piwik no script img

Geldstrafe für Letzte Generation400 Euro für die Christbaumspitze

Eine Klimaaktivistin der Letzten Generation hat im Dezember den Weihnachtsbaum am Brandenburger Tor abgesägt. Dafür wurde sie nun verurteilt.

Die abgesägte Spitze des Weihnachtsbaums kostet die Letzte-Generation-Aktivistin 400 Euro Foto: Florian Boillot

Berlin dpa/taz | Eine Aktion der Letzten Generation aus der Weihnachtszeit hat nun finanzielle Folgen. Nach dem Absägen der Spitze des Weihnachtsbaums am Brandenburger Tor in Berlin ist eine Klimaaktivistin zu 400 Euro Geldstrafe verurteilt worden.

Das Amtsgericht Tiergarten sprach die 23-jährige Aktivistin am Donnerstag der gemeinschädlichen Sachbeschädigung schuldig. Bei der Aktion der Letzten Generation sei von dem Baum etwa ein Meter abgesägt und die Lichterkette beschädigt worden. Auf einen rechtfertigenden Notstand könne sich die Angeklagte nicht berufen. Eine solche Aktion sei kein geeignetes Mittel, um die Politik zu veranlassen, andere Maßnahmen zu ergreifen.

Die Studentin aus Wolfenbüttel und eine weitere Frau hatten sich am 21. Dezember vorigen Jahres mit einer Hebebühne zur Spitze der 15 Meter hohen Nordmanntanne fahren lassen. Während sich die Begleiterin der 23-Jährigen mit einer Säge an dem Baum zu schaffen machte, habe die Angeklagte ein Transparent ausgerollt. Das Absägen sei „im bewussten und gewollten Zusammenwirken“ geschehen, hieß es in der Anklage. Gegen die andere Frau wird gesondert ermittelt.

„Das ist nur die Spitze eines Weihnachtsbaums“, zitierte die 23-Jährige im Prozess die Worte auf dem damals von ihnen an der Hebebühne angebrachten Plakat. Es sei ein friedlicher Protest gewesen – „Die Regierung schafft es nicht, gegen die Klimakatastrophe vorzugehen“. Die Angeklagte hatte Freispruch verlangt. Es habe ein rechtfertigender Notstand vorgelegen. Das Gericht folgte mit der verhängten Strafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Kritik am Bürgerrat Ernährung

Seit zwei Wochen protestiert die Letzte Generation wieder verstärkt in Berlin mit verschiedenen Aktionen und Blockaden. Sie fordern das Ende der fossilen Rohstoffnutzung. Lange war ihr oberstes Ziel die Aufstellung eines Gesellschaftsrats.

Harte Kritik hagelt es von ihnen für den 160-köpfigen Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“, der am Freitag erstmals zusammentreten sollte.

Die Fragestellung sei „kleinteilig“, heißt es in der Pressemitteilung der Letzten Generation. “Wir sind dabei, gefährliche Klima-Kipppunkte zu überschreiten, und jetzt soll erstmal nur das Thema Ernährung angegangen werden?“, sagt Marion Fabian, Sprecherin der Klimaprotestgruppe.

Stattdessen bräuchte es einen schnellstmöglichen Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Die Letzte Generation kritisiere die geringe Hebelwirkung, die der Rat mit seinen Ergebnissen hat. Bis zum 29. Februar soll der Bürgerrat Handlungsempfehlungen für das Parlament erarbeiten. „Diese fließen in die parlamentarischen Beratungen ein“, erklärt der Bundestag. Eine Pflicht zur Berücksichtigung gibt es nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • In einem demokratischen Rechtsstaat gibt es eben viele Probleme die angegangen werden müssen. Sich nur auf eins zu beschränken funktioniert nicht.

    • @Der Cleo Patra:

      Voller Erfolg der LG?

      DE debattiert über Christbaumspitzen während währenddessen der Klimawandel grassiert. Das nenn ich doch mal eine gelungene Fokussierung auf die wirklich wichtigen Themen. www.youtube.com/watch?v=XA3Czn4pT_c

  • Natürlich müssen die Ergebnisse des Bürgerrats nicht berücksichtigt werden, denn ein solcher Rat ist in unserer Form der Demokratie gar nicht dazu ermächtigt und das ist auch richtig so

  • "400 Euro für die Christbaumspitze"

    Nein, 400 € Geldstrafe sind nur für das Absägen i. S. einer Sachbeschädigung gem. § 303 StGB. Dazu kommen noch etwas, was man in den Gerichtsshows im Scripted-Reality-TV etwa so formuliert: "Der Angeklagten werden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Sie trägt ihre notwendigen Kosten und Auslagen." Auf Deutsch: Die Prozesskosten und ihren Anwalt, sofern sie einen hatte, muss sie auch noch bezahlen.

