Hannovers SPD gegen Verkehrswende: Grüne werden immer einsamer
Die SPD in Hannover lässt das Bündnis mit den Grünen platzen. Grund dafür ist das Verkehrswende-Konzept des grünen Oberbürgermeisters Belit Onay.
Im September stellte Onay sein Konzept zur Umwandlung der Innenstadt vor, das ohne Mehrheit im Stadtparlament nicht umgesetzt werden kann. Zentrales Ziel des Konzeptes ist, dass sie bis 2030 „nahezu autofrei“ werden soll; Fußgänger:innen, Radfahrer:innen, Busse und Bahnen sollen bei der groß angelegten Umgestaltung konsequent Vorrang erhalten. Hinzu soll nach Onays Ansicht die auch in Hannover darbende Innenstadt künftig weniger eine Konsummeile sein, sondern durch Grün- und Aufenthaltsflächen revitalisiert werden.
Doch während Onays Initiative bundesweit zustimmende Aufmerksamkeit hervorrief, regte sich schnell nach der Vorstellung nicht nur bei der Stadtrat-Opposition um die CDU Widerstand. Auch in der Koalition mit der SPD wuchs die Wut: Die Bürger:innen seien weder befragt noch eingebunden worden, bemängelten die Genoss:innen. Die Grünen sahen das als vorgeschobene Kritik, da es schließlich zuvor Beteiligungsveranstaltungen gegeben hatte.
Dass sie das Bündnis mit den Grünen nun verlasse, liege aber gar nicht allein an Onays Innenstadt-Konzept, betonte die SPD am Montag. Die derzeitige Koalitionsarbeit sei geprägt von Misstrauen und Konflikten. „Das erschwert eine konstruktive Zusammenarbeit seit längerem“, sagte der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Lars Kelich.
SPD will mit wechselnden Mehrheiten gestalten
Die Grünen teilen diese Einschätzung nicht: „Unüberbrückbare inhaltliche Differenzen bestehen nicht“, widersprach Onay. Und Hannovers Grünen-Chefin Claudia Görtzen forderte die SPD auf, wieder in das Bündnis zurückzukehren: „Die Herausforderungen und Projekte sind zu wichtig und zu groß, als dass sie wegen politischer Spielereien scheitern sollten.“
Dass es dazu kommt, ist aber unwahrscheinlich. So brachte die SPD am Montag schon die Idee ein, künftig mit wechselnden Mehrheiten in Hannover Politik machen zu wollen. Der oppositionellen CDU, die Onays Innenstadt-Konzept radikal ablehnt, gefällt der Vorschlag. „Als CDU sind wir bereit, uns mit unseren Inhalten und unserem Engagement konstruktiv für die Zukunft unserer Stadt einzubringen und in dieser für Hannover schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen“, erklärte CDU-Fraktionschef Felix Semper.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen