Entwicklungsministerin bei Klimakonferenz: Verantwortung nicht verschieben
Entwicklungsministerin Svenja Schulze scheint bei der COP27 die Sätze vertauscht zu haben. Sie schiebt Verantwortung zu den Schwellenländern.
L iest man das Statement der Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zur UN-Weltklimakonferenz, glaubt man kurz, sie hätte die Sätze vertauscht: In ihrer Erklärung fordert sie konkrete Klimaschutzmaßnahmen, „denn zwei Drittel der globalen Treibhausgas-Emissionen stammen aus Schwellen- und Entwicklungsländern“. Das ist irreführend. Schulze verlagert mit ihrer Aussage die Verantwortungsfrage weg von denen, die an der UN-Weltklimakonferenz eigentlich etwas bewegen müssten: den Staaten, die historisch für die Klimakrise verantwortlich sind.
Die USA sind einer der größten CO2-Emittenten der Welt. Erst in den 1990er Jahren wurden sie von China überholt. Und glaubt man einem gestern veröffentlichten Oxfam-Bericht, sind über hundert Milliardäre und ihre Investitionen für so viel Treibhausgas-Ausstoß verantwortlich wie einzelne Schwellen- und Entwicklungsländer zusammen.
Svenja Schulzes Botschaft für die UN-Weltklimakonferenz sollte also besser lauten, dass sich daran etwas ändern muss. Und dass Unternehmen mehr in die Verantwortung genommen werden müssen, Klimaziele einzuhalten, unabhängig davon, ob sie ihren Firmensitz auf den Bermudainseln, in Singapur oder Europa haben. Schulzes Aussage hinkt ja auch deshalb, weil Unternehmen oft in jenen Schwellen- und Entwicklungsländern sitzen, wo es sich unter fragwürdigen Arbeitsschutzbedingungen günstiger produzieren lässt – und Unternehmensspitzen in Europa ein Auge zudrücken, wenn Umweltschutzbestimmungen oder Klimaschutzauflagen nicht eingehalten werde.
Dass das Bundesentwicklungsministerium die Energiewende in seiner Agenda gleich mitdenkt, ist ein Anfang. Ruanda, Peru oder Südafrika unterstützt Deutschland im Rahmen sogenannter Klimapartnerschaften. Das aber darf nicht kaschieren, dass Deutschland – als historischer Mitverursacher – eine Verantwortung zukommt, die an der UN-Weltklimakonferenz vor allem verhandelt werden müsste: für Klimawandelschäden aufzukommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers