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Grenzen der DNA-AnalyseMehr Informationen oder mehr Rassismus?

Durch Daten zur Herkunft erhoffen sich Er­mitt­le­r:in­nen präzisere Informationen zu Straftätern. Andere befürchten eine Ausweitung rassistischer Stereotype.

Wattestäbchen zur DNA Analyse Foto: imago

Berlin taz | Seit über 30 Jahren ist die forensische, also gerichtsmedizinische DNA-Analyse in Deutschland fester Bestandteil bei der Aufklärung von Tatorten und Gewaltverbrechen. Denn die DNA gilt vielen als eine Art Superbeweis. Zum einen, weil sie in Abertausenden Zellen nachweisbar ist, in Blut, Speichel, Sperma, Haut oder Haar. Zum anderen, weil die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ein Molekül ist, das die Erbinformation der Zellen enthält. Nur in etwa 0,1 Prozent unterscheiden Menschen sich voneinander, doch das reicht, um je­de*n einzigartig zu machen. Die DNA wird daher auch als „genetischer Fingerabdruck“ bezeichnet.

Genauso lange wie DNA-Analysen gibt es auch die Diskussion über den richtigen ethischen, politischen und rechtlichen Umgang mit dem Erbgut in der Hand von Ermittler:innen. Aktuell fordern die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, dass zukünftig die biogeografische Herkunft (BGA) einer Person für Ermittlungen eingesetzt werden darf. Die BGA gibt Hinweise darauf, aus welcher Region der Welt die Vorfahren einer Person stammen. Bei der Justizministerkonferenz am vergangenen Wochenende erhielt der Antrag aus Süddeutschland zwar keine Mehrheit – doch die Diskussion darüber wird weitergehen.

Ein Abgleich einer DNA-Spur mit DNA-Profilen einer Datenbank ist heute Alltag. Das Bundeskriminalamt (BKA) verwaltet eine DNA-Analysedatei mit über 1,18 Millionen Datensätzen, darunter rund 790.000 Personen- und rund 388.000 Spurendaten. Im Jahr 2024 konnten bei Ermittlungen in Deutschland so über 24.900 Spuren einem Verursacher zugeordnet und mehr als 7.800 Tatzusammenhänge festgestellt werden.

Auf der Suche nach einem „Treffer“ in der Datenbank vergleichen Forensiker heute nicht mehr das Erbgut in der DNA, sondern arbeiten mit dem nichtcodierenden Teil. In ihm wiederholen sich sogenannte Nukleotidpaare, die chemischen Grundbausteine der DNA, verschieden oft. Diese sich wiederholenden Nukleotidpaare sind von Mensch zu Mensch anders, wodurch sich eine Person zuverlässig identifizieren lässt – vorausgesetzt, die Spur ist gut erhalten und stimmt mit einem Profil in der Datenbank überein. Der sogenannte codierende Teil der DNA, der die Erb­in­for­mationen enthält, wird nur auf das biologische Geschlecht untersucht.

Haut-, Haar- und Augenfarbe

Mit einer DNA-Analyse kann man allerdings mehr tun, als nur Spuren abzugleichen. Mithilfe einer sogenannten forensischen DNA-Phänotypisierung lassen sich wahrscheinliche Aussagen über die äußeren Merkmale wie Haut-, Haar- und Augenfarbe einer Person treffen und theoretisch auch die bereits erwähnte biogeografische Herkunft bestimmen. All diese Ergebnisse basieren dabei auf Wahrscheinlichkeiten, die abhängig von der Testgenauigkeit zwischen 50 und 99 Prozent liegen.

