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Ex-Kanzler mit Verbindungen zu RusslandSchröder will Privilegien behalten

Dem Ex-Kanzler soll sein staatlich finanziertes Büro gestrichen werden, weil er trotz Ukraine-Krieg zum Kreml hält. Nun wehrt er sich mit einem Anwaltsschreiben.

Hält an seinen Kontakten zum Kreml fest: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin dpa/afp | Gerhard Schröder (SPD) wehrt sich gegen die vom Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossene Streichung seiner Altkanzler-Privilegien. In einem Schreiben an den Gremiumsvorsitzenden Helge Braun (CDU) forderte Schröders Anwalt, diesem einen „prüffähigen- und damit rechtsmittelfähigen Bescheid“ zuzustellen. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatten das Nachrichtenportal „The Pioneer“, die Bild und die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet.

In dem zweiseitigen Schreiben verwiesen die Anwälte auf einen Beschluss des Bundestags vom 8. November 2012, wonach Schröder Bundestagsbüros und vier Mitarbeiter auf „Lebenszeit festgeschrieben“ worden seien.

In dem Schreiben heißt es, der Altkanzler habe „über die Medien“ erfahren, dass sein Büro „ruhend gestellt“ werden solle und „die dem Büro zugeordneten Stellen abgewickelt“ werden sollen. Und weiter: Dieser Entscheidung liege die Feststellung zugrunde, dass er keine „fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt“ mehr wahrnehme. Diese Feststellung werde nicht näher begründet. „Dies mag daran liegen, dass für den Entzug dieser „Privilegien“ tatsächlich ein anderer Grund verantwortlich war und ist, der aber nicht weiter angesprochen werden sollte.“

Den „Gazetten“ sei aber auch nicht zu entnehmen, was der Haushaltsausschuss eigentlich unter den „fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt“ verstehe. Weiter heißt es: „Ein wie den Medien zu entnehmender Beschluss des Haushaltsausschusses ist evident rechts- und verfassungswidrig.“

Das Büro kostete mehr als 400.000 Euro im Jahr

Eine gerichtliche Klärung stehe „trotz der mittlerweile nicht mehr hinnehmbaren öffentlichen Hetzjagd nicht an vorderster Front“. Der Anwalt würde sich über die Chance freuen, im Wege des Gesprächs eine für alle Seiten annehmbare Regelung „auf Augenhöhe“ erreichen zu können.

Schröder, langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, stand wegen seiner Verbindungen nach Russland immer wieder unter Druck. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nahm dieser weiter zu. Es wurden mehrere Anträge zum Parteiausschluss gestellt.

Mitte Mai hatte der Haushaltsausschuss für die Abwicklung des Altkanzler-Büros votiert. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Kanzler dem Ausschussbeschluss zufolge aber weiterhin.

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24 Kommentare

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  • Ich fand das ebenfalls eher zweifelhaft und es roch und riecht nach Willkür.



    Dilettantisch wie immer, aber Hauptsache moralisch integer.

    Dass der olle Streithansel jetzt juristisch wird, hätte man nach seiner Haarfärbe-Geschichte ahnen können.

  • Ich habe damals gejubelt, als Kohl durch Schröder abgelöst wurde. Dann kam nach und nach die Ernüchterung. Höhepunkt der Enttäuschung waren die Hartz-IV-Gesetze.



    Habe daraus gelernt!



    Scharlatane gibt`s auch heute noch, auch in der derzeitigen Regierung.

  • Interessen der Deutscheb?: das sind ... Freiheit, Frieden, Bezahlbarer Lebensunterhalt, das Recht auf Glück, das Kurzhalten der (deutschen, russisches, ukrainischen und sonstigen) Oligarchen! Dafür stand Schröder und steht er! Einer der stringent zu seinem Wort und seinen Freunden steht (fast wie Kohl und Schmidt, Kissinger und Willy Brandt, wie Kurt Schuhmacher)! Nichts andtes ... ...

