklich schade und den Raum, aber diese ideologischen Dogmatiker des Hauses tragen mindestens eine Mitschuld am Status Quo. Ein Freiraum oder ein Safespace war das Haus schon länger nur für wenige.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Travis Bickle:

      es sind so einige gekommen, weil sie ihre solidarität nicht daran festmachen, dass das objekt der solidarität sich um gefallen bemüht

      • @90564 (Profil gelöscht):

        Was prinzipiell auch richtig und wichtig ist, das Solidarität auch für die Hausbesetzer-Sache als solches gilt. Nur ist die Räumung der Liebig 34 auch für mich keine Herzensangelegenheit gewesen. Ich habe selten mehr ideologischen Beton wahrgenommen, als dort.

  • @MUSTARDMASTER: Sie kennen sich ja mit "den Linken" gut aus.

    Übernehmen Sie doch die Führung!

    • @tomás zerolo:

      Stimmt,immerhin war ich so einige Zeit in meinem Leben selber links eingestellt.Was ich hier schreibe ,ist alles eigene Beobachtung und Erfahrung. Die heute immer noch so gültig wie vor 30 Jahren. Leider!

    • @tomás zerolo:

      ... es sollte ja auch klar sein, dass das erfolgreichste "Gegenmodell zum Kapitalismus auf das sich alle oder wenigstens die überwiegende Mehrheit der Linken einigen konnten" die Sozialdemokratie ist.

      • @Rudolf Fissner:

        Kicher, die steht momentan - noch - bei 15 Prozent...

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Linksman:

          die sozialdemokratie ist eben KEIN gegenmodell zum kapitalismus, sondern ein "besserer kapitalismusmodell"

          • @90564 (Profil gelöscht):

            Die extreme Linke sieht es als Kapitalismus. Für die extreme Rechte ist eine hohe Staatsquote (DE fas 50%) Sozialismus.



            In punkto Mehrwert für die Menschen war/ist es das erfolgreichte Model neben den auch wirtschaftlich gescheiterten Systemen Kapitalismus pur oder Sozialismus pur.

            • 9G
              90564 (Profil gelöscht)
              @Rudolf Fissner:

              sozialismus, eine frage des gefühls, passt auch zur sozialdemokratie 0o

  • Verstehe nicht, warum Tatsachen von der Autorin als Phrasen abgetan werden! Genau deswegen verstehe ich wiederum, warum viele Aktivist*innen nicht mit Pressevertreter*innen sprechen wollen. Denke, die beiden sind nun sehr enttäuscht über die hoch emotionalisierte und wenig inhaltliche Aufarbeitung ihres Interviews.



    Sie haben ihren Wohnraum verloren weil es wichtiger ist, dass mit diesem Profite gemacht werden können als dass Menschen darin wohnen. Sie haben einen kollektiven Raum verloren und sollen nun auch isoliert in einer Zwei-Raum-Wohnung leben, die man sich aber schwer leisten kann. Das ist doch das Problem. Mich interessiert doch nicht ob die beiden lieb nachfragen, kichern oder welche Jacke sie tragen. Mich interessieren Inhalte aber diese werden hier als Phrasen abgetan. Ist das das Schicksal von Aktivist*innen (und ja, damit meine ich primär Frauen!)??? Würde mich da nicht sonderlich ernst genommen fühlen. Es geht weiter und ich wünsche euch beiden und allen anderen dabei viel Kraft!

    • @RosaLux:

      Warum haben denn ausgerechnet diese beiden Frauen das Recht dort zu wohnen? Was qualifiert sie dazu? Vitamin B zu anderen Besetzern? Glück? Wert zuerst kommt, mahlt zuerst? Wenn "ich brauche Wohnraum" zum wohnen in fremden Wohnungen berechtigt, dürfte dann ein anderer Obdachloser in die Liebig gehen und die Frauen rauswerfen um selber dort zu wohnen? Wenn nein, warum nicht?

      • @Marianna Teger:

        Was qualifiziert Sie in Ihrer Wohnung zu wohnen? Warum geben Sie Ihre Wohnung nicht auf?

        • @Uranus:

          Meine Qualifikation ist, dass ich dafür eine Gegenleistung in Form von Geld erbringe. Deswegen darf ich da wohnen und kein anderer. Das haben diese Frauen nicht. Die haben sich ins gemachte Nest gesetzt.