Erstmals über eine Ausweitung der DNA-Analyse diskutiert wurde im Jahr 2016, nachdem ein Geflüchteter aus Afghanistan eine Freiburger Studentin ermordet hatte. Nach dem Vorfall forderten Polizei und Politik mehr Möglichkeiten zur forensischen DNA-Phänotypisierung und begründeten dies unverblümt mit „Tatverdächtigen aus dem Mittleren Osten“. „Es schien auf einmal so, als bräuchte es für die Polizeiarbeit vor allem Technologie, die hilft, Täter und Täterinnen zu erkennen, die anders aussehen als die Mehrheit in Deutschland“, sagt Matthias Wienroth vom Centre for Crime and Policing an der Northumbria University in Newcastle. Der Sozialwissenschaftler verfolgt die Diskurse zu forensischen DNA-Technologien in Deutschland und Großbritannien seit Langem und beobachtete, wie seit 2015 mit der Aufnahme vieler Flüchtlinge in Deutschland parallel eine Polemik der fremden Gefahr entwickelt worden sei.

Trotz Warnungen aus der Zivilgesellschaft vor Racial Profiling und der pauschalen Kriminalisierung von Minderheiten wurde die DNA-Phänotypisierung für die Feststellung von Merkmalen wie Haar-, Haut- und Augenfarbe 2019 in Deutschland eingeführt. Laut BKA wurde sie in den letzten vier Jahren 27-mal genutzt. Nun wird über eine Erweiterung der DNA-Analyse um die biogeografische Herkunft (BGA) diskutiert. Wie problematisch die BGA jedoch sein kann, zeigt die Geschichte des „Heilbronner Phantoms“: Eine DNA-Spur am Tatort der 2007 ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter wurde damals untersucht und stimmte mit Spuren anderer Mordfälle überein. Daraufhin wurde die BGA in einem österreichischen Labor untersucht und die Spur einer weiblichen Person aus Osteuropa zugeordnet. Die Er­mitt­le­r:in­nen vermuteten eine Tatverdächtige aus der Community der Sintizze und Romnja und führten sogar Massentestungen durch. 2009 stellte sich schließlich heraus: Die untersuchte DNA stammte von einer Mitarbeiterin einer Firma, in der sterile Wattestäbchen hergestellt wurden. Michèle Kiesewetter hingegen wurde vom rechtsterroristischen NSU ermordet.

Katja Anslinger von der Universität München befürwortet dennoch eine Ausweitung der DNA-Analyse auf die biogeografische Herkunft. Laut der Professorin für forensische Molekularbiologie zeigen wissenschaftliche Studien, dass phänotypische Merkmale oder das Alter präziser abgeschätzt und Fehler vermieden werden können, wenn die BGA einer Person bekannt ist. „Von wissenschaftlicher Seite wäre mir viel daran gelegen, die biogeografische Herkunft mitbestimmen zu können, weil es etwas ist, das mir mehr Informationen gibt“, so Anslinger.

Informationen einer DNA-Analyse können rassistische Ressentiments triggern, wenn sie unvorsichtig kommuniziert werden

Veronika Lipphardt, Populationsgenetikerin

Be­für­wor­te­r:in­nen betonen außerdem den Mehrwert solcher Analysen bei der Identifizierung von unbekannten Toten sowie bei der Entlastung von Tatverdächtigen diskriminierter Gruppen. Als Beispiel wird häufig der Fall der ermordeten Marianne Vaatstra in den Niederlanden herangezogen. Dort wurden zunächst in der Nähe des Tatorts lebende Flüchtlinge verdächtigt, bis durch eine DNA-Analyse ein weißer Niederländer als Täter identifiziert werden konnte. Die Argumentation unterschlägt allerdings, dass die Geflüchteten womöglich aufgrund von Rassismus als Erste verdächtigt wurden.

Veronika Lipphardt forscht an der Universität Freiburg zu genetischer Geschichte und Populationsgenetik. Sie meint, es gelte, die Interessen von Angehörigen der Opfer von Gewaltverbrechen und von Gruppen, die einem verstärkten Ermittlungsdruck ausgesetzt werden, abzuwägen. „Forensische Ge­ne­ti­ke­r:in­nen und Ermittelnde sehen sich oft als Ver­tre­te­r:in­nen der ersten Gruppe und bewerten die Risiken für die zweite Gruppe als vernachlässigbar“, so Lipphardt. Dabei sollten gerade forensische Ge­ne­ti­ke­r:in­nen keine einseitige Positionierung vornehmen.