    Wenn der Besitzer des Baum, vermutlich also die Stadt Berlin, noch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gem. § 823 BGB geltend macht, dann kann die Sache übrigens noch deutlich teurer werden. Keine Ahnung, was so ein großer Weihnachtsbaum kostet, der nach dem Absägen der Spitze wohl ersetzt werden musste, hinzu kommen noch die Kosten für die beschädigte Lichterkette.

    Da dürften insgesamt leicht einige tausend Euro zusammenkommen.

  • Superlustige Aktion!



    Subversiv und humorvoll. All das lassen die meisten Protestaktionen der "Letzten Generation ansonsten leider vermissen. Besonders witzig ist das Video, auf dem zu sehen ist, wie die Polizei unweit der Aktion rumsteht und macht, was die Polizei halt so macht.

    • @Niels Mander:

      Was für eine unchristliche Tat! Toll! :D

  • Es ist doch nur die Spitze des Weihnachtsbaums.

  • Sachbeschädigung ist Sachbeschädigung, unabhängig vom jeweiligen Motiv

    • @Christian Wagner:

      Stimmt auffallend !

      Man sieht es ganz deutlich an den harten Strafen gegen jene, die die Luft mit Abschalteinrichtungen zerstören, nicht wahr ?

      • @Bolzkopf:

        Ich will jetzt da keine Vergleiche anstellen, welche Strafe nun inwieweit gerechtfertigt oder angemessen ist.



        Aber VW hat über eine Milliarde Strafe in Deutschland gezahlt, Audi über 800 Millionen, Porsche 500 Millionen, Bosch 90 Millionen, etc. Dazu kamen Strafverfahren in anderen Staaten. Allein in den USA hat VW über 20 Milliarden in Zivilverfahren zahlen müssen. Es ist also nicht so, als wären die komplett ungeschoren davon gekommen.



        Und ehrlich? Ne Anhängerhebebühne mieten, kostet zwischen 150 und 200 Euro am Tag. Da muss man aus einer 400 Euro Strafe jetzt auch kein großes Drama machen. Das gehört halt auch dazu, wenn man sich für solchen Protest entscheided.

  • taz: "400 Euro für die Christbaumspitze. Eine Klimaaktivistin der Letzten Generation hat im Dezember den Weihnachtsbaum am Brandenburger Tor abgesägt. Dafür wurde sie nun verurteilt."

    Irgendjemand hatte doch schon zuvor den großen Baum abgesägt - wurde der 'Baumfäller' eigentlich auch verurteilt? Zwischen 23 und 26 Millionen Weihnachtsbäume werden (laut einer Schätzung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW)) jährlich für das 'Deutsche Weihnachtsfest' mit der Kettensäge "geschlachtet", und das obwohl wir eigentlich jeden Baum in Zeiten des Klimawandels brauchen. Aber mit dem Urteil, das sich gegen eine LG-Klimaaktivistin richtet, kann man natürlich wieder Stimmung gegen Klimaaktivisten machen und der einfältige Bürger kann sein Hirn ausgeschaltet lassen und muss dann über den klimaschädlichen Kapitalismus auch nicht nachdenken. Das Weihnachtsfest ist doch schon seit Jahrzehnten nur noch eine Geschäftemacherei von profitgierigen Kaufleuten.

    taz: "Das Gericht folgte mit der verhängten Strafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro dem Antrag der Staatsanwaltschaft."

    Was soll man dazu eigentlich noch sagen? - "Im Jurastudium lernt man vor allem, Urteile über Dinge zu fällen, von denen man kaum etwas versteht." [Max Uthoff, Jurist und Kabarettist]

    • @Ricky-13:

      Wenn keine Weihnachtsbäume mehr verkauft werden pflanzt die auch niemand mehr an. Ein Weihnachtsbaum wächst 7 Jahre bevor er gefällt wird. Und wenn 23 Millionen verkauft werden, werden 23 Milionen neu gepflanzt.

      Und wenn jemand einen Weihnachtsbaum absägt bzw. klaut und erwischt wird, bekomt der ggf. auch eine Geldstrafe.