          • @Marianna Teger:

            Offensichtlich haben Sie von den Wohnverhältnissen und der Geschichte der Liebig34 keine Ahnung. Belesen Sie sich. U.a. die TAZ berichtete darüber.

    • @RosaLux:

      Es sind inzwischen eben Phrasen, wenn man die "Tatsachen" nicht mit eigenen Worten umschreiben kann, sondern vermeintlich wortgewandt irgendeinen Patriarchat-Spruch immer und immer wieder auftischt, dann nennt man das Phrase.

      Man muss sein Weltbild vielfältig beschreiben können, um glaubhaft zu wirken.

      Leider bleibt uns das eigentliche Interview versperrt, sodass hier tatsächlich nur die Interpretation der Autorin bleibt. Schade.

    • @RosaLux:

      Ja, das fiel mir auch auf. Ihre Kritik kann ich nachvollziehen, finde es aber dennoch gut, dass es erscheint und ein Gegenbild zu "Chaos, Gewalt, Illegal ..."-Blablabla schafft und sie stattdessen als (politische) Menschen zeichnet.

  • "„Andererseits dürfen wir nicht nur auf die Demo gucken – wir haben ja zu dezentralen Aktionen aufgerufen.“ "

    Und dass die abnehmende Solidarität etwas mit dem Brandanschlag auf die Ringbahn zu tun haben könnte, kommt den beiden sich so beeindruckend präzise und wortgewandt Ausdrückenden gar nicht in den Sinn, was? Und auch der Interviewerin offenbar nicht?

    • @Suryo:

      (Nur) der Brandanschlag hat Passagiere davon abgehalten, sich solidarisch mit der Liebig34 zu zeigen? Sonst noch was?

      • @Uranus:

        Von "nur" hat Suryo doch nix geschrieben und ja, so eine Aktion kann Sympathien kosten.

        • @BluesBrothers:

          Das stimmt. Deswegen setzte ich nur in Klammern. Mehr oder den Ausblick auf Mehr hat Suryo aber auch nicht angedeutet. Ich schätze eine Reduzierung auf Brandanschlag u.a. kann den einen Mangel an Solidarität bei manchen Leuten nicht hinreichend erklären. Andererseits bei einigen Bild-"Zeitungs"-Leser*innen hingegen wohl schon... ;-)

  • "Viele Leute haben den Bewohner*innen vorgeworfen, sie hätten sich in der Liebig verschanzt. „Das haben wir auch ein Stück weit – um uns zu vor Diskriminierung zu schützen“, sagt Lena. Und dann:„Wir wollen – auch wenn es in der Vergangenheit nicht unbedingt geklappt hat – raus aus der Filterblase und mit Leuten darüber ins Gespräch kommen, wofür wir eigentlich stehen.“

    Seit Jahrzehnten ist das Problem der revolutionären linken Szene das Leben in der ideologischen Filterblase ,die sich auch manchmal physisch manifestiert als mehr oder weniger abgeschottetes Wohnprojekt.



    Ich bin von Lena und Emmas Art sich "wortgewandt"und"präzise" auszudrücken nicht(positiv)beeindruckt. Leute ,die in jede Antwort politische Phrasen einbauen ,hab ich lange genug um mich gehabt. Waren dann meist eher engstirnige Menschen,die Ideologie mit Denken verwechselt haben.Und auch anderen Sprech-bzw.Denkverbote aufdrücken wollen. Um mit anderen ins Gespräch zu kommen, muß man erst mal aus der geistigen Filterblase raus kommen und auf andere Denkwelten und auch sogar auf Kritik eingehen können. Sonst ist der angestrebte Dialog ein Monolog bzw. eine Predigt: Wir sagen euch ,wie ihr leben und denken sollt und wenn ihr nicht erkennt das wir recht haben,dann seid ihr doof,bürgerliche Spießer,Verblendete der kapitalistischen Ideologie und Opfer patriarchaler Strukturen-was im Prinzip auch stimmt-usw.



    Und dann ist da noch ein großes Manko: Es gibt bis heute kein Gegenmodell zum Kapitalismus auf das sich alle oder wenigstens die überwiegende Mehrheit der Linken einigen konnten. Und alle bisher versuchten Alternativen sind gescheitert.



    Dummerweise wird die Frage wie es denn anders laufen soll ,immer wieder gestellt. Und nicht alle Leute sind mit Phrasen zufrieden zu stellen.

    • @Mustardmaster:

      Eine wohldurchdachte Analyse der linken Filterblase.