„Informationen einer DNA-Analyse können rassistische Ressentiments triggern, wenn sie unvorsichtig und missverständlich kommuniziert werden“, sagt Lipphart. Man müsse sehr vorsichtig sein, wie Technologien angewendet werden und wie über sie gesprochen wird. Eine besondere Herausforderung sieht Lipphardt darin, die Ergebnisse in eine Kategorie zu übersetzen, mit der Er­mitt­le­r:in­nen etwas anfangen können, ohne auf rassistische Stereotype zurückzugreifen. Wichtig dafür sei vor allem, dass genetische Fo­ren­si­ke­r:in­nen die Zuverlässigkeit und die Fehleranfälligkeit einer DNA-Analyse an die Ermittelnden kommunizierten. Dies geschehe laut Lipphart bisher nur unzureichend. So sieht es auch Wienroth: „Zu häufig werden Wahrscheinlichkeiten in der Polizeiarbeit als Fakten behandelt.“

Mehr Vertrauen herstellen

Molekularbiologin Anslinger sieht in der biogeografischen Herkunftsanalyse hingegen eine Möglichkeit, präziser zu kommunizieren, da die Grenzen der Technologie klarer sind. So könnten laut Anslinger mit den üblicherweise in Deutschland verwendeten Analysetools bei stark durchmischten Populationen bislang keine verlässlichen Informationen oder Vorhersagen für die biogeografische Herkunft generiert werden. Hätte man also die Hinweise der BGA, könnte die Aussagekraft bereits erlaubter Untersuchungen zu Haar-, Haut- und Augenfarbe besser eingeordnet werden. „Wir könnten das dementsprechend vorsichtiger kommunizieren und gegebenenfalls andere Schlüsse ziehen.“

Laut Populationsgenetikerin Lipphart muss langfristig vor allem mehr Vertrauen zwischen von Rassismus betroffenen Communitys, der Forensik und den Er­mitt­le­r:in­nen hergestellt werden, beispielsweise durch unabhängige Beratungsinstanzen. In einer Schlüsselrolle sieht Lipphardt auch forensische Ge­ne­ti­ke­r:in­nen: Sie könnten die Anliegen beider Seiten vermitteln und entsprechend sensibel kommunizieren.

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23 Kommentare

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  • "Dort wurden zunächst in der Nähe des Tatorts lebende Flüchtlinge verdächtigt, bis durch eine DNA-Analyse ein weißer Niederländer als Täter identifiziert werden konnte.



    Die Argumentation unterschlägt allerdings, dass die Geflüchteten womöglich aufgrund von Rassismus als Erste verdächtigt wurden." Möglich aber die Tatsache dass dies aufgrund der DNA-Analyse korrigiert werden konnte ist ja das Positive.

    Den angesprochenen Rassismus werden wir so schnell nicht aus der Polizeiarbeit bekommen und wenn sich die Ermittler dann von der DNA Analyse vom Gegenteil überzeugen lassen, ist dass doch genau das eine Lösung des Problems( wenn auch keine ideale).



    ...

    "Laut der Professorin für forensische Molekularbiologie zeigen wissenschaftliche Studien, dass phänotypische Merkmale oder das Alter präziser abgeschätzt und Fehler vermieden werden können, wenn die BGA einer Person bekannt ist." Gerne eine entsprechende Studie für interessierte Leser*innen mit Veröffentlichen.

  • "„Informationen einer DNA-Analyse können rassistische Ressentiments triggern, wenn sie unvorsichtig und missverständlich kommuniziert werden“, sagt Lipphart. Man müsse sehr vorsichtig sein, wie Technologien angewendet werden und wie über sie gesprochen wird. " Das stimmt wohl.

    "Eine besondere Herausforderung sieht Lipphardt darin, die Ergebnisse in eine Kategorie zu übersetzen, mit der Er­mitt­le­r:in­nen etwas anfangen können, ohne auf rassistische Stereotype zurückzugreifen." Das dürfte in der Praxis schwierig werden, werden diese Ergebnisse doch wahrscheinlich psychologisch als Bestätigung der eigenen Stereotype verwertet werden. Das haben Stereotype ja leider so Ansich.



    "Wichtig dafür sei vor allem, dass genetische Fo­ren­si­ke­r:in­nen die Zuverlässigkeit und die Fehleranfälligkeit einer DNA-Analyse an die Ermittelnden kommunizierten." Das zum einen und zum anderen müssen die anderen diese auch verstehen wollen/können.

    "Dies geschehe laut Lipphart bisher nur unzureichend. So sieht es auch Wienroth: „Zu häufig werden Wahrscheinlichkeiten in der Polizeiarbeit als Fakten behandelt.“



    Letzteres ist generell ein psy."Problem", Wahrscheinlichkeiten sind einfach unintuitiv.

  • Ich sehe nicht, warum eine wissenschaftliche Beweismethode Rassismus fördern soll. Im Gegenteil, sie wird ihm entgegenwirken. Immer wieder heißt es, dass nicht biodeutsch gelesene Menschen aufgrund des gesellschaftlichen Rassismus Verdächtigungen ausgesetzt sind. Das ließe sich doch wunderbar damit entkräften, wenn wissenschaftlich festgestellt wird, dass die Verbrechen gleichverteilt sind.

  • Wenn BGA dabei hilft, Täter*innen zu finden, dann ist sie ein Hilfsmittel wie jede andere Art von physischen Spuren oder Profiling. BGA trägt dazu bei, den Heuhaufen, in dem man sucht, etwas zu reduzieren. Schon die Unterscheidung, ob der*die Täter*in biologisch weiblich oder männlich is, halbiert den Heuhaufen. Wenn man dann noch mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann, dass er blaue Augen hat, umso besser. Was soll daran schlecht sein? Es geht um Fakten, die zur Ermittlung beitragen können, mehr nicht.

  • "Beispiel ... der Fall der ermordeten Marianne Vaatstra in den Niederlanden ... zunächst in der Nähe des Tatorts lebende Flüchtlinge verdächtigt, bis durch eine DNA-Analyse ein weißer Niederländer als Täter identifiziert werden konnte. Die Argumentation unterschlägt allerdings, dass die Geflüchteten womöglich aufgrund von Rassismus als Erste verdächtigt wurden."



    Diese Argumentation unterschlägt allerdings, dass damit die DNA-Analyse wirksam gegen diesen Rassismus eingesetzt werden konnte.



    "Eine besondere Herausforderung sieht Lipphardt darin, die Ergebnisse in eine Kategorie zu übersetzen, mit der Er­mitt­le­r:in­nen etwas anfangen können, ohne auf rassistische Stereotype zurückzugreifen."



    Gute Kommunikation ist ja immer wichtig. Allerdings... inwiefern ist es ein rassistisches Stereotyp, wenn eine DNA-Spur z. B. eine bestimmte Haar- oder Augenfarbe ergibt? Dass z. B. ein schwarzes Haar nicht alle Schwarzhaarigen für schuldig erklärt, ist ja nun 'ne Binse. Dafür brauch ich nicht mal ne DNA-Analyse.



    Der Wunsch nach der biogeografischen Herkunft zielt natürlich nicht auf eine geografischen Herkunft ab, sondern auf Phänotypen. Das ist klar.

  • Dass in € gesprochen die großen Missetäter die großen Steuerhinterzieher und -trickser, die Betrüger mit meist weißem einheimischen Hintergrund sind, wussten wir aber schon vorher.

    Nicht jeden Nagel schlagen, nur weil es einen Hammer gibt.

  • Die möglicherweise irreführenden Herkunftsaussagen rühren gerade vom dem Bemühen her, die verwertbaren Informationen aus der Geninformation zu begrenzen - und damit die Notwendigkeit, die Informationen irgendwie zu clustern.



