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Entführung von Lauterbach gescheitertRechtsextremisten planten Anschlag

Die Polizei hat Verdächtige einer rechtsextremistischen Gruppe festgenommen. Offenbar planten sie die Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach spricht im Deutschen Bundestag Foto: Lisi Niesner/reuters

Berlin dpa/afp | Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen zwölf Männer und Frauen, die eine schwere staatsgefährdende Gewalttat und weitere Straftaten geplant haben sollen. Nach Informationen des ARD Politikmagazins „Report Mainz“ sollen sie geplant haben, durch Anschläge auf Umspannwerke und Stromleitungen einen bundesweiten Stromausfall herbeizuführen, um bürgerkriegsähnliche Zustände zu verursachen.

Dieses Chaos wollten die Beschuldigten nach Ansicht der Ermittler nutzen, um das demokratische System in Deutschland zu stürzen und anschließend die Regierung zu übernehmen. Außerdem habe die Gruppe in einer Aktion namens „Klabautermann“ geplant, Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen und seine Personenschützer „auszuschalten“.

„Manchen Covid-Leugnern geht es nicht um den Kampf gegen Impfungen oder Corona-Auflagen. Sie kämpfen gegen unsere demokratische Grundordnung“, sagte der SPD-Politiker der Bild am Sonntag. „Damit werden sie aber keinen Erfolg haben. Ich lasse mich dadurch nicht beirren, sondern setze mich weiter für die gesamte Bevölkerung ein. Dieses Beispiel zeigt die Zerrissenheit unserer Gesellschaft. Diese Spaltung zu überwinden und Vertrauen zurückzugewinnen, bleibt Ziel meiner Politik.“

Nach Informationen des ARD Politikmagazins konkretisierten sich die Pläne der zwölf Beschuldigten in den vergangenen Tagen. So wollte die Gruppe für mehrere zehntausend Euro Waffen, Minen und Schutzausrüstung kaufen. Eine erste Übergabe von zwei Kriegswaffen des Typs Kalaschnikow und fünf Pistolen sollte am Mittwoch im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße über die Bühne gehen. Doch das Angebot war eine Falle der Ermittler. Der Waffenkäufer wurde festgenommen, wie auch zwei weitere Männer am Mittwochmittag in Niedersachsen und Brandenburg.

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Die Ermittler führen die drei Männer als Hauptbeschuldigte, ebenso eine weitere Person, die sich derzeit im Ausland aufhalte. Sie sollen die Waffenkäufe und das nötige Geld organisiert haben. Im Laufe des gestrigen Tages wurde in Bayern ein weiterer Verdächtiger festgenommen. Sie alle werden heute dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Insgesamt durchsuchten Polizisten 21 Häuser und Wohnungen in mehreren Bundesländern und stellten Datenträger, Computer und Handys sicher. Das Amtsgericht Koblenz hat Untersuchungshaft angeordnet, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz am Donnerstag mit. Die Beschuldigten hätten keine Angaben gemacht und kämen nun in verschiedene Untersuchungshaftanstalten in Rheinland-Pfalz.

Gruppe organisierte sich bei Telegram

Die zwölf Beschuldigten organisierten sich in mehreren rechtsextremen Telegram-Gruppen, u. a. in Gruppen namens „Vereinte Patrioten“ und „Aktive Patrioten“. Aus der letztgenannten Gruppe liegen „Report Mainz“ zahlreiche Chatverläufe vor. Sie zeigen ein krudes Weltbild zwischen Rechtsextremismus, Prepper-Ideologie und einer Ablehnung der Corona-Politik.

Einzelne Mitglieder fantasierten in der Gruppe über Mordanschläge auf Politiker, gaben sich Tipps zur Herstellung von Giften und tauschten sich darüber aus, wie man Waffen organisieren kann. Nach Informationen von „Report Mainz“ trafen sich einzelne Anhänger der Gruppe mehrfach auch im echten Leben, um ihre Organisationsstrukturen zu festigen.

Faeser: Offenbaren „Abgrund“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte in Berlin, dass die Ermittlungen einen „Abgrund“ offenbarten. „Bewaffnete Reichsbürger und radikalisierte Corona-Leugner verbindet ein grenzenloser Hass auf die Demokratie, auf unseren Staat und auf Menschen, die für unser Gemeinwesen einstehen.“ Es sei wichtig, gegen extremistische Bedrohungen auf Telegram vorzugehen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte der Rheinischen Post, wer „Anschlags- und Entführungspläne verfolgt, legt Axt an unsere freiheitliche Demokratie“. Er sei froh, dass die Behörden gute Ermittlungsarbeit geleistet hätten.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) erklärte, dass der Staat mit der Razzia „einmal mehr sein wehrhaftes Vorgehen gegen Verfassungsfeinde bewiesen“ habe. Die „verabscheuungswürdigen Bestrebungen“ der Gruppe seien „im Keim erstickt“ worden. Der Hinweis auf die Pläne und Mitglieder der Chatgruppe war laut Lewentz vom Landesverfassungsschutz gekommen.

