Nach geplanter Lauterbach-Entführung: Karlsruhe übernimmt Terrorfall

Eine Gruppe Reichsbürger und Coronaleugner wollte Gesundheitsminister Lauterbach entführen – nun ermittelt die Bundesanwaltschaft.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei einem Besuch vor dem Klinikum Nordfriesland

Will sich von den Gewaltandrohungen nicht einschüchtern lassen: Gesundheitsminister Karl Lauterbach Foto: Axel Heimken, dpa

BERLIN taz | Sie sollen versucht haben, die Stromversorgung zu kappen, einen Bürgerkrieg zu provozieren und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen. Bereits am 13. April waren deshalb vier Männer festgenommen worden, die sich zuvor in Telegramgruppen wie „Vereinte Patrioten“ austauschten. Am Dienstag nun übernahm die Bundesanwaltschaft den Fall.

Es hätten sich „zureichende Anhaltspunkte“ ergeben, dass die Beschuldigten eine terroristische Vereinigung gegründet hätten, teilte die Behörde mit. Die Gruppe habe sich zum Ziel gesetzt, die Bundesregierung und die parlamentarische Demokratie zu stürzen. Hierzu war geplant, mit Angriffen auf Stromversorger einen länger andauernden bundesweiten Stromausfall herbeizuführen. Für die Entführung von Lauterbach sei auch die Tötung von dessen Personenschützern in Betracht gezogen worden.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt nun gegen die vier Männer wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verstößen gegen das Waffenrecht oder des Versuchs der Beteiligung an einem Verbrechen.

Die zwei Anführer suchten nach Waffen

Als Anführer der Gruppe werden der Brandenburger Sven B., ein Finanzberater, und der Rheinland-Pfälzer Thomas O. beschuldigt. Beide stehen dem Reichsbürger- und Coronaleugnermilieu nahe und sollen in mehreren Telegramgruppen um Unterstützer für ihre Anschlagspläne geworben haben. Sie hätten auch bereits versucht, Waffen und Sprengstoff zu besorgen, so die Bundesanwaltschaft.

Nach einem Waffenverkauf, der von Ermittlern fingiert wurde, erfolgten die Festnahmen. Beschlagnahmt wurden dabei 14 Lang- und 7 Kurzwaffen, bei Sven B. fand sich eine Kalaschnikow. Zudem stießen die Ermittler auf 8.900 Euro Bargeld, Goldbarren und Silbermünzen sowie Devisen von gut 10.000 Euro.

Zu dem Fall hatte zunächst die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ermittelt. Im Visier hatte sie auch noch weitere Beschuldigte. Durchsucht wurden Mitte April insgesamt 20 Objekte in neun Bundesländern.

Lauterbach will Gewalt nicht weichen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die Entführungspläne als „eine neue Qualität des Bedrohung“ bezeichnet. Dem werde man „mit aller rechtsstaatlichen Konsequenz“ begegnen. Lauterbach hatte erklärt, durch Gewalt solle die Demokratie beschädigt werden. „Aber Gewalt weiche ich nicht.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.