    In anderen Ländern ist es längst üblich, aus Tatort-DNA Phantombilder zu erstellen. Da geht dann sehr viel Information ein - dafür spart man sich die Beschreibung und Zuordnung zu einer speziellen Herkunft.



    Ich bin äußerst kritisch dagegen, den Ermittlungsbehörden zu viele Befugnisse einzuräumen, die auch missbraucht werden können (z.B. Genabgleich ohne Tatbezug). Nur ist hier anzuerkennen, dass mehr Information zu weniger Fehler und weniger pauschalen Schuldzuweisungen führen kann.

  • Die Befürchtung „Informationen einer DNA-Analyse können rassistische Ressentiments triggern, wenn sie unvorsichtig und missverständlich kommuniziert werden“ ist doch selbst ein rassistisches Ressentiment. Der unbestreitbare Vorteil einer Routine mit detailliertem DNA-Täterprofil wäre doch, dass nun endlich belegt werden könnte, wie gering der Anteil von Tätern mit nichtdeutscher BGA tatsächlich ist.

    • @Holger Westermann:

      Eben. Und selbst wenn nicht: dann ist es eben so.

      Das einzige Interesse hier sollte die Ermittlung von Tätern sein. Nichts sonst. Es gibt keine anderen Interessen des Staates oder der Gesellschaft, die dem per se übergeordnet sind. Ansonsten könnte man ja gleich sagen, dass man Menschen nichtdeutschet Herkunft niemals vor Gericht stellt.

  • Biogeographische Herkunft? Was ist das für ein rassistischer, völkischer Irrsinn, in den man sich da im Namen angeblich präziser Ermittlungergebnisse verbissen hat?

    Wenn ich als Deutsche mit türkischen Eltern und georgischen, weißrussischen und sephardisch-jüdischen Vorfahren, die aber nicht das geringste mit türkischer, georgischer oder jüdischer community zu tun hat und ganz genauso in sozialer Umwelt befinde wie eine Melanie oder Nadine befinde, weil ich rein Deutsch sozialisiert wurde in einer deutschen Pflegefamilie, soll die Feststellung meiner genetischen Herkunft dann dazu führen, dass man in türkischen oder russischen oder spanischen (von dort flüchteten nämlich damals meine jüdischen Vorfahren in das damalige osmanische Reich) Communities nach Tätern sucht, anstatt schlicht und einfach den Erkenntnisgewinn über meinen Phänotyp ohne soziale Faktoren zu bewerten? Interessant wäre auch. Interessant wäre auch, wie man meint aufgrund genetischer Erkenntnisse Türken, Armenier Azeris, Perser und Araber zum Zwecke des Ermittlungansatzes sozial zuordnen oder unterscheiden möchte. Alle stammen aus dem gleichen Gebiet.

    Wie gesagt, für mich ist das rassistischer Wahnsinn!

    • @Edda:

      Weil der Phönotyp genutzt werden kann um nach Menschen mit einen ähnlichen Phönotyp zu suchen und das Suchraster so zu verkleinern... Das diese sich dann wahrscheinlich einer bestimmten sozialen Kategorie zu ordnen lassen. Ihre Genetik ist eben ein Stück weit unabhängig davon als was sie sich identifizieren.

      Das dies auch problematisch sein kann, vorallem wenns wie im Artikel falsch verstanden wird oder instrumentalisiert werden kann bestreitet niemand, trotzdem ist das ganze kein rassistischer Wahnsinn.

      Die Frage ist was ist die Alternative, die sie vorschlagen ? und woher wissen sie das ihr Ansatz nicht unpräziser oder letzlich auch auf Stereotype zurückfällt...



      100 % Präzision gibt es nunmal nicht.

      Und zu ihrem Beispiel der Suchradius würde sich trotzdem verkleinern was die Trefferwahrscheinlichkeit den richtigen Täter*in zu finden meistens erhöhen durfte



      Das hat weniger mit rassistischen Wahnsinn zu tun sondern vielmehr mit Wahrscheinlichkeitstheorie.

      Die Risiken wären im Artikel ja auch besprochen.