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17 Kommentare

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  • Gut - daß diese Gruppe “ausgehoben“ wurde. But.

    Frau “Starksprech“ JuMi Fraeser - eine ehemalige etwas unbedarfte Wirtschaftsjuristin - sollte sojet wie “Abgrund“ doch lieber Ol Conny Adenauer überlassen - Gelle!



    Der stand bekanntlich ja schonnemal “ …an einem Abjrund von Landesverrat!“



    Dieses Getröte ist schlicht kontraproduktiv! Newahr.



    Normal Schonn •

  • „Entführung von Lauterbach gescheitert“ … diese Headline hat schon BILD-Niveau.

  • "Er sei froh, dass die Behörden gute Ermittlungsarbeit geleistet hätten."

    Er meint wohl, dass "Report Mainz" so gute Ermittlungsarbeit geleistet haben. Wie so oft ist es nicht die Polizei, die solche Dinge aufdeckt, sondern engagierter Journalismus. Gerade wenn es um rechten Terror geht, kann man sich auf die Polizei nun wirklich nicht verlassen.

    • @Jalella:

      Nur weil "Report Mainz" darüber berichtet, heißt das nicht, dass die Sache auch von denen aufgedeckt wurde.



      Die Ermittlungen lagen beim LKA in Mainz und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und gingen wohl zurück auf Hinweise vom Landesamt für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz. Sorry, wenn ich Sie jetzt enttäusche, aber manchmal scheint die Polizei ja doch nicht ganz doof zu sein...

  • Der "Postillon" berichtet mehr dazu

  • @TOM FARMER



    Na ja man kanns auch etwas ins Lächerliche ziehen. Wo anders habe ich gehört, dass auch Goldbarren bei denen gefunden wurden.



    Dennoch zeigt sich wieder, dass Verschwörer, Coronaleugner und ähnliche Konsorten nicht unterschätzt werden dürfen. Die Radikalisierung geht flott voran, ob es jetzt nur diese 22 sind wage ich zu bezweifeln. Desweiteren dachte ich, dass Hassbotschaften oder illegale Inhalte bei Messenger Diensten wie Telegram beobachtet und gegebenenfalls sanktioniert und verfolgt werden.

    • @Klaus Waldhans:

      "Wo anders habe ich gehört, dass auch Goldbarren bei denen gefunden wurden."

      Bei Preppern gehört gehortetes Gold zur Grundausrüstung.

    • @Klaus Waldhans:

      Telegram-Gruppenchats können mindestens von Telegram einfach mitgelesen werden. Aber die Polizei muss sie halt erst finden, und ich weiß nicht, wie gut sie an die Telegram-Server rankommen.

  • Dass die gefährlich sind und ihre Pläne vermutlich eine Inhaftierung oder Unterbringung rechtfertigen dürfte außer Frage stehen. Aber wie können zwölf Durchgeknallte ggf. auch mit Kalaschnikows "eine schwere staatsgefährdende Gewalttat" begehen, eine Tat also die ernsthaft geeignet sein könnte den Fortbestand der BRD in Frage zu stellen?

  • Diese Nichtsnutze!



    Dilletanten!

  • Also, mit Verlaub, wenn eine Truppe von 21 Leuten auch noch jemanden braucht um Geld zu organisieren, wegen einigen dutzend tausend Euro wie ich lese, und die Kohle bei dieser ambitionierten Motivationslage (Umsturz des Staates!) nicht selbst im Kreuz hat. Was ist denn das für ein trauriger Haufen müsste man konstatieren, wenn es denen nicht offensichtlich auch noch ernst dabei war. Schlimm! Man kann annehmen, dass es ggf. eine Aufarbeitung via Titanic oder satirischer Kinoverfilmung geben könnte.

    • @Tom Farmer:

      12 Beschuldigte, 21 Wohnungen.



      Was an Geld organisieren jetzt irgendwie stümperhaft sein soll, weiß ich nicht, vielleicht eine Erklärung dazu? Ich lese aus dem Artikel zumindest nicht heraus, dass die Beschuldigten hier kein Eigenkapital eingesetzt hätten, sondern das Geld einfach bei einer Person zusammen lief.

