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EU-AgrarsubventionenÜber 2,6 Millionen für Bauernbosse

Die Bauernverbandschefs kassieren hohe EU-Subventionen – viel höhere als Durchschnittslandwirte. Verhindert der Verband deshalb eine Umverteilung?

Reiche Ernte: Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied bekam im Agrarhaushaltsjahr 2022/23 rund 100.000 Euro EU-Subventionen Foto: Christian Grube/ArcheoPix/imago

Berlin taz | Die Europäische Union gibt jedes Jahr die stolze Summe von 55 Milliarden Euro für die Landwirtschaft aus. Die meisten Agrarsubventionen werden dabei pro Hektar Fläche gezahlt – weitgehend unabhängig davon, wie umweltfreundlich oder -schädlich die Bauern darauf arbeiten. Dabei ist die Landwirtschaft maßgeblich dafür verantwortlich, dass Pflanzen- und Tier­arten aussterben. Die Branche verursacht laut Umweltbundesamt 13 Prozent der Treibhausgase hierzulande. Und die Höfe, die eh schon das meiste Land haben, bekommen die höchsten Subventionen. Dagegen, dass sich all das ändert, kämpft gerade der Deutsche Bauernverband (DBV). Warum bloß?

Die etwa 20 Präsidiumsmitglieder des DBV oder ihre Unternehmen kassierten im Haushaltsjahr 2022/23 insgesamt mehr als 2,6 Millionen Euro EU-Subventionen. Das zeigt eine Recherche der taz in der Datenbank agrarzahlungen.de der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Subventionierte Lobbyisten

Spitzenbezieher war im Jahr bis Ende Oktober 2023 mit ungefähr 1 Million Euro die Universal-Agrar GmbH, bei der der Präsident des Thüringer Bauernverbands, Klaus Wagner, als Geschäftsführer und Gesellschafter fungiert. Auf Platz zwei liegt mit rund 470.000 Euro die AGW Agrarwirtschaftsgesellschaft Worin von Henrik Wendorff, dem Chef des Bauern­verbands Brandenburg. DBV-Präsident Joachim Rukwied bekam knapp 100.000 Euro EU-Subventionen. Im Schnitt 145.000 Euro erhielt jedes der 18 Präsidiumsmitglieder, denen die taz Betriebe in der Datenbank zuordnen konnte. Das ist bedeutend mehr als die 22.000 Euro, die der durchschnittliche Empfänger in Deutschland bekam.

Der Bauernverband sieht die Zahlungen als Ausgleich für seiner Meinung nach generell ­höhere Umwelt-, Tier- und Sozialstandards als außerhalb der Europäischen Union. Die Organisation lobbyierte erfolgreich dafür, dass die EU nach den Bauernprotesten zentrale Um­weltregeln strich oder aufweichte. Schon lange spricht sich der Verband dagegen aus, die Subventionen ab einer bestimmten Höhe zu deckeln oder zu reduzieren.

Die Zahlungen sind der zweitgrößte Posten im EU-Haushalt. Der überwiegende Teil fließt in die „Erste Säule“ der EU-Agrarpolitik, vor allem die pro Hektar berechneten Direktzahlungen.

Bei Rukwied liefert die „Erste Säule“ fast 97 Prozent des Gesamtbetrags. Bei Wagners Betrieb in Thüringen sind es 66 Prozent. Auch bei Wendorffs Firma in Brandenburg ist der Anteil der Ersten Säule mit 52 Prozent hoch, aber wegen der umfangreichen Subventionen für den Ökolandbau des Betriebs niedriger als bei Rukwied und Wagner.

„Der DBV ist in weiten Teilen im Grunde ein Ackerbauern-Industrieverband. Also ein Verband großer Ackerbaubetriebe, die die Industrie und die Exportmärkte bedienen“, sagte Naturschutzbund-Präsident Jörg-Andreas Krüger auf Anfrage. „Die taz-Recherche unterstreicht das: Profitable Ackerbaubetriebe, die ihre Subventionen um jeden Preis verteidigen, sind auch in der Spitze des DBV vertreten. Die haben auch aus rein persönlich-wirtschaftlichem Interesse keine Lust, ihre Margen zu verkleinern“, so der Chef von Deutschlands größter Umweltorganisation.