      Ich empfinde ihre Bewertung(rassistischen Wahnsinn) als überzogen.



      Die darin enthaltene Furcht und Skepsis kann ich aber verstehen.

    • @Edda:

      Das heißt ja " biogeographisch", nicht " bioethnisch".

      Man meint nicht, Azeri, Perser oder Kurden auseinanderhalten zu können.

      Wenn eine DNA auf eine rein mitteleuropäische Herkunft des Täters hinweist, sind alle mit einem Vater aus Nahost schon mal raus.

      Ob Sie das nun rassistisch nennen, da halte ich mich raus.

    • @Edda:

      Man kann schon längst mehr oder weniger genau Ihr Gesicht aufgrund einer DNA-Spur errechnen:

      secretldn.com/3d-p...ts-cigarettes-dna/

      Das hat mit Rassismus oder gar völkischem Denken nichts zu tun.

  • Ich bin sehr für die Phänotypsierung der DNA wenn es darum geht, nicht identifizierten Todesopfern ihren Namen zurückzugeben. Dann weiß man beispielsweise bei welchen potentiellen Herkunftsländern man Vermisstenmeldungen überprüfen kann und es hat für niemanden massive negative Konsequenzen wenn man flasch liegt.

    Aber bei potentiellen Tätern? Haare lassen sich leicht färben und glätten und viele Männer haben ab einem gewissen Alter eine Glatze, die Augenfarbe ist nur bei hellen Augen eine relevante Information und die Hautfarbe ändert sich je nach Jahreszeit/dem Wohnort bei vielen Menschen recht deutlich. Mal abgesehen davon lässt die DNA kaum Rückschlüsse auf das Alter des Täters zu.

    Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem die Polizei die Priorität eines Falles von der vermutlichen Ethnie des Täters abhängig macht bzw. dies noch Prioritätisierung noch stärker betreibt als dies eh schon tut.

    • @Tannenzapfen:

      Wo ist der Unterschied zu Täterbeschreibungen und Phantombildern aufgrund von Zeugenaussagen?

      Auch heute lassen sich Haare färben und Kontaktlinsen einsetzen (Die Hautfarbe zu verändern, ist schon schwieriger). Und dennoch sucht man anhand äußerer Merkmale. Im Übrigen werden solche Veränderungen bei der Fahndung als Möglichkeit berücksichtigt.

  • Der Witz ist ja, dass Marker wie Haut-, Haar-, Augenpartie immer weniger Wert für die Ermittlung besitzen, je mehr Generationen von Einwanderern wir haben, angefangen mit den Goten. Denn solche Daten haben dann überhaupt nichts mehr mit einer Sozialistation in einem bestimmten Herkunftsland zu tun und sind so scheinpräzise wie " Mann, Mitte dreißig, normale Statur". Ich finde den DNA-Datenabgleich zur weiteren Fehlerkorrektur daher schon für wichtig, aber halte den Erkenntnisgewinn eher für minimal und vertraue der wissenschaftlichen Transparenz. Mein Beispiel: Ötzis Gene gleichen am ehesten denen der Einwohnern von Sardinien - weil diese Hinterwäldler kaum ein Einwanderer in 5.000 Jahren je erreicht hat.

    • @hedele:

      "Der Witz ist ja, dass Marker wie Haut-, Haar-, Augenpartie immer weniger Wert für die Ermittlung besitzen, je mehr Generationen von Einwanderern wir haben"



      Das ist ein Trugschluss, der sehr schön die Gefahren der DNA-Analyse illustriert. DNA gibt nur Phänotypen. Der Rückschluss auf die tatsächliche Herkunft des Täters ist damit noch nicht möglich. Höchstens sein ungefähres Aussehen. Weitere Schlussfolgerungen (Flüchtling oder Asylant z. B., um das Thema direkt anzusprechen) sind mit zunehmend geringerer Wahrscheinlichkeit machbar und erlauben mehr Rückschlüsse bezüglich des Schlussfolgernden als auf die Fakten.