      • @Martin Sauer:

        Und wenn 1000 'achtzigjährige Buchen' (Fagus sylvatica) gefällt werden, dann pflanzt man eben einfach 1000 neue Buchen. Ich liebe solche Logik *LOL*.

        • @Ricky-13:

          👍👍 🤣

    • @Ricky-13:

      Apropos "Bäume schlachten" - die meisten Leute haben sich doch sicher darüber aufgeregt, dass der Baum wie bereits andere unzählige Bäume vor Weihnachten umgesägt werden, oder?! Schließlich können die Bäume ja Schmerzen empfinden. Da nehmen so manche Allesesser*innen/Omnivore es ganz genau, wenn auch nicht so genau wie bei Tieren. Aber das ist ein anderes Thema.

      • @Uranus:

        Haben Sie Ihren Ironie-Hinweis vergessen?

        • @Stefan L.:

          Hier der Hinweis, weil Sie es sind! ;-D "Vorsicht, mein vorheriger Kommentar könnte Ironie enthalten."

      • @Uranus:

        Keine Frage, der Fleischkonsum muss massiv eingeschränkt werden. Und das nicht nur aus ethischer Sicht, weil der Mensch die Tiere als 'Mitgeschöpfe' nicht so einfach mit Rotkohl und Knödel (oder mit Pommes und Ketchup) verspeisen sollte, sondern auch, weil rund 33 Prozent der weltweiten Anbauflächen für die Produktion von Viehfutter verwendet wird und wir diese Flächen eher mit Bäumen (Wälder) besetzen sollten, denn Bäume sind die wahren CO2-"Staubsauger", auch wenn die wirtschaftshörige FDP immer noch auf die Ingenieure hofft, dass die den CO2-"Staubsauger" erfinden und der Irrsinn mit dem Wirtschaftswachstum weitergehen kann. Übrigens, in der Europäischen Union liegt diese Zahl ('33 Prozent Anbauflächen für Tierfutter') noch höher, denn hier landen sogar 60 Prozent des angebauten Getreides in den Trögen der Schlachttiere.

        Nebenbei bemerkt: Das Bäume auch Schmerzen haben, glaubt ja auch der Förster Peter Wohlleben, den die "Abholz-Lobby" immer gerne als Spinner hinstellen will, damit die Wälder weiterhin in den Fabriken zu unnützen Dingen verarbeitet werden können. Ja, es muss sich so einiges in der Denkweise des Menschen ändern, sonst wird die Natur das Experiment "Homo sapiens" in absehbarer Zeit nämlich beenden.

        • @Ricky-13:

          Nachtrag: "Das Bäume auch Schmerzen haben ..."

          Damit wollte der Förster sicherlich nicht den Bäumen ein menschliches Empfinden zuschreiben, sondern nur darauf aufmerksam machen, dass Bäume auch Lebewesen sind und nicht nur wachsende Werkstoffe, die man zu Geld machen kann oder die man sich scheinheilig als sogenannten "Christbaum" ins Wohnzimmer stellt.

          Warum sind (lebende und nicht abgesägte) Bäume so wichtig für uns? Ein großer Baum produziert in nur einer Stunde bis zu 1.200 Liter Sauerstoff. Oder anders ausgedrückt: Während seines Wachstums im Sommer produziert er die Menge an Luft, die eine Gruppe von zehn Menschen zum Atmen braucht. Die LG-Klimaaktivistin hat das begriffen und dafür muss sie ja jetzt auch 400 Euro Strafe zahlen, denn der klimaschädliche Kapitalismus darf nicht gestört werden.

          • @Ricky-13:

            Word! :-)

  • Eine "Pflicht zur Berücksichtigung" wäre bei einer parlamentarischen Demokratie auch sehr merkwürdig.

  • Ich glaube unsere Regierung ist froh, dass die Aktivisten für solch' abstrakte Ziele protestieren.

    Weil das natürlich viel besser ist, als wenn sie gegen jene protestieren die das tatsächlich verbocken: Nämlich unsere Regierung !

    • @Bolzkopf:

      Ich würde auch darauf wetten, das unsere Regierenden und unsere Parlamentarier froh sind, dass sie nie im Stau stehen müssen und ihr Weihnachtsschmuck im Reichstagsgebäude verschont blieb.

      Und die Wolfenbüttler freuen sich, dass die Dame nach Berlin gefahren ist.

      Die haben bestimmt gesummt:



      "Du bist verrückt. mein Kind, du musst nach Berlin.



      Wo die Verrückten sind, da jehörste hin"

  • Keine Gewalt!