Das sei ein Grund, weshalb der Bauernverband so gegen Kappung und Degression sei, ergänzte Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die sich vor allem für kleinere und ökologisch orientierte Höfe einsetzt. Dabei seien Unternehmen mit Tausenden von Hektar nicht auf Direktzahlungen angewiesen, weil sie ihre Flächen günstiger bewirtschaften könnten.

AbL-Bundesgeschäftsführerin Xenia Brand kritisierte, der Bauernverband verhindere, dass die Flächenprämien zugunsten von Zahlungen für konkrete ökologische Leistungen der Bauern umgeschichtet werden. „Da wichtige Akteure in der Spitze des Deutschen Bauernverbandes stark von der bisherigen Flächen­prämie profitieren, verwundert es nicht, dass sie so vehement die Qualifizierung dieser Gelder blockieren.“ Damit schade die Organisation aber den ­Bauern, die bereits viel für Klima oder Artenvielfalt leisteten.

DBV-Sprecher Axel Finkenwirth, schrieb der taz auf Anfrage, er könne die Zahlen nicht nachvollziehen. Sie stammen aus amtlichen Quellen. Finkenwirth ergänzte, seine Organisation sei „ein zutiefst demokratisch organisierter Verband“. Bei Abstimmungen über Positionspapiere komme es also nicht auf die Betriebe einzelner Präsidiumsmitglieder an.

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13 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Es liegt in der Natur der Sache das Bauern-Verbands-Vorsitzende selbst Landwirte sind, sonst würden die auch kaum gewählt. Dass es keine Hobby Kleinbauern sind (die im 22.000€ Schnitt ebenfalls enthalten sind) ebenso. Daher sind die Zahlen kaum beeindruckend.

    Es ist im übrigen völlig falsch dass die Zahlungen unabhängig von der Bewirtschaftungsart sind. Sehr viele Bauern bekommen gar nichts (konventioneller Obstbau), die ölkoöogische Landwirtschaft mit weitem Abstand am meisten.

  • Deutschland hat im Jahr 2023 66,33 Milliarden Subventionen verteilt, davon 760 Millionen für die Landwirtschaft/Küstenschutz. Gibt es auch für diese Gelder eine Liste in der man für jede Person/Firma die genaue höhe herauslesen kann ??

  • Das Problem liegt bei der Arbeitszeit: Kleinbauern haben keine Zeit für Vereinsmeierei, Gremien oder als Aktivisten. Schon gar nicht für Aktenstudium, was jeder Politiker und Funktionär lesen sollte.

    Großbauern können viel an ihre Angestellten delegieren.



    Deshalb sind die Großbauern auch die vielleicht einzigen Kandidaten. Und s.o. können sie sich besser auf die Kandidatur konzentrieren und vorbereiten.

  • "Was zuviel ist ist zu viel! Es reicht!" stand auf mit bis zu 40% des Kaufpreises bezuschussten und mit steuerfreiem Treibstoff betriebenen, von durchschnittlich mit über 20 000 € pro Jahr gepamperten Agrarunternehmern gen Berlin pilotierten Wunderwerken der Technik. Tja, wenn es wirklich zuviel werden sollte kann der Bauer ja was an den Handwerker in seinem Dorf weitergeben. Der reibt sich ohnehin ungläubig die Augen und wagt von derartig paradiesischen Zustände nicht mal zu träumen.

  • Die Schlagzeile ist ja super. 20 BDV Präsidiumsmitglieder kriegen 2,6 Millionen Förderung. Dann sind es hauptsächlich 2 Unternehmen die 1,5 Millionen bekommen und die restlichen 18 erhalten dann 1 Million. Das ist natürlich auch nicht mehr so spektakulär.