      Mir stellt sich die Frage: In welchem Bürgerforum kann man sich denn - unabhängig von seine aktuellen politischen Präferenzen - frei austauschen, um gemeinsam neue gesellschaftliche Perspektiven zu entwickeln?

    • @Mustardmaster:

      Die Emanzipation von Menschen kann schwerlich durch Andere erfolgen. Emanzipation heißt, sich selbst (zu) emanzipieren. Die Frage, wie es anders laufen soll, müssen sich die Menschen eben auch selbst stellen und sie nicht bloß bei Anderen abladen. Mündigkeit, klingt zwar recht bürgerlich, aber vielleicht kann damit eher etwas angefangen werden ...

      • @Uranus:

        Es reicht nicht das alte Haus,in dem alle wohnen abzureißen und dann zu fordern das nun mal alle überlegen was anstelle dessen aufbaut. Vielmehr sollte man sich erst mal umhören ob die anderen Bewohner überhaupt ein neues Haus wollen!



        Tatsache ist doch das die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft mit dem gegenwärtigen System einverstanden ist und nur eine verschwindend kleine Minderheit die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Veränderung sieht. Das ist also schon mal der erste Denkfehler.Um nun die restlichen mindestens 95% der Restbevölkerung von der Notwendigkeit zu überzeugen,reicht es eben nicht nur zu erklären was alles so schief läuft,sondern man muß auch einen plausiblen Gegenvorschlag haben.Das ist eigentlich ziemlich logisch.Wenn man sich mit Menschen außerhalb der linksrevolutionären Blase unterhält,wird die berechtigte Frage nach dem Gegenmodell gestellt.Wenn man dann antwortet das man das auch nicht so genau weiß und das sich nun mal auch alle einen Kopf machen sollen,hat man schon fast alle Glaubwürdigkeit verloren.

        Außerdem :Was ist wenn die Emanzipation der Menschen in eine ganz andere Richtung geht,als man erwartet? Die französische Revolution hat das Königreich abgeschafft um nach einigen Wirren schließlich in einen Kaiserreich zu enden! Hierzulande würden auch gern einige den alten Kaiser wiederhaben.Oder den starken Mann aus Braunau!

        • @Mustardmaster:

          Sicherlich laden aktuelle Verhältnisse und Diskurse auch zur Übernahme von Fantasielosigkeit und Ohnmacht ein. In sogenannten Krisen des Kapitalismus (zuletzt 2009 und folgende) werden dann durchaus dessen Funktionsweise und Fundamente in Diskursen kritisiert. Seit zunehmender Bereicherung und Verarmung der letzten Jahrzehnte hat sich durchaus Kritik an dem verursachenden Neoliberalismus gebildet. Die Betroffenen merken die Verschärfungen im eigenen Alltag und können das mit vorigen Erfahrungen in vorigen Verhältnissen abgleichen. Auch so manche Ausprägung rechter Einstellungen und verkürzte Kapitalismuskritik sind ein Ausdruck der bzw. Reaktion auf die Verhältnisse. AFD, Pegida, Covid-19-Leugnung usw. sind verschiedene Seiten der reaktionären Medaille.



          Deswegen ist es wichtig, mit Anderen in Austausch zu kommen, sich zu reflektieren und sich zu fragen - wie wollen wir bzw. will ich leben? Zu welchen Bedingungen? Was ist meine politische Position? Ein Anfang kann es auch erst einmal sein, zu analysieren und abzulehnen. Den letzten Schritt - was/wie soll es werden? - vorweg zu nehmen, macht da wenig Sinn. Zumal eine womögliche Schlussfolgerung - "das Modell mag ich nicht" oder "dass es kein Modell gäbe, mag ich nicht" durchaus eine Variante der Alternativlosigkeit und Ausrede für Nichthandeln/reflektieren-wollen sein kann ...

          • @Uranus:

            Mit dem ersten Schritt haben Sie recht, wer etwas als falsch erkennt, muss nicht gleich die Lösung parat haben. Aber es würde die Position doch viel attraktiver machen, wenn ein realistischer Gegenentwurf bestehen würde; den letzte Schritt zu zeichnen, auch wenn er nicht gleich gegangen wird, wäre vielleicht doch sinnvoll. Aktuell wird (von vielen) die Alternative zum Kapitalismus (und Gott wir bräuchten eine) mit Hungersnot und Gulag assoziiert, das ist (wenn auch falsch) ein Wahrnehmungsproblem, das auch als "eine Variante der Alternativlosigkeit und Ausrede für Nichthandeln/reflektieren-wollen" herhält.

