Genital-Symbolik im Fußball: Eier, Eier, bitte keine Eier mehr!
Der Griff ans eigene Gemächt ist eine typische Geste im Männerfußball. Englands Jude Bellingham hat so einen der schönsten Momente der EM zerstört.
W as für ein Tor! Ein schöneres wird bei dieser Europameisterschaft vielleicht nicht mehr fallen. Und wie wichtig dieser wunderbare Fallrückzieher war, der ein mieses Team aus England im Achtelfinale gegen die Slowakei in die Verlängerung gerettet hat. Der letztlich Grundlage war für den 2:1-Erfolg der bestbezahlten Nichtfußballer des Turniers. Wie schön hätte man einen solchen Treffer feiern können – mit einem Strahlen im Gesicht, mit Tränen der Freude in den Augen, mit Umarmungen so tief und innig, wie nur die wahre Liebe zum Fußballsport sein kann.
Doch was macht Jude Bellingham, jener hochbegabte englische Kicker, der zu jener wunderbaren entscheidenden Flugeinlage angesetzt hatte? Schneidet ein finsteres Gesicht voller Wut, als hätte man ihn drei Jahre bei Wasser und Brot gehalten, schleckt sich die Finger ab und deutet mit der Hand unten am Mannsbildergemächt an, was er für dicke Eier hat. Muss das sein?
Ausgerechnet der Spieler, der für den bis dahin ästhetisch schönsten Moment der EM gesorgt hat, zeigt, welch primitive Machokultur im Profifußball der Männer bis heute herrscht. Man wünschte sich, die Zeiten wären vorbei, in denen Männer ihre Leistungen mit der Größe ihrer Genitalien beschreiben. Da tut es auch nichts zur Sache, dass Bellingham, nachdem er für seine Geste kritisiert worden war, auf TwiX behauptet hat, sie sei an Freunde auf der Tribüne gerichtet gewesen und habe nichts mit einer Verhöhnung des Gegners zu tun. Die Eierei im Männerfußball nervt einfach.
„Eier, Eier, wir brauchen Eier!“, brüllte Oliver Kahn einst nach einer Niederlage des FC Bayern, für den er seinerzeit noch im Tor stand, ins Mikrofon und ging damit in die deutsche Fußballhistorie ein. Ganz so, als hätte er etwas halbwegs Intelligentes gesagt. Die Fußballversteher vom Magazin 11 Freunde haben gar ein ganzes Buch mit mehr oder weniger unnützem Fußballwissen unter diesem Titel herausgegeben. Lustig soll das wohl sein.
Oh, Mann! Geht’s noch peinlicher?
Vorne drauf ist ein Bild, auf dem zu sehen ist, wie der wegen seiner spielerischen und trinkerischen Fähigkeiten so beliebte englische Ex-Kicker Paul Gascoigne von einem Gegenspieler in die Hoden gekniffen wird. Witzig soll man das finden. Freunde eines solchen niederen Genitalhumors gibt es übrigens auch bei den Kuratoren des von der Bundesregierung alimentierten Kulturprogramms zu dieser EM. Die haben Postkarten mit ebenjenem Eierkneifermotiv in den Kneipen der Ausrichterstädte auslegen lassen. Haha!
Nein, Jude Bellingham ist gewiss nicht der Einzige, der sich beim Jubeln an den Schritt fasst, um der Welt zu zeigen, welch mächtiges Gemächt ihm da zwischen den Beinen baumelt. Diego Simeone, der Trainer von Atlético Madrid, hat 2019 sogar vorgemacht, dass man auch als Trainer seinen Hoden stolz zur Schau tragen kann. Mit beiden Händen fasste er sich an den Schritt, nachdem sein Team ein Champions-League-Spiel gegen Juventus Turin gewonnen hatte. Später erklärte er sich und meinte, dass es eben Eier brauche, die Mannschaft so aufzustellen, wie er es getan hatte, und fügte an: „Wir haben Eier, richtig dicke Eier!“ Oh, Mann! Geht’s noch peinlicher?
Aber sicher. Cristiano Ronaldo hat es vorgemacht. Der traf beim Rückspiel gegen Atlético und fasste sich, es konnte ja nicht anders kommen, an die Eier. Er hatte sich offenbar provoziert gefühlt. Was für ein armer Wicht! Die Welt müsste lachen über ein solch armseliges Verhalten. Hat sie aber nicht. Nicht wenige haben Ronaldo für seine Parade im Eierkrieg mit dem gegnerischen Trainer sogar gefeiert. Der Männerfußball ist eben immer noch ein Spiel aus der Machohölle. Dabei könnte er so schön sein. Jude Bellinghams Tor hat’s gezeigt.
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