    Dass die beiden erstgenannten Unternehmen keine Einzelunternehmen sind sondern Gesellschaften sind wird nicht weiter vertieft. Die genannten Personen sind erstmal Geschäftsführer. Damit erhalten sie nicht die Förderung sondern ein Gehalt, eventuell mit Tantieme. Ob die Personen Einzelgesellschafter sind oder nur marginal Beteiligte oder eventuell nur angestellte Geschäftsführer bleibt unbeantwortet.



    Irgendwie nur eine spektakuläre Überschrift.

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @gynnie24:

      Im Artikel steht sehr wohl, dass z.B. Klaus Wagner auch Gesellschafter seines Betriebs ist.

  • Bleibt die Frage, wie die Führung des DBV eigentlich gewählt wird. Die Mehrheit der Stimmen dürfte ja eher bei den kleinen und mittleren Betrieben liegen. Hofft man, dass, wenn der Teufel wie immer auf den größten Haufen scheisst, möglichst viel davon abfällt?

    • @mwinkl02:

      Otto Normalbauer wählt einen Vertreter der jeweiligen Region und die wählen den jeweiligen Landesbauernpräsidenten. Generell sind die meistens froh, wenn sie überhaupt jemanden für Ämter auf Bezirks- oder Landesebene finden, weil das sehr zeitraubend und mit viel Fahrerei verbunden ist. Deshalb kommen in solche Ämter nur Bauern, bei denen Sohn/Tochter bereits auf dem Betrieb beschäftigt sind (und die wiederum auf die Arbeitskraft der älteren Generation verzichten können) oder die so große Betriebe haben, dass sie sich Mitarbeiter einstellen können. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz.

    • @mwinkl02:

      Es gab zu Zeiten von FJS mal den Spruch: "Nur die allerdümsten Kälber wählen ihren Metzger selber". Und genau das machen die "kleinen" Landwirte: sie wählen die Bonzen des DBV und damit gegen ihre eigenen Interessen.

  • Die "Bauernbosse" was auch immer das bedeuten soll sind nicht zwei oder drei, sondern 20, womit wir dann bei 145k pro "Boss" wären.

    Durch die föderale Struktur des Verbandes sind natürlich auch Vorsitzende aus den neuen Bundesländern dabei. Sie sind Geschäftsführer juristischer Personen die aus ehemaligen LPGs hervorgegangen und daher extrem groß sind.



    Wenn eine GmbH 145k Subventionen bekommt heißt das nicht das das Geld dem Geschäftsführer der GmbH zur persöhnlichen Verfügung steht.

    Bei den westdeutschen Subventionsempfängern muss man zwischen Nebenerwerbslandwirten, die sicher mehrheitlich deutlich unter 22k Subvetionen bekommen, und Haubterwerbsbetrieben unterscheiden. Haupterwerbsbetriebe müssen viele Hektare bewirtschaften um ein ausreichendes Familieneinkommen zu generieren, daher bekommen sie auch viele Flächengebundene Subventionen.

    Wenn das Unternehmen von Herrn Ruckwied 100k Subventionen bekommt ist das also ehr banal und keine watergatemäßige journalistische Erkenntnis.

  • Wurden bei den 22t€ die Landwirtinnen und Landwirte herausgerechnet die die Landwirtschaft nur nebenher betreiben? Ich hatte einen Kollegen der vollzieht gearbeitet und nebenher noch einen Resthof mit 7 Hektar Fläche hat laufen lassen. Ich hoffe der fließt nicht in die Berechnung mit ein.

    Darüber hinaus kann der Bezug von Subventionen stark von der Ausrichtung des Hofes abhängen. Höfe die zB viele EU-Umweltprogramme (Blühstreifen etc) mitnehmen verzichten auf reguläre Umsätze und erhalten im Gegenzug kompensierende Subventionen

  • Natürlich kann man das System der Ausgleichszahlungen kritisieren, Natürlich kann man auch Neid auf einzelne einfordern, Natürlich könnte man auch erwähnen das die wirklichen Topverdiener fast ausnahmslos Staatliche Stellen sind ( www.proplanta.de/A...oplanta_karten.php ), Natürlich könnte man auch über Lösungen nachdenken die nicht einseitig zu Kosten der Landwirte oder Verbraucher gehen.

    • @Günter Witte:

      Danke für den Link.