    • @hedele:

      Deutschland wurde mal als das durchmischteste Land Europas genannt, die Lage und Geschichte lassen das auch als plausibel erscheinen (Nimm das, Adi!).



      Kowalskis, Hansens, Matuscheks, Müllers, DePays, Vukovics, Levys, Pisanos, alles dabei - und warum auch nicht?

    • @hedele:

      Warum sollten genetische Marker wie Haut-, Haar-, Augenpartie immer weniger Wert haben?

      Wenn ich auf einer Leiche DNA-Spuren finde und daraus ableiten kann, dass der Täter sehr wahrscheinlich hellhäutig, rothaarig und blauäuig ist, dann ist das doch ein enormer Zugewinn für die Fahndung nach Unbekannt.

      Natürlich kann ich daraus nicht die individuelle Migrationsgeschichte oder gar die Staatsangehörigkeit erschließen, aber die äußere Erscheinung ist doch ein entscheidendes Fahndungsmerkmal...

    • @hedele:

      Ihr Argument ist nicht ganz schlüssig. Hier geht es um Verfahren, die physischen Merkmale Tatverdächtiger im Tatumfeld einzugrenzen, nicht, woher deren Familie stammt - das ist natürlich irrelevant (wenn auch unvermeidlicherweise im gewissen Maße bei vielen Merkmalen korreliert). Auch bei maximaler Vermischung der Population ist die Information, dass die Täterin wohl natürlich rote Haare und Sommersprossen hat, ein lokal eingrenzendes Kriterium, das erst einmal die Arbeit der Polizei erleichtert, und die Belästigung von Unbeteiligten vermindert. Wenn man diese Information bei Ermittlungen nicht nutzen will, dann soll man aber zugleich Zeugenaussagen wie "der Einbrecher sah für mich asiatisch aus" aus den Protokollen streichen, denn alles andere wäre inkonsequent. Der endgültige Tatbeweis wird natürlich weiterhin per DNA-Identität geführt, nicht über statistisch mehr oder weniger zutreffende Aussehensmarker.

    • @hedele:

      Verstehe ich nicht. Auch vor dem 20. Jahrhundert gab es in Deutschland Menschen mit verschiedenen Augen- und Haarfarben,

      Wenn die Analyse ergibt, dass der mutmaßliche Täter helle Haut, grüne Augen und rotes Haar hat, kann man es sich ja wohl sparen, ihn in zB der afrikanischen Community zu vermuten - aber eben auch, ihn unter schwarzhaarigen Biodeutschen zu suchen.

  • Hätte man je von Dönermorden gesprochen, wenn die Analyse der DNA der beiden NS-Uwes ergeben hätte, dass die Mörder keine Türken, sondern Mitteleuropäer waren?

    Nein.

    Die Analyse kann also auch gerade verhindern, dass rassistische stereotype verfestigt werden.

    Ansonsten: wenn die Analyse ergibt, dass der Täter kein Europäer ist, dann ist es eben so. Wo ist das Problem? Dass die Wahrheit „Stereotypen verfestigt“? Wiegt das allen Ernstes schwerer als das Interesse des Opfers und der Gesellschaft, den Täter zu finden? Wirklich?

    • @Suryo:

      "Die Analyse kann also auch gerade verhindern, dass rassistische stereotype verfestigt werden."

      Nun zumindest kann sie einzelnen Fällen, die Wirkungen von Stereotypen schwächen oder deren Auswirkungen lindern , aber es reichen leider 1-2 Fälle die den Stereotyp entsprechen, damit sich dieser weiter verfestigt, dann auf "Basis" vermeindlicher biologischer Fakten. Vorallem wenn dann wegen der biologie eventuell soziale Faktoren in Diskursen noch weiter in den Hintergrund gedrängt werden.

      Ich denke ihre letzten Fragen sind berechtigt aber ich würde die Wirkung der DNA Analyse nicht überschätzen, sondern als ein wichtiges Werkzeug sehen, dessen Risiken aber bewusst sind und dessen Einsatz immer etwas kritisch betrachtet werden muss.