    • @axel kühl:

      "Kurzhalten der (deutschen, russisches, ukrainischen und sonstigen) Oligarchen! Dafür stand Schröder und steht er!"



      Sie sollten Sarkasmus wirklich deutlicher kennzeichnen. Nicht jeder hat diesen Sinnn für Humor.

  • Juristisch hat Schröder wohl recht.



    Moralisch aber ist Schröder voll neben der Kappe.



    Er ist auf dem besten Wege Deutschland meist verachteter Bundeskanzler zu werden - oder ist es schon.

  • taz: "Dem Ex-Kanzler soll sein staatlich finanziertes Büro gestrichen werden, weil er trotz Ukraine-Krieg zum Kreml hält. Nun wehrt er sich mit einem Anwaltsschreiben."

    Gerhard Schröder sollte endlich mal in Rente gehen. Im Gegensatz zu vielen deutschen Rentnern, die schon Pfandflaschen aus Mülleimern sammeln müssen, hat Schröder ja genügend Geld, um es sich im Lehnstuhl gemütlich zu machen. Der Steuerzahler muss doch schon seit Jahren Schröders Wohltaten an die Reichen finanzieren (den Spitzensteuersatz für Reiche hat Schröder von 53% auf 42% gesenkt und die Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften auch gleich noch steuerfrei gestellt), und jetzt soll der Steuerzahler auch noch das Büro eines 78-Jährigen finanzieren, der schon lange kein aktiver Politiker mehr ist.

    "Sein privates Vermögen wird von Kennern der Materie auf inzwischen gut 20 Millionen Euro geschätzt", schreibt die 'Hannoversche Allgemeine Zeitung'. Die 20 Millionen Euro Privatvermögen kann Schröder ja dazu nehmen, sein Büro am Leben zu halten, wenn er unbedingt noch arbeiten möchte - aber bitte nicht mehr auf Kosten der Bürger.

  • Ich konnte diesen Kerl noch nie leiden. Aber leiderleiderleider: Wo er recht hat er Recht. Und wird es wohl auch bekommen.



    Er hat sich diese, nun anstößig gewordenen, ihm auf Dauer zugesprochenen Ansprüche mit seinem seinerzeit offiziell nicht anstößigen Job als Bundeskanzler erworben. Man wird sich wohl zähneknirschen damit abfinden müssen.

    • @Lästige Latte:

      Man könnte vor seinem Büro die russische Nationalhymne spielen!



      Oder Kalinka-Tänze aufführen!

      • @cuba libre:

        Für seinen Ansehensverlust in Deutschland, auch



        "Das Lied vom Tod".

  • Was fehlt, ist der Wille, wirklich einmal gegen politische Korruption vorzugehen !



    Das jemand, der so kackdreist gegen die Interessen der deutschen Bevölkerung agiert, nur um sich weiter persönlich zu bereichern, ernsthaft weiter 400.000 € für sein Lobbyistenbüro vom Steuerzahler abgreifen will, schlägt dem Fass echt den Boden aus !

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    400.000 Euro !?

    Der Mann hat Geld genug, darum kann es wohl kaum gehen.



    Schröder bastelt gerade an seinem miesen Image und will keinen Gesichtsverlust hinnehmen, das ist alles. Dafür ist er bereit die Steuerzahler weiter bluten zu lassen, egal, ob sein Büro noch '100 Jahre' leer steht...

    Deutsches Beamtentum macht's möglich die Staatskasse um zig Millionen zu schröpfen —sei's für bloßen Trotz sprich Imagepolitur, unrechtmäßige Krankschreibungen und was es sonst noch so alles an "ver- und Begünstigungen" gibt...

    Wir sollen die Zeche dafür zahlen, dass Schröder Putin die Stange gehalten hat und auch weiterhin mit einem mordend um sich schlagenden Größenwahnsinnigen befreundet bleibt?

    Fragen wir doch am besten Herrn Navalny...



