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Globaler KlimastreikVersiegelte Plakate

Am Freitag findet der fünfte globale Klimastreik statt. Wie macht Fridays for Future unter den aktuellen Beschränkungen weiter?

Dortmunder Aktivisten sammelten Plakate für den Aktionstag am Freitag in Berlin Foto: Edith Geuppert/GES/picture alliance

Andere haben sicher größere Probleme mit den pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen als Fridays for Future. Was viele in den vergangenen Wochen lernen mussten, war für sie schon Alltag: Sich über Telefonkonferenzen zu organisieren, in Chaträumen abzusprechen, Entscheidungen zu treffen, ohne sich physisch gegenüber zu sitzen. Trotzdem – die Bewegung, die monatelang den Ton im Klimadiskurs angegeben hat, ist fast aus den Nachrichten verschwunden. „Die Menschen verlieren die Klimakrise aus den Augen“, sagt die FFF-Sprecherin Clara Mayer. „Das ist verständlich, aber auch problematisch.“

Zwar versuchen die Schüler*innen, so gut es geht, ihren Protest ins Internet zu verlegen. Bei Instagram, Twitter, Facebook und Youtube erzielen sie große Reichweiten. Sie organisieren Webinare, Online-Vorlesungen und Livestreams.

Aber Menschen, die sich nicht ohnehin für das Thema interessieren, spricht man damit nicht an. „Wir wissen, dass die Straße eine andere Power hat“, sagt Mayer. Doch dort sind die Möglichkeiten beschränkt.

Am Freitag steht die nächste digitale Großaktion an: der fünfte globale Streik, dieses Mal notgedrungen online. Um mitzustreiken reicht es, ein Foto, etwa von einem Protestschild, hochzuladen, und den eigenen Standort auf einer Karte zu markieren. Außerdem soll es ein Programm mit Reden, Musik und Liveschalten geben.

Kunstaktion als Protest

Zumindest in Berlin soll auch eine Aktion im öffentlichen Raum stattfinden: An 30 Standorten konnten Aktivist*innen in den vergangenen Tagen Plakate und Schilder abgeben, die dann infektionsschutzgerecht versiegelt und am Aktionstag „an einem symbolträchtigen Ort“ als Kunstaktion ausgestellt werden sollen.

Die Plakate wurden dann als Paket nach Berlin geschickt, um sie dort aufzustellen Foto: Edith Geuppert/GES/picture alliance

Schon vor der Coronakrise hatte Fridays for Future damit zu kämpfen, dass das öffentliche Interesse an der Bewegung nachließ. Die Schüler*innen hatten in vielen Städten die wöchentlichen Streiks eingestellt und angefangen, über Neuorientierungen zu sprechen.

Aber auch wenn das Schlimmste irgendwann überstanden ist, der Lockdown aufgehoben und Großveranstaltungen wieder möglich sind – viele Menschen werden mit Sorgen aus der Krise kommen. Monatelange Lohneinbußen, Jobverluste und Schulden dürften sich drängender anfühlen als der Klimawandel. Die Schülerinnen wissen das. „Wir müssen soziale Gerechtigkeit stärker in den Fokus rücken“, sagt die Kölner FFF-Sprecherin Pauline Brünger. Wie genau, sei noch nicht klar, aber mit Gewerkschaften und sozialen Trägern arbeiteten die Aktivist*innen vielerorts schon eng zusammen.

Zwischen der Coronakrise und der Klimakrise sehen sie Parallelen. „Die Menschen, die am stärksten unter den Einschränkungen der Coronapandemie leiden, sind auch die, die am stärksten von den finanziellen und gesundheitlichen Schäden des Klimawandels getroffen werden“, sagt Clara Mayer. Bei den aktuellen Krisenmaßnahmen der Bundesregierung dürften sich Geschenke an Autokonzerne wie die Abwrackprämie nach der Finanzkrise 2009 nicht wiederholen.

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7 Kommentare

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  • "Weil das Handeln einzelner in der Rolle der*s Konsument*in nur zu einem kleinen Teil etwas dazu beitragen kann"

    ** Aber dieser kleine Teil ist entscheidend **

    Alleine wird's nicht ausreichen. Aber ohne wird's nicht gehen.

    Die fatale Situation ist: Industrie & Wirtschaftsbosse & hörige Politik weisen darauf "aber die Leute wollen es" -- einschliesslich jener marktradikaler die Schlangenöl unter dem Namen "Freiheit" verkaufen (und "Ökoterrorismus!" quieken, wenn Selbstverständliches gefordert wird).

    Auf der anderen Seite, die "Leute", die bloss keine alteingesessene Gewohnheit aufgeben wollen, es sei den, man verbietet sie -- weil sonst die anderen, und warum nicht dann auch ich.

    Siehe derzeit Maskenpflicht. Es wäre gar keine Pflicht nötig, wenn genug von uns einfach aus Einsicht diese albernen Dinger halt aufziehen würden. Aber nein, wo kämen wir da hin, wenn die einen so und die paar anderen anders.