            • @BluesBrothers:

              Sicherlich würde es das. Offenbar ist es aber für einige bequemer, sich in Ausreden zu flüchten, als Alternativen einzubringen und zu diskutieren. Und nein, erwarten würde ich ein Einbringen nicht einmal. Aber zumindest Offenheit und Neugier, so denn Potenzial für linke/anarchistische Politik da ist.

    • @Mustardmaster:

      Auf den Punkt.



      Danke!

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @ChristianP:

        ja, das übliche "linke haben ideologie", aber wer den kapitalismus für die beste aller möglichen welten, weils ja "natur" is, hat keine ideologie.



        anstatt mit "alternativ modellen" sollten man es vielleicht ersteinmal kapitalismus- und gesellschaftskritik versuchen

        • @90564 (Profil gelöscht):

          Sie haben ja recht damit, das auch prokapitalistisch eingestellte Personen ideologisch denken. Nur hat Mustardmaster eben genauso recht, wenn er schreibt:

          "Um nun die restlichen mindestens 95% der Restbevölkerung von der Notwendigkeit zu überzeugen,reicht es eben nicht nur zu erklären was alles so schief läuft,sondern man muß auch einen plausiblen Gegenvorschlag haben"

          Wenn Sie in der Lage sind, meinen Verwandten mit gepflegtem Eigenheim und Mercedes vor der Tür eine Alternative anzubieten, die lohnend und überzeugend wirkt, dann bitte-ich persönlich bin zwar der Überzeugung das meine Verwandten auch vom Sozialismus profitieren würden, aber meine Verwandten sehen die DDR und sehen kaputte Hausprojekte und gehen dann lieber kein Risiko ein.



          "Lieber Mittelmaß als Elendsverwaltung" wäre wohl deren Motto, wenn sie sich so ausdrücken würden. Das sind aber genau die Leute, die Sie überzeugen müssen, wenn Sie wirklich etwas erreichen wollen.

          Nur damit Sie mich nicht falsch verstehen: ich bin absolut pro Hausprojekte und pro Hausbesetzung.



          Es könnte nur etwas sauberer, gepflegter, organisierter und etwas weniger ideologisches Wolkenkuckucksheim sein.

  • Andi S schrieb: "Ach ja, im Kommunismus müssen Häuser auch geplant, finanziert und gebaut werden. Statt über den Mietpreis wird halt per Wohlgefallen und Parteinähe vergeben. Was für ein Fortschritt..."

    Wäre vielleicht tatsächlich ein Fortschritt. Später dann werden die Wohnrechte einfach verlost. Alle 2 Jahre aufs Neue. So bleiben alle in Bewegung, misten öfters mal aus und es kommt endlich mal Schwung in die Bude.

    • @Freistellungsbeauftragter:

      Cool. Alles andere am besten gleich mit verlosen: Ausbildung, Job, Beziehungen ... Brave New Lotterie World. Juchu!

      • @Rudolf Fissner:

        Keine Sorge. Die Genossen würden schon dafür sorgen, dass die Parteinähe beim Losglück ausreichend berücksichtigt wird.

      • @Rudolf Fissner:

        Alle Verteilungsmechanismen weisen gewisse Schwächen und Härten auf. Auch die gegenwärtig angewendeten.



        Gegenwärtig werden Lebenschancen maßgeblich dadurch bestimmt, wo jemand geboren wurde, in welcher Familie jemand geboren wurde, welche Hautfarbe, Geschlecht usw. usf.. Gewissermassen werden also Lebenschancen in der real existierenden Welt nach irgendwelchen Zufallsprinzipien verteilt. Aber ohne gleiche Chancen für alle. Dann doch lieber ein Lotterieverfahren, bei der alle die gleichen Chancen haben und bei dem in bestimmten Abständen die Karten für alle neu gemischt werden.

        • @Freistellungsbeauftragter:

          Wäre ja auch zu einfach, wenn dem enzelnen die Möglichkeit gegeben wäre, sich auch selber zu helfen.