      Ich lese das von Ihrer Seite als Verharmlosung. Die Beschuldigten wollten ja offenbar Sturmgewehre und Pistolen kaufen, damit verübt man keine Satire, sondern Morde.

      Darüber, dass rechte Gewalttäter nicht unbedingt die hellsten sind, kann man sich jedoch einig sein. Um jemanden umzubringen, braucht es allerdings wenig Hirnschmalz.

      • @Kaideus:

        Jaja, gefährlich sind die Leute vielleicht schon, aber staatsgefährdend? Ich bezweifle ernsthaft, dass Leute, die glauben mit vielleicht maximal einigen Hundert Zuhörern und eventuell 20+ Aktiven die deutsche Regierung stürzen zu können, auch nur den nötigen Intellekt besitzen, das Stromnetz in größeren Gebieten ernsthaft zu gefährden. Und selbst das bringt die Menschen eher zusammen als zu Unruhen zu führen, siehe Stromausfall in NY vor einigen Jahren.

        Wahnsinnige Großmäuler sind das, frustrierte Abgehängte, Möchtegernrevoluzzer und vielleicht auch potentielle Mörder, aber keinesfalls die Gefahr zu der sie nun durch alle Medien scheinbar stilisiert werden sollen. Ein paar Monate Zeit zum gründlichen Nachdenken reichen hier vielleicht bei den meisten.

        Die Gefahr die von einer Instrumentalisierung ausgeht ist größer.

        Nur zur satirischen Unterhaltung folgender hypotetischer Spin: Ist es moralisch, wenn der Staat kumme Geschäfte anbietet, um offenbar spychisch labile Menschen zu Staftaten zu verführen? Hätte man die Leute nicht auch nur mit Pistolen ködern können, musste es auch eine Kriegswaffe sein? Oder hätte man gleich eine strategische Waffe anbieten sollen, um die Leute noch gefährlicher erscheinen zu lassen? ;)

        • @Fabian Wetzel:

          Ihre Frage nach den "Ködern" der Ermittlungsbehörden unbenommen, aber warum sind diese Menschen psychisch labil?

          Warum werden (vor allem rechten) Extremisten in Medien und Gesellschaft oft (immer?) psychische Beeinträchtigungen bzw. Krankheiten unterstellt? Nur weil wir uns nicht vorstellen können, warum Menschen so denken und handeln, müssen sie keinen psychischen "Schaden" haben. Das ist eine Verharmlosung (und setzt psychische Krankheiten in ein gefährliches Licht) und ein Erklärungsmuster von uns "normalen Leuten". Ich befürchte, diese Menschen wissen was sie tun und wollen und das macht es noch viel schlimmer!

      • @Kaideus:

        Also, wenn ich einen Staat kippen will und nicht jeder meiner Mitstreiter irgendwie 5.000 Euro auf dem Konto hat und ich mein Mitwissernetz deswegen vergrößern muss. Wie blöd oder ärmlichen ist denn dann diese Gruppe.



        Sowie: Wer derzeit Fernseh schaut Richtung Ukraine: eine Großmacht wie Russland, zigtausend Soldaten, Lenkwaffen usw. schaffen es nicht die Ukraine als Staat zu kippen. Aber die Paranoiker hier glauben ernsthaft mit Attacken auf Kraftwerke und Entführung des Gesundheitsministers (!) DE als ganzes zu kippen. Alles ernst zu nehmen seitens der Taten. Aber zu glauben so das erklärte Ziel zu erreichen ist für mich letztlich lächerlich und irre.

      • @Kaideus:

        Es scheint halt viel zu wenig, wenn man die "Anatomie" von Staatsstreichen (NICHT Putschs!) nicht kennt.

        Für einen Putsch würde es sicher nicht reichen. Aber in einem Staatssreich spielt die militärische Komponente nur eine supplementäre Rolle als "Entscheidungshilfe" für die Beschäftigten der Schlüsselunternehmen (Medien und Transport vor allem) und zur Blockade des Regierungsviertels.



        Deswegen scheiterte der Kapp-Lüttwitz-Putsch: weil er sich mit seinem rein militärischen Ansatz nicht gegen den Eisenbahnstreik durchsetzen konnte.

  • Irritierende Überschrift bzw. Fokus des Artikels. Das Hauptziel dieser Gruppe lag dem Text nach in der Destabilisierung Deutschlands und der Regierungsübernahme. Aber eine nachrangige Entführung von KarLau wird hervorgehoben.



    War das ein Clickbait-Versuch?