Skrupelloser Vermieter: Liebig 34 wieder räumungsbedroht

Flüchtlingsfamilien, die nach der Räumung in die Liebig 34 zogen, sollen nun rausgeworfen werden. Nachbarn wollen das verhindern.

Aussenaufnahme des bunten Gebäudes der Liebisstrasse 34, vor dem ein Polizeiauto steht

Liebigstraße 34 vor der Räumung Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | „Liebig34 bleibt“ hieß die Parole, mit der mehrere Jahre lang für den Erhalt des queerfeministischen Hausprojekts im Friedrichshainer Nordkiez gekämpft wurde. Doch die Räumung im Oktober 2020 konnte nicht verhindert werden. Jetzt ist die Parole wieder aktuell. Denn auch die aktuellen Be­woh­ne­r*in­nen des Hauses müssen um ihre Wohnungen fürchten.

Es sind vor allem Flüchtlingsfamilien aus Osteuropa, Frauen und Kinder, die vom Hauseigentümer bereits wenige Wochen nach der Räumung dort untergebracht wurden, auch um das Haus unangreifbar für radikale Linke zu machen. Das Gebäude wurde nur oberflächlich saniert, dennoch machten Geschichten von Wuchermieten die Runde. Eine der Mieterinnen, Muslimat Abukova, berichtete am Mittwoch bei einem Pressegespräch: „Ich musste 7.000 Euro Maklergebühren zahlen, das Geld wollte ich eigentlich für den Führerschein verwenden.“

Nun droht Abukova, so wie insgesamt zwölf Mietparteien, gar der Rauswurf. „Wir geben nunmehr folgenden Termin für die Rückgabe der Wohnung vor: 31. 8. 2023 um 10 Uhr“, heißt es in einem der taz vorliegenden Schreiben der Komplex Grundstücksverwaltung an Abukova. Zudem wurden sie in verschiedenen Schreiben aufgefordert, ausstehende Mietschulden in vierstelliger Höhe zu begleichen. Dabei beteuern alle Mieter*innen, dass sie ihre Miete rechtzeitig bezahlt haben, was sie auch durch die Vorlage von Kontoauszügen beweisen könnten.

Doch laut der aktuellen Hausverwaltung Komplex sei das Geld an ein Konto einer früheren Verwaltung überwiesen worden, die für das Grundstück nicht mehr zuständig ist. Der Eigentümer der Liebig 34, der Immobilienunternehmer Gijora Padovicz beziehungsweise seine Siganadia Grundbesitz GmbH, hatten das Haus nach der Räumung verpachtet, den Pachtvertrag später aber wieder gekündigt. Zuvor hatte es Medienberichte über überhöhte Mieten, eklatante Missstände und Müll sowie Bedrohungen gegeben.

Padovicz steht derweil seit Jahren für seinen rabiaten Umgang mit Mie­te­r*in­nen in der Kritik. Bereits vor fünf Jahren haben Mie­te­r*in­nen von Padovicz-Häusern den Padowatch-Blog erstellt, um sich gegenseitig zu unterstützen. Einer ihrer Betreiber, Thilo genannt, reiht das aktuelle Vorgehen ein in eine Reihe von Entmietungsstrategien.

Er kritisiert das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das die Zustände sehenden Augen hingenommen habe. Unterstützung für die aktuell von Räumung bedrohten Mie­te­r*in­nen kommt von solidarischen Nachbar*innen. Diese haben angekündigt, am Donnerstag um 10 Uhr mit einer Mahnwache mögliche Räumungsversuche verhindern zu wollen. Am 3. September veranstalten sie zusammen mit der Stadtteilinitiative „Wir bleiben alle Friedrichshain“ eine Informations- und Solidaritätsveranstaltung vor dem Haus.

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