    Einen Mann — mit Charakter!

    Die SPD schadet entschieden ihrem Image, wenn sie so einen "Altkanzler" weiter bedient. Im Nachhinein ein NoGo, dass er jemals Bundeskanzler war ...

  • Auch wenn ich Herrn Schröders Verhalten nicht teile, hat er mit seinem Schreiben doch recht. Die Entziehung der Privilegien ist doch reines politisches Kalkül und wird wohl kaum Bestand haben. Wie beim Tankrabatt hat die Bundesregierung mal wieder handwerkliche Schwächen gezeigt.

  • Ja wie? Acker - Wat issen nu wieder ditte - wa?

    “Eine gerichtliche Klärung stehe „trotz der mittlerweile nicht mehr hinnehmbaren öffentlichen Hetzjagd nicht an vorderster Front“. Der Anwalt würde sich über die Chance freuen, im Wege des Gesprächs eine für alle Seiten annehmbare Regelung „auf Augenhöhe“ erreichen zu können.“

    Vermute mal - der doch recht durchsichtige Versuch - den Küchenkanzlei-Schuldenberg - nach gerichtlichem Vergleich sind ja noch 90.tsd Ocken bei deinen Kanzleikumpels offen - über die Bundeskasse abzutragen! Wollnichwoll&Gellewelle!



    Mutig - Mutig - alter Putinversteher - wa.

  • Hmm ... im Archiv den Bundestags fand ich leider kein Protokoll der Sitzung vom 8.11.2012 hätte mich doch mal interessiert ...

    • @Bolzkopf:

      Gibt es doch, hier:



      dserver.bundestag.de/btp/17/17204.pdf



      :-)

      Viel Spaß beim Durchforsten, man bräuchte aber wohl noch die Drucksachen dazu. Am ehesten käme wohl TOP 46 auf den Seiten V u. 24769ff zur Karenzzeit für Exparlamentarier etc. in Betracht.



      🤷

  • Man muss Schröder nicht schätzen, um hier seiner Meinung zu sein: weder seine Äußerungen noch seine berufliche Tätigkeit hat gegen Gesetze verstoßen; dass es auf dem Umweg über Sanktionen dennoch aus politischen Gründen bestraft wird, obwohl er sich vollkommen gesetzeskonform verhalten hat, sollte eigentlich ein Skandal sein. Es geht hier nicht um die Person Schröder, sondern um rechtsstaatliche Standards.

  • 40000 oder 400000?

    Wenn die vier Mitarbeiter*innen dabei sind, dann wird's wohl eher die 400K sein. Deckt sich auch mit [1]. Typo in der Zwischenüberschrift, würd' ich sagen.

    Da es sich um Schröder handelt: diesen Betrag müssen sich 40-50 Hartz IV-Empfänger*innen teilen. Nur so.

    [1] www.spiegel.de/pol...-ad5a-f015d92700ff

  • Da hat er wohl recht. Übrigens: beim kriminellen Kohl hat man sich das nicht getraut.

  • 40000 oder 400000?

  • das kostet 40000 oder 400000 irgendwiesowashalt...is ja nur ne null weniger, oder mehr, oder so...und ne null is ja quasi nichts, also unendlich wenig - sprich: vernachlässigbar.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Philipp Ott:

      Nur führende Nullen sind ohne Bedeutung.

  • Herr Schröder, sie sind fertig! Auch ihre Anerkennung, selbst in der eigenen Partei, ist völlig dahin.



    Kaufen sie sich eine Blockhütte an einem russischen See und angeln sie. Das beruhigt die Nerven.

    • @cuba libre:

      Jawoll, zusammen mit Putin, der wird hoffentlich auch bald von russischen Volke in "Rente" geschickt.

    • 9G
      93851 (Profil gelöscht)
      @cuba libre:

      Da will nichtmal mehr ein Fisch an seine Angel, die riechen die Lunte auch unter Wasser ;-)