Geleakte Cannabis-Eckpunkte: Was haben die denn geraucht?

Die geleakten Cannabis-Eckpunkte lassen die Hoffnung auf eine Freigabe schwinden. Qualität und Quantität sollen weiterhin massiv kontrolliert werden.

Eine Hand hält eine Hanfpflanze

„Cannabis ist verboten, weil es eine illegale Droge ist.“ Foto: Ognen Teofilovski/reuters

Seit Monaten schon lässt die Ampelkoalition darauf warten, endlich einen Fahrplan zur im Koalitionsvertrag vereinbarten Cannabisfreigabe zu veröffentlichen. Das ist angesichts von Krieg und Energiekrise sicher nicht das allerdrängendste Thema – aber es gibt überhaupt keinen Grund, damit nicht endlich anzufangen. Und trotzdem kam: nichts.

Am Mittwoch dann präsentierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland RND die Inhalte eines mutmaßlich durchgestochenen Eckpunktepapiers – und man wünschte, es wäre weiter geschwiegen worden. Denn was da steht, ist so realitätsfremd, dass der Eindruck entsteht, es habe sich doch wieder eine der ehemaligen CSU-Drogenbeauftragten heimlich in die rot-gelb-grüne Referentenrunde eingeschlichen.

Eine Begrenzung des THC-Gehalts auf 15 Prozent und für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren auf 10 Prozent ist vollkommen sinnfrei. Und zwar nicht nur, weil praktisch alle der derzeit gängigen Marihuana Strains THC-Gehalte zwischen 20 und 30 Prozent haben. Sondern vor allem, weil, wäre diese Begrenzung ernst gemeint, die Polizei ja quasi immer zur Überprüfung erst einmal den Stoff beschlagnahmen müsste, um zu kontrollieren, ob da nicht ein paar Prozente zu viel drin sind.

Das hat mit dem Grundgedanken, das Thema Cannabiskonsum endlich völlig von den Strafverfolgungsbehörden wegzubekommen, nichts mehr zu tun – mit übergriffigem ideologisch begründetem Kontrollwahn hingegen eine ganze Menge. Sinnvoll ist es, genau zu bezeichnen, welche Sorte mit welchem Wirkstoffgehalt verkauft wird: So wie man auch im Getränkehandel gern weiß, ob man jetzt eigentlich, Bier, Wein oder Wodka erwirbt und wie viel Alkohol da drin ist.

Ähnlich ist es mit der Begrenzung auf zwei Pflanzen im Eigenanbau: Weder für Menschen mit einem medizinisch indizierten Cannabisbedarf noch für regelmäßige Kif­fe­r*in­nen wäre das ausreichend, um den Jahresbedarf zu decken. Und die Vorstellung, man könne ausschließlich mit Cannabis aus deutscher Produktion die gesamte derzeit vom Schwarzmarkt belieferte Nachfrage befriedigen, dürfte zumindest kurz- bis mittelfristig illusorisch sein.

Aus diesem Eckpunktepapier – sollte es denn kein schlechter Scherz gewesen sein – spricht noch immer die gleiche Irrationalität, die seit so vielen Jahrzehnten die Drogenpolitik bestimmt hat. Und die die frühere Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) so legendär ausdrückte: „Cannabis ist verboten, weil es eine illegale Droge ist.“ Offenbar fällt es noch immer schwer, von diesem vernunftfreien Dogma wirklich wegzukommen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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