          • @Rudolf Fissner:

            Ja, die Parole "die Einzelnen helfen sich selbst" ist tatsächlich zu einfach. Ein radikaler Rückzug des Staates und Auflösung von Gemeinschaft um die Menschen in die Selbsthilfe zu entlassen, dürfte zuverlässig zu Massenverelendung in vielerlei Hinsicht führen. Dass selbstverständlich profitinteressierte Kapitalgesellschaften und ähnlich zwielichtige Konglomerate letztlich über Bevölkerungsstruktur und Stadtdesign entscheiden, ist unbefriedigend. Als Mieter eines Hauses von Eigentümermacht niedergedrückt zu werden ist Mist. Da könnte ein sozialerer Staat gern mehr Verantwortung übernehmen. Aber ich gebe Ihnen insoweit recht, dass Eigeninitiative in vielen Fällen viel mehr Unterstützung und viel weniger Behinderung durch den Staat erfahren sollten.

    • @Freistellungsbeauftragter:

      "...Später dann werden die Wohnrechte einfach verlost. Alle 2 Jahre aufs Neue. So bleiben alle in Bewegung, misten öfters mal aus und es kommt endlich mal Schwung in die Bude..."

      Was für eine grauenhafte Vorstellung. Der "Staat" zwingt mich alle zwei Jahre in irgendeine ausgeloste Bude umzuziehen?



      Geht's noch? Was hat das noch mit freiheitlichem Leben zu tun?

      • @Stefan L.:

        Wo ist das Freiheitliche Leben der Ärmeren JETZT? Wie frei sind diese JETZT aufgrund hoher Mieten bzw. Mieterhöhungen in der Wahl ihrer Wohnung?

      • @Stefan L.:

        Das ist der klassische Konflikt. Noch ist es "Freiheit" - aber wenn man Macht hat, wird es Unfreiheit für die anderen.

  • 0G
    06184 (Profil gelöscht)

    Hey ihr Liebigen. Räumen tut weh, ich kenn das. Kenn Euch zwar nicht. Aber wir vom Syndikat der Häuserdiebe wissen, dass die Zeit im Innern Wurzeln schlägt, die ein Leban lang bleiben. Ärgert Euch nicht über die Kommentare. Es genügt zu wissen, das die Armen das sein müssen was sie sind.

  • Krudes Weltbild. Ein Haus als Genossenschaft zu kaufen wird als Kapitalistisch abgelehnt. Aber wegnehmen aka besetzen ist ok. Und wer entscheidet wer wo wohnt, wenn alles weggenommen wird? Gibt es dann die Richtigen und die Falschen die wo wohnen dürfen? Wie werde ich ein Richtiger und muss ich dann zu einem Bundeswohnungsrat zwecks Wohnungszuteilung?

    Ach ja, im Kommunismus müssen Häuser auch geplant, finanziert und gebaut werden. Statt über den Mietpreis wird halt per Wohlgefallen und Parteinähe vergeben. Was für ein Fortschritt...

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Andi S:

      im kommunismus müssen häuser also finanziert werden? interessante these, lassen sie mich raten, eigentum, geld und herrschaftsverhältnisse sind keine kulturprodukte, sondern naturgesetze? weil es immer schon so war? und natürlich "beweist" das scheitern des real-ex-soz (in ehemaligen entwicklungsländern), dass der kapitalismus die beste aller möglichen wirtschaftsform ist? siri, definiere IDEOLOGIE!

    • @Andi S:

      1) Besetzt werden im hier und jetzt leerstehende Gebäude. Besetzungen sind direkte Aktionen, die Wohnraum schaffen sollen, anhand derer besitzlose Menschen ermächtigt werden können und anhand derer kapitalistische Verwertungslogik kritisiert wird.



      2) Dann mag Padovicz Eigentümer sein. Selbst benutzen will er das Haus ja nicht. Wie die Liebig34-Menschen sagen, will er aus dem Eigentum Profite schlagen.



      3) Die Liebig34-Menschen sind Anarchist*innen, keine Kommunist*innen. Mit Partei und so haben die nichts zu tun.



      Siehe hier:



      de.wikipedia.org/wiki/Anarchismus

    • 2G
      2830 (Profil gelöscht)
      @Andi S:

      Selbstgerechtigkeit, Besitzanspruch und Forderungsdenken sind keine überzeugende Grundlage für die Lösung sozialer Missstände. Aktuell, trotz populistischer bzw. medienwirksamer Agitation, nicht mehrheitsfähig. Der Versuch glaubhaft machen zu wollen zum Wohle der Bedürftigen zu handeln verfängt nicht. Ich erkenne vor allem Partikularinteresse und Machtphantasien. Bin übrigens kein Anhänger der Sekte: Medien sind nur gut, wenn sie meiner Sachen dienen, ansonsten Lügenpresse (welcome Pegida, Querdenken, Liebig34).