    ** Es braucht beides **

    Das Handeln Einzelner, und die Politik. Sie beziehen sich aufeinander. Wandel ist schwierig.

  • Hallo Pfanni: nur Mut, fang an! Hier ist Platz genug.

  • Warum fordern Sie das, sprechen Sie damit den Klimaaktivisten die Legitimation ab sich gegen die eklatanten Missstände in der Klimapolitik und Klimaentwicklung zu äussern??



    Ein Foto reicht so lange bis sie wieder auf der Strasse demostrieren dürfen finde ich. Ein Foto ist ok ohne Aktivitätsnachweis.



    Dürfen Sie solche Forderungen stellen ohtn zu belegen was sie jetzt in Sachen Klima unternehmen ???

  • „Um mitzustreiken reicht es, ein Foto, etwa von einem Protestschild, hochzuladen, und den eigenen Standort auf einer Karte zu markieren“



    Und genau das ist es, was mich bei dem Klimastreik stört: Er funktioniert so, wie ein herkömmlicher Streik in der Wirtschaft: Proteste gegen die ANDEREN und Forderungen an die ANDEREN. Klar, ein Arbeitnehmer kann sich nicht selbst den Lohn erhöhen, dazu muss der Arbeitgeber gezwungen werden. Aber in Sachen Klima reicht es eben nicht gegen die Politiker zu protestieren und Forderungen an die Politiker zu stellen. Die können zwar gezwungen werden, Rahmenbedingungen zu schaffen, aber konkret tätig werden muss dann eben doch jeder Einzelne.



    Warum genügt es, ein Foto hochzuladen? Warum muss der/die TeilnehmerIn nicht mitteilen, was er/sie selbst in Schachen Klimaverbesserung bereits jetzt unternimmt?

    • @Pfanni:

      "Und genau das ist es, was mich bei dem Klimastreik stört [...]"

      Dann MACHEN Sie halt was. Niemand hält Sie davon ab!

    • @Pfanni:

      Weil das Handeln einzelner in der Rolle der*s Konsument*in nur zu einem kleinen Teil etwas dazu beitragen kann. Es ist ein leider weitverbreiteter Irrglaube, dass sich das Angebot auf dem Markt durch die Nachfrage der Konsument*innen steuern ließe. Andersherum wird ein Schuh draus. Es wird gekauft, was angeboten wird und wenn es auch der letzte, nutzlose Schrott ist. Solange wir also dieses Wirtschaftssystem nicht vom Kopf auf die Füße stellen und die Produktion(-sweise) wieder an den Bedürfnisssen der Menschen und nicht an den monetären Kosten orientieren, wird sich an der Umweltzerstörung nichts ändern.

      Also ist es schon richtig, dass sich dieser Streik - wie jeder andere Streik auch - an die Anderen, nämlich an die mit dem Besitz an Produktionsmitteln, richtet. Und an ihre politische Vertretung in Form der Regierung. Die dient schließlich, wie auch in der aktuellen Corona-Krise deutlich wird, der kapitalistischen Klasse und hat die Aufgabe deren Interessen durchzusetzen und dabei den Rest der Bevölkerung gerade so gut zu versorgen, dass es nicht zu Aufständen gegen die eigene Ausbeutung kommt, aber gleichzeitig die Gewinne für ein paar wenige weiter steigen können.

      Es ist also ein wir gegen die.

      Dieses Wirtschaftssystem zu retten, ist genau das Problem dieser Zeit. Corona wäre eine gute Gelegenheit die großen Konzerne endlich zu enteignen und teilweise stillzulegen um danach eine Wirtschaft aufzubauen, deren einziger Zweck die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern ist, wozu ich auch Entertainment, Kultur usw. zähle. Aber eben nicht den x-ten Riesen-SUV für den Stadtverkehr oder gigantische Kreuzfahrtschiffe, um nur die beliebtesten Beispiele aufzuzählen.

      Wir müssen uns sehr bald zwischen dem Kapitalismus und einem Planeten auf dem wir weiter leben können entscheiden und ich bin nicht gerade optimistisch, dass wir uns kollektiv für den Planeten entscheiden werden...

      • @BakuninsBart:

        Absolut meine Meinung – haargenau.



        Erschüternd, dass es "gegen" uns und "gegen" den Planeten ausgehen wird, denn die Besitzenden werden nichts, aber auch gar nichts ändern.



        Bis die kapieren, dass sie auch untergehen werden, weil man Geld nicht essen, Gesundheit nicht kaufen und den Planeten nicht bestechen kann, ist es längst zu spät.



        Die Chance der Krise hat es m. E. nie gegeben, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.



        Den Planeten retten?



        ^^"Ja wie jetzt, mein Umsatz und vor allem Gewinn müssen doch stimmen. Was soll ich mit einem Planeten?!"^^